Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.
Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO. fallen den Angeklagten Anton A und Josefa A auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
I./
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 22.Dezember 1943 geborene kaufmännische Angestellte Anton A wegen geschlechtlichen Mißbrauchs seiner am 31.Dezember 1963 geborenen (leiblichen) Tochter Susanne A 1.) des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs. 1 StGB.;
2.) des Verbrechens des versuchten Beischlafs mit Unmündigen nach §§ 15, 206 Abs. 1 StGB.;
3.) des Vergehens der (teils versuchten) Blutschande nach §§ 211 Abs. 2 und 15 StGB. und 4.) des Vergehens des Mißbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs. 1 StGB.
schuldig erkannt.
Der Schuldspruch wegen des erstbezeichneten Verbrechens erfolgte,
weil der Angeklagte ab dem Jahre 1971
bis etwa Mitte 1975 in Wien seine damals noch unmündige Tochter Susanne wiederholt am Geschlechtsteil und an den Brüsten betastete und schließlich auch mit einem Finger in die Scheide des Mädchens eindrang (Punkt I/1 des Urteilssatzes). Des Verbrechens des versuchten Beischlafs mit Unmündigen wurde der Angeklagte für schuldig befunden, weil er, gleichfalls in Wien, seit etwa Mitte 1975 bis zum 31.Dezember 1977 (dem Tag der Vollendung des vierzehnten Lebensjahres der Susanne A) in wiederholten Angriffen versuchte, mit der Genannten den außerehelichen Beischlaf zu unternehmen, indem er ihr aus pornografischen Druckschriften über den Geschlechtsverkehr eines zwölfjährigen Mädchens mit einem Manne vorlas, sich nackt neben das Kind ins Bett legte, es an den (wenn auch noch unterentwickelten) Brüsten und am Geschlechtsteil betastete, es wiederholt eindringlich aufforderte, doch einmal mit ihm zu 'bumsen', sich schließlich auf den Körper des Mädchens legte und sein erregtes Glied mit dem Geschlechtsteil des Mädchens zu vereinigen trachtete, was jedoch am energischen Widerstand der Susanne A, die sich entwinden und das Glied des Vaters wegdrücken konnte, scheiterte (Punkt I/2 des Urteilssatzes). Dem Schuldspruch wegen des Vergehens der (teilweise beim Versuch gebliebenen) Blutschande liegt zugrunde, daß der Angeklagte im Frühjahr 1978 in Wien seine leibliche Tochter dadurch zum Beischlaf zu verführen versuchte, daß er sie aufforderte, zu ihm und zu seiner Ehefrau Josefa A, die (beide) nackt im Bett lagen, zu kommen, sodann der Jugendlichen, als diese zwischen ihm und seiner Gattin auf dem Rücken (im Bett) lag, das Nachthemd bis zur Brust hinaufzog, sich über das Mädchen kniete, dessen Beine auf seine Schultern legte und sein erregtes Glied in die Scheide des Mädchens einführen wollte (Punkt I/3 a des Urteilssatzes) und, ebenfalls im Frühjahr 1978 in Wien, zu einem nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkt, Susanne A zweimal zum Beischlaf (mit ihm) verführte (Punkt I/ 3 b des Urteilssatzes). Den bezüglichen Urteilskonstatierungen zufolge (s. S. 165 unten/166 d.A.) führte der Angeklagte bei beiden Malen sein Glied in die Scheide seiner (nunmehr bereits im fünfzehnten Lebensjahr stehenden) Tochter ein und führte mit dieser einen Geschlechtsverkehr durch, bei dem er jeweils unmittelbar vor seinem Samenerguß sein Glied aus der Scheide des Mädchens zog und dieses mit seinem Sperma am Körper beschmutzte. Eine Beurteilung nach § 211 Abs. 2 StGB. (in Verbindung mit § 15 StGB.) auch in Ansehung der durch Punkt I/2 des Urteilssatzes erfaßten Tathandlungen unterblieb (vgl. jedoch LSK. 1977/113 = EvBl. 1977/165). Weiters unterstellte das Schöffengericht die den Gegenstand der Schuldsprüche wegen der Verbrechen nach §§ 207 Abs. 1 bzw. 15, 206 Abs. 1 StGB. bildenden - im geschlechtlichen Mißbrauch der noch unmündigen Susanne A bestehenden, unter Ausnützung der dem Angeklagten gegenüber diesem seiner Erziehung und Aufsicht unterstehenden Mädchen erfolgten und tatzeitmäßig mit 31.Dezember 1977 begrenzten - Tathandlungen (Punkte I/1 und I/2 des Spruches) außerdem dem § 212 Abs. 1, erstem Fall, StGB. (Punkt I/4 des Urteilssatzes /Idealkonkurrenz: vgl. LSK. 1976/60 u. 350 sowie EvBl. 1979/72 /).
II./
Der am 14.Jänner 1950 geborenen Hilfsarbeiterin Josefa A - der Ehefrau des Angeklagten Anton A und Stiefmutter der minderjährigen Susanne A - liegt laut Punkt II/ des Urteilssatzes zur Last, im Frühjahr 1978
zur Ausführung der unter Punkt I/3 a bezeichneten strafbaren Handlung des Anton A (Vergehen der versuchten Blutschande) dadurch beigetragen zu haben, daß sie die minderjährige Susanne A, als sich diese gegen einen Geschlechtsverkehr mit ihrem leiblichen Vater Anton A zur Wehr setzte, indem sie sich (dessen Zugriff) entwand, das erregte Glied (des Anton A) mit der Hand wegdrückte, und zu schreien begann, aufforderte stillzuhalten. Sie wurde deshalb des Vergehens der versuchten Blutschande nach §§ 15, 211 Abs. 2 StGB. als Beteiligte im Sinne der dritten Alternative des § 12 StGB. schuldig erkannt.
III./
Die sie betreffenden Schuldsprüche bekämpfen beide Angeklagten mit - gemeinsam ausgeführten - Nichtigkeitsbeschwerden, die sie auf die Nichtigkeitsgründe der Z. 4
und Z. 5, und der Angeklagte Anton A in Ansehung des Schuldspruches Punkt I/3 b außerdem auf den Nichtigkeitsgrund der Z. 10 des § 281 Abs. 1 StPO. stützen.
Rechtliche Beurteilung
Diesen Beschwerden kommt keine Berechtigung zu.
In ihrer Verfahrensrüge wenden sich die beiden Beschwerdeführer unter Berufung auf den erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund gegen die Abweisung der von ihrem gemeinsamen Verteidiger in der Hauptverhandlung vom 18.Mai 1979 gestellten Beweisanträge (s. S. 152, in Verbindung mit S. 133/134 d.A.), und zwar 1.) auf Ladung und Vernehmung der Zeugin Hermine C zum Beweis dafür, daß Susanne A 'sexuell überdurchschnittlich ansprechbar war' und sogar dem Ehemann der Zeugin Anträge (in dieser Richtung) gemacht habe;
2.) auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen zur Klärung der Aussageehrlichkeit der Susanne A, nach klinischer Untersuchung des Mädchens.
Durch die Abweisung dieser Anträge wurden die Verteidigungsrechte der Angeklagten indes nicht geschmälert:
ad 1.): Das Verbot vorgreifender Beweiswürdigung - auf das die Beschwerdeführer Bezug nehmen - hinderte das Gericht nicht zu prüfen, ob und inwieweit das mit dem in Rede stehenden Anträgen angestrebte Ergebnis der Beweisaufnahme geeignet sein könnte, die dem Gericht durch die Gesamtheit der ihm vorliegenden Beweisergebnisse vermittelte Beweislage maßgeblich im Sinne des Antragstellers zu ändern (LSK. 1979/82 u.a.).
Da vorliegend das Schöffengericht bei der Prüfung der hier entscheidenden Frage der Glaubwürdigkeit der die beiden Angeklagten (im Sinne der gefällten Schuldsprüche) belastenden Angaben der minderjährigen Zeugin Susanne A bereits die Richtigkeit des durch die beantragte Vernehmung der (übrigens laut spitalsärztlicher Bestätigung vom 15.Mai 1979 wegen mehrfacher Leiden aus ärztlicher Sicht derzeit nicht vernehmungsfähigen /vgl. Beilage zu ON. 14 /) Zeugin Hermine C zu erweisenden Umstände (frühreife Neugier des Mädchens in Bezug auf sexuelle Fragen und auf Sexualliteratur; sexuelles 'Anbot' gegenüber dem Ehemann der Zeugin) unterstellte, dies bei der Gesamtbeurteilung der Persönlichkeit der Susanne A und ihrer Aussageehrlichkeit in Betracht zog sowie ausführlich erörterte (vgl. Urteil, S. 176/177 d.A.), konnte es von der (neuerlichen) Ladung und der Vernehmung der genannten Zeugin ohne Verletzung von Verteidigungsrechten der beiden Angeklagten Abstand nehmen (s. auch Bertel, Grundriß, S. 120).
ad 2.): Mit Rücksicht darauf, daß das Schöffengericht den zur Gutachtenserstattung hinsichtlich der Fragen der Aussagefähigkeit und -ehrlichkeit der Susanne A bestellten (jugendpsychiatrischen) Sachverständigen Univ.Prof.
Dr. Hans D auch ohne klinische Untersuchung der Zeugin für fähig erachtet hat, zu diesen Fragen ein einwandfreies Gutachten abzugeben, und gegen das von diesem Sachverständigen erstattete ausführliche Gutachten (ON. 9;
S. 128 ff.; 151 ff. d.A.) auch keine Bedenken der in den §§ 125 ff. StPO. angeführten Art bestehen, kann die Beurteilung des erkennenden Gerichtes, daß vorliegend, entgegen dem Antrag der beiden Beschwerdeführer, kein zweiter Sachverständiger beizuziehen war - ebenso wie die Beantwortung der Frage, ob das Gutachten des Sachverständigen ausreichend und schlüssig ist - als letztlich in den Bereich unanfechtbarer Beweiswürdigung fallende Entscheidung nicht aus den Gründen der Z. 4 bzw. Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO. mit Nichtigkeitsbeschwerde angefochten werden (vgl. EvBl. 1957/16; SSt. 45/23), wozu noch kommt, daß die abschließende Beurteilung der Glaubwürdigkeit eines (jugendlichen) Zeugen überhaupt nur in die richterliche Kompetenz fällt und nicht auf einen Sachverständigen 'überwälzt' werden darf (EvBl. 1972/69). Demgemäß hat das Erstgericht, das die für seine Beweiswürdigung maßgeblichen, eigenständigen Erwägungen im Urteil ausführlich dargelegt hat (vgl. S. 167 ff. d. A.), die beantragte Zuziehung eines zweiten (psychiatrischen) Sachverständigen ebenso mit Recht abgelehnt wie die von den Beschwerdeführern bei ihrer bezüglichen Antragstellung ohne nähere Präzisierung begehrte (anschließende) 'klinische Untersuchung' der jugendlichen Zeugin (S. 152 d.A.).
Soweit diese Untersuchung im Sinne der Ausführungen der Beschwerdeführer in der Nichtigkeitsbeschwerde (auch) der Klärung der Frage dienen sollte, ob es möglich sei, daß das Hymen der Susanne A auch nach einem vollzogenen Geschlechtsverkehr unbeschädigt bleiben konnte (vgl. Bericht, S. 49/50 d.A.) - zu deren Beantwortung, wie die Beschwerdeführer rügen, ein Psychiater (gemeint: Univ.Prof. Dr. D) 'völlig unzuständig' gewesen sei, worauf die beiden Beschwerdeführer ihren Antrag auf Zuziehung eines weiteren Sachverständigen zusätzlich gründen -, ist ihnen entgegenzuhalten, daß das Schöffengericht die bezügliche, in den Nichtigkeitsbeschwerden aussdrücklich aus dem Nichtigkeitsgrund der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO.
bekämpfte Urteilskonstatierung, die von Susanne A behauptete Durchführung eines ('richtigen') Geschlechtsverkehrs seitens des Erstangeklagten Anton A sei ungeachtet der fehlenden Deflorierung des Mädchens möglich, nicht etwa auf einschlägige Ausführungen des Sachverständigen Univ.Prof. Dr. D (s. S. 77 d.A.), sondern auf das nach erfolgter Untersuchung des Mädchens im Institut für gerichtliche Medizin (der Universität Wien) erstattete Gutachten des medizinischen Sachverständigen Dr. Oskar E gründete (S. 179 unten d. A.), der - was die Beschwerdeführer übersehen - die Möglichkeit der Durchführung eines solchen Geschlechtsverkehrs nicht ausschloß (s. S. 127/128 d.A.).
Die bezüglichen Ausführungen der Beschwerdeführer in der Verfahrensrüge und in der auf den Nichtigkeitsgrund der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Mängelrüge gehen daher ins Leere. Ausgehend von der in diesem Zusammenhang vom Erstgericht getroffenen, eingangs bereits wiedergegebenen Urteilsfeststellung, daß es im Frühjahr 1978 tatsächlich zweimal zu einem Geschlechtsverkehr zwischen Anton und Susanne A gekommen ist, bei dem der Erstangeklagte sein Glied in die Scheide seiner Tochter einführte und den Geschlechtsverkehr durchführte, wobei er allerdings einen Samenerguß in der Scheide des Mädchens vermied, erweist sich aber auch die vom Angeklagten Anton A aus dem Grund der Z. 10 des § 281 Abs. 1 StPO. gegen den (allein ihn betreffenden) Schuldspruch Punkt I/3 b des Urteilssatzes wegen vollendeter Blutschande in zwei Fällen erhobene Rechtsrüge, wonach ihm (auch hier /vgl. Punkt I/3 a /) nur der Versuch dieses Deliktes zur Last falle, als unbegründet.
Sofern der Beschwerdeführer nämlich hiebei bloß von einem unternommenen Beischlaf mit seiner Tochter, ohne Vereinigung der beiderseitigen Geschlechtsteile, ausgeht, weicht er von den gegenteiligen Urteilsfeststellungen über die Vornahme des Geschlechtsverkehrs durch Anton A ab und führt solcherart den relevierten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund überhaupt nicht prozeßordnungsgemäß aus. Insoferne er aber die Meinung vertritt, daß das Vergehen der Blutschande nach § 21l Abs. 2 StGB. einen durch Samenerguß des Mannes (in die Scheide des weiblichen Opfers) beendeten Beischlaf voraussetzt, ist diese Auffassung verfehlt: Vollendeter Beischlaf im Sinne des § 211 Abs. 1 - 3 StGB. liegt vielmehr bereits vor, wenn es bei auf Durchführung eines Geschlechtsverkehrs gerichtetem Vorsatz des Täters zu einer Vereinigung der Geschlechtsteile gekommen ist, selbst wenn ein Samenerguß überhaupt nicht stattgefunden hat (LSK. 1977/114 = EvBl. 1977/165).
Die zur Gänze unbegründeten Nichtigkeitsbeschwerden der beiden Angeklagten waren daher zu verwerfen.
Das Erstgericht verurteilte die Angeklagten zu Freiheitsstrafen, und zwar Anton A nach §§ 28, 206 Abs. 1
StGB. zu zwei Jahren und Josefa A nach § 211 Abs. 2 StGB. zu acht Monaten, wobei es die Strafe in Ansehung der Letztgenannten für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachsah. Es nahm bei der Strafbemessung bei Anton A das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen und die Tatwiederholungen als erschwerend an, bei Josefa A hingegen keinen Umstand; als mildernd wurde die bisherige Unbescholtenheit beider Angeklagten gewertet. In ihren Berufungen streben die Angeklagten die Herabsetzung der Strafen, der Erstangeklagte auch die Gewährung der bedingten Strafnachsicht an.
Den Berufungen kommt keine Berechtigung zu.
Richtig ist, daß dem Erstangeklagten auch der Milderungsgrund der Z. 13 des § 34 StGB. zugute kommt, weil es in der Mehrzahl der Fälle beim Versuch geblieben ist. Dieser (zusätzliche) Milderungsumstand wird allerdings durch die Tatsache aufgewogen, daß der Angeklagte lange Zeit hindurch sehr intensiv in unsittlicher Weise auf seine Tochter einwirkte, die bei Beginn der strafbaren Handlungen erst acht Jahre als war.
Die sinnliche Erregung des Angeklagten Anton A bei Begehung der ihm angelasteten Sittlichkeitsdelikte stellt keinen (weiteren) mildernden Umstand dar. Desgleichen kann auch der Umstand, daß der Angeklagte schon vor mehreren Jahren mit den unsittlichen Handlungen an seiner Tochter begonnen hat, nicht als mildernd gewertet werden. Er stellt vielmehr vorliegend im Hinblick auf die zahlreichen Wiederholungen einen zusätzlichen Erschwerungsumstand dar. Ausgehend von den solcherart berichtigten Strafzumessungsgründen entsprechen die vom Erstgericht ausgesprochenen Strafen dem Verschulden der Angeklagten und dem Unrechtsgehalt der Tat, sodaß dem Begehren auf eine Herabsetzung des Strafmaßes ein Erfolg zu versagen war.
Keine Berechtigung kommt aber auch der vom Angeklagten Anton A wegen Nichtgewährung der bedingten Strafnachsicht erhobenen Berufung zu. Gegen eine solche spricht nämlich nicht nur das grobe Verschulden dieses Angeklagten, sondern auch das Fehlen der im § 43 Abs. 2 StGB. erwähnten besonderen Gründe, die Gewähr dafür bieten könnten, daß der Angeklagte in Hinkunft keine weiteren strafbaren Handlungen begehen werde.
Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.
Der Kostenausspruch gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
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