Spruch:
I. Den Nichtigkeitsbeschwerden wird, und zwar jener des Angeklagten Hans B teilweise und jener der Angeklagten Gudrun B zur Gänze, Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in den Schuldsprüchen dieser beiden Angeklagten wegen des Vergehens der versuchten Begünstigung nach §§ 15, 299 Abs. 1 StGB (Punkt IV/1 und 2 des Urteils) sowie demgemäß auch in den die Angeklagten Hans B und Gudrun B betreffenden Strafaussprüchen aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.
II. Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Hans
B verworfen.
III. Mit ihren Berufungen werden die Angeklagten Hans B und Gudrun B auf diese Entscheidung verwiesen.
IV. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten Hans B die Kosten des ihn betreffenden Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden ua der am 6. Oktober 1941 geborene Kaufmann Hans B und die am 10. Dezember 1941 geborene Hausfrau Gudrun B des Vergehens der versuchten Begünstigung nach §§ 15, 299 Abs. 1 StGB (IV/1 und 2), Hans B überdies des Vergehens der falschen Beweisaussage vor Gericht nach § 288 Abs. 1 StGB (III/) schuldig erkannt. Dem Inhalt dieser Schuldsprüche und den hiezu getroffenen Urteilsfeststellungen zufolge hatte der Angeklagte Hans B als Leiter der Filiale der C in Klagenfurt am 9. Mai 1981 vom italienischen Staatsangehörigen Luigi di D in Gegenwart des Nunziante E und der Mitangeklagten Ulrike A in seiner Wohnung zum Zwecke der Umwechslung in Schilling 507 Stück 100 US-Dollarnoten übernommen. Von diesen ließ er am 11. Mai 1981 191 Stück an die Zentrale der Bank nach Wien schicken. Dort wurden die Noten als in einer Mailänder Fälscherzentrale hergestellte Falsifikate erkannt, wovon der Angeklagte Hans B am 12.Mai 1981 verständigt wurde. Da er mit dem Falschgeld nichts mehr zu tun haben wollte und Repressalien der italienischen Mafia befürchtete, forderte Hans B die Mitangeklagte Ulrike A telefonisch auf, die restlichen 316 Stück 100 USDollarnoten abzuholen und Nunziante E von der Entdeckung der Fälschungen zu verständigen. Sodann veranlaßte er seine Ehegattin Gudrun B, die noch vorhandenen Falsifikate der Ulrike A mit der Weisung zu übergeben, sie an einem bestimmten Ort zu verstecken, was in der Folge auch geschah (Punkte IV/1./a und c, 2./a des Schuldspruches). Am 15. und 16. Mai 1981 wurde Hans B bei der Bundespolizeidirektion Klagenfurt vernommen und gab lediglich an, daß ein von Ulrike A begleitet gewesener unbekannter Italiener ihm 191 Stück 100 US-Dollarnoten zum Einwechseln bei seiner Bank übergeben habe; er verschwieg jedoch die Anwesenheit des Nunziante E bei der Geldübergabe sowie den Umstand, insgesamt 507 Stück 100 US-Dollarnoten übernommen zu haben. Darnach forderte er Ulrike A auf, bei der Polizei (ebenfalls) anzugeben, daß ein unbekannter Italiener das Geld gebracht habe, die Mitwirkung des Nunziante E aber zu verschweigen und auch die C nicht hineinzuziehen (S 61/II). Nach der Verhaftung der Ulrike A suchte die Angeklagte Gudrun B über Veranlassung ihres Gatten auf die Mutter der Verhafteten, Eva A, dahin einzuwirken, sie möge ihre Tochter auffordern, bei ihren bisherigen wahrheitswidrigen Angaben zu bleiben (Punkte IV/1./b und 2./b des Schuldspruches).
Am 7. Juli 1981 wurde Hans B vom Untersuchungsrichter Dr. Franz F im Verfahren AZ 15 Vr 1150/81 des Landesgerichtes Klagenfurt (gegen Wilhelm G, Hans H und Ulrike A) als Zeuge vernommen (ON 28/II). Bei dieser Vernehmung erklärte er nach Vorhalt des § 153 StPO, seine bei der Polizei gemachten - objektiv und subjektiv unrichtigen - Angaben aufrechtzuerhalten, und deponierte bewußt wahrheitswidrig, Nunziante E über Ulrike A kennengelernt zu haben, doch sei es bei einer auf Geschäftsbasis beruhenden Bekanntschaft geblieben und er habe lediglich aus geschäftlichen Gründen E und A einige Male zu sich eingeladen. Von den engeren persönlichen Beziehungen, die sich zwischen ihm und den beiden Genannten entwickelt hatten (Kauf eines Segelbootes über Vermittlung des E, zweimaliger Aufenthalt der Familie B in Neapel auf Es Kosten), erwähnte er bei dieser Vernehmung nichts. Daß beim Besuch der Ulrike A mit einem italienischen Staatsbürger in seiner Wohnung auch Nunziante E zugegen gewesen war, verschwieg er abermals (Punkt III/ des Schuldspruches).
Zum Zeitpunkt dieser Vernehmung waren zufolge einer am 6. Juli 1981 der Bundespolizeidirektion Klagenfurt zugekommenen vertraulichen Mitteilung (S 56/II) bereits Erhebungen mit dem Ziele im Gange, die (näheren) persönlichen Beziehungen zwischen dem Ehepaar B und Ulrike A sowie deren italienischem Freund E aufzudecken.
Auf Grund der die Ergebnisse dieser Erhebungen beinhaltenden Anzeige vom 10. Juli 1981 (ON 32/II) wurde noch an diesem Tag über Antrag der Staatsanwaltschaft Klagenfurt (Antrags- und Verfügungsbogen, S 3 i) die Voruntersuchung gegen Hans und Gudrun B wegen § 232 Abs. 2 StGB eingeleitet; gleichzeitig wurden Haft- und Hausdurchsuchungsbefehle erlassen (ON 33 und 34/II) und über beide Beschuldigte nach deren Einlieferung am 11. Juli 1981 die Untersuchungshaft verhängt (ON 37 und 38/II). Auch der am 20. September 1982 eingebrachten Anklageschrift liegt neben dem nur Hans B angelasteten Vergehen nach § 288 Abs. 1 StGB gegen Hans und Gudrun B der dringende Verdacht in Richtung des Verbrechens der Geldfälschung nach § 232 Abs. 2 StGB zugrunde (ON 130/II). Erst in der Hauptverhandlung erhob die Anklagebehörde für den Fall, daß der Tatbestand nach § 232 Abs. 2 StGB (oder jener nach §§ 15, 236 Abs. 1 StGB) nicht angenommen werden sollte, eine Eventualanklage gegen Hans und Gudrun B wegen des Vergehens nach §§ 15, 299 Abs.1
StGB (S 108 - 110/III).
Hierauf fällte das Schöffengericht die eingangs erwähnten Schuldsprüche des Angeklagten Hans B wegen falscher Beweisaussage vor Gericht, sowie der Angeklagten Hans B und Gudrun B wegen versuchter Begünstigung des Nunziante E, des Luigi di D und anderer, namentlich nicht bekannter am Verbrechen der Geldfälschung nach § 232 Abs. 1 und Abs. 2 StGB Beteiligter. Den Nachweis einer im Einverständnis mit einem an der Fälschung Beteiligten oder einem Mittelsmann erfolgten übernahme des Falschgeldes durch Hans B und Gudrun B mit dem Vorsatz, es als echt in Verkehr zu bringen, im Sinne des ursprünglichen Anklagevorwurfes sah das Erstgericht als nicht erbracht an.
Die gegen sie ergangenen Schuldsprüche bekämpfen die Angeklagten Hans B und Gudrun B mit (gemeinsam ausgeführten) Nichtigkeitsbeschwerden. Geltend gemacht werden von ihnen die Nichtigkeitsgründe der Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs. 1 StPO; vom Angeklagten Hans B wird überdies jener der Z 10 der genannten Gesetzesstelle angerufen.
Rechtliche Beurteilung
Den Beschwerden kommt insoweit Berechtigung zu, als sie gegen die Schuldsprüche laut Punkt IV/ wegen versuchter Begünstigung nach §§ 15, 299 Abs. 1 StGB gerichtet sind.
Den Tatbestand der Begünstigung verwirklicht, wer einen anderen, der eine mit Strafe bedrohte Handlung begangen hat, der Verfolgung oder der Vollstreckung der Strafe oder vorbeugenden Maßnahme absichtlich ganz oder zum Teil entzieht. Der Täter muß demnach die Begünstigungshandlung vorsätzlich begehen, und es muß ihm darauf ankommen, die Vereitelung der Strafverfolgung oder Strafvollstreckung zu bewirken (vgl ÖJZ-LSK 1978/206). Mit Recht rügt der Angeklagte Hans B aus dem Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit a des § 281 Abs. 1 StPO, daß es den Urteilsannahmen zufolge an der inneren Tatseite für einen Schuldspruch wegen §§ 15, 299 Abs. 1 StGB fehle. Nach den Konstatierungen des Erstgerichtes wollten nämlich die Angeklagten Hans und Gudrun B zwar bewirken, daß Nunziante E und Luigi di D der Verfolgung entzogen würden (vgl S 137/III); daß sie hiebei absichtlich (im Sinne des § 5 Abs. 2 StGB) gehandelt, dh ihr Verhalten nach einer solchen Zielvorstellung eingerichtet haben und im Interesse der Erreichung dieses Zieles tätig geworden sind (vgl Leukauf-Steininger, Komm zum StGB2, RN 5 zu § 5), kommt jedoch in den Urteilsfeststellungen nicht mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck.
Zudem ist gemäß § 299 Abs. 3 StGB nach Abs. 1 dieser Gesetzesstelle nicht zu bestrafen, wer die Tat in der Absicht begeht, einen Angehörigen zu begünstigen oder zu verhindern, daß er selbst wegen Beteiligung an der strafbaren Handlung, derentwegen der Begünstigte verfolgt wird, bestraft werde.
Dieser Strafausschließungsgrund erfaßt mithin ua den Fall der verdeckten Selbstbegünstigung, bei der jemand einen anderen, wenngleich nicht ausschließlich, so doch auch (vgl SSt 49/11 = ÖJZ-LSK 1978/136) zu dem Zweck begünstigt, selbst einer strafgerichtlichen Verfolgung und Bestrafung wegen derselben Vortat zu entgehen. Die Voraussetzungen für seine Anwendung liegen ausschließlich auf der subjektiven Tatseite; der Täter wird somit auch straflos, wenn er an der strafbaren Handlung des anderen gar nicht beteiligt gewesen ist, aber dennoch - etwa wegen seines Naheverhältnisses zu diesem oder sonst auf Grund der näheren Tatumstände - in Verfolgung gezogen zu werden befürchtet (Pallin im WK, RN 20 zu § 299 StGB).
Konstatierungen darüber, ob eine solche Motivation für das Verhalten des Angeklagten Hans B (zumindest) mitbestimmend und die Absicht (§ 5 Abs. 2 StGB) der Angeklagten Gudrun B auf Begünstigung ihres Gatten gerichtet gewesen ist, hat das Erstgericht nicht getroffen. Die Beschwerdeführer verantworteten sich primär zwar dahin, die ihnen als versuchte Begünstigung angelasteten Tathandlungen 'aus Angst vor der Mafia' gesetzt zu haben. Mit diesem Vorbringen haben sie sich weder auf einen der im § 299 Abs. 3 und Abs. 4 StGB normierten Strafausschließungsgründe, noch auf entschuldigenden Notstand nach § 10 Abs. 1 StGB berufen, weil Straflosigkeit nach der letztgenannten Bestimmung eine Zwangslage voraussetzt, in welcher ein dem Täter oder anderen unmittelbar drohender, nicht anders als durch Verletzung eines fremden Rechtsgutes abwendbarer bedeutender Nachteil zu besorgen ist (vgl Leukauf-Steininger, aaO, RN 2 und 13 zu § 10). Es war jedoch naheliegend, daß Hans B (und Gudrun B), worauf in der Rechtsrüge zum Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit a, sachlich Z 9 lit b, des § 281 Abs. 1 StPO auch zutreffend hingewiesen wird, nach Aufdeckung der Banknotenfälschungen die Befürchtung hegen mußten, sie könnten dadurch in Schwierigkeiten geraten und selbst des Verbrechens nach § 232 Abs. 2 StGB verdächtigt werden, falls die noch von ihnen verwahrten weiteren 316 US-Dollarnoten und die über den geschäftlichen Rahmen weit hinausgehenden persönlichen Beziehungen zu Ulrike A und Nunziante E bekannt werden sollten, wofür auch die Äußerungen zu Ulrike A sprechen, man möge die C (somit deren Leiter Hans B) in die Sache nicht hineinziehen. Tatsächlich kam es dann - wie bereits dargelegt - zur Verfahrenseinleitung, Verhaftung und Anklageerhebung gegen Hans B und Gudrun B in Richtung § 232 Abs. 2 StGB. Auf Grund der Verfahrensergebnisse lag somit die Annahme nahe, diese beiden Angeklagten könnten Handlungen, durch welche der ihnen bekannte Nunziante E als übergeber der Falsifikate und dessen Hintermänner der strafgerichtlichen Verfolgung wegen Geldfälschung entzogen werden sollten, (auch) in der Absicht gesetzt haben, zu verhindern, daß Hans B in ein Verfahren wegen Beteiligung an dieser Straftat anderer involviert werde. Bei dieser Verfahrenslage wären daher Feststellungen darüber indiziert gewesen, ob den Ehegatten B die Voraussetzungen des § 299 Abs. 3 StGB zustatten kommen. Eines Vergleiches der durch die Tat abzuwendenden Folgen mit aus der Tat entstandenen oder zu befürchtenden nachteiligen Folgen bedarf es - den Beschwerdeausführungen zuwider - in diesem Falle nicht, weil eine den Straflosigkeitsbereich einschränkende Interessenabwägung nur im Zusammenhang mit allfälliger Straffreiheit nach Abs. 4 des § 299
StGB vorgesehen ist. Erfolgt aber die Fremdbegünstigung zum Zweck, um sich selbst in bezug auf dieselbe Tat zu begünstigen, oder kommt es dem Täter darauf an, zu verhindern, daß ein naher Angehöriger bestraft wird, so ist ausschließlich Abs. 3 der genannten Gesetzesstelle anzuwenden (vgl Leukauf-Steininger, aaO, RN 20 und 23 zu § 299; Pallin, aaO, RN 24 zu § 299).
Zufolge der aufgezeigten Feststellungsmängel, welche Nichtigkeit gemäß Z 9 lit a und 9 lit b des § 281 Abs. 1
StPO bewirken, erweist sich sohin eine Aufhebung der Schuldsprüche der Angeklagten Hans B und Gudrun B wegen versuchter Begünstigung nach §§ 15, 299 Abs. 1 StGB sowie eine Verfahrenserneuerung in diesem Umfang als unvermeidlich.
Im fortgesetzten Verfahren wird zu beachten sein, daß § 299 Abs. 1 StGB nur die Fälle persönlicher Begünstigung erfaßt. Eine sachliche Begünstigung, soferne sie nicht (als Hehlerei nach § 164 StGB oder nach den §§ 232 Abs. 2, 235, 237, 238 Abs. 2 StGB) selbständig strafbar ist, würde dieses Delikt nur dann verwirklichen, wenn sie als Mittel zur persönlichen Begünstigung des Vortäters erfolgt. Dies gilt insbesondere bei der Entziehung von Sachen, die - wie vorliegend die gefälschten Banknoten - als producta sceleris von der Einziehung betroffen sind (vgl Pallin, aaO, RN 1
zu § 299; Foregger-Serini, StGB MKK2, Anm III zu § 299). Im Falle neuerlicher Bejahrung der Schuldfrage wäre daher vom Gericht auch näher zu begründen, inwieweit nach den Zielvorstellungen der Angeklagten Hans B und Gudrun B durch das von ihnen veranlaßte Verstecken der restlichen 316 Falsifikate (Schuldspruchfakten IV/1./a und 2./ a) die Vortäter der Strafverfolgung entzogen werden sollten. Sollte den Angeklagten dagegen der Strafausschließungsgrund des § 299 Abs. 3 StGB zugebilligt werden, wäre der Sachverhalt noch in Richtung des Vergehens der Unterdrückung eines Beweismittels nach § 295 StGB zu prüfen (vgl Pallin, aaO, RN 26 zu § 299), weil das im Gewahrsam des Angeklagten Hans B verbliebene Falschgeld jedenfalls ein zur Verwendung in einem - zufolge Einsetzens der sicherheitsbehördlichen Erhebungen zu erwartenden - gerichtlichen Strafverfahren bestimmtes Beweismittel darstellte, über das die Beschwerdeführer nicht allein verfügen durften und das durch Beiseiteschaffen in ein Versteck unterdrückt, dh seiner Bestimmung in einer Weise entzogen wurde, daß es seinen Beweiszweck im maßgeblichen Zeitpunkt nicht mehr erfüllen konnte (vgl SSt 49/51 = ÖJZ-LSK 1979/12).
Verfehlt ist hingegen die Ansicht des Angeklagten Hans B, auf ihn könne ausschließlich § 288 Abs. 1 StGB zur Anwendung kommen, weil die ihm angelastete Begünstigung durch eine (allenfalls) falsche Beweisaussage begangen worden sei und über die hiedurch erfolgte Rechtsgutsverletzung nicht hinausgehe, sodaß in der Sache selbst entschieden werden könne und der Schuldspruch wegen §§ 15, 299 Abs. 1 StGB aus dem Urteil auszuscheiden wäre. Es trifft nämlich keineswegs zu, daß die inkriminierte falsche Beweisaussage des Angeklagten Hans B bloß das Mittel der ihm angelasteten Begünstigung gewesen ist und die beiden in Betracht kommenden Tatbestände eintätig zusammentreffen. Vielmehr liegt den Urteilsannahmen zufolge zwischen den Begünstigungshandlungen und der ihnen in einigem zeitlichen Abstand nachfolgenden falschen Beweisaussage des Angeklagten Hans B (echte) Realkonkurrenz vor. Die Frage, inwieweit eine mittels falscher Zeugenaussage begangene Begünstigung durch das strenger strafbedrohte Delikt des § 288 StGB konsumiert wird (vgl abermals Pallin im WK, RN 26 zu § 299) oder echte Idealkonkurrenz der beiden Delikte begründet (vgl Leukauf-Steininger, Komm zum StGB2, RN 28 zu § 299), kann daher auf sich beruhen. Eine Urteilsnichtigkeit im Sinne der Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO haftet dem angefochtenen Urteil demnach nicht an. Als verfehlt erweist sich die Beschwerde des Angeklagten Hans B auch insoweit, als er seinen Schuldspruch wegen falscher Beweisaussage vor Gericht aus den Nichtigkeitsgründen der Z 5 und 9 lit a, sachlich außerdem aus jenem der Z 9 lit b des § 281 Abs. 1 StPO bekämpft.
Der Beschwerdeführer übersieht, daß ein im Vorverfahren formell als Zeuge Vernommener auch dann der Sanktion des § 288 Abs. 1 StGB unterliegt, wenn er selbst der Tat verdächtig gewesen ist und materiell als Verdächtiger oder Beschuldigter zu vernehmen gewesen wäre. Die zum StG 1945 vertretene und in den in der Beschwerde zitierten Entscheidungen herangezogene Materialtheorie, nach der im Vorverfahren entscheidend sei, welche prozessuale Rolle einem Vernommenen in Wahrheit zukomme, und einem Tatverdächtigen, der im Vorverfahren als Zeuge statt als Verdächtiger vernommen wird, aus einer Falschaussage kein strafrechtlicher Vorwurf gemacht werden könne, hat nunmehr durch die Bestimmungen über den Aussagenotstand ihren Anwendungsbereich verloren. Bei der Beurteilung der Zeugenqualität des Vernommenen kommt es folglich allein auf dessen formelle Stellung als Zeuge an, während einer allfälligen Konfliktssituation durch § 290
StGB ausreichend Rechnung getragen wird (Pallin im WK, RN 6 zu § 288; Leukauf-Steininger, Komm zum StGB2, RN 4 zu § 288; JBl 1981, 276 = ÖJZ-LSK 1980/130; gegenteilig noch ÖJZ-LSK 1975/295). Der vom Angeklagten Hans B ins Treffen geführte Umstand, daß dem - in den Urteilsgründen übergangenen - Amtsvermerk des Kriminalinspektors I vom 7.Juli 1981 (vgl S 56/II) und dessen Zeugenaussage in der Hauptverhandlung zufolge im Zeitpunkt seiner Vernehmung als Zeuge durch den Untersuchungsrichter bereits konkrete Verdachtsmomente für seine Beteiligung an dem Inverkehrsetzen des Falschgeldes vorgelegen seien, ist daher der vom Beschwerdeführer vertretenen Ansicht zuwider für die Frage der Tatbildmäßigkeit seines Verhaltens nach § 288 Abs. 1 StGB nicht entscheidend. Aber auch der Beschwerdeeinwand, der Angeklagte Hans B könne für sich Aussagenotstand in Anspruch nehmen, hält einer überprüfung nicht stand: § 290 Abs. 1 StGB setzt die Absicht (§ 5 Abs. 2 StGB) des Täters voraus, durch die falsche Aussage die in dieser Gesetzesstelle angeführten schädlichen Folgen abzuwenden, wobei jedoch Straflosigkeit nur eintritt, wenn der Täter 1. nicht wußte, daß er von der Verbindlichkeit zur Ablegung eines Zeugnisses befreit war oder hätte befreit werden können, 2. den Befreiungsgrund nicht geoffenbart hat, um die schon aus der Offenbarung drohenden Folgen abzuwenden oder 3. zur Ablegung der Aussage zu Unrecht verhalten worden ist. Keiner dieser Fälle liegt hier vor: Daß dem Angeklagten Hans B bei seiner zeugenschaftlichen Vernehmung durch den Untersuchungsrichter die Bestimmung des § 153 StPO vorgehalten worden ist, wurde vom Erstgericht ausdrücklich festgestellt (vgl S 133/III).
Ist der Genannte somit belehrt worden, daß er in Anbetracht des bestehenden Verdachtes, selbst an der aussagegegenständlichen strafbaren Handlung beteiligt gewesen zu sein, zu einer Verweigerung der Aussage berechtigt sei, ohne daß von ihm verlangt worden wäre, irgendeinen weiteren Grund für seine Weigerung darzutun, und hat er dennoch von seinem Entschlagungsrecht keinen Gebrauch gemacht und falsch ausgesagt, so kann er sich nicht auf Aussagenotstand berufen (vgl SSt 48/80 = ÖJZ-LSK 1978/10). Denn eine nach § 290 Abs. 1 Z 2 StGB beachtliche Konfliktsituation setzt voraus, daß Nachteile als Folge der Offenlegung des Befreiungsgrundes drohen, wogegen die bloße Besorgnis, die Zeugnisentschlagung als solche könnte (zusätzlichen) Verdacht auf den Zeugen lenken, eine falsche Beweisaussage nicht zu entschuldigen vermag (vgl Pallin im WK, RN 20 und 21 zu § 290). Daß der Angeklagte Hans B nach der ihm gegebenen Belehrung hätte befürchten müssen, vom Untersuchungsrichter zwecks Begründung seiner Zeugnisverweigerung zur Angabe belastender Tatsachen verhalten zu werden, war bei der gegebenen Sachlage von vornherein auszuschließen. Da somit dem Angeklagten Straffreiheit gemäß dem Abs. 1 des § 290 StGB nicht zukommt, konnte die Prüfung, ob ihm nicht sogar wegen entgegenstehender höherer Interessen zumutbar gewesen wäre, auch zu seinem eigenen Nachteil wahrheitsgemäß auszusagen (Abs. 3), unterbleiben.
Der Ausspruch des Gerichtes über die Frage, ob Umstände vorhanden seien, durch welche die Strafbarkeit der Tat aus dem Grunde des § 290 StGB aufgehoben wäre, läßt sohin eine Nichtigkeit des Schuldspruches nach § 288 Abs. 1 StGB gemäß der Z 9 lit b des § 281 Abs. 1 StPO nicht erkennen.
Es war somit in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde das Urteil, soweit ein Schuldspruch wegen des Vergehens nach §§ 15, 299 Abs. 1 StGB gefällt wurde, aufzuheben und dem Erstgericht in diesem Umfange die Verfahrenserneuerung aufzutragen, im übrigen aber die Nichtigkeitsbeschwerde des Hans B, soweit sie seinen Schuldspruch nach § 288 Abs. 1 StGB betrifft, zu verwerfen. Demgemäß war nur Hans B in den Kostenersatz zu verfällen (Mayerhofer-Rieder, StPO, E Nr 11 zu § 390 a StPO).
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