Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 12.April 1958 geborene Hilfsarbeiter Gustav H*** des Verbrechens der Körperverletzung mit tödlichem Ausgang nach §§ 83 Abs 1, 86 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er am 25. und 26.Mai 1984 in Wien Mirjana Z*** durch Schläge gegen Kopf und Körper vorsätzlich verletzt, was deren Tod zur Folge hatte.
Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 3, 4, 5, 9 lit. a und 9 lit. b des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, die jedoch unbegründet ist. Aus dem erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund rügt er als Verstoß gegen § 240 a Abs 1 StPO, daß die Schöffen Hertha P*** und Ing. Willibald S*** "im gegenständlichen Verfahren" nicht beeidigt worden sind.
Rechtliche Beurteilung
Da die Unterlassung der Beeidigung von Schöffen zu Beginn der Hauptverhandlung nach der zitierten Gesetzesbestimmung aber nur dann mit Nichtigkeit bedroht ist, wenn diese auch sonst in demselben Jahre noch nicht beeidigt worden sind - was vom Beschwerdeführer gar nicht behauptet wird und auf die genannten Laienrichter nach dem Inhalt der Hauptverhandlungsprotokolle (S 184, 232 und 288) sowie einer vom Obersten Gerichtshof eingeholten tatsächlichen Aufklärung über die behauptete Formverletzung (vgl. § 285 f StPO) auch nicht zutraf - liegt die behauptete Nichtigkeit nicht vor. Als nicht zielführend erweist sich auch die Verfahrensrüge (Z 4), wonach der Angeklagte in der Abweisung seines in der Hauptverhandlung vom 30.Mai 1985 gestellten (S 248) und in der Hauptverhandlung vom 6.August 1985 wiederholten (S 295) Antrages auf Vernehmung des Zeugen Gustav S*** deshalb eine entscheidungswesentliche Beeinträchtigung seiner Verteidigungsrechte erblickt, weil der damit angestrebte Nachweis wiederholter Selbstbeschädigungen der häufig schwer alkoholisierten und - nach der Behauptung des Angeklagten - zu epileptischen Anfällen neigenden Mirjana Z*** ein gewichtiges Entlastungsindiz bedeutet haben würde.
Diesem Beschwerdevorbringen zuwider wäre jedoch - wie das Erstgericht in der allerdings entgegen § 238 Abs 2 StPO erst im Urteil nachgeholten Begründung seines abweisenden Zwischenerkenntnisses zutreffend dargelegt hat - durch die beantragte Beweisaufnahme für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen gewesen. Da sich der Beweisantrag nach den erläuternden Angaben des Angeklagten hiezu (S 249 und 295) lediglich auf Wahrnehmungen des Zeugen S*** über einen einzigen Sturz der Mirjana Z*** im Jahr 1983 bezogen hat, wären aus dem vom Zeugen zu bekundenden Vorfall keinesfalls (verläßliche) Rückschlüsse auf jene Ereignisse ermöglicht worden, die rund ein Jahr später zum Tod der Frau geführt haben, zumal im Beweisantrag dazu nichts vorgebracht wurde, was dessen ungeachtet dennoch solche Schlußfolgerungen hätte rechtfertigen können.
Mit dem im Rahmen der Verfahrensrüge (Z 4) erhobenen weiteren Beschwerdeeinwand, die dem angefochtenen Urteil vorausgegangene Wiederaufnahme des Verfahrens sei wegen nicht gehöriger Besetzung des darüber beschlußfassenden Gerichtes sowie deshalb gesetzwidrig gewesen, weil die der Zulassung der Wiederaufnahme zugrundeliegenden medizinischen Gutachten (S 71 ff iVm ON 5, jeweils in ON 21) über die Todesursache der Mirjana Z*** sich nicht im Sinn der §§ 356, 355 Z 2 StPO neu ergeben hätten, macht der Beschwerdeführer sinngemäß ein aufrechtes Verfolgungshindernis und solcherart nicht den von ihm relevierten formellen, sondern der Sache nach (schon hier) den (später in der Rechtsrüge ausdrücklich bezogenen) materiellen Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit. b des § 281 Abs 1 StPO geltend.
Dies jedoch zu Unrecht, denn die vom zuständigen Gericht - im Verfahren vor dem Einzelrichter also von diesem (Foregger-Serini 3 Erl. I zu § 357 StPO) - verfügte, in Rechtskraft erwachsene Bewilligung der Wiederaufnahme des Strafverfahrens ist einer (nochmaligen) Überprüfung im wiederaufgenommenen Verfahren entzogen, weshalb das erkennende Gericht weder verhalten noch berechtigt war, die prozessuale Rechtmäßigkeit des Wiederaufnahmebeschlusses zur Erörterung zu stellen (Mayerhofer-Rieder, StPO 2 , E 5, 7 und 8 zu § 359). Ein Verfolgungshindernis in Form eines Verbrauches des öffentlichen Anklagerechtes stand dem angefochtenen Schuldspruch sohin nicht entgegen.
An sich zutreffend ist der in der Mängelrüge (Z 5) erhobene Einwand, die Urteilsfeststellung (US 6), wonach er das Tatopfer am 26. Mai 1984 gegen Mittag ins Gesicht geschlagen hat, sei durch seine als Feststellungsgrundlage verwerteten polizeilichen Angaben (S 57 und 59) nicht gedeckt, weil diese bloß das Einbekenntnis einer bereits in den frühen Morgenstunden des bezeichneten Tages erfolgten Mißhandlung enthalten.
Der Beschwerdeauffassung zuwider betrifft dieser Mangel der Urteilsbegründung jedoch keine entscheidungswesentliche Tatsache; fällt doch diese tätliche Auseinandersetzung des Angeklagten mit Mirjana Z*** jedenfalls in die für die Verursachung der tödlichen Verletzung maßgebliche Zeitspanne.
Selbst aktenwidrig ist die Beschwerdeargumentation, insoweit der Vorwurf einer unvollständigen Begründung der Urteilsannahmen über den ursächlichen Zusammenhang zwischen den Tathandlungen des Angeklagten und dem Todeseintritt auf die Nichterörterung einzelner gutächtlicher Ausführungen des gerichtsmedizinischen Sachverständigen Dr. ST*** gestützt wird; denn es hat dieser Sachverständigen in seinem Gutachten bloß von der Möglichkeit - und nicht von der Gewißheit - einer sturzbedingten Herbeiführung einer der vier als Todesursache in Betracht kommenden Kopfverletzungen gesprochen (S 246, 291). Davon aber geht das angefochtene Urteil ohnehin aus, wenn es in den Entscheidungsgründen anführt, daß ein Sturz des Tatopfers als Ursache für zumindest eine der Kopfverletzungen nicht auszuschließen ist (US 10 und 11). Insoweit das Erstgericht aber darüber hinaus - in Anbetracht der medizinischen Unwahrscheinlichkeit gehäufter epileptischer Anfälle (US 10; vgl. dazu S 246 d.A.) und der geringeren Verletzungsgefahr bei alkoholisierungsbedingten Stürzen (US 12 unten und f) einerseits und andererseits wegen des auffallenden zeitlichen Zusammenhanges zwischen den (gerade in letzter Zeit gehäuft auftretenden - US 10) tätlichen Angriffen des Angeklagten und dem Verletzungs- bzw. Todeseintritt sowie angesichts der Heftigkeit (US 11), mit der die todesursächliche Gewalteinwirkung den Kopf des Tatopfers getroffen haben muß, somit auf Grund seiner aus der Gesamtheit der ihm vorliegenden Beweismittel gewonnenen Überzeugung - auch konstatiert, daß die inkriminierten Tätlichkeiten (und nicht ein epileptischer Anfall oder dergleichen) die unmittelbare bzw. mittelbare (infolge eines dadurch ausgelösten Sturzgeschehens) Verletzungsursache waren, hat es einen Akt der tatrichterlichen Beweiswürdigung gesetzt, der sich einer Bekämpfung mit Mängelrüge ebenso entzieht, wie die in ihr enthaltenen Schlußfolgerungen über die Entstehung der zum Tod führenden Verletzung, die denkrichtig lebensnah und formell mängelfrei begründet sind und in den Verfahrensergebnissen, insbesondere auch im Sachverständigengutachten, ihre Deckung finden (Mayerhofer-Rieder, StPO. 2 E 144 ff zu § 281 Z 5). Auf die Behauptung aber, daß allenfalls auch andere Schlüsse möglich gewesen wären, kann der Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 5 StPO nicht gestützt werden. So besehen bleibt es ohne entscheidungswesentliche und sonach eine weitere Erörterung erfordernde Bedeutung, daß aus medizinischer Sicht weder eine Zuordnung des tödlichen Gehirntraumas zu einem bestimmten äußerlichen Verletzungssymptom noch eine Klärung der Frage möglich gewesen ist, ob die todesursächliche Gehirnblutung unmittelbar auf eine Schlageinwirkung oder auf einen (daraus resultierenden) Sturz zurückzuführen war.
Eben in diese Richtung zielt das übrige Vorbringen zur Mängelrüge, in dem sich der Angeklagte gegen den Ausspruch des Gerichtes über die Unglaubwürdigkeit seiner Verantwortung - wonach er Mirjana Z*** nicht geschlagen habe - und gegen die zum Ausschluß eines auf Alkoholisierung bzw. auf einen epileptischen Anfall zurückzuführenden Sturzes des Tatopfers als Todesursache angestellten, durchaus sachbezogenen Erwägungen im Urteil wendet, die er sohin zu Unrecht als bloße "persönliche" Vermutungen des Gerichtes bezeichnet. Gleiches gilt der Sache nach auch für die Kritik daran, daß das Gericht aus der Art, in der der Zeuge Christian Z*** einzelne an ihn gerichtete Fragen
beantwortete, Schlüsse auf dessen Unglaubwürdigkeit in Teilbereichen gezogen hat - was durchaus zulässig ist -, wobei der Beschwerdeführer zudem übersieht, daß die Nichterörterung der darauf bezüglichen Details dann keine Unvollständigkeit bildet, wenn das Gericht dem Zeugen in diesem Umfang mit hinreichender Begründung ohnedies pauschal den Glauben versagte.
Letztlich unternimmt der Beschwerdeführer auch insoweit, als er die Abweichungen in seiner Verantwortung vor bzw. nach Bewilligung der Wiederaufnahme des Verfahrens in einem gegenüber der erstrichterlichen Beurteilung für ihn vorteilhaften Sinn gewertet wissen will, bloß den im Nichtigkeitsverfahren unzulässigen Versuch einer Bekämpfung der Beweiswürdigung.
In Ansehung der geltend gemachten Feststellungsmängel (Z 9 lit. a) zur Frage der subjektiven Zurechenbarkeit der gemäß § 86 StGB qualifizierenden Todesfolge setzt sich der Beschwerdeführer über die dazu getroffenen Urteilskonstatierungen (US 8, 15 und 16) hinweg und bringt solcherart auch diesen Nichtigkeitsgrund, der ein Festhalten am Urteilssachverhalt zur unabdingbaren Voraussetzung hat, nicht zur gesetzmäßigen Darstellung. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten unter Bedacht (§ 28 StGB) auf den von der Wiederaufnahme nicht erfaßten rechtskräftigen Schuldspruch wegen des (ebenfalls an Mirjana Z*** begangenen) Vergehens nach § 83 Abs 1 StGB aus seinem Urteil vom 5.Juni 1984 (ON 7) - Tatzeiten 7.Jänner und 20. Mai 1984 - nach § 86 StGB zu drei Jahren Freiheitsstrafe, wobei es die einschlägigen Vorstrafen des Angeklagten und die Wiederholung der tätlichen Angriffe unter Mitberücksichtigung einer damit bewiesenen rohen und gefühlskalten Charakterbeschaffenheit als erschwerend, keinen Umstand hingegen als mildernd wertete. Dagegen richtet sich die Berufung des Angeklagten, mit der er eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe anstrebt.
Diesem Begehren kommt keine Berechtigung zu.
Von einer Mitwirkung an der Aufklärung der Tat kann keine Rede sein, beschränkte sich doch sein Beitrag zur Aufdeckung des Verbrechens auf die Mitteilung von der Auffindung der Leiche, während er eine todeskausale gewaltsame Handlung gegen Mirjana Z*** bis zuletzt entschieden in Abrede stellte. Auch eine Selbststellung trotz leichter Fluchtmöglichkeit (gemeint: Wahrscheinlichkeit des Verborgenbleibens seiner Tat) lag angesichts der Toten in der gemeinsamen Wohnung nicht vor. Die Berufung auf allgemein begreifliche heftige Gemütsbewegung oder gar auf achtenswerte Beweggründe bei den ständigen (dreimal in der Woche - US 5) und letztlich tödlichen Mißhandlungen der Mirjana Z*** mit der Begründung, sie habe ihrem Sohn einmal Geld weggenommen und durch ihren Alkoholmißbrauch selbst Anlaß zu Zwistigkeiten gegeben, ist verfehlt. Abgesehen davon, daß dem selbst zu Alkoholexzessen neigenden (S 59, 121, 123 und 125) Angeklagten die Berufung auf eine derartige Gemütsbewegung oder Entrüstung nicht recht ansteht, zeugt es ganz im Gegenteil - wie das Erstgericht zutreffend bemerkt - von besonderer Gefühlskälte, eine zufolge ihrer Trunksucht wehrlose und schwer kranke Frau fortgesetzt brutal derart zu mißhandeln, sodaß sie schließlich zu Tode kommt. Die vom Erstgericht sohin richtig und vollständig aufgezählten Erschwerungsgründe, denen kein einziger Milderungsgrund gegenübersteht, rechtfertigen durchaus das Ausmaß der verhängten Freiheitsstrafe, weshalb auch der Berufung ein Erfolg zu versagen war.
Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten ist eine gesetzliche Folge der getroffenen Sachentscheidung (§ 390 a StPO).
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