OGH 9Os135/78

OGH9Os135/789.1.1979

Der Oberste Gerichtshof hat am 9.Jänner 1979 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Faseth, Dr. Steininger und Dr. Horak als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Schmelcher als Schriftführer in der Strafsache gegen Rudolf A wegen Vergehens des schweren Diebstahls nach § 127 Abs 1 und Abs 2 Z. 3, 128 Abs 1 Z. 4 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 9.Juni 1978, GZ 35 Vr 3750/74-45, nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Steininger, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Piffl-Lambert und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Strasser, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung der Staatsanwaltschaft wird teilweise Folge gegeben und über den Angeklagten unter Ausschaltung des § 37 StGB eine Freiheitsstrafe von 6 (sechs) Monaten verhängt; gemäß § 43 Abs 1 StGB wird diese Strafe unter Bestimmung einer Probezeit von 3 (drei) Jahren bedingt nachgesehen.

Die Berufung der Staatsanwaltschaft wird im übrigen und jene des Angeklagten zur Gänze auf diese Entscheidung verwiesen. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 14.Feber 1938 geborene Kraftfahrer Rudolf A (im zweiten Rechtsgang) des Vergehens des schweren Diebstahls nach § 127 Abs 1 und Abs 2 Z. 3, 128 Abs 1 Z. 4 StGB

schuldig erkannt, weil er am 1.Oktober 1974 in St. Johann in Tirol

1.284 Liter Superbenzin und 1.184 Liter Normalbenzin im Gesamtwert von 11.640,28 S seinem Auftraggeber, der Firma B, Erdölprodukte AG., unter Ausnützung einer Gelegenheit, die durch eine ihm aufgetragene Arbeit geschaffen worden war, mit dem Vorsatz, sich durch diese Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern, weggenommen hat. Nach den wesentlichen Urteilsfeststellungen hatte der Angeklagte, der bei der Firma B, Erdölprodukte AG., in Fritzens/Tirol, als Tankwagenfahrer beschäftigt war, am 1.Oktober 1974 an Baldur C, den Pächter einer Tankstelle in St. Johann in Tirol, über dessen Bestellung je 3.000 Liter Super- und Normalbenzin auszuliefern. Nachdem er den Tankwagen zunächst mit 2.819 Liter Superbenzin und

2.337 Liter Normalbenzin beladen und dann bei der Abwaage festgestellt hatte, daß diese Benzinmengen zur Belieferung des Baldur C nicht ausreichen, tankte er ohne weitere Wiegekontrolle noch Super- und Normalbenzin nach. Bei der Abgabe des Benzins auf der Tankstelle des Baldur C in St. Johann in Tirol ließ er zunächst die ausgelieferte Menge von je 3.000 Liter Super- und Normalbenzin von C auf dem Gegenschein bestätigen; die noch in dem Tankwagen befindlichen Restmengen von 1.284 Liter Superbenzin im Gegenwert von 6.253,08 S und von 1.184 Liter Normalbenzin im Gegenwert von 5.387,20 S hingegen gab er an Baldur C über den Leerschlauch ohne Zählerkontrolle mit der Vereinbarung ab, daß er von ihm nach Abverkauf dieser solcherart ohne Lieferschein überlassenen Restmengen an Benzin die Hälfte des erzielten Erlöses erhalten sollte.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Schuldspruch richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z. 4, 5 und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der jedoch keine Berechtigung zukommt. Den erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund erblickt der Beschwerdeführer im Unterbleiben der von ihm in der Hauptverhandlung am 12.Mai 1978 beantragten (vgl. S. 249/250 d. A.) Einvernahme des Zeugen Egon D in der am 9.Juni 1978, somit innerhalb der Monatsfrist des § 276 a StPO

fortgesetzten (und mit dem angefochtenen Urteil abgeschlossenen) Hauptverhandlung. Hiezu ergibt sich aus dem Akt, daß die Vernehmung dieses Zeugen deshalb unterblieb, weil dieser nach dem Erhebungsbericht des Landesgendarmeriekommandos für Tirol zufolge der vom Gendarmerieposten Matrei am Brenner eingeholten Auskunft seinen letzten bekannten Aufenthaltsort (in Matrei am Brenner) verlassen hatte und unbekannten Aufenthalts war (vgl. ON. 42 d.A.). Nach Verlesung dieses Erhebungsberichtes in der Hauptverhandlung am 9. Juni 1978 stellte der - auch damals - durch einen Verteidiger vertretene Beschwerdeführer keine weiteren, auf Ausforschung des Aufenthalts dieses Zeugen abzielenden Anträge (vgl. S. 266 d.A.). Abgesehen davon, daß der Angeklagte in seinem Antrag auf Vernehmung des Zeugen Egon D vom 12.Mai 1978 - und allein auf diesen (und nicht auf einen in einem früheren Rechtsgang formulierten Antrag) kommt es an - das Beweisthema, zu dem dieser Zeuge gehört werden sollte, nach dem Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolls nicht bezeichnet hat, sodaß schon aus diesem Grund der in Rede stehende Beweisantrag mangels überprüfbarkeit seiner Relevanz mit einem der Geltendmachung des Nichtigkeitsgrundes der Z. 4

des § 281 Abs 1 StPO entgegenstehenden formellen Gebrechen behaftet ist (vgl. Gebert-Pallin-Pfeiffer, III/2, Entscheidungen Nr. 1, 4 a, 4 b und 4 bb zu § 281 Abs 1 Z. 4 StPO), erwies sich nach dem Vorgesagten die Einvernahme dieses Zeugen infolge der Ergebnislosigkeit der zur Ausforschung seines Aufenthaltes veranlaßten Erhebungen als nicht durchführbar. Der im § 199 Abs 2 StPO aufgestellte, nach § 248 Abs 1 StPO auch in der Hauptverhandlung geltende Grundsatz (EvBl 1971/173), daß Tatsachen oder Beweismittel, die ein Beschuldigter zu seiner Entlassung angibt, erhoben werden müssen, sofern sie nicht offenbar nur zur Verzögerung vorgebracht wurden, findet dann seine natürliche Grenze, wenn die Erhebung solcher Tatsachen oder Beweismittel aus vom Willen des Gerichtes unabhängigen Umständen entweder überhaupt nicht möglich ist oder jedenfalls nicht abgesehen werden kann, ob dies in absehbarer Zeit möglich sein wird. Gerade letzteres war aber vorliegend der Fall. Unter den gegebenen Umständen vermag daher die Unterlassung der Vernehmung des Zeugen D keinen Verfahrensmangel darzustellen. Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang aber sinngemäß rügt, das Erstgericht habe nicht alle Möglichkeiten zur Ausforschung des Aufenthaltes des genannten Zeugen ausgeschöpft, bringt er weder - mangels einer entsprechenden (auf die Durchführung weiterer Erhebungen nach dem Aufenthalt dieses Zeugen abzielenden) Antragstellung in der Hauptverhandlung - den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund noch einen anderen der in den § 281 Abs 1, 281 a StPO für das schöffengerichtliche Verfahren erschöpfend aufgezählten Nichtigkeitsgründe zur gesetzmäßigen Darstellung. In Ausführung des Nichtigkeitsgrundes der Z. 5 des § 281 Abs 1 StPO wendet sich der Angeklagte zunächst gegen die Errechnung der von ihm zuerst getankten und durch Abwaage ermittelten Benzinmengen im Wege des spezifischen Gewichts derselben, wobei er aber selbst einräumt, daß die sich bei dieser Berechnungsart ergebende Differenz nicht besonders ins Gewicht fällt. Hiebei übersieht der Beschwerdeführer, daß das Erstgericht die ihm im Urteilssatz als Diebstahl angelasteten Benzinmengen, die er Baldur C ohne Lieferschein überlassen hat und die allein den Gegenstand seines Schuldspruchs bilden, vor allem auf sein Geständnis vor der Gendarmerie (S. 35 und 65 d.A.) und die damit im Einklang stehenden Angaben des Baldur C vor der Gendarmerie (S. 37 d. A.) stützt (vgl. S. 286 d.A.), denen zufolge die solcherart 'schwarz' abgegebenen Mengen an Super- und Normalbenzin insgesamt 2.000 bis 2.500 Liter betrugen. Im übrigen wäre eine geringfügige Abweichung von den dem Beschwerdeführer urteilsmäßig als gestohlen angelasteten Benzinmengen um einige Liter angesichts des von ihm zu vertretenden, weit über der in § 128 Abs 1 Z. 4

StGB normierten Wertgrenze von 5.000 S liegenden Schadensbetrages ohne entscheidungswesentliche Bedeutung, weil dies weder auf die rechtliche Qualifikation der Tat noch auf die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes Einfluß haben könnte.

Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers geht aus den Urteilsfeststellungen mit ausreichender Deutlichkeit hervor, daß er die nachgetankten Benzinmengen ohne (nachfolgende) weitere Wiegekontrolle im Lager der Firma B zur Tankstelle des Baldur C gebracht und somit auf diese Weise die damals im Tankwagen aus dem Lager dieser Firma tatsächlich weggebrachte Gesamtmenge an Benzin verheimlicht hat. Von einer insoweit 'unverständlichen und mit den logischen Denkgesetzen im Widerspruch stehenden Feststellung' kann somit keine Rede sein.

Soweit aber die Beschwerde eine Unvollständigkeit der Urteilsgründe wegen Nichterörterung der Angaben der Zeugen Erwin H, Walter E und Klaus F behauptet, aus deren Darstellung sich die Unwahrheit der ihn belastenden Aussagen der Zeugen Johann B und Adolf G ergebe, vermag sie gleichfalls eine Urteilsnichtigkeit im Sinne der Z. 5 des § 281 Abs 1 StPO nicht aufzuzeigen.

Der Beschwerdeführer hat nämlich stets - und zwar nicht nur vor der Gendarmerie, sondern auch noch vor Gericht (vgl. S. 82, 139, 177, 178, 243, 244 d.A.) - zugegeben, die von ihm nachgetankten Benzinmengen keiner weiteren Wiegekontrolle zugeführt und die über die bestellte und von Baldur C bei der übernahme auf dem Gegenschein auch bestätigte Menge von je 3.000 Liter Super- und Normalbenzin hinausgehende Restmenge über den Leerschlauch ohne Zählkontrolle (und ohne Lieferschein) abgegeben zu haben.

Eine Abweichung von seinem vor der Gendarmerie am 3.Oktober 1974 abgelegten und noch am 10.Oktober 1974 aufrecht erhaltenen vollen Geständnis (vgl. S. 35/36 und 65 d.A.) ergab sich lediglich hinsichtlich des Umfanges dieser Restmenge, die nach seinem Geständnis vor der Gendarmerie insgesamt etwa 2.000 bis 2.500 Liter betrug, während er diese vor dem Untersuchungsrichter nur mehr mit 500 bis 600 Liter (S. 82 d.A.), in der Hauptverhandlung am 5.Feber 1976 hingegen mit höchstens 1.100 Liter (S. 139 d.A.) bezifferte und in der Hauptverhandlung am 8.Juni 1977 (S. 178/179 d.A.) behauptete, die genaue Literanzahl der an Baldur C ohne Zählkontrolle abgegebenen Restmenge an Benzin nicht zu erkennen und sie nur auf höchstens 600 bis 700 Liter zu schätzen, welche Verantwortung er auch im zweiten Rechtsgang in der Hauptverhandlung am 12.Mai 1978 (S. 243 d.A.) aufrecht hielt; im Gegensatz zu seinem Geständnis vor der Gendarmerie bestritt er lediglich, daß eine Aufteilung des Erlöses aus dem Verkauf dieser Restmenge zwischen ihm und Baldur C vereinbart worden sei, er habe vielmehr die Bezahlung dieser Restmenge durch C nach deren Verrechnung mit der Firma B erwartet (S. 82, 140, 178, 244 d.A.). Davon abgesehen überging das Erstgericht in den Urteilsgründen die Angaben der Zeugen H, E und F keineswegs mit Stillschweigen (vgl. S. 285, 286 d.A.); es verwies vielmehr (zutreffend) darauf, daß aus deren Aussagen für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen sei, zumal diese Zeugen über das im vorliegenden Fall relevante Tatgeschehen nichts zu berichten wußten. Angesichts der vorerwähnten Verantwortung des Beschwerdeführers vor Gericht ist es nämlich, wie auch das Erstgericht mit Recht betonte, ohne Belang, ob an sich die vom Zeugen H aufgezeigte Möglichkeit zur Vornahme von Manipulationen an der im Lager der Firma B befindlichen und zur Feststellung der im Tankwagen enthaltenen Benzinmengen bestimmten Brückenwaage bestand und ob es sonst im Betrieb der Firma B zu (anderen), von den Zeugen Johann B und Adolf G zu vertretenden Unregelmäßigkeiten gekommen ist. Denn das Erstgericht stützt den Schuldspruch des Beschwerdeführers keineswegs allein auf die Aussagen dieser beiden zuletzt erwähnten Zeugen, sondern - wie bereits angeführt - vor allem auf das umfassende Geständnis des Angeklagten vor der Gendarmerie (vgl. S. 285, 286 d.A.), das es mit eingehender und mängelfreier Begründung als Feststellungsgrundlage heranzog, wobei es auch darlegte, weshalb es - im Rahmen der ihm zustehenden freien Beweiswürdigung - dem (teilweisen) Widerruf dieses Geständnisses vor Gericht nicht folgte.

Schließlich war aber auch eine nähere Erörterung der Ergebnisse des im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Vorfall abgesondert gegen Baldur C geführten Verfahrens AZ. 27 Vr 2009/76 des Landesgerichtes Innsbruck, das mit einem Freispruch des Genannten gemäß § 259 Z. 3 StPO

von der Anklage wegen Hehlerei in bezug auf die ihm vom Beschwerdeführer überlassenen Restmengen an Benzin abgeschlossen wurde, nicht geboten. Zunächst ist darauf zu verweisen, daß der bezeichnete Akt nach dem Inhalt der Hauptverhandlungsprotokolle ON. 40 und 44 d.A. in der Hauptverhandlung gar nicht zur Verlesung gebracht wurde, weshalb sein Inhalt schon aus diesem Grund kein gemäß § 258 Abs 1

StPO bei der Urteilsfällung (und demnach auch bei der Urteilsbegründung) zu berücksichtigendes Beweismittel darstellen kann und es Sache des Beschwerdeführers gewesen wäre, gegebenenfalls entsprechende Anträge zu stellen.

Im übrigen sind aber aus diesem Akt keine weiteren für die Beurteilung der den Beschwerdeführer betreffenden Schuldfrage wesentlichen Beweisergebnisse zu entnehmen;

die aus dem vorerwähnten Akt ersichtlichen Verfahrensergebnisse stimmen vielmehr mit jenen des vorliegenden Verfahrens völlig überein. Zudem hatte das Erstgericht die Schuldfrage auf Grund der von ihm vorgenommenen Beweiswürdigung selbständig zu lösen, womit es ihm auch nicht verwehrt war, im Verfahren gegen den Beschwerdeführer zu abweichenden Konstatierungen zu gelangen.

Die den Beschwerdeführer entlastenden Angaben des hier als Zeugen vernommenen Baldur C in der Hauptverhandlung (S. 261 bis 265 d.A.) finden hingegen in den Urteilsgründen eine ausreichende Erörterung, desgleichen gehen daraus auch die durchaus schlüssigen und denkrichtigen Erwägungen des Erstgerichtes hervor, die es veranlaßten, dieser (den Beschwerdeführer entlastenden) Darstellung des Zeugen C den Glauben zu versagen (vgl. S. 289, 290 d.A.). Auch in diesem Belang ist demnach das angefochtene Urteil entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht mit einem Urteilsnichtigkeit im Sinne der Z. 5 des § 281 Abs 1 StPO bewirkenden Begründungsmangel behaftet.

Mit seiner ziffernmäßig auf den Nichtigkeitsgrund der Z. 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten - der Sache nach aber den Nichtigkeitsgrund der Z. 10 dieser Gesetzesstelle relevierenden - Rechtsrüge macht der Beschwerdeführer dem Erstgericht einen Subsumtionsirrtum zum Vorwurf, indem er meint, sein Tatverhalten sei rechtsrichtig als Veruntreuung und nicht als Diebstahl zu beurteilen. Außerdem enthalte das angefochtene Urteil keine - nach Meinung des Beschwerdeführers für die rechtliche Beurteilung erforderliche - Feststellung, wonach er schon beim Nachtanken im Lager der Firma B den Entschluß zum 'Schwarzverkauf' der verbleibenden Restmenge an Benzin gefaßt habe.

Auch diese Rüge versagt.

'Wegnehmen' einer Sache im Sinne des § 127 Abs 1

StGB bedeutet nichts anderes als Beseitigung des fremden Gewahrsams gegen den Willen des Gewahrsamsinhabers (ÖJZ-LSK. 1975/19). Veruntreuung kann aber nur begehen, wem das Gut anvertraut, d.h. mit einer Rückstellungsoder Verwendungsverpflichtung in seinen ausschließlichen Gewahrsam überlassen wurde; hingegen liegt bei Wegnahme einer fremden Sache aus fremdem Gewahrsam Diebstahl vor (ÖJZ-LSK. 1976/195). Dabei ist der (fremde) Gewahrsam (erst) gebrochen, wenn auch ein Außenstehender die Zugehörigkeit einer Sache zu einer Person nach der räumlichen Beziehung und überdies auch nach der auf sozialen Gepflogenheiten beruhenden Verbundenheit von Sache und Person nicht mehr zu erkennen vermag. Daß der Gewahrsamsinhaber jederzeit auf die Sache unmittelbar einwirken kann, ist für die Annahme des Gewahrsams nicht entscheidend. Erst wenn die Macht des Gewahrsamsinhabers, über sie zu verfügen, fehlt, liegt Gewahrsamsbruch vor (SSt. 42/58; vgl. auch Roeder, Der strafrechtliche Gewahrsamsbegriff, ÖJZ. 1966, S. 373 ff.).

Bei einer dem Dienstnehmer zur Auslieferung an einen Kunden ausgefolgten Ware besteht der Gewahrsam des Dienstgebers daran noch bis zur übergabe der Ware an den Kunden.

Denn durch den Auftrag, die Ware an den Besteller auszuliefern, verliert der Dienstgeber die Verfügungsmacht und die Kontrolle über die Ware noch nicht, der Gewahrsam daran bliebt ihm gegenüber dem Dienstnehmer vielmehr weiterhin erhalten, hat dieser doch darüber keine freie Verfügungsgewalt, sondern vielmehr damit weisungsgemäß zu verfahren (SSt. 42/58).

Von diesem rechtlichen Aspekt ausgehend verblieb aber die gesamte, vom Beschwerdeführer mit dem Tankwagen der Firma B aus deren Lager weggebrachte Benzinmenge weiterhin - wie auch das Erstgericht zutreffend erkannte (vgl. S. 291 d.A.) - bis zur Abgabe des Benzins aus dem Tankwagen im Gewahrsam seines Dienstgebers, zumal sich dieser durch das dem Beschwerdeführer vorgeschriebene Abfüllen des Benzins über ein Zählwerk (vgl. S. 288 d.A.) noch eine Kontrolle über die Benzinentnahme aus dem Tankwagen vorbehalten hatte. Die Tathandlung des Angeklagten erfolgte unter Umgehung dieser Kontrolle, sodaß von einem ausschließlichen Gewahrsam des Beschwerdeführers an dem im Tankwagen befindlichen Benzin bis zu dessen Abgabe nicht gesprochen werden kann. Der Gewahrsam an dem Treibstoff stand vielmehr bis zum Abfüllen dem Dienstgeber zu; er wurde erst gebrochen, als der Angeklagte die 'schwarz' abgegebenen Restmengen an Benzin über den Leerschlauch unter Ausschaltung des Zählwerks dem Baldur C zukommen ließ. Ob daher der Beschwerdeführer den Tatentschluß schon beim Nachtanken im Lager der Firma B oder erst unmittelbar vor oder bei der Abgabe der urteilsgegenständlichen (restlichen) Benzinmengen an Baldur C faßte, ist sohin ohne rechtliche Bedeutung. Da nach den Urteilsannahmen beim Beschwerdeführer auch ein auf unrechtmäßige Bereicherung gerichteter Vorsatz im Zeitpunkt des von ihm unter Ausnützung der ihm aufgetragenen Arbeit zum Nachteil seiner Dienstgeberin bewirkten Gewahrsamsbruchs vorlag, ist dem Erstgericht bei der rechtlichen Beurteilung seines Tatverhaltens als Vergehen des Diebstahls nach den § 127 Abs 1 und Abs 2 Z. 3, 128 Abs 1 Z. 4 StGB kein Rechtsirrtum unterlaufen. Soweit der Beschwerdeführer bei seinen weiteren Ausführungen zur Rechtsrüge davon ausgeht, daß es bei seinem Tatverhalten an den subjektiven Voraussetzungen zur Verwirklichung des Tatbestandes des Diebstahls mangle, setzt er sich über die entgegenstehenden Urteilsannahmen hinweg und bringt somit den angerufenen materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund, der zu seiner prozeßordnungsgemäßen Darstellung einen Vergleich des festgestellten Sachverhalts mit dem darauf angewendeten Gesetz erfordert, nicht zur gesetzmäßigen Ausführung.

Die Nichtigkeitsbeschwerde erweist sich sohin zur Gänze als nicht begründet.

Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten nach § 128 Abs 1 StGB unter Anwendung des § 37 StGB eine Geldstrafe in der Höhe von 300 (dreihundert) Tagessätzen, wobei es den Tagessatz mit 130 (einhundertdreißig) S bestimmte und die Ersatzfreiheitsstrafe für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit 150 (einhundertfünfzig) Tagen festsetzte; weiters sah es die Strafe gemäß § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von 3 (drei) Jahren bedingt nach.

Bei der Strafbemessung wertete das Schöffengericht als erschwerend die einschlägigen Vorstrafen, als mildernd hingegen das Geständnis, die durch Baldur C nunmehr geleistete objektive Schadensgutmachung und den Umstand, daß die Straftat bereits längere Zeit zurückliegt. Gegen den Strafausspruch richten sich die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft. Während der Angeklagte eine Herabsetzung der Geldstrafe begehrt, strebt der öffentliche Ankläger die Verhängung einer unbedingten Freiheitsstrafe an.

Der Berufung der Staatsanwaltschaft kommt, soweit sie sich gegen die Anwendung des § 37 StGB und damit gegen die Verhängung einer Geldstrafe wendet, Berechtigung zu.

Die Anwendung des § 37 StGB setzt (unter anderem) voraus, daß es nicht der Verhängung einer Freiheitsstrafe bedarf, um den Täter von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten. Nun wurde aber der Angeklagte bisher insgesamt 13-mal gerichtlich abgestraft, darunter auch wiederholt wegen Straftaten, die auf der gleichen schädlichen Neigung beruhen wie die vorliegend abgeurteilte Tat. Mögen auch diese Vorstrafen bereits längere Zeit zurückliegen, so lassen sie doch eine gewisse Neigung des Angeklagten zur Mißachtung rechtlich geschützter Werte, insbesondere des Vermögens anderer, erkennen. Um dieser Neigung entsprechend entgegenzuwirken, bedarf es aber der Verhängung einer Freiheitsstrafe.

Insoweit war somit der Berufung der Anklagebehörde Folge zu geben und über den Angeklagten - unter Ausschaltung des § 37 StGB - eine tatschuldangemessene Freiheitsstrafe, deren Ausmaß sich aus dem Spruch ergibt, zu verhängen. Diese Freiheitsstrafe war jedoch (gemäß

§ 43 Abs 1 StGB) bedingt nachzusehen, weil auch im ersten Rechtsgang (s. ON. 31 d.A.). eine bedingte Freiheitsstrafe verhängt wurde und die Staatsanwaltschaft damals die Anwendung des § 43 Abs 1 StGB nicht bekämpft hat (s. S. 195 d.A.).

Der Angeklagte war mit seiner Berufung (zur Gänze) ebenso wie im übrigen die Staatsanwaltschaft (soweit sie die Ausschaltung des § 43 Abs 1 StGB begehrt) auf die getroffene Entscheidung zu verweisen. Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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