Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Rechtssache zur Ergänzung des Verfahrens und zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die Beklagte ist seit 1.7.1985 Hausbesorgerin des Hauses Wien 18., Schopenhauerstraße 53, und bewohnt eine in diesem Haus gelegene Dienstwohnung. Am 2.11.1987 kündigte die klagende Partei das Hausbesorgerdienstverhältnis zum 31.12.1987 auf und beantragte, der Beklagten aufzutragen, die Dienstwohnung binnen 14 Tagen nach Beendigung des Dienstverhältnisses zu übergeben. Die Beklagte habe ihre Hausbesorgerobliegenheiten gröblichst vernachlässigt; sie habe die Stiegenhäuser, Gänge, den Müllraum und die Waschküche seit längerer Zeit weder gekehrt noch gewaschen noch überhaupt auf irgendeine Art gereinigt, die Fenster sämtlicher allgemeiner Teile des Hauses völlig verschmutzen lassen, die Gehsteige nicht gekehrt und die Grünanlagen vernachlässigt. Darüber hinaus sei sie bei angekündigten Überprüfungsarbeiten der Aufzugsanlagen entgegen ihrer vertraglich übernommenen Verpflichtung nicht anwesend gewesen, habe die ihr übergebenen, zur Verteilung an die Mieter bestimmten Zahlscheine nicht ausgegeben und auch die Haushaltslisten verspätet ausgefolgt. Auf mehrere schriftliche Verwarnungen habe die Beklagte nicht reagiert.
Die Beklagte erhob Einwendungen gegen die Kündigung. Das Haus sei in jeder Woche gekehrt und gewaschen worden. Wenn sie selbst verhindert gewesen sei, habe eine Freundin diese Arbeiten verrichtet. Die Haushaltslisten seien nicht verspätet ausgegeben worden.
Das Erstgericht sprach aus, daß die Kündigung rechtswirksam sei, und verpflichtete die Beklagte zur Übergabe der Dienstwohnung im Sinn des Begehrens der klagenden Partei. Dabei legte es seiner Entscheidung im wesentlichen nachstehenden Sachverhalt zugrunde:
Nachdem die Beklagte ihren Verpflichtungen im ersten Jahr ihrer Tätigkeit ordnungsgemäß nachgekommen war, ließ ihre Arbeitsleistung im folgenden sukzessive nach. Die Reinigung des Stiegenhauses erfolgte nur unregelmäßig, zuletzt nur mehr alle 3 bis 4 Wochen; das Haus machte keinen sauberen Eindruck. Ein in der - nicht von allen Hausbewohnern benützten - Waschküche befindlicher Tisch und eine Bank waren so schmutzig, daß man die Wäsche dort nicht ablegen konnte. Zwischen den Leitungen befanden sich Spinnweben. Die Zählerkästen wurden nicht gereinigt; bis Oktober 1987 waren sie sehr schmutzig. Im Hausflur befanden sich Spinnweben. Im Winter 1986/87 war der Hof, in dem sich die Garagenabstellplätze befinden, nicht gekehrt. Die Abrechnung der Waschmarken, deren Verwaltung der Beklagten oblag, wurde von ihr ordnungsgemäß erledigt. Dazu führte das Erstgericht aus, daß die Beklagte ihren ihr nach dem Hausbesorgerdienstvertrag obliegenden Verpflichtungen nicht nachgekommen sei; dies erfülle einen Kündigungstatbestand. In der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung führte die Beklagte, die im gesamten Verfahren erster Instanz nicht vertreten war, unter anderem aus, daß sie während mehrerer Monate vor Ausspruch der Kündigung krankheitsbedingt außerstande gewesen sei, die Arbeiten zu verrichten. Sie habe für eine Vertretung gesorgt, die die Arbeiten durchgeführt habe.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge. Es stellte ergänzend den Inhalt eines vom Hausverwalter am 24.9.1987 an die Beklagte gerichteten Schreibens fest, in dem dieser die Tätigkeit der Beklagten unter Anführung näherer Einzelheiten beanstandete und darauf hinwies, daß er das Dienstverhältnis bei weiterer Verletzung der Obliegenheiten beenden müßte; weiters traf das Berufungsgericht die Feststellung, daß der Hausverwalter bei einer Kontrolle am 7.10.1987 eine weitere Verschlechterung des Zustandes des Hauses festgestellt habe. Im übrigen übernahm es die oben dargestellten Feststellungen des Erstgerichtes und führte aus, daß die Vernachlässigung der Reinigungspflichten durch die Beklagte den Kündigungstatbestand nach § 18 Abs 6 lit c HBG erfülle. Die Beklagte sei bereits im September verwarnt worden. Wenn auch die Kündigung erst einige Wochen nach dem Zeitpunkt ausgesprochen worden sei, zu dem der Hausverwalter festgestellt habe, daß die Beklagte die Hausbesorgerarbeiten nach wie vor nicht ausführe, so sei sie dennoch nicht verspätet erfolgt, zumal aus dem Verstreichen dieses kurzen Zeitraumes nicht auf einen Verzicht auf die Geltendmachung des Kündigungsrechtes geschlossen werden könne. Soweit die Beklagte geltend mache, daß sie wegen Krankheit nicht in der Lage gewesen sei, die Arbeiten ordnungsgemäß zu verrichten, gehe sie nicht von den Urteilsfeststellungen aus; die Rechtsrüge sei in diesem Umfang nicht gesetzmäßig ausgeführt.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beklagten aus den Revisionsgründen der Aktenwidrigkeit, der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinn einer Klageabweisung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die klagende Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist im Sinn des Eventualantrages berechtigt. Der gerügte Verfahrensmangel liegt vor. Die Beklagte hat im Verfahren vor dem Erstgericht dem Begehren der klagenden Partei lediglich die Behauptung entgegengesetzt, daß sie die Arbeiten ordnungsgemäß verrichtet habe. Bei dem in der Berufung erstmalig erstatteten Vorbringen, sie sei wegen Krankheit nicht in der Lage gewesen, die Arbeiten ordnungsgemäß zu besorgen, sie habe für eine Vertretung gesorgt, sei jedoch aus gesundheitlichen Gründen außerstande gewesen, die Arbeiten dieser Vertreterin entsprechend zu kontrollieren, handelt es sich um Neuerungen. Die Erstattung neuen Vorbringens im Berufungsverfahren war gemäß § 63 Abs 1 ASGG zulässig, weil die Beklagte in keiner Lage des Verfahrens erster Instanz qualifziert (§ 40 Abs 1 ASGG) vertreten war. Als Beweis für dieses Vorbringen bot die Beklagte ihre Vernehmung als Partei an. Wenn die Beklagte auch im Verfahren vor dem Erstgericht der Ladung zur Parteienvernehmung nicht Folge geleistet hatte, wäre das Berufungsgericht jedenfalls verpflichtet gewesen, diesen Beweis zur Prüfung des neu erstatteten Vorbringens aufzunehmen, zumal der Nachweis des neu behaupteten Sachverhaltes von wesentlichem Einfluß auf das Verfahrensergebnis sein könnte. Die Unterlassung der Prüfung dieser relevanten Tatsachenbehauptungen der Beklagten begründet einen Verfahrensmangel. Da die angefochtene Entscheidung bereits aus diesem Grund aufzuheben war, erübrigt es sich vorerst, auf die weiteren Ausführungen der Revision einzugehen.
Der Kostenvorbehalt stützt sich auf § 52 ZPO.
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