OGH 9Os162/84

OGH9Os162/8411.12.1984

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. Dezember 1984 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Obauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Steininger, Dr.Horak, Dr.Reisenleitner und Dr.Felzmann (Berichterstatter) als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr.Hardegg als Schriftführerin in der Strafsache gegen Franz Valentin A und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten Mißbrauches der Amtsgewalt nach §§ 12, 302

Abs.1 und 15 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Franz Valentin A und Dietmar B sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 6.Dezember 1983, GZ 21 Vr 3830/82-65, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanalt Dr.Tschulik, des Angeklagten Dietmar B und der Verteidiger Dr.Preu und Dr.Günther Stanonik jedoch in Abwesenheit des Angeklagten Franz Valentin A zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Franz Valentin A und Dietmar B werden verworfen.

Aus Anlaß dieser Nichtigkeitsbeschwerden wird gemäß § 290 Abs.1 StPO der den Mitangeklagten Peter C betreffende Ausspruch über die Vorhaftanrechnung dahin ergänzt, daß gemäß § 38 Abs.1 Z 2 StGB auch die von diesem Angeklagten im Strafverfahren AZ 17 Vr 693/83 des Landesgerichtes Salzburg erlittene Vorhaft vom 4.Februar 1983, 15 Uhr, bis 25.Mai 1983, 15,30

Uhr, auf die ausgesprochene Strafe angerechnet wird. Den Berufungen der Angeklagten Franz Valentin A und Dietmar B sowie der diese beiden Angeklagten betreffenden Berufung der Staatsanwaltschaft wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten Franz Valentin A und Dietmar B die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 25.Februar 1947 geborene beschäftigungslose Franz Valentin A des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten Mißbrauchs der Amtsgewalt als Beteiligter nach §§ 12, 302 Abs.1 und 15 StGB (3); der am 10. Dezember 1953 geborene Justizwachebeamte Dietmar B des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs.1 StGB (2) und der am 5.Dezember 1957 geborene beschäftigungslose Peter C des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt als Beteiligter nach §§ 12, 302 Abs.1 StGB (4), ferner sämtliche Angeklagten des Verbrechens des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs.1 StGB - Dietmar B und Peter C jeweils als Beteiligte gemäß § 12 StGB - (1 und 5) sowie des Vergehens nach § 36 Abs.1 lit.a WaffenG

(6) schuldig erkannt.

Dem Inhalt dieser Schuldsprüche zufolge hat Dietmar B zu einem nicht genau feststellbaren Zeitpunkt im September 1982 als mit der Stellvertretung des Vorführkommandanten betrauter Justizwachebeamter des landesgerichtlichen Gefangenenhauses Salzburg mit dem Vorsatz, die Republik Österreich in ihrem Recht auf Aufrechterhaltung der Haft von Untersuchungshäftlingen zu schädigen, seine Befugnis, im Namen der Republik Österreich in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich mißbraucht, indem er mit einem Wäschepaket eine in einem Radiogerät versteckte Pistole Marke Z, Kal 7,65 mm, von Peter C übernahm und die Waffe dem Untersuchungshäftling Franz Valentin A übergab (Punkt 2 des Schuldspruchs). Zur Ausführung dieser Tathandlung hat Franz Valentin A den Dietmar B durch Aufforderung und Anbieten eines Geldbetrages von 30.000 S bestimmt (Punkt 3/b des Schuldspruchs); Peter C hat dadurch beigetragen, daß er die Waffe in einem Radiogerät versteckte und in ein Wäschepaket gewickelt dem Dietmar B übergab (Punkt 4 des Schuldspruchs). überdies hat Franz Valentin A, indem er im Zeitraum zwischen Februar 1982 bis 31.Juni 1982 den provisorischen Justizwachebeamten Peter D aufforderte, ihm gegen Bezahlung einer Summe Geldes die Flucht aus dem landesgerichtlichen Gefangenenhaus Salzburg zu ermöglichen, mit dem Vorsatz, die Republik Österreich in ihrem Recht auf gesetzmäßige Aufrechterhaltung der Haft von Untersuchungshäftlingen zu schädigen, den Beamten zu bestimmen versucht, seine Befugnis, im Namen der Republik Österreich in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich zu mißbrauchen (Punkt 3/a des Schuldspruchs).

Als versuchter Widerstand gegen die Staatsgewalt liegt dem Angeklagten Franz Valentin A zur Last, am 28.September 1982 dadurch, daß er die genannte Pistole Marke Z, Kal 7,65 mm, gegen die Brust des Justizwachebeamten Herbert E richtete, dem seine Bewachung während einer Ausführung zur ärztlichen Versorgung im Landeskrankenhaus Salzburg oblag, und jenen aufforderte, sich hinzusetzen und mit seinen eigenen Handschellen zu fesseln, versucht zu haben, einen Beamten durch gefährliche Drohung mit dem Tod (§ 106 StGB) an einer Amtshandlung zu hindern (Punkt 1 des Schuldspruchs). Zur Ausführung dieser Tathandlungen haben Dietmar B und Peter C durch ihr bereits geschildertes Tatverhalten beigetragen (Punkt 5 des Schuldspruchs). Ferner haben Franz Valentin A ab einem unbekannten Zeitpunkt im September 1982 bis zum 28.September 1982, Dietmar B während eines unbekannten Zeitraums im September 1982 und Peter C von der zweiten Augusthälfte bis zu einem nicht genau feststellbaren Zeitpunkt im September 1982 die genannte Faustfeuerwaffe besessen; vom Angeklagten Franz Valentin A ist diese außerdem (zeitweilig) geführt worden (Punkt 6 des Schuldspruchs). Die Angeklagten Franz Valentin A und Dietmar B bekämpfen ihre Schuldsprüche mit (getrennt ausgeführten) Nichtigkeitsbeschwerden; bezüglich des Angeklagten Peter C ist das Urteil in Rechtskraft erwachsen.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Franz Valentin A:

Der Angeklagte macht die Nichtigkeitsgründe der Z 3 und 5 des § 281 Abs.1 StPO geltend.

Als Verfahrensmangel im Sinne des erstbezeichnten Nichtigkeitsgrundes rügt er, daß ihm zur Vorbereitung seiner Verteidigung nicht die im § 221 Abs.1

StPO vorgeschriebene Frist von drei Tagen gewährt worden sei, weil er keine Möglichkeit gehabt habe, sich von der Strafhaft (in der Strafvollzugsanstalt Stein) aus mit seinem Verteidiger rechtzeitig zu beraten, dem seine Ankunft am Ort der (für 5.Dezember 1983 anberaumten) Hauptverhandlung erst für 2.Dezember 1983 avisiert worden sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Beschwerdeführer übersieht jedoch, daß die Vorbereitungsfrist des § 221 Abs.1 StPO nur für ihn selbst und nicht auch für seinen Verteidiger gilt (ÖJZ-LSK 1979/181). Zudem ist die Ladung zur Hauptverhandlung dem Angeklagten A am 21.Oktober 1983 und seinem Verteidiger schon am 17.Oktober 1983 zugestellt worden. Der Umstand, daß der Angeklagte A möglicherweise nicht ausreichend Zeit und Gelegenheit zur Besprechung mit seinem Verteidiger hatte, stellt an sich noch keinen unter ausdrücklicher Nichtigkeitssanktion stehenden Verfahrensmangel dar und hätte nur im Falle unbegründeter Abweisung eines deswegen gestellten Vertagungsantrages mit Erfolg releviert werden können (§ 281 Abs.1 Z 4 StPO).

Unter dem Gesichtspunkt eines Begründungsmangels im Sinne der Z 5 des § 281 Abs.1 StPO wendet sich Franz Valentin A gegen den Ausspruch, er habe Dietmar B zu einem Mißbrauch der Amtsgewalt bestimmt (Urteilsfaktum 3/b). Die Urteilsannahme, wonach sich der Beschwerdeführer zur Besorgung der beim Ausbruchsversuch verwendeten Waffe der Mithilfe der Mitangeklagten Peter C und Dietmar B bedient hat, findet indes im Geständnis, das der Angeklagte A am 25.November 1982 vor dem Untersuchungsrichter in Gegenwart des erhebenden Kriminalbeamten abgelegt hat (ON 6/I), und in der Verantwortung des Mitangeklagten Peter C eine ausreichende Stütze (ON 15/I, S 127, 128, 205/II). Wenn der Beschwerdeführer dem gegenüber unter Hinweis auf seine Darstellung in der Hauptverhandlung (beim Ausbruchsversuch sei nicht Dietmar B, sondern ein anderer Justizwachebeamter mit im Spiel gewesen, auf dessen Nennung er sich nicht einlassen wolle) und auf die leugnende Verantwortung des Mitangeklagten Dietmar B, welche vom Erstgericht als unglaubwürdig abgelehnt worden ist, Zweifel an der Beweiskraft seiner eigenen Angaben im Vorverfahren mit der Behauptung, damals unter Druck gesetzt worden zu sein, sowie an der Verläßlichkeit der ihn belastenden Aussage des Peter C wegen gewisser - vom Gericht im gegebenen Zusammenhang ohnedies in den Kreis seiner Erwägungen einbezogener (S 206/II) - Mängel bei seiner Gegenüberstellung mit C äußert, bekämpft er solcherart in Wahrheit nur auf im Nichtigkeitsverfahren unzulässige und demnach unbeachtliche Weise die Beweiswürdigung des Schöffengerichtes.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Dietmar B:

Diese Beschwerde wird auf die Nichtigkeitsgründe der Z 4, 5, 9 lit.a und 10 des § 281 Abs.1 StPO gestützt.

Den erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund verwirklichende Verfahrensmängel erblickt der Angeklagte einerseits in der Nichtzulassung einer Frage seines Verteidigers an den in der Hauptverhandlung als Zeugen vernommenen Untersuchungsrichter Dr.Herbert F (S 162/II) und andererseits in der Abweisung seiner Anträge auf zeugenschaftliche Vernehmung des Johann Josef G zum Beweis dafür, daß zwischen diesem Zeugen und ihm nicht jene Kontakte bestanden hätten, wie sie der Zeuge Herbert E glauben zu machen suche (S 174, 175/II), sowie auf Vernehmung des Johann H und des Josef I zum Beweis dafür, daß die Justizwachebeamten infolge überlastung die Wäsche nur oberflächlich hätten kontrollieren können, was Johann H im Erregungszustand drastisch zum Ausdruck gebracht habe (S 179, 180/II).

Die Verfahrensrüge schlägt nicht durch. Für eine erfolgreiche Geltendmachung der behaupteten Behinderung des Fragenrechts des Verteidigers mangelt es schon an den formellen Voraussetzungen, weil es der Verteidiger unterlassen hat, die Entscheidung des Schöffengerichtes über die Zulässigkeit der bezüglichen Frage zu beantragen und es deshalb zu keinem Zwischenerkenntnis des Gerichtshofes hierüber gekommen ist (vgl. Mayerhofer-Rieder, E Nr 6, 7 zu § 281 Abs.1 Z 4 StPO). Durch die Ablehnung der begehrten Zeugeneinvernahmen sind Verteidigungsrechte nicht verletzt worden, weil die Beweisthemen, wie schon das Erstgericht zutreffend erkannt hat, keine entscheidungswesentlichen Tatumstände betreffen. Ob der Angeklagte Dietmar B unerlaubte Kontakte auch zu anderen Häftlingen gepflogen hat, ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Daß die Justizwachebeamten im Vorführdienst zeitweilig einem Streß ausgesetzt gewesen sein mögen, wird in den Entscheidungsgründen eingeräumt (S 208/II). Wenn das Erstgericht - mit unbedenklicher Begründung - die Version, es könnte bei der Kontrolle von Dietmar B übersehen worden sein, daß sich in dem für Franz Valentin A bestimmten Wäschesack auch der Radioapparat befand, in welchem die Waffe verborgen gewesen ist, im Hinblick auf Beweise, welche dem Schöffensenat die überzeugung verschafft haben, daß die Waffe auf Grund eines bewußten Zusammenspiels der Angeklagten (mithin auch des Angeklagten Dietmar B) in das landesgerichtliche Gefangenenhaus Salzburg geschmuggelt worden ist, dennoch abgelehnt und das mit der verlangten Beweisaufnahme angestrebte Ergebnis für nicht geeignet erachtet hat, die durch die Gesamtheit der vorliegenden Verfahrensergebnisse vermittelte Beweislage maßgebend zu verändern, so liegt darin keine unzulässige vorgreifende Beweiswürdigung (ÖJZ-LSK 1979/82).

Mit der Behauptung, das Gericht sei voreingenommen und befangen gewesen, kann eine Nichtigkeit nach der Z 4 des § 281 Abs.1 StPO schon deshalb nicht mit Erfolg aufgezeigt werden, weil ein entsprechender Ablehnungsantrag in der Hauptverhandlung gar nicht gestellt wurde.

Als undeutlich, unvollständig und offenbar nur unzureichend begründet rügt der Angeklagte Dietmar B den Ausspruch des Gerichtes, er habe gewußt, daß sich in dem für Franz Valentin A bestimmten Wäschepaket der angekündigte Radioapparat mit der darin versteckten Pistole befand (S 201/II). Bei seinem Einwand, aus den Urteilsgründen gehe nicht hervor, worauf sich sein Wissen konkret bezogen habe, läßt der Beschwerdeführer die Urteilsfeststellung unberücksichtigt, wonach er sich, nachdem Franz Valentin A mit ihm seit längerem Ausbruchspläne erörtert hatte, über ausdrückliche Aufforderung des A gegen einen Geldbetrag von 30.000 S zur besprochenen Vorgangsweise bereiterklärt und mit jenem auch die Art und Weise, wie die Pistole in das Gefangenenhaus eingeschleust werden sollte, vereinbart hat (siehe neuerlich S 201/II). Daraus konnte das Schöffengericht zwanglos und, ohne gegen die Denkgesetze zu verstoßen, auch ableiten, daß Dietmar B sich bei der übergabe des Wäschepaketes durch Peter C an ihn anläßlich seines nächsten Besuches dessen bewußt gewesen ist, in dem zur Weiterleitung an Franz Valentin A bestimmten Wäschesack werde sich vereinbarungsgemäß der Radioapparat mit der darin versteckten Pistole befinden, sowie daß er bei der von ihm vorgenommenen Kontrolle den Radioapparat auch tatsächlich wahrgenommen und es durch sein Verhalten vorsätzlich ermöglicht hat, daß die Pistole in den Besitz des genannten Untersuchungshäftlings gelangte (S 201, 202/II). Entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers hat der Mitangeklagte Peter C sehr wohl (im Vorverfahren) deponiert, daß der Justizwachebeamte, an welchen er das Wäschepaket übergeben sollte, (nach den ihm von A zugekommenen Mitteilungen) konkret über die Pistole informiert gewesen sei (S 207/I). Auf den wesentlichen Inhalt der leugnenden Verantwortung des Angeklagten B wird in den Urteilsgründen ohnedies eingegangen, in welchem Zusammenhang u.a. auch der Versuch des Angeklagten B, in der Anklageerhebung einen politischen Hintergrund zu sehen, ausdrücklich Erwähnung findet (S 207, 208/II).

Auf Grund welcher Erwägungen der Schöfensenat dem Geständnis des Angeklagten Franz Valentin A im Vorverfahren, den Angaben des Mitangeklagten Peter C, sowie den Zeugenaussagen des Untersuchungsrichters Dr.Herbert F und des erhebenden Polizeibeamten Oberstleutnant Karl J Glauben geschenkt hat, wird in den Entscheidungsgründen unter Heranziehung aller wesentlichen Verfahrensergebnisse schlüssig dargelegt; hiebei wird auch auf den Vorgang bei der Gegenüberstellung des Peter C mit dem Angeklagten Dietmar B ausführlich eingegangen und auf die Ereignisse, welche zunächst zu einem Tatverdacht gegen den Justizwachebeamten Manfred K geführt hatten, Bezug genommen (S 203, 206 f/II). Damit ist das Gericht aber der im § 270

Abs.2 Z 5 StPO normierten Begründungspflicht voll nachgekommen. Es war nicht verpflichtet, noch auf einzelne Passagen der Verantwortung des Angeklagten Peter C in der Hauptverhandlung, in welcher dieser insgesamt die Richtigkeit seiner (nicht nur Dietmar B, sondern auch sich selbst belastenden) Tatschilderung im Vorverfahren in allen wesentlichen Punkten bekräftigt hat (S 126 ff/II), einzugehen, sowie diese Angaben und alle übrigen Verfahrensergebnisse im Detail darauf zu untersuchen, inwiefern sie als Argumente für oder gegen die Täterschaft des Beschwerdeführers herangezogen werden könnten oder für den Wahrheitsgehalt dieser oder jener Darstellung sprechen. Die weitwendigen Ausführungen zur Z 5 des § 281 Abs.1 StPO, mit welchen dargetan werden soll, das Erstgericht hätte auf Grund der Gesamtheit der Verfahrensergebnisse zu einem für den Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis gelangen müssen, stellen demnach bloß den Versuch dar, nach Art einer Schuldberufung die - nach dem Gesagten durchaus aktentreu, lebensnah und logisch einwandfrei begründete - Beweiswürdigung des Schöffensenates zu erschüttern, ohne formelle Begründungsmängel in der Bedeutung des angerufenen Nichtigkeitsgrundes aufzeigen zu können.

Zu Unrecht vermißt der Angeklagte Dietmar B schließlich eine zureichende Begründung für die Konstatierung, wonach er es zumindest ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden hat, daß der Angeklagte Franz Valentin A die Pistole zu einem Ausbruchsversuch verwenden werde. Ergibt sich dies doch geradezu zwangsläufig aus der Annahme, daß Dietmar B auf Grund der mit A erörterten Ausbruchspläne über den Zweck des von letzterem angestrebten Waffenbesitzes informiert gewesen ist. Als ebenso unbegründet erweist sich die Rechtsrüge des Angeklagten Dietmar B.

An einer gesetzmäßigen Darstellung des Nichtigkeitsgrundes der Z 9 lit.a des § 281 Abs.1 StPO mangelt es insoweit, als der Beschwerdeführer bei seinem Einwand, eine vorsätzliche Rechtsschädigung könne ihm nicht angelastet werden, von der Prämisse ausgeht, er habe keinesfalls gewußt, daß sich zum Zeitpunkt der übernahme des Wäschepakets in dem darin mitbeförderten Radiogerät die Pistole für Franz Valentin A befunden habe. Denn nach den Urteilsfeststellungen hat der Angeklagte Dietmar B nicht nur das Radiogerät in dem für A bestimmten Wäschepaket bemerkt, sondern er war - wie bereits dargelegt - auf Grund der mit A getroffenen Absprache über die Art und Weise, wie die Pistole in das landesgerichtliche Gefangenenhaus Salzburg geschmuggelt werden sollte, informiert (S 201/II).

Damit hat das Schöffengericht aber hinreichend deutlich seine überzeugung von der Kenntnis des Beschwerdeführers zum Ausdruck gebracht, daß der ihm von Peter C in einem Wäschesack überbrachte Radioapparat als Versteck für eine Pistole diente, welche Franz Valentin A für einen Ausbruchsversuch benötigte.

Verfehlt ist die Rechtsmeinung des Beschwerdeführers, durch die übernahme und Weitergabe des Wäschepakets kein Amtsgeschäft, sondern bloß eine 'tatsächliche Handlung' vorgenommen zu haben. Unter Amtsgeschäft sind nämlich alle Verrichtungen zu verstehen, die zur unmittelbaren Erfüllung der Vollziehungsaufgaben eines Rechtsträgers dienen, also zum eigentlichen Gegenstand des jeweiligen Amtsbetriebes gehören und für die Erreichung der amtsspezifischen Vollzugsziele sachbezogen relevant sind (EvBl. 1978/136 = ÖJZ-LSK 1978/236 !verstärkter Senat ). Darunter können aber nicht nur Rechtshandlungen, sondern auch Verrichtungen tatsächlicher Art fallen, vorausgesetzt, daß letztere wie Organhandlungen zu werten sind. Dies gilt insbesondere auch für alle den Strafvollzug und die Vollziehung der Untersuchungshaft betreffenden Tätigkeiten von Justizwachebeamten, zu deren spezifischen Aufgaben es ja gehört, den Verkehr der Häftlinge mit der Außenwelt zu überwachen und die überlassung von Gegenständen an Häftlinge dahingehend zu kontrollieren, ob deren Besitz den Zwecken der Anhaltung widerstreitet (§ 186 Abs.2 und Abs.3 StPO in Verbindung mit den §§ 33, 39 Abs.1 und 2 StVG).

Unzutreffend ist ferner der Beschwerdeeinwand, dem Urteil könne nicht entnommen werden, welches konkrete Recht durch das Tatverhalten des Angeklagten Dietmar B geschädigt werden sollte. Zu den staatlichen Rechten, die Gegenstand eines Mißbrauchs der Amtsgewalt sein können, zählt auch der Vollzug der Untersuchungshaft gemäß den Bestimmungen der §§ 183 ff StPO. Jedes pflichtwidrige, den Untersuchungshäftling begünstigende Verhalten eines Justizwacheorgans, durch das wesentliche Maßnahmen und Zwecke der Untersuchungshaft vereitelt oder beeinträchtigt werden, schädigt daher den Staat an einem konkreten Recht (13 0s 166/73, EvBl. 1980/160). Daß dies im vorliegenden Fall auf das Verhalten des Angeklagten Dietmar B zutrifft, bedarf im Hinblick darauf, daß dessen Handlungsweise in der Ausfolgung einer Waffe bestand und den Ausbruch eines Untersuchungshäftlings ermöglichen sollte, keiner weiteren Begründung.

Der Hinweis des Beschwerdeführers, sein (bedingter) Vorsatz habe nach dem Wortlaut der Urteilsfeststellungen lediglich einen Ausbruchsversuch nach (und nicht zur) überwältigung des Bewachers umfaßt, versagt gleichfalls. Unter dem Aspekt eines Mißbrauchs der Amtsgewalt kommt der Frage, ob und inwieweit der Angeklagte Dietmar

B über die Ausbruchspläne des Mitangeklagten Franz Valentin A und deren konkrete Verwirklichung informiert gewesen ist, an sich keine Relevanz zu, weil durch die überlassung einer Pistole an einen Untersuchungshäftling mit Wissen und Duldung eines Vollzugsbediensteten jedenfalls die Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung in einem Gefangenenhaus in Frage gestellt wird und sohin schon allein damit wesentliche Zwecke der Untersuchungshaft beeinträchtigt werden. Soweit der Beschwerdeführer aber mit diesem Vorbringen die Strafbarkeit seiner Tat als sonstigen Tatbeitrag im Sinne der 3.Alternative des § 12 StGB zum Tatbestand des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach § 269 Abs.1 StPO in Zweifel zieht, übersieht er, daß für die Annahme einer Beitragstäterschaft jedes die Tatausführung fördernde und bis zur Vollendung wirksam bleibende, zur Tat in ihrer individuellen Erscheinungsform in einer Kausalbeziehung stehende Tun oder Unterlassen ausreicht (ÖJZ-LSK 1976/226; 1977/87), sowie daß die zu begehende Tat nur der Art nach und in groben Umrissen, nicht aber auch nach Zeit und Ort ihrer Begehung und nach allen sonstigen Einzelheiten in der Vorstellung des Gehilfen individualisiert sein muß (SSt. 50/32, ÖJZ-LSK 1983/91) und daß es hiefür genügt, wenn das Delikt objektiv das Versuchsstadium erreicht; daß der Tatbeitrag schon im Vorbereitungsstadium geleistet worden ist, steht einer strafrechtlichen Haftung gemäß § 12

3. Alternative StGB ebensowenig entgegen, wie ein unwesentliches Abweichen der ausgeführten Tat von den Vorstellungen des Gehilfen (ÖJZ-LSK 1983/105;

SSt 51/45). So gesehen ist es unerheblich, daß der Angeklagte Dietmar B im Zeitpunkt seines Tatbeitrages (naturgemäß) noch nicht gewußt hat, bei welcher konkreten Gelegenheit und in welcher Weise der Mitangeklagte Franz Valentin A von der Waffe Gebrauch machen werde; genug daran, daß er, wie vom Erstgericht festgestellt worden ist, es ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden hat, daß die Pistole von A bei einer sich bietenden Gelegenheit anläßlich eines Ausbruchsversuches als Mittel der Gewalt oder der gefährlichen Drohung gegen einen Beamten eingesetzt werden sollte. Verfehlt ist auch die Argumentation des Beschwerdeführers, vom Angeklagten Franz Valentin A sei keine Amtshandlung verhindert worden. Stellen doch die Bewachung eines Untersuchungshäftlings, welcher in ein Krankenhaus ausgeführt wird, und dessen ordnungsgemäße Rückführung in das Gefangenenhaus Maßnahmen dar, die in Ausübung einer Befehls- und Zwangsgewalt gesetzt werden und denen daher der Charakter einer Amtshandlung zukommt (EvBl. 1979/181, 9 0s 44/78).

Ebensowenig beigepflichtet kann der Ansicht des Beschwerdeführers werden, daß die Delikte nach § 302 Abs.1 StGB und nach § 269 Abs.1 StGB nicht eintätig zusammentreffen können und er infolge bloßer Gesetzeskonkurrenz nur wegen Mißbrauchs der Amtsgewalt hafte. Abgesehen davon, daß die mißbräuchliche Vornahme von Amtsgeschäften durch Dietmar B und der vom Angeklagten Franz Valentin A verübte Widerstand gegen die Staatsgewalt verschiedene, räumlich und zeitlich getrennte - und daher realkonkurrierende - Akte darstellen, kommt die vom Beschwerdeführer angestrebte rechtliche Beurteilung seiner Handlungsweise auch deshalb nicht in Betracht, weil durch deren Subsumtion nur unter den Tatbestand nach § 302 Abs.1 StGB der spezifische Tatunwert des Widerstands gegen die Staatsgewalt - die Hinderung eines Beamten an einer Amtshandlung mit Gewalt oder durch gefährliche Drohung -, zu dessen Ausführung der Beschwerdeführer durch sein Verhalten fördernd beigetragen hat, nicht abgegolten wäre. Nur dann, wenn im Mißbrauch der Amtsgewalt auch schon alle Merkmale einer allgemein strafbaren Handlung enthalten sind, würde § 302 Abs.1 StGB das allgemeine Delikt verdrängen (vgl. Leukauf-Steininger 2 , RN 71 zu § 28 und RN 40 zu § 302 StGB). Schließlich wendet sich der Angeklagte Dietmar B aus dem Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit.a des § 281 Abs.1 StPO mit der Behauptung, er sei als Angehöriger der Justizwache zum Besitz und zur Führung einer Waffe befugt gewesen, gegen seinen Schuldspruch wegen Vergehens nach § 36 Abs.1

lit.a WaffenG. Es liegt jedoch auf der Hand, daß sich diese Befugnis ausschließlich auf die Dienstwaffe bezieht und den Angeklagten Dietmar B keinesfalls berechtigt hat, einem Untersuchungshäftling die Verfügungsmacht über eine pflichtwidrig in das Gefangenenhaus eingeschleuste Faustfeuerwaffe zu verschaffen (§ 12 3.Alternative StGB zu § 36 Abs.1 lit. a WaffenG) oder selbst eine solche Waffe in Gewahrsam zu nehmen. Da die Strafbestimmungen des Waffengesetzes und jene nach § 302 StGB dem Schutz verschiedener Rechtsgüter dienen, ist auch insoweit keine bloße Gesetzeskonkurrenz gegeben. Die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Franz Valentin A und Dietmar B waren sohin in übereinstimmung mit der Generalprokuratur zu verwerfen.

Maßnahme nach § 290 Abs.1 StPO hinsichtlich des Angeklagten Peter C:

über Anregung der Generalprokuratur hat der Oberste Gerichtshof den Strafakt AZ 17 Vr 693/83 des Landesgerichtes Salzburg beigeschafft und konnte sich anläßlich der Behandlung der Nichtigkeitsbeschwerden der Mitangeklagten davon überzeugen, daß die Vorhaftanrechnung hinsichtlich des Angeklagten Peter C mit dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs.1 Z 11 StPO behaftet ist.

Dieser Angeklagte befand sich nämlich in der im Spruche angeführten Zeit in Verwahrungs- und Untersuchungshaft. Mit Urteil vom 3. November 1983

(rechtskräftig ab 30.Dezember 1983), GZ 17 Vr 693/83-125, wurde ihm diese Vorhaft auf die - allerdings bedingt nachgesehene und daher noch nicht in Vollzug gesetzte (LSK 1977/6) - Freiheitsstrafe angerechnet. In diesem Verfahren, in welchem diese Vorhaft aktenkundig war (S 327/I und S 95/II), wurde jedoch übersehen, daß beide Verfahren gemeinsam hätten durchgeführt werden können (§ 56 StPO), weshalb gemäß § 38 Abs.1 Z 2 StGB die genannte Vorhaft anzurechnen gewesen wäre. Der Oberste Gerichtshof hatte daher in amtswegiger Wahrnehmung des dem Angeklagten zum Nachteil gereichenden materiellen Nichtigkeitsgrundes (§ 290 Abs.1 StPO) diese Vorhaftanrechnung nachzuholen.

Berufungen der Angeklagten Franz Valentin A und Dietmar B sowie der Staatsanwaltschaft:

Das Schöffengericht verurteilte nach §§ 28, 302 Abs.1 StGB Franz Valentin A zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und Dietmar B zu einer Freiheitsstrafe von achtzehn Monaten. Es wertete bei der Strafbemessung als erschwerend bei A das Zusammentreffen zweier Verbrechen mit einem Vergehen, die (in einem Fall beim Versuch gebliebene) Bestimmung zweier Beamten zum Amtsmißbrauch (Punkt 3 des Schuldspruchs), die Verleitung weiterer Personen (zu strafbaren Handlungen), die zwei einschlägigen Vorstrafen nach dem Waffengesetz und bei B neben der Deliktshäufung die extreme Gefährdung seiner Berufskollegen (durch die Ermöglichung eines bewaffneten Ausbruchsversuchs). Als mildernd wurde hingegen berücksichtigt bei A sein Geständnis vor dem Untersuchungsrichter und die Tatsache, daß es teilweise beim Versuch geblieben ist, bei B dessen Unbescholtenheit, die Verleitung durch A und ebenfalls die Tatsache, daß es (beim Schuldspruchfaktum 1) beim Versuch geblieben ist. Während die beiden Angeklagten mit ihren Berufungen die Herabsetzung der Freiheitsstrafe, B überdies deren bedingte Nachsicht, anstreben, beantragt die Staatsanwaltschaft mit ihrer Berufung, 'fühlbar höhere Strafen zu verhängen'.

Keiner der Berufungen kommt Berechtigung zu.

Grundsätzlich ist festzuhalten, daß beide Berufungswerber schwere Rechtsbrüche zu verantworten haben, die in zweifacher Richtung (nämlich nach dem höheren Strafsatz des § 269 Abs.1 StGB und nach § 302 Abs.1 StGB) mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bedroht sind. Die deutliche Abstufung der Unrechtsfolgen muß schon deshalb vorgenommen werden, weil es sich bei A als Initiator dieser Taten um einen nicht nur nach dem Waffengesetz, sondern auch wegen mehrerer Delikte gegen die körperliche Integrität vorbestraften Mann handelt, dem nach seinem bisherigen Lebensquerschnitt eine gewisse Gefährlichkeit zukommt. Wenn A daher darauf hinweist, daß er sich zum Zeitpunkt des Ausbruchsversuchs in einem geistigen und körperlichen Ausnahmezustand infolge eines Hungerstreiks befunden habe, ist ihm entgegenzuhalten, daß es sich hiebei eben um eine in seinem Tatplan gelegene Aktion gehandelt hat, die daher nicht als schuldmildernd zu werten ist. Daß er nach Dazwischenkunft eines Arzthelfers irritiert und überwältigt wurde, kann ihn über den ohnehin berücksichtigten Umstand, daß die Tat (Schuldspruch 1) beim Versuch geblieben ist, hinaus ebenfalls nicht entlasten, sodaß die Berufung nichts aufzuzeigen vermag, was eine Strafmilderung bei Franz Valentin A rechtfertigen könnte. Dietmar B muß sich in Erwiderung seiner Behauptung, den Milderungsumständen sei zu geringes Gewicht beigemessen worden, den Vorwurf gefallen lassen, daß er sich in einer für die Allgemeinheit fast unvorstellbaren Art und Weise über seine Dienstpflichten hinweggesetzt und über den Amtsmißbrauch hinaus andere Justizwachebeamte in die Gefahr gebracht hat, an Leib oder sogar Leben geschädigt zu werden. Diese für einen Justizwachebeamten im höchsten Maß verwerfliche Einstellung zu den Werten der staatlichen Ordnung und die Gefährlichkeit der Tat (§ 32 Abs.2 und 3 StGB) erfordern eine Reaktion des Strafgerichtes, die neben dem Tatunwert auch der groben personalen Täterschuld ausreichend Rechnung trägt. Das vom Erstgericht gefundene Strafmaß wird diesem Erfordernis durchaus gerecht. Wenngleich der Berufungswerber durch den mit dieser Tat verbundenen Amtsverlust (§ 27 Abs.1 StGB) vorerst seine Stelle verlieren wird, kann darin keinerlei Gewähr gesehen werden, daß er in Zukunft keine Straftaten mehr begehen wird (§ 43 Abs.2 StGB), abgesehen davon, daß im Hinblick auf die aktenkundigen Zustände im landesgerichtlichen Gefangenenhaus in Salzburg, die auch schon früher zu Strafverfahren Anlaß gaben (z.B. 13 0s 83/83), eine bedingte Strafnachsicht auch aus generalpräventiven Gründen nicht gerechtfertigt wäre.

Es kann aber auch der Staatsanwaltschaft nicht gefolgt werden, wenn sie vermeint, daß gerade diese Mißstände, die auch in der Presse Niederschlag gefunden haben, noch höhere Strafen erfordern, um das Ansehen der überwiegend korrekt ihren Dienst versehenden Justizwachebeamten in der Öffentlichkeit nicht zu schädigen. Wie bereits ausgeführt, entspricht die ausgewogene Strafzumessung des Erstgerichts auch den generalpräventiven Erfordernissen. Der Oberste Gerichtshof sah sich daher nicht veranlaßt, die Strafzumessung in irgendeiner Richtung zu korrigieren, weshalb sämtlichen Berufungen der Erfolg zu versagen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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