Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 17.515,80 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 2.919,30 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Beklagte ist seit Anfang 1957 als niedergelassener Augenfacharzt Vertragspartner der Salzburger Gebietskrankenkasse. Im Jahre 1958 wurde im Krankenhaus Zell am See, dessen Rechtsträger die klagende Partei ist, eine Augenstation installiert, zu deren Leiter der Beklagte bestellt wurde. Im Jahre 1972 wurde aus der Augenstation eine Augenabteilung, in deren Rahmen ab 1. April 1974 eine Sehschule eröffnet wurde. Der Beklagte ist auf Grund eines Sonderdienstvertrages nach dem Salzburger Gemeindevertragsbedienstetengesetz Leiter der Augenabteilung. Zur Sehschulbehandlung war eine ärztliche Zuweisung erforderlich. Am 31. Oktober 1977 schloß die klagende Partei mit dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger einen Ambulanzvertrag, der im Verhältnis zwischen der klagenden Partei und der Salzburger Gebietskrankenkasse auch auf die Sehschule anzuwenden ist.
Die hier wesentlichen Bestimmungen dieses Vertrages haben folgenden Wortlaut:
" § 3
Umfang des Vertrages
Versicherte, die einer Aufnahme in Anstaltspflege nicht bedürfen, sind in den Anstaltsambulatorien zu untersuchen und zu behandeln, wenn es gemäß § 32 Abs 1 KAO 1975
- a) zur Leistung Erster ärztlicher Hilfe;
- b) zur Behandlung nach Erster ärztlicher Hilfe oder Fortsetzung einer in der Krankenanstalt erfolgten
Pflege, die im Interesse des Behandelnden in der
selben Krankenanstalt durchgeführt werden muß;
c) zur Anwendung von Untersuchungsund Behandlungsmethoden mit solchen Behelfen, die außerhalb der Anstalt in angemessener Entfernung vom Wohnort des Patienten nicht in geeigneter Weise oder nur in unzureichendem Ausmaß zur Verfügung stehen; d) zur Befunderhebung vor Aufnahme in die Anstaltspflege oder
e) im Zusammenhang mit Organ- oder Blutspenden notwendig ist.
§ 4
Kostenübernahme
(1) Die ambulatorischen Untersuchungen und Behandlungen erfolgen auf Kosten des Versicherungsträgers
a) bei Inanspruchnahme der Ambulanzleistungen nach § 3 lit a und b auf Grund eines von der Anstalt auszustellenden und bei Zutreffen der Voraussetzungen vom Versicherungsträger zu bestätigenden Ambulanzscheines,
b) wenn der Versicherte zur Inanspruchnahme von Ambulanzleistungen nach § 3 lit c bis e durch praktische Vertragsärzte oder Vertragsfachärzte, auch derselben Fachgebiete, zugewiesen wird.
(2) Bei Zuweisungen nach Abs 1 lit b bedarf es vor der Inanspruchnahme der chefärztlichen Genehmigung. In medizinisch begründeten Fällen kann diese Genehmigung nachträglich eingeholt werden.
(3) Die Inanspruchnahme der Sehschule erfolgt auf Grund einer schriftlichen vertragsärztlichen Zuweisung und vorheriger chefärztlicher Genehmigung. Geht die Notwendigkeit der ambulatorischen Untersuchung oder Behandlung aus der Diagnose nicht hervor, ist die Zuweisung kurz zu begründen.
........
§ 5
Ambulanzgebühr
(1) Für alle von der Anstalt gemäß § 3 erbrachten
Ambulanzleistungen ist pauschaliert pro Patient und
Kalendervierteljahr eine Ambulanzgebühr zu entrichten; die Höhe
dieser Gebühr wird im Anhang zu diesem Vertrag geregelt.
........
§ 10
Schlichtung und Entscheidung von Streitigkeiten
Bei allen Streitigkeiten aus diesem Vertrag soll zunächst durch
unmittelbare Fühlungnahme eine einvernehmliche Regelung angestrebt
werden. Kann keine Einigung erzielt werden, entscheidet gemäß
§ 63 Abs 2 KAO 1975 eine Schiedskommission über die Streitfrage.
........"
Eine Sonderregelung für Sehschulbehandlungen (§ 4 Abs 3 des Ambulanzvertrages) wurde nur in diesem Ambulanzvertrag getroffen. Die vertraglich vorgesehene vorherige Genehmigung der Sehschuluntersuchung und -behandlung wurde von der Salzburger Gebietskrankenkasse dann allerdings nicht verlangt; die Genehmigung wurde im nachhinein durch den Vertrauensarzt der Salzburger Gebietskrankenkasse in Zell am See erteilt, der an einem Vormittag pro Woche in Mittersill und Saalfelden und an den übrigen Vormittagen in Zell am See zu erreichen ist. Ab etwa Anfang 1985 führte die Salzburger Gebietskrankenkasse generell die chefärztliche Vorgenehmigung von ambulanten Untersuchungen und Behandlungen wieder ein und bestand auch gegenüber der klagenden Partei auf der chefärztlichen Vorgenehmigung von Behandlungen und Untersuchungen in der Sehschule. Dem Beklagten wurde der Ambulanzvertrag erstmals am 10. Oktober 1984 zur Kenntnis gebracht. Mit Schreiben vom 10. Dezember 1984 wies die klagende Partei den Beklagten an, § 4 des Ambulanzvertrages zu beachten, wonach vor einer ambulanten Leistung - ausgenommen die unabweisbaren Fälle - die chefärztliche Genehmigung einzuholen sei. Der Beklagte vertrat die Auffassung, daß er zur Behandlung von Patienten, die mit einer Zuweisung ohne chefärztliche Vorgenehmigung zur Sehschule kommen, verpflichtet sei und veranlaßte deren Untersuchung und Behandlung. Das Verlangen nach einer chefärztlichen Vorgenehmigung der ambulanten Untersuchungen und Behandlungen wurde seitens der Salzburger Gebietskrankenkasse in der Folge nur mehr für die Sehschule des Krankenhauses Zell am See aufrecht erhalten; im übrigen Bundesgebiet ist eine derartige Vorgenehmigung von Sehschulbehandlungen nicht üblich. Der Bürgermeister der klagenden Partei, der von der Salzburger Gebietskrankenkasse darauf aufmerksam gemacht worden war, daß in der Sehschule und der Augenambulanz des Krankenhauses Zell am See Leistungen erbracht worden seien, die von der Salzburger Gebietskrankenkasse nicht honoriert würden, forderte den Beklagten mit Schreiben vom 1. Juli 1985 auf, Leistungen ausschließlich in Entsprechung des Ambulanzvertrages vorzunehmen, weil dem Krankenhaus ansonsten ein finanzieller Schaden erwachse. Am 5. Juli 1985 wurde vom Kontrollarzt der Salzburger Gebietskrankenkasse die Kostenübernahme für 558 Ambulanzscheine der Sehschule und 89 Ambulanzscheine der Augenambulanz mit dem Bemerken "keine ausreichende Begründung für die Überweisung an die Ambulanz" abgelehnt. Der Grund hiefür lag in der Nichteinhaltung der Bestimmung des Ambulanzvertrages über die vorherige chefärztliche Genehmigung. Wegen der Verweigerung der Honorierung bis einschließlich des dritten Quartals 1985 rief die klagende Partei die Schiedskommission an und einigte sich schließlich mit Vergleich vom 21. Mai 1987 dahin, daß die nicht honorierten Scheine aus der Augenambulanz zu 80 % und die aus der Sehschule zu 50 % honoriert wurden. Die Schiedskommission vertrat die Ansicht, daß zur Beurteilung der Notwendigkeit der Sehschuluntersuchung und -behandlung jeder nicht honorierte Schein von zwei Sachverständigen aus dem Fach der Augenheilkunde überprüft werden müsse, wofür der klagenden Partei Sachverständigenkosten von S 200,-- pro Schein entstünden. Bezüglich der Scheine ab dem vierten Quartal 1985 erklärte die Salzburger Gebietskrankenkasse, ab diesem Quartal überhaupt keine nicht chefärztlich vorgenehmigten ambulanten Leistungen mehr zu honorieren. Mit einem an alle Vertragsärzte im Einzugsbereich der Sehschule gerichteten Rundschreiben vom 7. November 1985 teilten die Salzburger Gebietskrankenkasse und die klagende Partei mit, daß die ärztliche Versorgung primär den niedergelassenen Ärzten und Fachärzten obliege und die Inanspruchnahme der Sehschule nur in jenen Fällen erfolgen solle, in denen die Notwendigkeit einer Sehschulbehandlung bereits diagnostisch geklärt sei. Im wesentlichen treffe das auf bereits diagnostiziertes Schielen zu; alle Formen von
Heterophorien - latentes Schielen - müßten zur Abklärung vorerst einem Augenfacharzt zugewiesen werden, dem die Entscheidung über die weiteren medizinischen Maßnahmen obliege. Die Inanspruchnahme der Sehschule des Krankenhauses Zell am See durch Versicherte der Salzburger Gebietskrankenkasse bedürfe ausnahmslos der ärztlichen Zuweisung und der vorherigen chef- bzw. vertrauensärztlichen Bewilligung. Mangels vorheriger chefärztlicher Bewilligung wurden im gesamten vierten Quartal 1985 620 und im Jahre 1986 2097 Ambulanzscheine über in der Sehschule durchgeführte Untersuchungen und Behandlungen von der Salzburger Gebietskrankenkasse nicht honoriert. Es handelte sich durchwegs nicht um dringende Fälle, sondern um Fälle im Sinne des § 3 lit c des Ambulanzvertrages. Die Zuweisung erfolgte durch Vertragsärzte der Gebietskrankenkasse. Die Ambulanzgebühr für die Sehschule betrug im Jahre 1985 S 338,--, im Jahre 1986 S 356,--.
Der Pinzgauer Vertrauensarzt der Salzburger Gebietskrankenkasse lehnte ab dem Jahr 1985 die nachträgliche Genehmigung von Sehschuluntersuchungen und Sehschulbehandlungen ab. Die vorherige Genehmigung wurde vom Vertrauensarzt bei Diagnosen des zuweisenden Arztes verweigert, die aus seiner Sicht die Notwendigkeit einer Sehschulbehandlung nicht indizierten. Diese Fälle und auch Fälle, in denen dem Vertrauensarzt die Diagnose zur Beurteilung der Notwendigkeit der Sehschulbehandlung unzureichend erschien, wurden von ihm einem Augenfacharzt zugewiesen. Durch die Änderung der Genehmigungspraxis und die Abnahme der Zuweisungen an die Sehschule hat sich die Patientenstruktur der Sehschule, was die Kassenzugehörigkeit betrifft, verändert und ist die Zahl der Untersuchungen und Behandlungen stark zurückgegangen. Seit Anfang 1987 beachtet der Beklagte das Erfordernis der vorherigen chefärztlichen Genehmigung.
Die klagende Partei begehrte vom Beklagten S 573.655,20 s.A. aus dem Titel des Schadenersatzes. Die Geltendmachung angeblicher Ansprüche gegen die Salzburger Gebietskrankenkasse sei der klagenden Partei nicht zumutbar gewesen.
Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wandte insbesondere ein, daß er wegen des gesetzlichen Anspruches der Patienten zur Behandlung verpflichtet gewesen sei. Auf dieser Grundlage hätte die klagende Partei ihre Ansprüche gegen die Salzburger Gebietskrankenkasse durchsetzen können.
Das Erstgericht gab der Klage statt und vertrat die Rechtsauffassung, infolge Nichteinhaltung der Bestimmung über die vorherige chefärztliche Genehmigung sei die klagende Partei in dem im Vertrag vorgesehenen Schiedsverfahren nach § 63 KAO für die Notwendigkeit der Sehschulbehandlungen und -untersuchungen in jedem Einzelfall beweispflichtig gewesen. Dieser Beweis sei nur mit einem hohen Aufwand an Sachverständigengebühren zu führen gewesen, der im Fall des Obsiegens der klagenden Partei nicht vom Gegner zu ersetzen gewesen wäre. Die Führung eines derartigen Verfahrens sei der klagenden Partei nicht zumutbar. Der Beklagte habe sich bewußt über die Weisungen seines Arbeitgebers hinweggesetzt und dadurch in vorhersehbarer Weise die Verweigerung der Honorierung der erbrachten Ambulanzleistungen herbeigeführt.
Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil im Sinn einer Abweisung des Klagebegehrens ab. Es vertrat die Rechtsauffassung, daß die Kostenersatzpflicht des Krankenversicherungsträgers ausschließlich von der Notwendigkeit der Krankenbehandlung abhänge. Der chefärztlichen Genehmigung komme eine bloße Prüfungs- und Kontrollfunktion zu. Die Nichteinholung der vorigen Genehmigung führe daher nicht zum Verlust des Honoraranspruches der klagenden Partei gegenüber der Salzburger Gebietskrankenkasse; die klagende Partei habe lediglich die Notwendigkeit der Behandlung zu beweisen. Da feststehe, daß die Honorierung der Ambulanzscheine nur wegen der Nichteinhaltung der Bestimmungen des Ambulanzvertrages über die vorherige chefärztliche Genehmigung unterblieben sei, hätte die klagende Partei ihren Honoraranspruch gegen die Salzburger Gebietskrankenkasse im Rechtsweg durchsetzen müssen, in dem der Unterliegende gemäß § 41 ZPO kostenersatzpflichtig sei. Wegen Verletzung der ihr obliegenden Rettungspflicht stehe der klagenden Partei ein Ersatzanspruch gegen den Beklagten nicht zu. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der klagenden Partei aus dem Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Wiederherstellung des Ersturteils abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die behauptete Aktenwidrigkeit liegt nicht vor
Zu Unrecht wendet sich der Revisionswerber auch gegen die
rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes.
In der Krankenversicherung ist das Risiko "Krankheit" versichert, das in § 120 Abs 1 Z 1 ASVG als regelwidriger Körper- oder Geisteszustand definiert ist, der die Krankenbehandlung notwendig macht. Die Krankenbehandlung umfaßt gemäß § 133 Abs 1 ASVG ärztliche Hilfe, Heilmittel und Heilbehelfe. Die Krankenbehandlung muß gemäß § 133 Abs 2 ASVG ausreichend und zweckmäßig sein, sie darf jedoch das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Ärztliche Hilfe kann gemäß § 135 Abs 1 ASVG auch durch Ärzte in eigenen dafür ausgestatteten Einrichtungen bzw. Vertragseinrichtungen gewährt werden. Voraussetzung für die Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe ist gemäß § 135 Abs 3 ASVG lediglich die Vorlage eines Krankenscheines durch den Erkrankten. Nur die Abgabe von Heilmitteln oder Heilbehelfen für Rechnung der Krankenversicherungsträger darf gemäß § 350 Abs 1 Z 3 ASVG an das Vorliegen einer Abgabebewilligung durch den Chef- oder Kontrollarzt gebunden werden. Nach dem Gesetz hat der Versicherte daher gegenüber dem Krankenversicherungsträger Anspruch auf die notwendige Heilbehandlung; eine vorherige chef- oder kontrollärztliche Bewilligung ist im Gesetz nicht vorgesehen. Mit diesem gesetzlichen Anspruch des Versicherten auf Gewährung der notwendigen ärztlichen Behandlung gegen Vorlage eines Krankenscheines sind vertragliche Regelungen unvereinbar, die die Gewährung der erforderlichen ärztlichen Hilfe - bei sonstigem Verlust des Kostenersatzanspruches des die Behandlung vornehmenden Vertragspartners - an die vorherige Zustimmung des Chef- oder Kontrollarztes des Krankenversicherungsträgers binden. Dementsprechend sieht § 32 Abs 1 lit c der Salzburger KAO eine Pflicht der öffentlichen Krankenanstalten zur ambulanten Untersuchung und Behandlung vor, wenn es zur Anwendung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden mit solchen Behelfen, die außerhalb der Anstalt in angemessener Entfernung vom Wohnort des Patienten nicht in geeigneter Weise oder nur in unzureichendem Ausmaß zur Verfügung stehen, notwendig ist.
Auch aus dem Hinweis auf § 342 Abs 1 Z 6 ASVG ist für den
Standpunkt der Revisionswerberin nichts zu gewinnen. Abgesehen
davon, daß diese Bestimmung die Beziehungen zwischen den
Krankenversicherungsträgern und den freiberuflich tätigen Ärzten
regelt - die Vorschriften über die Beziehungen zu den öffentlichen
Krankenanstalten finden sich in den §§ 148 ff ASVG -, kann aus der
gesetzlich vorgesehenen Möglichkeit, die Zusammenarbeit der
Vertragsärzte mit dem beim Versicherungsträger eingerichteten
chef- und kontrollärztlichen Dienst zu regeln, nicht ein Recht der
Vertragspartner abgeleitet werden, das den am Vertragsabschluß nicht
beteiligten Versicherten gesetzlich zugesicherte Recht auf die
notwendige ärztliche Hilfe an weitere noch dazu konstitutive
Voraussetzungen zu binden. Ein derartiger Eingriff in die Rechte am
Vertragsabschluß nicht beteiligter Dritter ist im übrigen auch nicht
durch die von der Revisionswerberin mehrfach ins Treffen geführte
Privatautonomie der Vertragspartner gedeckt. Bei gesetzeskonformer
Auslegung kann die in § 4 Abs 3 des Ambulanzvertrages vorgesehene
vorherige chefärztliche Genehmigung daher keinesfalls als
anspruchsbegründende Bedingung gewertet werden, deren Nichterfüllung
zum Verlust des Kostenersatzanspruches gegenüber dem
Krankenversicherungsträger führt. Auch durch Krankenordnungen als
dem Gesetz nachrangige Gestaltungsmittel auf der Rechtsstufe einer
Verordnung (VfGHSlg. 3386) könnte der im Gesetz verankerte Anspruch
des Versicherten auf eine im Einzelfall ausreichende
Krankenbehandlung nicht eingeschränkt werden (vgl. Schrammel,
Veränderungen des Krankenbehandlungsanspruches durch
Vertragspartnerrecht? ZAS 1986 145 ff [146]). Dem zitierten
Erkenntnis ist im übrigen lediglich zu entnehmen, daß die Gewährung
von im Gesetz nicht vorgesehenen Mehrleistungen durch
Krankenordnungen in einer für die Versicherten bindenden Form an die
Zustimmung des Krankenversicherungsträgers gebunden werden kann. Der
Auffassung Binders (in Tomandl, SV-System, 2.2.3,
3. Ergänzungslieferung), daß die Gewährung besonderer
Behandlungs- und Untersuchungsmethoden (wie etwa
Röntgenuntersuchungen, kosmetische Behandlungen) - sofern sie sich
im Rahmen des im § 133 Abs 2 ASVG verankerten Anspruches auf
ausreichende und zweckmäßige Behandlung halten - durch
Krankenordnungen wirksam an die vorige Zustimmung des
Krankenversicherungsträgers gebunden werden kann, kann daher nicht beigepflichtet werden.
Aber auch wenn man eine derartige, den Versicherten mit zusätzlichen Behördenwegen belastende Bestimmung überhaupt für zulässig hält und sie als bloße Ordnungsvorschrift - zur Vermeidung von Streitigkeiten über die Notwendigkeit der Behandlungen der Sehschule - ansieht, gebietet es die Bedachtnahme auf den von einer chefärztlichen Genehmigung nicht abhängigen gesetzlichen Anspruch des Versicherten auf die notwendige ärztliche Hilfe und die Behandlungspflicht der öffentlichen Krankenanstalten, an die Nichteinhaltung dieser Vorschrift keine Sanktionen zu knüpfen, die die öffentlichen Krankenanstalten veranlassen könnten, auch bei offensichtlicher Notwendigkeit die ärztliche Hilfe wegen Nichtvorliegens der vom Versicherten einzuholenden chefärztlichen Genehmigung zu verweigern. Aus dieser Sicht eröffnet die Vertragsbestimmung für die Krankenanstalt lediglich die Möglichkeit, sich in Zweifelsfällen den Kostenersatz durch den Krankenversicherungsträger durch die vorherige chefärztliche Genehmigung zu sichern, ohne sich bei Weigerung des Versicherten, diese Genehmigung einzuholen, ihrer gesetzlich normierten Behandlungspflicht entziehen zu können. Die im Vertrag vorgesehene chefärztliche Genehmigung hat bei gesetzeskonformer Auslegung daher nur die Funktion, dem Einwand des Krankenversicherungsträgers vorzubeugen, die Behandlung sei mangels Vorliegens der in § 32 Abs 1 lit c KAO normierten Voraussetzungen nicht notwendig gewesen.
Geht man davon aus, daß die Zuweisung an die Sehschule durch Vertragsärzte der Salzburger Gebietskrankenkasse erfolgte, ist prima facie anzunehmen, daß die Behandlung in der Sehschule auch medizinisch geboten war; es wäre Sache des ersatzpflichtigen Krankenversicherungsträgers gewesen, in jedem einzelnen Fall zu behaupten und zu beweisen, daß die Diagnose samt einer allfälligen kurzen Begründung (siehe § 4 Abs 3 des Ambulanzvertrages) die Behandlung in der Sehschule nicht rechtfertigte, weil außerhalb der Anstalt und in angemessener Entfernung vom Wohnort des Patienten ausreichende andere Untersuchungs- und Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung stünden. Die Verweigerung der Honorierung durch den Krankenversicherungsträger ohne sachliche Begründung nur wegen Nichteinholung der chefärztlichen Genehmigung war daher rechtswidrig. Die klagende Partei hätte, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, ihre fälligen Honoraransprüche vor den ordentlichen Gerichten geltend machen können (vgl. RZ 1982/12 = KRSlg. 675). Wie der VfGH im Erkenntnis VfGHSlg. 7889 ausgesprochen hat, sind für ein Leistungsbegehren auf Zahlung von Pflegekostenersätzen durch eine Krankenkasse die ordentlichen Gerichte zuständig, soweit die Sache nicht durch ein besonderes Gesetz vor andere Behörden und Organe verwiesen ist. Eine derartige gesetzliche Zuweisung entspricht nur bei ausreichender Determination den Erfordernissen des Art. 18 Abs 1 B-VG. Die Bestimmung des § 63 der Salzburger KAO normiert nun die Zuständigkeit der Schiedskommission mit ausreichender Bestimmtheit nur bezüglich der in Absatz 1 dieser Vorschrift ausdrücklich genannten Angelegenheiten (Ausmaß der Pflegegebührenersätze und allfälliger Sondergebühren sowie der Dauer, für welche die Pflegegebührenersätze zu zahlen sind); bezüglich anderer Angelegenheiten bleibt es mangels hinreichend bestimmter gesetzlicher Verweisung gemäß § 1 JN bei der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte. Auch aus § 10 des Ambulanzvertrages läßt sich eine Schiedsvereinbarung bezüglich eines Leistungsbegehrens nicht ableiten, weil darin auf § 63 KAO Bezug genommen wird und lediglich von "Streitfragen" die Rede ist. Damit ist auch dem Argument der Revisionswerberin, ihr sei die Verfolgung ihres Anspruches gegen die Salzburger Gebietskrankenkasse unzumutbar gewesen, die Grundlage entzogen. Hat die klagende Partei aber die zumutbare Verfolgung ihres Anspruches gegen den Vertragspartner unterlassen, kann sie diese Forderung nicht im Regreßweg vom Beklagten hereinbringen, auch wenn dieser durch sein gegen die Weisungen der klagenden Partei verstoßendes Verhalten die Zahlungsunwilligkeit des Dritten herbeigeführt haben sollte, weil durch das Verhalten des Beklagten die Rechtsposition der klagenden Partei gegenüber der Salzburger Gebietskrankenkasse nicht berührt wurde und ihr daher ein Schaden im Sinne des § 1293 ABGB nicht entstanden ist. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, daß die klagende Partei nicht einmal behauptet hat, die von der Salzburger Gebietskrankenkasse nicht honorierten Untersuchungen und Behandlungen seien nicht im Sinne des § 32 Abs 1 lit c der Salzburger KAO notwendig gewesen.
Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
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