OGH 9ObA97/93

OGH9ObA97/9319.5.1993

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier und Dr.Bauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Vera Kremslehner und Mag.Gabriele Jarosch als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Mag. P***** Z*****, Angestellter, ***** vertreten durch Dr.Peter Kaltschmid, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei R*****- Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch DDr.Hubert Fuchshuber, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 340.792,29 S sA (Streitwert im Revisionsverfahren 313.086,89 S brutto sA), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 20.Jänner 1993, GZ 6 Ra 2/92-29, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 20.Juli 1992, GZ 43 Cga 113/91-21, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 12.929,40 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 2.154,90 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war bei der Beklagten ab 5.Juni 1989 als Leiter des Rechnungswesens beschäftigt. In den Verhandlungen anläßlich des Abschlusses des Dienstvertrages wurde mit dem Kläger ein Anfangsgehalt von 45.000 S brutto vereinbart, mit dem auch sämtliche zusätzlichen Leistungen wie Fahrtkosten, Überstunden etc. abgegolten sein sollten. Die erst kurz vor dem Eintritt des Klägers auf EDV umgestellte Buchhaltung war wegen eines nicht funktionierenden EDV-Programmes und mangelnder Qualifikation des in diesem Bereich vorher tätig gewesenen Buchhalters nicht in ordnungsgemäßem Zustand; sie mußte vom Kläger erst auf den aktuellen Stand gebracht werden. In den ersten Monaten des Jahres 1990 teilte der Kläger dem Geschäftsführer an Hand einer von ihm ausgedruckten Liste das vorläufige Betriebsergebnis des abgelaufenen Wirtschaftsjahres mit, das rund 30 Millionen Schilling betrug und machte dabei dem Geschäftsführer den Vorschlag, ihm ein Prozent dieser Summe, sohin 300.000 S zu zahlen. Ob er in diesem Zusammenhang auf besonders erfolgreiche Leistungen oder die Erbringung weitgehender Vorarbeiten für die Bilanz verwies, steht nicht fest. Es ist auch nicht erwiesen, daß der Geschäftsführer der Beklagten diesem Verlangen des Klägers zustimmte. Der vom Kläger begehrten Gehaltserhöhung auf monatlich 50.000 S stimmte hingegen der Geschäftsführer mit Wirkung ab 1.April 1990 zu.

Im Zuge der Gehaltsabrechnung für April 1990 wies sich der Kläger insgesamt 90.000 S brutto (zusätzlich zum Monatsgehalt) an, und zwar 3 x 5.000 S Gehaltsdifferenz für Jänner 1990 bis März 1990, 4 x 6.250 S Provision für Jänner bis April 1990, und 50.000 S Bilanzgeld. Die Gehaltszahlung erfolgte in Form einer Sammelüberweisung, die vom Geschäftsführer persönlich unterfertigt wurde. Ob dieser Sammelüberweisung eine Liste der einzelnen Arbeitnehmer angeschlossen war, steht nicht fest. Angeschlossen waren jedoch die Überweisungsbelege, die sich aber der Geschäftsführer nicht anschaute.

Am 11.Mai 1990 stellte der Kläger an die Beklagte eine Honorarnote für Beratungsleistungen in der Zeit von Juni 89 bis April 90 über 60.000 S zuzüglich 20 % Umsatzsteuer. Über den Gesamtbetrag von 72.000 S stellte der Kläger einen EDV-mäßigen Scheck aus, der keine Widmung enthielt. Zwischen 14.Mai und 16.Mai 1990 legte der Kläger den Scheck dem Geschäftsführer zur Unterfertigung vor. Dieser war gerade beim Telephonieren und unterfertigte den Scheck. Während eines Urlaubes, den der Kläger in der Zeit von 25.Mai bis 8.Juni 1990 konsumierte, fand eine Angestellte auf dem Schreibtisch des Klägers Lieferantenmahnungen und unbeantwortete Kundenbriefe, sowie die Honorarnote des Klägers vom 11.Mai 1990 und händigte diese Unterlagen der Gattin des Geschäftsführers aus. Nach der Rückkehr vom Urlaub wurden dem Kläger die vorgefundenen Mahnungen und unerledigte Kundenbriefe vorgehalten. Der Kläger bat, von einer Kündigung abzusehen und versprach Besserung. Ob bei diesem Gespräch auch die Honorarnote zur Sprache kam, steht nicht fest. Während der Sommermonate verschlechterte sich das Klima zwischen den Streitteilen. Die Beklagte stellte eine Buchhalterin an, die für die Nachfolge des Klägers vorgesehen war. Bei Durchsicht von Rechnungsordnern fand eine Anegstellte am 31.August 1990 je eine Consulting-Note des Klägers an zwei ausländische Tochterunternehmen der Beklagten über Beträge von 38.460 Schwedenkronen und 41.200 Dänische Kronen. Sie legte diese Rechnungen dem Geschäftsführer vor, der eine Zahlsperre in der EDV verfügte. Der Kläger entfernte die Zahlsperre und ließ sich zwei EDV-mäßige Schecks ausdrucken. Zur Auszahlung kam es jedoch nicht.

Am 12.Oktober 1990 erklärte der Geschäftsführer dem Kläger, daß er ab kommendem Montag nicht mehr benötigt werde und zu Hause bleiben könne. Der Kläger ersuchte darauf um Bewilligung eines Urlaubes vom 15. Oktober bis 25.Oktober 1990, wozu der Geschäftsführer seine Zustimmung gab. Die Beklagte richtete am 23.Oktober 1990 an den Kläger folgendes Schreiben:

"Wir erlauben uns hiemit, das mit Ihnen eingegangene Dienstverhältnis der Ordnung halber nochmals schriftlich zum 31.12.1990 zu kündigen. Der Ihnen noch zustehende Urlaub im Ausmaß von 248,5 Stunden ist während der Kündigungsfrist zu konsumieren. Die restliche Zeit stellen wir Sie vom Dienst frei .....".

Auf Ersuchen des Klägers stellte die Beklagte in der Folge dem Kläger ein Dienstzeugnis aus, in dem sie die einvernehmliche Beendigung des Dienstverhältnisses bestätigte. Dem Kläger wurden mit der laufenden Gehaltsauszahlung nie Überstunden abgegolten. Diese machte der Kläger erstmals mit dem anläßlich der Aussprache am 29.Oktober 1990 übergebenen Schreiben geltend.

Der Kläger begehrte die Zahlung von 340.792,29 S. In der Zeit von 5. Juni 1989 bis 12.Oktober 1990 habe er zahlreiche Überstunden geleistet, die nicht entlohnt worden seien. Hieraus resultiere eine Forderung von 60.576,91 S. An Urlaubsentschädigung gebühre ihm (unter Berücksichtigung eines offenen Urlaubsrestes von 47 Tagen und unter Einbeziehung auch der Überstunden in die Berechnungsgrundlage) ein Betrag von 130.215,38 S; der Verbrauch des Urlaubes während der Dienstfreistellung sei nicht zumutbar gewesen. Zwischen den Streitteilen sei eine Erfolgsprämie von 300.000 S vereinbart worden. Hievon sei ein Betrag von 150.000 S gezahlt worden. Der Restbetrag von 150.000 S hafte unberichtigt aus.

Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage. Zwischen den Streitteilen sei vereinbart worden, daß mit dem weit überdurchschnittlichen Grundgehalt des Klägers auch die Überstunden abgegolten sein sollten. Die Zahlung einer Erfolgsprämie sei nicht vereinbart worden. Der Urlaub sei während der Dienstfreistellung zu verbrauchen gewesen, so daß dem Kläger auch aus dem Titel der Urlaubsentschädigung keine Forderung zustehe. Der Kläger habe sich einen Betrag von 150.000 S zu Unrecht aus dem Vermögen der Beklagten verschafft; dieser Betrag sei listig entzogen worden, so daß auch ein gutgläubiger Verbrauch ausscheide. Er habe der Beklagten diesen Betrag zurückzuerstatten; diese Forderung werde aufrechnungsweise gegen die Klagsforderung geltend gemacht.

Das Erstgericht sprach aus, daß die Klagsforderung mit 83.012,82 S zu Recht, die Gegenforderung hingegen nicht zu Recht bestehe und erkannte daher die Beklagte schuldig, dem Kläger 83.012,82 S brutto sA zu zahlen. Das Mehrbegehren wies es ab.

Die geleisteten Überstunden seien durch den Grundgehalt abgegolten. Da zwischen den Streitteilen die Zahlung einer Erfolgsprämie an den Kläger nicht vereinbart worden sei, bestehe aus diesem Titel kein Anspruch. Berechtigung komme hingegen dem Begehren des Klägers auf Zahlung der Urlaubsentschädigung zu; die im Kündigungsschreiben enthaltene Aufforderung, den Urlaub in der Kündigungsfrist zu verbrauchen, sei nicht einmal als bestimmtes Urlaubsanbot zu qualifizieren. Im Hinblick auf die Urlaubsvereinbarung für die Zeit vom 15.Oktober bis 25.Oktober 1990 bestehe Anspruch auf Urlaubsentschädigung nur für 37 Werktage. Die Höhe der Urlaubsentschädigung sei vom vereinbarten Bruttogehalt zu bemessen, weil Anspruch auf Überstundenentlohnung nicht bestehe. Die eingewendete Gegenforderung bestehe nicht zu Recht, weil der Kläger die ihm ausgezahlten Mehrbeträge gutgläubig verbraucht habe.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge; der Berufung der Beklagten gab es hingegen Folge. Unter Einbeziehung des bestätigenden Teiles des Ersturteiles sprach es aus, daß die Klageforderung mit 83.012,82 S zu Recht, und die Gegenforderung der Beklagten bis zur Höhe der Klageforderung zu Recht bestehe, und wies daher das Klagebegehren zur Gänze ab.

Es verneinte die gerügten Verfahrensmängel, traf nach ergänzender Beweisaufnahme zusätzliche Feststellungen darüber, wie der Kläger den Betrag von 150.000 S verwendete, trat der Beweiswürdigung des Erstgerichtes im übrigen bei und billigte auch die rechtliche Beurteilung des Erstgerichtes bezüglich der Klageforderung. Danach habe der Kläger weder Anspruch auf Überstundenentgelt noch Zahlung von 150.000 S aus dem Titel der Erfolgsprämie. Der Rechtsrüge der Beklagten komme hingegen Berechtigung zu. Die Rechtsprechung vertrete den Grundsatz, daß zu Unrecht ausbezahlte Dienstbezüge dann nicht zurückgefordert werden können, wenn ihnen Unterhaltscharakter zukomme, und sie der Arbeitnehmer in gutem Glauben empfangen und verbraucht habe. Diese Spruchpraxis sei zuletzt nicht auf Unterhaltsleistungen im eigentlichen Sinn beschränkt, sondern auch dann angewendet worden, wenn die irrtümlich erbrachte Leistung ohne Rücksicht auf die rechtliche Konstruktion wirtschaftlich gesehen die Funktion gehabt habe, dem Lebensunterhalt des Empfängers zu dienen. In einem solchen Fall könne bei gutgläubigem Verbrauch des Mehrbezuges nicht mehr von einer echten Bereicherung des Arbeitnehmers gesprochen werden, weshalb ein Rückforderungsanspruch des Arbeitgebers nach § 1437 ABGB ausscheide. Im vorliegenden Fall sei die vom Kläger zu Unrecht bezogene "Erfolgsprämie" von insgesamt 150.000 S im Hinblick auf die Höhe seines Gehaltes auch unter Berücksichtigung seiner Sorgepflichten nicht mehr zur Abdeckung seines Unterhaltes und des Unterhaltes seiner Familie erforderlich gewesen. Der Betrag habe vielmehr der Vermögensbildung gedient. Dies ergebe sich auch aus den (vom Berufungsgericht) ergänzend getroffenen Feststellungen, daß der Kläger diesen Betrag zum Teil zur Abdeckung von Schulden aus dem Bau eines Hauses verwendet, und zum Teil auf einem Konto deponiert und erst später zur Abdeckung des Sollstandes auf einem anderen Konto verwendet habe. Die Grundsätze des Jud 33 stünden daher dem Rückforderungsanspruch nicht entgegen. Soweit der Kläger in der Berufungsbeantwortung darauf verwiesen habe, daß eine Aufrechnung gegen die Urlaubsentschädigung nach § 11 UrlG nicht möglich sei, mache er unzulässige Neuerungen geltend. Im übrigen stehe diese Bestimmung der Geltendmachung der Gegenforderung nicht entgegen, weil der Rückforderungsanspruch aus demselben Arbeitsverhältnis wie das Begehren auf Urlaubsentschädigung entspringe.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers aus den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß ihm ein Betrag von 313.086,89 S zuerkannt, die Gegenforderung hingegen nicht für berechtigt erkannt werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Da die Neudurchführung der Verhandlung vor dem Berufungsgericht gemäß § 25 Abs 7 Z 3 ArbGG nicht in das ASGG übernommen wurde, so daß Mängel des Verfahrens erster Intanz nicht mehr auch solche des Berufungsverfahrens sind, ist der im allgemeinen zivilgerichtlichen Verfahren geltende Grundsatz, daß Mängel des Verfahrens erster Instanz nicht mehr mit Revision geltend gemacht werden können, auch im Verfahren in Arbeitsrechtssachen anzuwenden (SZ 62/157). Daß das Erstgericht die vom Kläger als Zeugen geführten Bankangestellten nicht über die näheren Umstände der Besprechungen über die Umschuldung der Beklagten fragte und den von diesen geltend gemachten Aussageverweigerungsgrund (Berufung auf das Bankgeheimnis) anerkannte, war bereits Gegenstand der Mängelrüge der Berufung. Das Berufungsgericht hat sich mit diesen Ausführungen auseinandergesetzt; es ist zum Ergebnis gelangt, daß das Vorgehen des Erstgerichtes keinen Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens begründe. Diese Frage kann daher im Revisionsverfahren nicht mehr überprüft werden. Soweit das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang einen Feststellungsmangel verneinte, sind seine Ausführungen zutreffend. Selbst wenn die Umstände, zu deren Nachweis die Zeugen geführt wurden, im Sinne der Behauptungen des Klägers erwiesen würden, wäre für seinen Standpunkt nichts gewonnen. Selbst wenn der Kläger bei diesen Verhandlungen ein besonders günstiges Ergebnis für die Beklagte erzielt hätte, könnte dies den Anspruch auf die Erfolgsprämie nicht begründen. Ein solcher Anspruch könnte sich nur aus einer entsprechenden Vereinbarung zwischen den Streitteilen ergeben. Nach den bindenden Feststellungen der Vorinstanzen ist jedoch eine solche Vereinbarung nicht erwiesen.

Das Berufungsgericht hat sich mit der Beweisrüge in der Berufung des Klägers ausführlich auseinandergesetzt und begründet, warum es die Beweiswürdigung des Erstgerichtes für unbedenklich hielt. Es trifft nicht zu, daß das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang Berufungsausführungen des Klägers unbeachtet gelassen hätte. Auch in diesem Punkt liegt kein Verfahrensmangel vor.

Auch die Rechtsrüge ist im Ergebnis nicht begründet.

Nach der auf das Judikat 33 (SZ 11/86 = Arb 3893) zurückgehenden, auch in der Lehre gebilligten Judikatur können zu Unrecht gezahlte Dienstbezüge - sofern ihnen Unterhaltscharakter zukommt - dann nicht zurückgefordert werden, wenn sie der Arbeitnehmer im guten Glauben empfangen und verbraucht hat (Arb 10.476 mwH). Primäre Voraussetzung ist, daß der Arbeitnehmer die Beträge gutgläubig empfangen hat; erst wenn dies zutrifft, ist zu prüfen, ob den Zahlungen Unterhaltscharakter zukommt. Mangelnde Gutgläubigkeit beim Empfang der zu Unrecht gezahlten Beträge steht der Anwendung der Grundsätze des Jud 33 und der auf diese Entscheidung aufbauenden Judikatur in jedem Fall entgegen.

Dem Kläger ist der Nachweis für seine Prozeßbehauptung, daß ihm der Geschäftsführer die Gewährung der Erfolgsprämie zugesagt hat, nicht gelungen. Erwiesen ist aber auch nicht, daß der Kläger aus guten Gründen der Meinung war, die Vereinbarung sei zustande gekommen. Die Beweisergebnisse deuten im Gegenteil darauf hin, daß dem Kläger sogar klar war, daß ihm ein entsprechender Anspruch nicht zustand. Das zeigt deutlich seine Vorgangsweise bei der Auszahlung der beiden Beträge von 90.000 S bzw. 60.000 S. Er selbst veranlaßte die Auszahlung an sich. Dabei führte er in den von ihm verfaßten Belegen nicht die jetzt behauptete Erfolgsprämie, sondern andere Anspruchsgründe an, für die das Verfahren keinerlei Grundlage ergab. Die Anweisung einer Gehaltsdifferenz von je 5.000 S für Jänner bis März 1990 widersprach der mit dem Geschäftsführer der Beklagten getroffenen Vereinbarung, der einer Gehaltserhöhung erst mit Wirkung ab 1.April 1990 zugestimmt hatte. Auch der Kläger behauptete nicht, daß der Verrechnung in der durchgeführten Weise eine Vereinbarung mit der Beklagten zugrunde gelegen wäre. Die Auszahlungsanweisungen unterschob er geradezu dem Geschäftsführer zur Unterschrift. Dies zeigt, daß dem Kläger bewußt war, daß ihm aus dem Titel einer Erfolgsprämie gegen die Beklagte kein Anspruch zustand. Andernfalls wäre es unverständlich, daß er nicht die von ihm behauptete Vereinbarung als Zahlungsgrund in die Belege aufnahm. Der Kläger war daher bei Empfang der fraglichen Beträge nicht gutgläubig, so daß die Voraussetzungen für den Ausschluß der Rückforderung im Sinne des Jud 33 nicht vorliegen.

Beizutreten ist dem Revisionswerber, soweit er geltend macht, daß er sich in der Berufungsbeantwortung zulässigerweise auf § 11 UrlG berufen habe und dies keine unzulässige Neuerung sei. Der Kläger hat die von der Beklagten erhobene Gegenforderung allgemein und nicht unter Berufung auf bestimmte Rechtsgründe bestritten. Die Vorinstanzen hatten daher alle Anspruchsgrundlagen zu prüfen. Da Gegenstand der von den Vorinstanzen für berechtigt erkannten Forderung des Klägers eine Urlaubsentschädigung war, hatten sie bei der Prüfung der Berechtigung der Gegenforderung auch § 11 UrlG zu beachten. Hieraus ist aber für den Kläger letztlich nichts gewonnen.

Gemäß § 11 UrlG, der im vorliegenden Fall noch anzuwenden ist (Art XXXIV Abs 1 EO-Nov 1991) sind das Urlaubsentgelt, die Urlaubsentschädigung und die Urlaubsabfindung der Exekution entzogen, sofern sie nicht Unterhaltsansprüche betrifft. Gemäß § 293 Abs 3 EO ist die Aufrechnung gegen den der Exekution entzogenen Teil einer Forderung, abgesehen von den Fällen, in denen nach bereits bestehenden Vorschriften Abzüge ohne Beschränkung auf den der Exekution unterliegenden Teil gestattet sind, nur zulässig zur Einbringung eines Vorschusses, einer im rechtlichen Zusammenhang stehenden Gegenforderung oder einer Schadenersatzforderung, wenn der Schade vorsätzlich (bis 1.März 1992 "absichtlich") zugefügt wurde. Soweit nach dieser Bestimmung die Aufrechnung nicht zulässig ist, kommt auch eine Tilgung der Forderung des Arbeitnehmers durch eine einredeweise geltend gemachte Gegenforderung nicht in Frage (SZ 56/70), weil andernfalls der Pfändungsschutz umgangen würde. Wie oben dargestellt wurde, war dem Kläger nach den Feststellungen bewußt, daß ihm eine Erfolgsprämie nicht zustand. Daß eine Grundlage für einen Anspruch unter den in den Auszahlungsbestätigungen angeführten Titeln bestanden hätte, hat der Kläger im Verfahren gar nicht vorgebracht. Wenn er aber im Bewußtsein, daß ihm nach dem Dienstvertrag kein Recht auf die Zahlungen zustand, die Auszahlungsbelege verfaßte, diese dem Geschäftsführer zur Unterschrift unterschob und sich die Zahlung zueignete, hat er damit die Beklagte vorsätzlich geschädigt. § 11 UrlG steht daher im vorliegenden Fall der Abweisung des Klagebegehrens ungeachtet der Bejahung des Anspruches auf die Urlaubsentschädigung wegen der berechtigten Gegenforderung nicht entgegen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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