OGH 9Os155/82

OGH9Os155/8216.11.1982

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. November 1982 unter dem Vorsitz des Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Hon.Prof.Dr.Steininger, Dr. Horak und Dr. Reisenleitner als Richter, sowie des Richteramtsanwärters Dr. Mangi als Schriftführer in der Strafsache gegen Helmut A wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach § 127 Abs 1, 128 Abs 2, 129 Z. 3, 130 letzter Fall StGB über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 27. März 198o, GZ. 3 e Vr 1744/79-104, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Steininger, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Ponschab und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Kodek, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 28. Oktober 1943 geborene Helmut A des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach § 127 Abs 1, 128 Abs 2, 129 Z. 3 (richtig: Z. 1 und 3), 130 letzter Fall StGB schuldig erkannt und hiefür nach der letztangeführten Gesetzesstelle zu einer Freiheitsstrafe von 7 (sieben) Jahren verurteilt; überdies wurde gemäß § 23 Abs 1 StGB seine Unterbringung in einer Anstalt für gefährliche Rückfallstäter angeordnet.

Nach dem Inhalt des Schuldspruchs liegt ihm zur Last, in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung der Tat (nämlich Einbruchsdiebstahl) eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, fremde bewegliche Sachen in einem 100.000 S übersteigenden Wert mit Bereicherungsvorsatz anderen weggenommen zu haben, und zwar I./ im Dezember 1978 in Hollenstein durch Einsteigen mittels einer Leiter der Regina B (aus deren Bauernhaus) zahlreiche Antiquitäten und Schmuckstücke im Gesamtwert von 300.000 S sowie ausländische Banknoten geringen Wertes;

II./ teils durch Öffnen (im Urteil unrichtig Aufbrechen) der Sperrvorrichtung mit einem nachgemachten oder widerrechtlich erlangten Schlüssel in der Zeit von Oktober 1977 bis Dezember 1978 in Wien und St. Pölten neun PKW. (in zwei Fällen ohne Nachsperre) im Gesamtwert von ca. 630.000 S;

III./ zwischen 15. Juni und Ende August 1978 in Hollenstein oder Wien der Regina B Ringe im Gesamtwert von ca. 11.000 S. Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs 1 Z. 5, 9 lit a, 9 lit b und (der Sache nach) Z. 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

In der auf die Z. 5 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Mängelrüge bekämpft der Beschwerdeführer die Annahme, daß er (auch) in den Fakten I./ und II./1 mit Bereicherungsvorsatz gehandelt hat. Hinsichtlich des Diebstahls an Regina B zu Punkt I./ des Schuldspruchs habe er sich immer damit verantwortet, daß er die Gegenstände nicht um sich zu bereichern genommen habe, sondern als Demonstration gegen den Verlobten der Regina B, der ihr diese Dinge geschenkt hatte und dadurch auf sie einen (dem Angeklagten) mißliebigen Einfluß ausübte;

erst später habe er an einen Verkauf dieser Gegenstände gedacht, was ihm als nachfolgender böser Vorsatz nicht zugerechnet werden könne. Mit dieser Verantwortung habe sich das Erstgericht nicht oder nur unzureichend auseinandergesetzt.

Rechtliche Beurteilung

Mit diesem Vorbringen wird jedoch keine Unvollständigkeit der Urteilsgründe im Sinne des behaupteten Nichtigkeitsgrundes geltend gemacht, sondern allein die erstgerichtliche Beweiswürdigung in unzulässiger Weise bekämpft.

Der Angeklagte hat sich in der Hauptverhandlung nach Verlesung der Anklageschrift uneingeschränkt, insbesondere auch zu dem nunmehr bekämpften Diebstahl zum Nachteil der Regina B, schuldig bekannt (S. 83/III). Seine im Vorverfahren (ON. 6) im Sinne seines Beschwerdevorbringens vorgetragene Verantwortung hiezu hat das Gericht überdies mit Bezugnahme auf S. 323 b/I) im Urteil erörtert (S. 105/III) und mit schlüssiger Begründung als unglaubwürdig abgelehnt.

Entgegen seinem in der Hauptverhandlung abgelegten vollen Geständnis versucht der Beschwerdeführer nunmehr auch die Feststellung seines Bereicherungsvorsatzes im Faktum Ute C (II./1) mit dem Einwand zu bekämpfen, daß er diese Tat zum Nachteil seiner früheren Freundin nur verübt habe, um ihr, in deren PKW. ein Einbruchsdiebstahl verübt worden war, zu einer vollen Entschädigung durch die Versicherung zu verhelfen. Eine solche Verantwortung hat er aber auch nicht im Vorverfahren (vgl. S. 221/I und ON. 6) vorgetragen, sodaß dem Ersturteil keine Unvollständigkeit im Sinne des behaupteten Nichtigkeitsgrundes anhaftet, zumal auch aus der Zeugenaussage der Ute C (S. 85/III; und ON. 17), entgegen dem Beschwerdevorbringen, keine Anhaltspunkte für eine solche Deutung der Tat des Angeklagten hervorgehen. Angesichts der geständigen Verantwortung des Angeklagten in der Hauptverhandlung sind vielmehr die erstgerichtlichen Feststellungen auch zur subjektiven Tatseite in dem hier erörterten Faktum mängelfrei getroffen.

Ziffernmäßig ebenfalls auf § 281 Abs 1 Z. 5 StPO

gestützt, teilweise auch im Rahmen der - unzulässigen und im Gerichtstag zurückgezogenen - 'Schuldberufung', sachlich aber aus der Z. 10 des § 281 Abs 1 StPO die Annahme der Qualifikation der Gewerbsmäßigkeit (§ 130 StGB) bekämpfend, bringt der Beschwerdeführer vor, daß die Beute aus den ihm angelasteten Diebstählen keineswegs zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes ausreichte, sondern 'netto' nur in bescheidenen Erlösen bestanden habe. Nach ständiger Rechtsprechung ist es aber für die Annahme gewerbsmäßiger Tatbegehung im Sinne des § 70 StGB bedeutungslos, ob die Einkünfte aus der wiederkehrenden Tatbegehung die Lebenshaltungskosten des Täters zu einem wesentlichen oder - neben anderen Einkünften - bloß zu einem geringen Teil decken sollen. Selbst (geringfügige) Nebeneinkünfte können, sofern sie nur über der Bagatellgrenze liegen, gewerbsmäßig erstrebt werden (Leukauf-Steininger2 RN 5 zu § 70 StGB mit Judikaturnachweisen). Daß der Beschwerdeführer nach seiner Verantwortung auch Einkünfte als Mechaniker bezog, bedurfte daher - entgegen seiner Auffassung - keiner Erörterung und es haftet somit dem bekämpften Ausspruch der behauptete Rechtsirrtum nicht an.

Das weitere Vorbringen in der Mängelrüge, das sich gegen die der Anordnung der Unterbringung gemäß § 23

StGB zugrundeliegenden Feststellungen zur Gefährlichkeitsprognose wendet, stellt nicht eine gewerbsmäßige Ausführung einer Nichtigkeitsbeschwerde dar, sondern kann erst im Rahmen der Berufungsentscheidung Berücksichtigung finden (EvBl 1976/90, 1977/8 u. a.m.).

Sachlich ebenfalls aus der Z. 10 des § 281 Abs 1 StPO (und nicht, wie die Beschwerde vermeint, aus der Z. 9 lit a der zitierten Gesetzesstelle) wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Annahme der Qualifikation nach § 129 Z. 3 StGB

(auch) in den Fakten II./2 (Josef D) und II./6 (Ernst E), weil in diesen Fällen der Schlüssel am Fahrzeug gesteckt sei. Abgesehen davon, daß sich zufolge des Zusammenrechnungsgrundsatzes des § 29 StGB an der Qualifikation der Diebstähle des Angeklagten nach § 129 Z. 3 StGB auch dann nichts ändern würde, wenn diese in (weiteren) zwei Fakten wegfiele, ist die Rechtsrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil sie von den der Rechtsrüge zugrunde zu legenden Urteilsfeststellungen abweicht. Zum Faktum II./2 stellte das Erstgericht fest, daß der Angeklagte bereits im Jahre 1977 den damals am Kofferraum steckenden Schlüssel zum PKW. des Josef D widerrechtlich an sich brachte, sich das Kennzeichen merkte und den Diebstahl erst verübte, als er am 26. Februar 1978 den PKW. neuerlich sah (S. 101/III).

Der inkriminierte Diebstahl wurde daher nach den Urteilsfeststellungen, die mängelfrei getroffen wurden und im Einklang mit den Ergebnissen des Beweisverfahrens stehen, mit einem widerrechtlich erlangten Schlüssel ausgeführt. Eine Feststellung, daß am Fahrzeug des Ernst E der Schlüssel steckte, hat das Erstgericht nicht getroffen. Das diesbezügliche Beschwerdevorbringen stellt insoweit eine prozessual unbeachtliche Neuerung dar, als die Verfahrensergebnisse keine Anhaltspunkte für die in Rede stehende Behauptung erkennen lassen, sodaß Feststellungen in diese Richtung nicht indiziert waren. Nach der in der Hauptverhandlung verlesenen (S. 88/III) Zeugenaussage des Ernst E (ON. 40) war sein Fahrzeug versperrt abgestellt. Die Tatdarstellung des Angeklagten im Vorverfahren, er habe das Fahrzeug, dessen Seitenfenster offen war, mit einem Abschleppwagen an sich gebracht (S. 237/I), wurde von ihm in der Hauptverhandlung nicht aufrechterhalten, sondern, wie mehrfach erwähnt, ein umfassendes Schuldbekenntnis abgelegt. Zu einer näheren Erörterung dieser Einzelheiten war aber das Erstgericht, das die Urteilsgründe gemäß § 270 Abs 2 Z. 5 StPO in gedrängter Darstellung abzufassen hat, nicht verhalten. Auf den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z. 9 lit b StPO gestützt, bringt der Beschwerdeführer schließlich vor, das Faktum II./5 (Gabriele F) sei zufolge tätiger Reue straflos; das angefochtene Urteil, das zu dieser sich aus dem Verfahren ergebenden Sachlage nicht Stellung beziehe, sei daher mit Feststellungsmängeln behaftet, die Nichtigkeit nach der bezogenen Gesetzesstelle begründen.

Dabei handelt es sich abermals um eine im Nichtigkeitsverfahren unzulässige Neuerung, mit der die Rechtsrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt wird. Der Beschwerdeführer hat weder in der Hauptverhandlung noch im Vorverfahren freiwillige, gänzliche und rechtzeitige Gutmachung des Schadens der Gabriele F behauptet (vgl. S. 237/I, ON. 6); derartiges kann auch aus der Aussage der Geschädigten als Zeugin nicht entnommen werden (ON. 28). Wenn die zur Hauptverhandlung nicht erschienene Zeugin als Privatbeteiligte durch ihren Vertreter, nachdem sie sich zunächst mit einem Betrag von 80.000 S dem Verfahren angeschlossen hatte (ON. 28/I), nur mehr einen restlichen Schadenersatz von 3.827 S begehrte (S. 86/III) und der Angeklagte bei dieser Gelegenheit entgegen seinen Angaben vor der Polizei von einem 'Kauf' des Fahrzeuges sprach, ergeben sich daraus keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine rechtzeitige und vollständige (strafaufhebende) Schadensgutmachung.

Die Nichtigkeitsbeschwerde versagt daher auch in diesem Punkt, sodaß sie als zur Gänze unbegründet zu verwerfen war. Bei der Strafbemessung wertete das Schöffengericht als erschwerend sämtliche einschlägigen Vorstrafen, den relativ raschen Rückfall und die mehrfache Qualifikation des Diebstahls zum Verbrechen, als mildernd hingegen das reumütige Geständnis, die teilweise Schadensgutmachung durch Dritte und die Zustandebringung eines Teils der Diebsbeute sowie eine gewisse seelische Abartigkeit. Mit seiner Berufung wendet sich der Angeklagte sowohl gegen das Strafmaß als auch gegen die Anordnung der Unterbringung in einer Anstalt für gefährliche Rückfallstäter, wobei er die Herabsetzung der Strafe und die Ausschaltung des Ausspruchs über die Anstaltsunterbringung (mangels der geforderten Gefährlichkeitsprognose) begehrt.

Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.

Das Erstgericht hat die Strafzumessungsgründe im wesentlichen richtig und vollständig festgestellt, aber auch ihrem Gewichte nach zutreffend gewürdigt. Der Berufungswerber weist mehrere einschlägige Vorstrafen auf; er ist relativ kurze Zeit nach Verbüßung einer über ihn wegen gleichartiger Straftaten verhängten 4-jährigen Freiheitsstrafe abermals in massiver Weise einschlägig straffällig geworden, wobei die neuerlichen strafbaren Handlungen sowohl nach § 128 Abs 2 StGB als auch nach § 130 StGB jeweils der höchsten Strafdrohung unterliegen und die Verhängung einer Freiheitsstrafe bis zu 15 Jahren möglich wäre, weil die Voraussetzungen des § 39 StGB gegeben sind. Angesichts der Wirkungslosigkeit der vorangegangenen Abstrafungen und des nahe der Millionengrenze liegenden (Gesamt-)Werts der Diebsbeute wiegt die personale Täterschuld so schwer, daß das vom Erstgericht gefundene Strafmaß nicht als überhöht angesehen werden kann. Dem Begehren auf Reduzierung der Strafe konnte somit kein Erfolg beschieden sein. Es liegen aber auch die Voraussetzungen für die Anordnung der Unterbringung des Berufungswerbers in einer Anstalt für gefährliche Rückfallstäter gemäß § 23 StGB vor, weil auf Grund der Ausführungen des psychiatrischen Sachverständigen konkret zu befürchten ist, daß der Angeklagte wegen seines Hanges zu Vemögensdelikten ohne Anhaltung in einer Anstalt weiterhin derartige Straftaten mit schweren Folgen begehen wird. Die Annahme des Erstgerichts, daß der Berufungswerber als Hangverbrecher zu beurteilen ist, findet in den Verfahrensergebnissen Deckung: Die Persönlichkeitsartung des Berufungswerbers und sein kriminelles Vorleben lassen erkennen, daß es sich bei ihm um einen Straftäter handelt, der infolge einer bereits eingewurzelten Neigung trotz erlittener (zum Teil empfindlicher) Strafen immer wieder aufs neue gleichartige Straftaten verübt, weil bei ihm die inneren Antriebskräfte zur Verübung deliktischer Handlungen eben schon so ausgeprägt sind, daß ihn auch das Bewußtsein der Möglichkeit seiner Entdeckung und (neuerlichen) empfindlichen Bestrafung nicht vor weiterer Delinquenz abhält.

Daran ändert - entgegen den Berufungsausführungen - nichts, daß der Sachverständige eine Rückführung des Angeklagten in geordnete Verhältnisse als denkbar bezeichnet hat; denn die Maßnahme nach § 23 StGB ist nicht auf Rechtsbrecher beschränkt, die für immer unverbesserlich sind und bei denen keinerlei Chancen für eine Resozialisierung mehr bestehen.

Aber auch die Annahme, daß der Berufungswerber ohne Anhaltung in der Anstalt die Begehung von Vermögensdelikten mit schweren Folgen befürchten läßt, entspricht der gegebenen Sachlage:

Einbruchsdiebstähle und PKW-Diebstähle, wie sie der Angeklagte auch weiterhin befürchten läßt, sind Straftaten mit schweren Folgen i.S.

§ 23 Abs 1 Z. 3 StGB Daher versagt auch dieser Einwand des Berufungswerbers. Auch die Berufung erweist sich demnach als zur Gänze unbegründet. Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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