OGH 9ObA73/94

OGH9ObA73/944.5.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier und Dr.Bauer sowie die fachkundigen Laienrichter Mag.Kurt Resch und Winfried Kmenta als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Parteien 1) Fa S*****, Großhandelsgesellschaft mbH, 2) Ing.Karl S*****, Angestellter, 3) Ernst V*****, Prokurist, 4) Paul R*****, Angestellter 5) Marica D*****, Angestellte, 6) Karin S*****, Angestellte, 7) Waltraud M*****, Angestellte, 8) Hedwig S*****, Angestellte, 9) Franziska A*****, Angestellte, 10) Erika B*****, Pensionistin, 11) Theresia G*****, Angestellte, 12) Ing.Karl und Anna W*****, Angestellte, 13) Bruno S*****, Angestellter, 14) Dr.Helmuth S*****, Angestellter, 15) Josef S*****, Angestellter, 16) Matti B*****, 17) Anna S*****, Angestellte, 18) Margarete F*****, Angestellte, 19) Dr.Josef G*****, Univ.Prof., 20) Mag. Marija R*****, Angestellte, 21) Edeltraud Z*****, Angestellte, 22) Charlotte H*****, Angestellte, 23) Richard V*****, Angestellter, 24) Lula P*****, Angestellte, 25) Wolfgang H*****, Angestellter, 26) Ernst V*****, Angestellter, 27) Helga P*****, Angestellte und 28) Maria S*****, Angestellte, ***** sämtliche vertreten durch Heidi Rannegger, Immobilienverwalterin, Toldgasse 6, 1150 Wien, als gemäß §§ 14 f WEG bestellte Verwalterin, diese vertreten durch Dr.Andreas Mirecki, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Ursula S*****, Hausbesorgerin, ***** im Revisionsverfahren nicht vertreten wegen Wiederaufnahme des Verfahrens zu 15 Cga 2512/88 des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien (Streitwert 51.000 S) infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 17.November 1993, GZ 31 Ra 114/93-38, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes vom 4.Februar 1993, GZ 15 Cga 99/90-34, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagenden Parteien haben die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, daß Mängel des Verfahrens erster Instanz, deren Vorliegen das Berufungsgericht verneint hat, im Revisionsverfahren nicht mehr geltend gemacht werden können. Der teilweise gegenteilige Standpunkt der Lehre wird von der Rechtsprechung abgelehnt (siehe dazu SSV-NF 7/74 mwN). Da die im § 25 Abs 1 Z 3 ArbGG vorgesehene Neudurchführung der Verhandlung vor dem Berufungsgericht in das ASGG nicht übernommen wurde, sodaß nunmehr Mängel des Verfahrens erster Instanz nicht auch solche des Berufungsverfahrens sind, ist der im allgemeinen zivilrechtlichen Verfahren geltende Grundsatz auch im Verfahren in Arbeitsrechtssachen anzuwenden (9 Ob A 65/89). Die in der Revision gerügten Verfahrensmängeln waren bereits Gegenstand der Mängelrüge der Berufung. Das Berufungsgericht hat sich mit diesen Ausführungen auseinandergesetzt und ist zum Ergebnis gelangt, daß die gerügten Mängel nicht vorliegen. Die neuerliche Geltendmachung im Revisionsverfahren ist daher nach den obigen Ausführungen ausgeschlossen.

Da die Begründung des Berufungsgerichtes zutreffend ist, genügt es auf diese Ausführungen zu verweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist auszuführen:

Nach § 530 Abs 1 Z 7 berechtigen nur solche neuen Tatsachen und Beweismittel zur Wiederaufnahmsklage, deren Vorbringen und Benützung im früheren Verfahren eine der Partei günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde. Die neuen Tatsachen und Beweismittel im Wiederaufnahmsverfahren sind nicht nur im Hinblick auf ihre abstrakte Eignung, eine Änderung der im Vorprozeß erflossenen Entscheidung herbeizuführen, zu würdigen. Der Wiederaufnahmsgrund liegt nicht vor, wenn die geltend gemachten Umstände keinen Einfluß auf die Entscheidung in der Hauptsache haben (JBl 1982, 143 us). Dies ist dann der Fall, wenn das den Gegenstand der Wiederaufnahmsklage bildende Vorbringen bzw die neuen Beweismittel Umstände betreffen, die nicht von Einfluß auf die rechtliche Beurteilung der Sache sind.

Die Revisionswerber gehen davon aus, daß der Nachweis des Angriffes des Gatten der Beklagten auf eine im Haus wohnende Angehörige eines Wohnungseigentümers die Auflösung des Hausbesorgerdienstverhältnisses gerechtfertigt hätte. Dem ist das Berufungsgericht zu Recht nicht gefolgt.

Gemäß § 20 Abs 2 HBG ist es als wichtiger Grund, der den Hauseigentümer zur Entlassung berechtigt, anzusehen, wenn sich der Hausbesorger einer strafbaren Handlung gegen das Eigentum, die Sittlichkeit oder die körperliche Sicherheit gegen den Hauseigentümer, dessen Stellvertreter oder einen Hausbewohner schuldig macht, sofern es sich nicht um Fälle handelt, die nach den Umständen als geringfügig zu bezeichnen sind; dem Verhalten des Hausbesorgers steht, insoweit er es unterließ, nach Aufforderung durch den Hauseigentümer die ihm mögliche Abhilfe zu schaffen, das Verhalten der in der Wohnung des Hausbesorgers wohnenden Personen gleich.

Für die Kläger wäre selbst dann nichts gewonnen, wenn ihnen der Nachweis des körperlichen Angriffes auf die Hausbewohnerin und die ehrverletzenden Äußerungen des Gatten der Klägerin gelungen wäre. Das Erstgericht hat bereits zutreffend ausgeführt, daß die mangelnde Erweislichkeit des Vorfalles vom 1.12.1988 nur einer von mehreren Gründen für die Abweisung der Klage bildete.

Geht die Beeinträchtigung von einem Angehörigen des Hausbesorgers aus, so ist dies nach der oben zitierten Gesetzesstelle bzgl der Erfüllung eines Tatbestandes, der zur Entlassung berechtigt, anders zu beurteilen, als wenn sie vom Hausbesorger selbst gesetzt worden wäre. Nach dem Gesetz muß der Hausbesorger ausdrücklich zur Abhilfe aufgefordert worden sein. Die Beklagte war wohl bei der Hausversammlung vom 22.3.1988 aufgefordert worden, auf die Besserung des Benehmens ihres Gatten hinzuwirken. Damit wurde aber nur an sie appeliert, ihren Einfluß bei ihrem Gatten geltend zu machen. Ungeachtet dessen wäre sie vor Ausspruch der Entlassung aufzufordern gewesen, Abhilfe gegen die Beeinträchtigung der Hausbewohner durch das unqualifizierte Verhalten ihres Gatten zu schaffen; diese Abhilfe hätte wohl nur durch Entfernung des Gatten aus der Wohnung bewirkt werden können. Ob die Beklagte dem nachgekommen wäre, ist nicht zu prüfen. Das Gesetz sieht diese Aufforderung als Voraussetzung für die Entlassung des Hausbesorgers ausdrücklich vor. Dies ist unstreitig nicht erfolgt. Aus hypothetischen Überlegungen, wie sich die Beklagte im Falle einer solchen Aufforderung verhalten hätte, ist für den Standpunkt der Kläger nichts abzuleiten.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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