OGH 9Os153/79

OGH9Os153/7918.12.1979

Der Oberste Gerichtshof hat am 18. Dezember 1979

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Steininger, Dr. Horak und Dr. Friedrich als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Zehetmayr als Schriftführer in der Strafsache gegen Christine A und andere wegen des Vergehens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls nach §§ 127 Abs. 1, 128 Abs. 1 Z 4

und 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Maximilian B und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 17. Mai 1979, GZ. 18 Vr 1115/78-43, nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Steininger, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Daljevec und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Strasser, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung der Staatsanwaltschaft wird Folge gegeben und die über den Angeklagten Maximilian B verhängte Freiheitsstrafe auf 1 (ein) Jahr erhöht.

Der genannte Angeklagte wird mit seiner Berufung auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen diesem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden 1.) die am 25. März 1952 geborene Prostituierte Christine A des Vergehens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls nach §§ 127 Abs. 1, 128 Abs. 1 Z 4

(zu ergänzen: und § 15) StGB und 2.) der am 2. April 1938 geborene, zuletzt beschäftigungslose Maximilian B des Vergehens des (zu ergänzen: teils vollendeten, teils versuchten schweren) Diebstahls als Beteiligter 'durch Anstiftung' nach §§ 12, 127 Abs. 1, 128 Abs. 1 Z 4 (zu ergänzen: und § 15) StGB schuldig erkannt und zu Freiheitsstrafen verurteilt.

Von der weiteren, in Richtung der Vergehen nach §§ 215 und 216 StGB gegen ihn erhobenen Anklage wurde Maximilian B gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Inhaltlich des Schuldspruches hat Christine A, in Ansehung welcher das Urteil in Rechtskraft erwachsen ist, in der Zeit zwischen dem 30. März und dem 6. April 1978 insgesamt 4 Diebstähle von Sachen im Gesamtwert von rund 8.560 S vollendet (Punkt I/1 und 3 bis 5) sowie Ende März und am 8. April 1978 zwei weitere Diebstähle (eines Medaillons im Werte von ca. 7.000 S und zweier Herrenbekleidungsstücke im Gesamtwert von ca. 358 S) versucht (Punkt I/2 und 6 des Schuldspruchs).

Maximilian B liegt zur Last, Christine A zu diesen Diebstahlstaten durch die Aufforderung, 'sie solle von den ' Freiern' (gemeint: ihren Unzuchtspartnern) alles nehmen, was sie bekomme', womit er meinte, sie solle nicht nur Bargeld, sondern auch Schmuck, Uhren und dgl. stehlen (Punkt I/1 des Schuldspruches), weiters sie solle 'im (Juwelier-)Geschäft (Elfriede C) sehen, daß sie etwas erwische, was sie verkaufen können, wovon sie dann leben wollten', wobei er erwähnte, daß 'Uhren wertvoll' seien (Punkt I/2), sowie, er 'brauche wieder etwas, sie solle sehen, daß sie etwas ' zuwabringe' , sie bekomme die Sachen auch ohne Zahlung', womit er ebenfalls meinte, sie solle diese stehlen (Punkt I/3 bis 6), bestimmt zu haben.

Maximilian B bekämpft den gegen ihn ergangenen Schuldspruch mit einer auf § 281 Abs. 1 Z 5 und 9 lit. a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

In Ausführung des erstbezeichneten Nichtigkeitsgrundes wendet er ein, die erstgerichtlichen Annahmen für seinen Schuldspruch seien in sich widersprüchlich, basierten bloß auf einer Scheinbegründung und wiesen überdies einen erheblichen Widerspruch zum Akteninhalt auf, womit er der Sache nach eine unzureichende und aktenwidrige Begründung releviert. Dies jedoch zu Unrecht.

Das Erstgericht stützt seine Tatsachenfeststellungen zur Bestimmungstäterschaft des Beschwerdeführers auf die in freier Beweiswürdigung für glaubwürdig befundenen Angaben der Mitangeklagten Christine A. Dabei hat es, entsprechend seiner Verpflichtung zur umfassenden Würdigung des Beweismaterials (§ 258 Abs. 2 StPO), sowohl die Tatsache, daß Christine A eine Vorstrafe wegen falscher Beweisaussage (begangen in einem Rechtsstreit wegen Feststellung der außerehelichen Vaterschaft zu einem ihrer Kinder durch die Behauptung, sie habe in der Vermutungsfrist mit keinem anderen Mann als mit dem Beschwerdeführer geschlechtlich verkehrt) aufweist und in einem weiteren Rechtsstreit wegen Feststellung der außerehelichen Vaterschaft zu ihrem zweiten Kind angeblich ebenfalls eine derartige unrichtige Beweisaussage abgelegt haben soll, als auch Widersprüche in ihren, den Beschwerdeführer vor der Polizei anfänglich entlastenden, fortan jedoch belastenden (vgl. S 4; ferner

S 21 f, 28 gegenüber S 35, 43 bis 48, 149 bis 154, 156 f, 209 f d.

A) Darstellungen in seine Erwägungen einbezogen. Diese Umstände

schließen es aber nicht aus, der Mitangeklagten A Glauben zu schenken, hat doch das Erstgericht, unter Berücksichtigung noch einer Reihe weiterer Indizien, einleuchtend und in Übereinstimmung mit der Aktenlage sowie der forensischen Erfahrung dargetan, warum es dennoch den den Beschwerdeführer belastenden Angaben Christine AS glaubte (vgl. S 222 bis 224 d. A). Der behauptete Begründungsmangel liegt somit nicht vor. Wenn das Erstgericht andererseits, ebenso mängelfrei, die Unglaubwürdigkeit der Verantwortung des Beschwerdeführers, er habe A nicht zu Straftaten verleitet, sondern sie zu einem rechtschaffenen Lebenswandel anleiten wollen, zusätzlich noch aus dessen durch die Begehung zahlreicher Diebstähle (in einem Fall auch in Gesellschaft der Christine A) 'schwer vorbelasteten', seine kriminelle Neigung indizierenden Vorleben folgerte (S 221 f d. A), so ist dies gleichfalls ein Akt freier Beweiswürdigung, dessen Anfechtung im Nichtigkeitsverfahren vor dem Obersten Gerichtshof dem Beschwerdeführer verwehrt ist.

Dem weiteren Beschwerdeeinwand zuwider hat das Erstgericht eine Feststellung, 'daß die Einnahmen der Angeklagten A aus deren unzüchtigem Gewerbe einerseits und aus den Diebstählen andererseits für die Bestreitung des gemeinsamen Lebensunterhaltes notwendig waren', weder ausdrücklich noch dem Sinne nach getroffen. Der diesbezügliche Vorwurf einer Aktenwidrigkeit geht daher schon deshalb ins Leere, weshalb auf die - im übrigen keine entscheidende Tatsache betreffende - Beschwerdebehauptung, aus den Akten ergebe sich, daß der Beschwerdeführer 'durchaus in der Lage gewesen sei, aus eigenen Einnahmen seinen Lebensunterhalt zu bestreiten', nicht eingegangen zu werden braucht.

Somit erweist sich die Mängelrüge zur Gänze als nicht stichhältig. Unter dem Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO wendet der Beschwerdeführer zunächst ein, die erstgerichtlichen Feststellungen seien nicht geeignet, die rechtliche Annahme seiner Bestimmungstäterschaft zu begründen. Damit wird aber die Rechtsrüge, welche ein Festhalten an dem im Urteil als erwiesen angenommenen Sachverhalt voraussetzt, insofern nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung gebracht, als dem Vergleich des festgestellten Sachverhaltes mit dem darauf angewendeten Gesetz nicht die gesamten Urteilsannahmen tatsächlicher Natur zugrundegelegt werden.

Denn die von der Beschwerde herangezogenen Urteilsausführungen, wonach der Beschwerdeführer, obwohl er in seiner Korrespondenz mit Christine A immer wieder über für diese getätigte Geldausgaben 'jammere', ihr Perücken gekauft habe, damit sie bei Begehung des Diebstahls im Geschäft Elfriede C (Punkt I/2 des Schuldspruches) nicht erkannt werden sollte, weiters daß A sich bei Begehung dieser Tat Uhren habe zeigen lassen (für welcher der Beschwerdeführer offenbar eine Schwäche habe) und daß verschiedene von A gestohlene Gegenstände 'Herrensachen' seien, woraus der Schluß gezogen werden könne, diese seien für den Beschwerdeführer bestimmt gewesen, sind nur ein Teil der tatsächlichen Schlußfolgerungen des Schöffengerichtes zur Frage der Bestimmung der Angeklagten A durch den Beschwerdeführer (S 221 bis 224 d. A). Der Einwand der Beschwerde, das Erstgericht habe allein aus den erwähnten Tatsachen rechtlich auf die Bestimmungstäterschaft des Beschwerdeführers gefolgert, ist daher unzutreffend.

Durch die bereits eingangs wiedergegebenen, vom Beschwerdeführer aber im gegebenen Zusammenhang außeracht gelassenen Feststellungen der für die jeweilige Diebstahlstat kausalen Aufforderungen des Beschwerdeführers an die Mitangeklagte A ist vielmehr die vorsätzliche (§ 5 Abs. 1 StGB) Veranlassung der Genannten zu den gegenständlichen, individuell bestimmten Diebstahlstaten im Sinne einer vorsätzlichen Verursachung derselben, worin sich eine Bestimmungshandlung nach § 12 zweite Alternative StGB erschöpft (Leukauf-Steininger2 § 12 RN 18 ff), klargestellt.

Dem Beschwerdevorwurf zuwider geht aus diesen Urteilsannahmen aber auch der auf Erweckung des Tatentschlusses bei Christine A gerichtete Vorsatz des Beschwerdeführers unzweideutig hervor; mehr als vorsätzliches Veranlassen des anderen zur Tatbegehung verlangt § 12 zweite Alternative StGB in subjektiver Beziehung beim Bestimmenden nicht (vgl. Leukauf-Steininger2 § 12 RN 20, 26 ff).

Nicht gefolgt werden kann ferner der Beschwerde, wonach es am Erfordernis der individuellen Bestimmtheit der Straftaten fehle. Es muß nämlich die vom Bestimmten zu verübende Straftat keineswegs schon in allen ihren Einzelheiten feststehen, d. h. vollständig individualisiert sein. Es genügt vielmehr, daß sie bloß der Art nach und in groben Umrissen, ohne Kenntnis von Zeit und Ort der Begehung und allen sonstigen Einzelheiten und Umständen, in der Vorstellung der Bestimmenden vorhanden ist (Leukauf-Steininger2 § 12 RN 30).

Diese Kriterien treffen aber vorliegend sämtliche zu. Denn den Feststellungen zufolge waren sowohl vom Bewußtsein als auch von dem geäußerten Willen des Beschwerdeführers - abgesehen von dem noch viel deutlicheren Fall des später versuchten Schmuckdiebstahls aus einem Juweliergeschäft (Punkt I/2 des Schuldspruches), in welchem sich sein Vorhaben sogar auf eine individuell bestimmte Person und insbesondere auf die Erlangung von Uhren bezog und er überdies während der Tatausführung in der Nähe des Tatortes wartete (S 220 d. A) - der in Aussicht genommene Kreis der zu bestehlenden Personen, nämlich der Unzuchtspartner AS und der Inhaber von Kaufläden, sowie die Art des Diebsgutes, nämlich Geld, veräußerbare Wertsachen und Bekleidungsstücke, umfaßt, sonach die zu begehenden Delikte ihrer Art nach und jedenfalls in groben Umrissen ausreichend konkretisiert.

Wenn der Beschwerdeführer in der Rechtsrüge schließlich, der Sache nach offenbar Feststellungsmängel relevierend, noch reklamiert, daß 'für den Fall, daß der Bestimmende (gemeint wohl: der zu Bestimmende) bereits von sich aus und von vornherein zur Tatbegehung entschlossen ist', Bestimmungstäterschaft nach § 12 StGB nicht in Betracht komme, so übersieht er, daß die Verfahrensergebnisse nicht nur keinerlei Anhaltspunkte für das Vorliegen eines derartigen Sachverhaltes bieten, sondern das Erstgericht ausdrücklich gegenteilige, nämlich den ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Bestimmen durch den Beschwerdeführer und der Tatbegehung durch die Mitangeklagte bejahende Feststellungen getroffen hat. Da somit auch die Rechtsrüge in keiner Richtung standhält, war der unbegründeten Nichtigkeitsbeschwerde zur Gänze ein Erfolg zu versagen.

Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten Maximilian B nach § 128 Abs. 1 StGB zu 9 (neun) Monaten Freiheitsstrafe, wobei es die einschlägigen Vorstrafen, den raschen Rückfall und die Wiederholung der Taten als erschwerend, hingegen keinen Umstand als mildernd wertete.

Gegen den Strafausspruch richtet sich die Berufung des Angeklagten und jene der Staatsanwaltschaft. Während der Angeklagte eine Herabsetzung der Strafe begehrt, strebt der öffentliche Ankläger deren Erhöhung an.

Die Berufung der Staatsanwaltschaft ist berechtigt. Zwar kommt auch dem Angeklagten B der Umstand als mildernd zugute, daß der Diebstahl in zwei Fällen lediglich beim Versuch geblieben ist, was das Erstgericht nicht berücksichtigt hat. Andererseits darf aber nicht übersehen werden, daß B mehrfach einschlägig vorbestraft ist, wobei er vorliegend noch während eines anhängigen Rechtsmittelverfahrens abermals rückfällig wurde.

Dieser kriminellen Täterpersönlichkeit trägt das vom Erstgericht gefundene Strafmaß - wie die Staatsanwaltschaft zutreffend aufzeigt - nicht entsprechend Rechnung.

Daher war die über B verhängte Strafe in Stattgebung der Berufung des öffentlichen Anklägers auf das aus dem Spruch ersichtliche Ausmaß zu erhöhen, während der Angeklagte mit seiner Berufung auf diese Entscheidung zu verweisen war.

Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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