Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Gertrude B wird verworfen.
Den Berufungen wird dahin Folge gegeben, daß die über die Angeklagten verhängten Freiheitsstrafen herabgesetzt werden, und zwar bei Andreas Peter A auf 20 (zwanzig) Monate und bei Gertrude B auf 2 (zwei) Monate.
Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 23.Juni 1946 geborene Kellner Andreas Peter A des Verbrechens des räuberischen Diebstahls nach § 127 Abs 1 und Abs 2 Z 1, 131 erster Fall StGB und die am 14.August 1942 geborene kaufmännische Angestellte Gertrude B des Vergehens des Diebstahls nach § 127 Abs 1 und Abs 2 Z 1 StGB schuldig erkannt.
Darnach haben sie am 18.Jänner 1985 in Wien in Gesellschaft als Beteiligte fremde bewegliche Sachen, nämlich ein 'Teegeschenk' mit verschiedenen Teesorten im Gesamtwert von 152 S den Berechtigten der Fa C & D (Teehaus in Wien 1., Stephansplatz 4) mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei Andreas Peter A bei seiner Betretung auf frischer Tat Gewalt gegen eine Person angewendet hat, um Gertrude B die weggenommenen Sachen zu erhalten, indem er die der Genannten nacheilende Karin E festhielt, ihr zwei Schläge auf den Hinterkopf versetzte und sie zu Boden stieß.
Diesen Schuldspruch bekämpft lediglich die Angeklagte Gertrude B mit Nichtigkeitsbeschwerde, die sie auf die Gründe der Z 9 lit a, (der Sache nach Z 5), 9 lit b und 10 des § 281 Abs 1 StPO stützt.
Rechtliche Beurteilung
Ihr kommt keine Berechtigung zu.
Den Beschwerdeausführungen zuwider kann den Entscheidungsgründen unmißverständlich entnommen werden, daß das Schöffengericht bei seiner Entscheidung in tatsächlicher Hinsicht von der Annahme ausging, die Angeklagte B habe bei der übergabe der Ware das Vorhaben des A, das Geschäft damit widerrechtlich, nämlich ohne zu bezahlen, zu verlassen, sofort erkannt und sogleich beschlossen, sich an dieser Tat des A dadurch zu beteiligen, daß sie sich das Päckchen von A zustecken ließ und es in der Folge - wie von A geplant - heimlich aus dem Geschäft verbrachte. Von einer Undeutlichkeit des Urteils darüber, ob sie beim Verbringen des Diebsgutes mit dolus eventualis gehandelt habe, kann sohin keine Rede sein.
Es schlägt aber auch der Einwand der Beschwerdeführerin nicht durch, sie müsse freigesprochen werden, weil ihr Verhalten als Entwendung nach § 141 Abs 1 StGB zu beurteilen sei und die zur Verfolgung wegen dieses Deliktes erforderliche Ermächtigung des Geschädigten nicht vorliege. Denn es kann ihr, anders als sie in ihrem Rechtsmittel vermeint, Begehung aus Unbesonnenheit nicht zugebilligt werden. Unbesonnen handelt nämlich nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (ÖJZ-LSK 1977/310 = EvBl 1978/33; SSt 47/55, 53/58 ua) und nach der Lehre (vgl Leukauf-Steininger, Kommentar 2 , § 141 RN 13; Kienapfel BT II § 141 RN 36) nur, wer bei der Tat einem Willensimpuls folgt, der aus besonderen Gründen der Lenkung durch das ruhige Denken entzogen ist und nach der charakterlichen Beschaffenheit des Täters ansonsten in der Regel unterdrückt worden wäre. Das trifft aber vorliegend nicht zu, weil die Beschwerdeführerin nach den Feststellungen des Erstgerichtes die Tat wiewohl spontan in Ausnützung der von A geschaffenen Diebsgelegenheit, dennoch zielstrebig nach einem schon einmal praktizierten Diebsplan begangen und solcherart zum Ausdruck gebracht hatte, daß der Tatentschluß keineswegs einem Willensimpuls entsprach, der von ihr - ihrer Veranlagung entsprechend - üblicherweise erstickt wird. Verfehlt ist aber auch die Rechtsrüge, soweit sie eine Beurteilung des Verhaltens der Angeklagten als Unterschlagung (§ 134 StGB) anstrebt. Zwar ist beim Diebstahl kleinerer Gegenstände Deliktsvollendung in der Regel schon dann gegeben, sobald der Täter die gestohlene Sache am Körper oder in einem mitgeführten Gegenstand (Tasche u dgl) verbirgt; es wird jedoch bei einem Ladendiebstahl die Ware noch nicht dem Gewahrsam des Geschäftsinhabers entzogen, solange sie dieser selbst oder durch sein Personal entweder auf Grund eigener Wahrnehmung oder auf Grund von Mitteilungen von Kunden trotz der Ansichnahme durch den einen Täter zufolge der in seinem Machtbereich erfolgenden übergabe an den Komplizen im Auge behalten und solcherart deren Verbringung durch einen Unbefugten aus seinem Herrschaftsbereich verhindern kann (vgl 9 Os 154/75 ua, Leukauf-Steininger, Kommentar 2 , § 127 RN 41, 42).
Nur der Vollständigkeit halber sei zu den Beschwerdeausführungen vermerkt, daß bei übernahme einer Sache nach vollzogenem Gewahrsamsbruch in Kenntnis von deren diebischer Herkunft nur Hehlerei nach § 164 Abs 1 Z 1 oder 2 StGB (nicht aber Unterschlagung nach § 134 StGB) in Frage käme.
Die Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Gertrude B war daher zu verwerfen.
Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten Andreas Peter A nach dem ersten Strafsatz des § 131 StGB zu zwei Jahren, die Angeklagte Gertrude B nach § 127 Abs 2 StGB zu vier Monaten Freiheitsstrafe. Bei der Strafbemessung wertete es hinsichtlich beider Angeklagten die einschlägigen Vorstrafen (gemeint: bei A mehrere, bei B nur eine) als erschwerend, als mildernd hingegen das Teilgeständnis und die Schadensgutmachung (richtig: Zustandebringung der Beute).
Dagegen richten sich die Berufungen der Angeklagten. A strebt mit seinem Rechtsmittel eine Herabsetzung des Strafausmaßes an; B beantragt in erster Linie die Verhängung einer Geldstrafe (§ 37 StGB), in eventu ebenfalls eine Herabsetzung der Strafdauer. In der Tat erscheinen die vom Erstgericht verhängten Freiheitsstrafen etwas überhöht. Bei der Angeklagten B kommt als weiterer Milderungsgrund noch hinzu, daß sie vom Angeklagten A zur Tat gedrängt worden ist, was allerdings bei Letztgenanntem zusätzlich als erschwerend ins Gewicht fällt. Mag bei diesem Angeklagten auch noch die leichte Körperverletzung der Karin E als weiterer Erschwerungsgrund hinzutreten, so waren doch mit Rücksicht auf den äußerst geringen Wert der Beute (§ 32 Abs 3 StGB) die Strafen entsprechend zu ermäßigen. Eine Anwendung des § 37 StGB bei B kam jedoch wegen ihres getrübten Vorlebens nicht in Betracht.
Somit war den Berufungen in dem aus dem Spruch ersichtlichen Umfang Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung fußt auf der erwähnten Gesetzesstelle.
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