OGH 9ObA68/93

OGH9ObA68/939.6.1993

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes HonProf. Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier und Dr.Petrag sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Herbert Vesely und Helmuth Prenner als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Sandor O***** Kraftfahrer,***** vertreten durch Dr.Eric Agstner, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei P*****gmbH, ***** vertreten durch Dr.Friedrich Gatscha, Rechtsanwalt in Wien, wegen 150.471,60 S brutto sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 18.12.1992, GZ 33 Ra 127/92-31, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 25.6. 1992, GZ 17 Cga 93/91-23, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger die mit 7.471,80 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 1.245,30 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die behaupteten Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit und der Aktenwidrigkeit liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

Da die beklagte Partei im Verfahren erster Instanz durch einen Rechtsanwalt vertreten war, sind gemäß § 63 Abs 1 iVm § 40 Abs 1 Z 1 ASGG die Bestimmungen über das Neuerungsverbot nach § 482 ZPO anzuwenden. Die Ausnahmevorschrift des § 482 Abs 2 ZPO ermöglicht keine Neuerungen im Sinne einer Erweiterung der Beweisgrundlage für den Tatsachenbereich (siehe 7 Ob 145/73; 1 Ob 578/86; 8 Ob 614/88 ua).

Was die rechtliche Beurteilung betrifft, genügt es auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Urteils hinzuweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist den Ausführungen der Revisionswerberin noch folgendes zu erwidern:

Wie die Vorinstanzen zutreffend erkannt haben, ist auf das Arbeitsverhältnis des Klägers entsprechend seinem gewöhnlichen Arbeitsort gemäß § 44 Abs 1 IPRG österreichisches Recht anzuwenden. Gemäß § 3 Abs 1 ArbVG sind von Kollektivverträgen abweichende Sondervereinbarungen nur gültig, soweit sie für den Arbeitnehmer günstiger sind; bezüglich der Abfertigung gilt die gemäß § 3 ArbAbfG zugunsten des Arbeitnehmers einseitig zwingende Regelung des § 2 ArbAbfG iVm § 23 AngG.

Nach den für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen der Vorinstanzen hat die beklagte Partei zwar die dem Kläger nach zwingendem österreichischen Recht gebührenden Beträge an Sonderzahlungen und Abfertigung an ihre ungarische Muttergesellschaft H***** überwiesen, diese erbrachte aber ihrerseits für die Arbeitsleistungen des Klägers lediglich nach den ungarischen Vorschriften ermittelte Lohnzahlungen in Forint an die in Ungarn lebenden Angehörigen des Klägers; eine Weiterleitung der Sonderzahlungen und der Abfertigung durch H***** konnte nicht festgestellt werden.

Auch wenn diese Vorgangsweise nach ungarischem Arbeits- und Devisenrecht zulässig gewesen sein sollte, führt sie dazu, daß dem Kläger als einem in einem österreichischen Unternehmen in Österreich beschäftigten Arbeitnehmer nicht das nach zwingenden österreichischen Vorschriften gebührende Mindestentgelt zukam; darüber hinaus hat aber die ungarische Muttergesellschaft der beklagten Partei die Differenz zwischen den nach zwingenden österreichischen Vorschriften geschuldeten, von der österreichischen Tochtergesellschaft überwiesenen Beträgen und dem nach ungarischem Recht gebührenden Lohn einbehalten, so daß die beklagte Partei den das ungarische Lohnniveau übersteigenden Teil des Entgeltes des Klägers nicht dem Kläger oder dessen Familie, sondern ihrer Muttergesellschaft zufließen ließ. Diese Vorgangsweise, die dazu führte, daß der seit immerhin 17 Jahren ununterbrochen in Österreich wohnende und in einem in Österreich ansässigen Unternehmen beschäftigte Kläger nicht die ihm nach österreichischen gesetzlichen und kollektivrechtlichen Vorschriften zustehenden Mindestentgelte erhielt, kann weder damit gerechtfertigt werden, daß sie ungarischen Devisenvorschriften entsprach, noch damit, daß sich der Kläger - der nach den Feststellungen der Vorinstanzen nicht in Österreich eingesetzt worden wäre, wenn er abweichende Wünsche geäußert hätte - mit dieser gegen zwingendes österreichisches Arbeitsrecht verstoßenden Praxis einverstanden erklärte.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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