Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Mit ihrer Berufung wird die Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde die am 10. Mai 1948 geborene Serviererin Charlotte A des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs. 1 und 2, 1. Fall, StGB schuldig erkannt, weil sie Ende Oktober oder Anfang November 1980
in Wien ein ihr anvertrautes Gut, nämlich ein Metek-Helarium, Type 1080, und ein Doppelstativ im Gesamtwert von 29.736 S sich mit Bereicherungsvorsatz zugeeignet hat.
Diesen Schuldspruch bekämpft die Angeklagte mit einer allein auf § 281 Abs. 1 Z 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, in der sie ausführt, daß ihr nach den Feststellungen des Erstgerichts weder eine strafrechtlich relevante Zueignungshandlung noch der Vorsatz anzulasten sei, sich (oder einen Dritten) durch die nicht zeitgerechte Rückgabe des ihr nur zur Probe anvertrauten Bestrahlungsgerätes unrechtmäßig zu bereichern.
Das Erstgericht legt der Beschwerdeführerin - zusammengefaßt dargestellt - nur zur Last, am 22. September 1980
bei der Fa. B, Saunabau KG, ein Helarium und am 7.Oktober 1980 ein dazugehöriges Doppelstativ in der Erwartung auf Probe (4 Wochen) übernommen zu haben, damit ene Hautkrankheit kurieren zu können; dies mit der Verpflichtung, die Geräte nach Ablauf der Probezeit entweder zurückzustellen oder den vereinbarten Kaufpreis zu begleichen. In der Mißachtung dieser Verpflichtung und weiteren Aufbewahrung der Geräte in der Wohnung ab Ende Oktober/Anfang November 1980 erblickt das Schöffengericht eine Zueignungshandlung mit bedingtem Bereicherungsvorsatz (S 181, 183). Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung wird hiezu weiter ausgeführt, daß Charlotte A die Möglichkeit der Fa. B, wieder in den Besitz ihrer Geräte zu kommen, dadurch in Frage stellte, daß sie diese monatelang bei sich verwahrte, wodurch es in der Folge am 26. August 1981 in ihrer Gegenwart zu deren gerichtlicher Pfändung zugunsten eines anderen Gläubigers kam und die Geräte schließlich anläßlich einer berufsbedingten übersiedlung an die Arbeitsstätte verbracht wurden (März 1982), wo sie später im Zuge einer arbeitsrechtlichen Auseinandersetzung vom Vertreter des Dienstgebers zurückbehalten wurden, so daß die Fa. B ihren Herausgabeanspruch erst am 17. Dezember 1982 realisieren konnte (S 184, 186).
Rechtliche Beurteilung
Unter Zueignung im Sinne des § 133 StGB ist die (objektiv erkennbare) überführung des dem Täter anvertrauten Gutes in das eigene (oder eines Dritten) freie Vermögen zu verstehen (Leukauf-Steininger2, RN 14, 15 zu § 133 StGB und die dort zitierte Judikatur und Literatur). Ein Sich-Zueignen wird daher nicht schon durch jede vertragswidrige Verfügung (oder Unterlassung) des Täters begründet, sondern nur durch eine solche, welche die Sicherheit des Berechtigten, die Sache wieder in seine Verfügungsgewalt zu bekommen, ernstlich in Frage stellt und das anvertraute Gut endgültig verlustig zu gehen droht (vgl EvBl 1971/324, 1977/12, SSt 41/19
uva). Das ständige Aufbewahren einer anvertrauten Sache in der Wohnung unter Mißachtung einer vertraglichen Rückstellungsverpflichtung stellt demnach für sich allein - als bloßes Vorenthalten der Sache - keine gemäß § 133 StGB strafbare Zueignungshandlung dar, sofern nicht (darüber hinaus) aus dem Gesamtverhalten des Täters eine eigentümerähnliche Vermögensherrschaft über die Sache abzuleiten ist, wie etwa durch deren (wertvermindernden) Gebrauch durch längere Zeit (vgl 9 Os 66/82) oder auch durch eine Verpfändung oder ein Verbringen der Sache an einen anderen, dem Eigentümer nicht bekannten und auch nicht leicht eruierbaren Ort (vgl Leukauf-Steininger2, aaO; Bertel im WK, RN 31 zu § 133 StGB).
Auf der inneren Tatseite verlangt das Gesetz überdies Bereicherungstendenz; der Vorsatz muß also nicht nur auf Zueignung des anvertrauten Gutes (im dargelegten Sinn), sondern auch darauf gerichtet sein, dadurch sein (oder eines Dritten) Vermögen um den durch das erlangte Gut repräsentierten Wirtschaftswert unrechtmäßig zu vermehren, wobei die Vermehrung der Vermögenssubstanz nicht auf Dauer ins Auge gefaßt sein muß (vgl neuerlich EvBl 1977/12, SSt 50/8 und die dort zitierte Literatur und Judikatur).
Es zeigt sich somit, daß das der Angeklagten vom Schöffengericht als Veruntreuung angelastete Verhalten, nämlich das vertragswidrige Zurückbehalten der Geräte im Herbst 1980, nur dann unter den Tatbestand des § 133 StGB zu subsumieren wäre, wenn sie die Geräte weiter (wertvermindernd) gebraucht (wogegen allerdings die Feststellung des mangelnden Heilungserfolges sprechen könnte) oder sonst eine die Herrschaftsanmaßung indizierende Handlung (zur Tatbegehung durch Unterlassung im Sinne des § 2 StGB, vgl einerseits Rittler II2, 166 und KH 2272, anderseits Kienapfel, BT II, RN 74 zu § 133 StGB sowie SSt 21/93 und EvBl 1962/502) gesetzt hätte, die einer (zumindest zeitweiligen) Vermögensvermehrung gleichzuhalten wäre. Sollten aber in den (wesentlich später eingetretenen und zeitlich im Urteilsspruch nicht erfaßten) die Rückstellung der Geräte verzögernden Ereignissen, nämlich in der trotz Anwesenheit der Angeklagten ohne Hinweis auf den wahren Eigentümer durchgeführten gerichtlichen Prändung am 26. August 1981 (S 99, 101) oder/
und in der Verbringung der Geräte (im März 1982) an die Arbeitsstätte solche Zueignungshandlungen erblickt werden, bedürfte es hiezu konkreter Feststellungen im aufgezeigten Umfange, insbesondere zur subjektiven Tatseite, inwieweit die Angeklagte hiebei mit Zueignungs- und Bereicherungsvorsatz gehandelt hat. Zufolge der von der Angeklagten im Ergebnis zutreffend aufgezeigten, die verläßliche rechtliche Beurteilung hindernden Feststellungsmängel im Sinne des angezogenen materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes war das Urteil in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde schon bei einer nichtöffentlichen Beratung aufzuheben und dem Erstgericht die Verfahrenserneuerung aufzutragen (§ 285 e StPO).
Mit ihrer Berufung war die Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.
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