OGH 9ObA84/06b

OGH9ObA84/06b28.3.2007

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Harald Kaszanits und Alfred Klair als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei C*****GmbH (nunmehr W***** GmbH), *****, vertreten durch Gassauer-Fleissner Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei Ernst Egon W*****, vertreten durch Mag. Michael Lang, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 668,52 s.A., Rechnungslegung und Zahlung des sich aus der Rechnungslegung ergebenden Betrages (Streitwert je EUR 15.000,--), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 21. April 2006, GZ 9 Ra 161/05w-11, mit dem über Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 6. Juni 2005, GZ 32 Cga 49/05t-7, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 1.503,54,-- bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin EUR 250,59,-- Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Der Beklagte war bei der Klägerin vom 12. 8. 2002 bis zu seiner Entlassung am 5. 1. 2005 als Angestellter beschäftigt. Seit 20. 9. 2003 ist er - bis zur Entlassung ohne Wissen der Klägerin - Gesellschafter und alleiniger Geschäftsführer einer anderen GmbH. Beide Gesellschaften sind in der Gesundheitsbranche tätig; sie vertreiben aber weder gleiche noch gleichartige Produkte. Zwischen den Parteien ist nicht mehr strittig, dass der Beklagte nicht gegen das in § 7 Abs 1 2. Fall AngG normierte Verbot, im Geschäftszweig des Dienstgebers auf eigene oder fremde Rechnung Handelsgeschäfte zu machen, verstoßen hat. Die zweite Instanz hat dies unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs damit begründet, dass der Begriff des „Geschäftszweiges" eng auszulegen sei und nur die vom Arbeitgeber tatsächlich entfaltete Tätigkeit umfasse (RIS-Justiz RS0027854; 8 ObA 8/00t mwN); da sich die Produktpaletten der beiden Gesellschaften nicht überschneiden, sei daher § 7 Abs 1 2. Fall AngG nicht verwirklicht. Dies wird von der Klägerin nicht mehr bestritten.

Nicht mehr strittig ist aber auch, dass der Beklagte durch seine Tätigkeit für die andere Gesellschaft gegen das in § 7 Abs 1 1. Fall AngG normierte Verbot verstoßen hat, ein selbständiges kaufmännisches Unternehmen zu betreiben.

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur mehr der von der Klägerin aus § 7 Abs 2 AngG abgeleitete Anspruch, dass - je nachdem ob die von der anderen Gesellschaft abgeschlossenen Geschäfte für Rechnung des Beklagten oder für Rechnung der anderen Gesellschaft geschlossen worden seien - die Geschäfte als für ihre Rechnung geschlossen anzusehen sind bzw sie Anspruch auf die dem Beklagten von der anderen Gesellschaft dafür gezahlte oder zustehende Vergütung hat. Das Berufungsgericht hat die zur Durchsetzung dieses Anspruchs erhobenen Rechnungslegungsbegehren und das Begehren auf Zahlung des sich aus der Rechnungslegung ergebenden Betrages abgewiesen. Es vertrat die Rechtsauffassung, dass § 7 Abs 2 AngG den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch nur bei Verstößen gegen § 7 Abs 1

2. Fall, nicht aber bei Verstößen gegen § 7 Abs 1 1. Fall AngG gewähre. Diese Rechtsauffassung ist zutreffend, sodass es ausreicht, auf die Richtigkeit der ausführlichen Begründung der angefochtenen Berufungsentscheidung zu verweisen (§ 510 Abs 3 ZPO). Ergänzend ist zu den Revisionsausführungen wie folgt Stellung zu nehmen:

Die Auslegung des § 7 Abs 2 AngG durch das Berufungsgericht entspricht der herrschenden Lehre: Sowohl Martinek/M.Schwarz/W.Schwarz, (Angestelltengesetz7 § 7, Erl 8, 9), als auch Löschnigg, (Arbeitsrecht10, 264f), Trattner, (Konkurrenzverbot und Konkurrenzklausel, ASoK 2001, 310) und - zuletzt - Pfeil, (ZellKomm, § 7 AngG Rz 18f) gehen davon aus, dass der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch dem Arbeitgeber nur im Falle eines Verstoßes des Angestellten gegen das Verbot des § 7 Abs 1

2. Fall AngG zusteht. Diese Auffassung steht auch mit dem (wenn auch nicht wünschenswert deutlichen) Wortlaut und dem Zweck der gesetzlichen Regelung in Einklang:

Die Absätze 1 und 2 des § 7 AngG haben folgenden Wortlaut:

„(1) Die im § 1 bezeichneten Angestellten dürfen ohne Bewilligung des Dienstgebers weder ein selbständiges kaufmännisches Unternehmen betreiben noch in dem Geschäftszweige des Dienstgebers für eigene oder fremde Rechnung Handelsgeschäfte machen.

(2) Übertritt der Angestellte diese Vorschrift, so kann der Dienstgeber Ersatz des verursachten Schadens fordern oder statt dessen verlangen, dass die für Rechnung des Angestellten gemachten Geschäfte als für seine Rechnung geschlossen angesehen werden. Bezüglich der für fremde Rechnung geschlossenen Geschäfte kann er die Herausgabe der hiefür bezogenen Vergütung oder Abtretung des Anspruches auf Vergütung begehren."

Schon der Umstand, dass die in § 7 Abs 2 AngG normierte Alternative zum Schadenersatzanspruch des Arbeitgebers an „die ... geschlossenen Geschäfte" anknüpft, spricht für die Richtigkeit der Auffassung, dass damit auf das Verbot, im Geschäftszweig des Arbeitgebers Handelsgeschäfte zu machen, Bezug genommen wird. Vor allem aber spricht für diese Auffassung der Sinn des Verbotes des § 7 Abs 1 1. Fall AngG, das darauf abzielt, dem Arbeitgeber die volle Arbeitskraft des Angestellten und die uneingeschränkte Vertretung der Betriebsinteressen zu sichern und das daher unabhängig von einer unmittelbaren Konkurrenzierung greift (Pfeil in ZellKomm, § 7 AngG Rz 8 mwN). Dem Gesetzgeber kann wohl nicht unterstellt werden, er wolle im Falle des Verstoßes gegen dieses Verbot - so wie dies die Revisionswerberin meint - dem Arbeitgeber den Eintritt in sämtliche Geschäfte des vom Angestellten geführten kaufmännischen Unternehmens ermöglichen bzw ihm die Vergütung des Angestellten für all diese (= alle) Geschäfte des Unternehmens zukommen lassen, unabhängig davon, ob diese Geschäfte den Geschäftszweig des Arbeitgebers berühren bzw ob derartige Geschäfte überhaupt vom Arbeitgeber getätigt werden. Mit dem rechtspolitischen Grund des Eintrittsrechts (bzw des Rechts auf die dem Angestellten zustehende Vergütung), das den praktischen Problemen bei der Ermittlung des konkreten Schadens des Arbeitgebers Rechnung tragen soll, wäre eine derart weitgehende und vom denkbaren Schaden des Arbeitgebers völlig abgekoppelte Sanktion nicht vereinbar.

Warum aus § 7 Abs 4 AngG Gegenteiliges abzuleiten sein soll, ist nicht ersichtlich.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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