OGH 9ObA67/04z

OGH9ObA67/04z9.6.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden, durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Univ. Doz. Dr. Bydlinski sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr. Herbert Stegmüller und Dr. Martin Gleitsmann als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Hans-Peter H*****, vertreten durch Freimüller/Noll/Obereder/Pilz/Senoner, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Dr. Günther Viehböck, Rechtsanwalt, 2340 Mödling, Bahnhofsplatz 1a/I/5, als Masseverwalter im Konkurs der L***** AG, wegen Herausgabe und Absonderung (Streitwert EUR 39.288,66), infolge ordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 29. Jänner 2004, GZ 9 Ra 128/03i-13, mit dem das Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt als Arbeits- und Sozialgericht vom 22. Mai 2003, GZ 7 Cga 38/03d-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

 

Spruch:

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen, die in der Abweisung des Hauptbegehrens (Herausgabebegehrens) als Teilurteil bestätigt werden, werden im Übrigen - einschließlich der Kostenentscheidungen - aufgehoben. Dem Erstgericht wird eine neue Urteilsfällung über das Eventualbegehren (Zahlungsbegehren) nach Verfahrensergänzung aufgetragen. Die Entscheidung über die Kosten des gesamten Verfahrens bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war vom 1. 11. 1987 bis 28. 11. 2001 bei der nunmehrigen Gemeinschuldnerin als Angestellter beschäftigt; das Dienstverhältnis endete durch Arbeitgeberkündigung während des der Konkurseröffnung vorangegangenen Ausgleichsverfahrens. Zu einem nicht näher festgestellten Zeitpunkt hatte die Gemeinschuldnerin dem Kläger - wie auch anderen Mitarbeitern - in einer "Versorgungszusage" Leistungen für eine Alters- und Hinterbliebenenversorgung im Sinne einer direkten Leistungszusage versprochen. Die diesbezügliche Vereinbarung enthält unter anderem folgende Bestimmungen:

"§ 2: Inhalt der Versorgungszusage

(2) Die Versorgungszusage beinhaltet entweder eine einmalige Versorgungsleistung oder eine Alterspension grundsätzlich ab dem Tage der Vollendung des 60. Lebensjahres bei Männern bzw des 55. Lebensjahres bei Frauen.

...

§ 3: Umfang der Versorgungsleistung

(1) Die Höhe der Leistungen ergibt sich aus der Versicherungssumme bzw den Rentenoptionswerten des von uns als Versicherungsnehmer für Sie als Versicherten zu diesem Zweck abgeschlossenen Rückdeckungsversicherungsvertrages, für dessen Prämienzahlung wir im Ausmaß von 10 % des 14-fachen ihres jeweils letzten Jännerbezuges aufkommen.

...

§ 6: Versorgungsleistung bei vorzeitiger Beendigung des Dienstverhältnisses

(1) Wird das Dienstverhältnis vor Erreichung der Altersgrenze aus anderen Gründen als durch Ihr Ableben beendet, so übertragen wir Ihnen sämtliche Rechte und Pflichten aus dem gemäß § 3 (1) abgeschlossenen Rückdeckungs-Versicherungsvertrag.

...

§ 8: Rückdeckungsversicherung

(1) Wir schließen zu unserer Rückdeckung einen entsprechenden Vertrag mit einem Versicherer ab. Sämtliche Bezugs- und Gestaltungsrechte hieraus stehen ausschließlich uns zu."

Die Gemeinschuldnerin schloss im Sinne der mit den betroffenen Dienstnehmern vereinbarten Versorgungszusagen Versicherungsverträge ab. Das Deckungskapital aus dem den Kläger betreffenden Rückdeckungs-Versicherungsvertrag betrug zum 31. 12. 2001 EUR 35.485,88, die Dividende machte weitere EUR 3.802,75 aus. Eine Wertpapierdeckung im Sinne des § 11 Abs 1 BPG bildete die Gemeinschuldnerin nicht.

Der Kläger begehrte nun primär die Herausgabe des "ihn betreffenden Teils" der abgeschlossenen Versicherungspolizzen, hilfsweise, den Beklagten schuldig zu erkennen, ihm EUR 39.288,66 samt 10,25 % Zinsen seit dem 28. 11. 2001 "unter Berücksichtigung des gemäß § 11 Abs 3 BPG dem Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds zustehenden Teilbetrages" bei sonstiger Exekution in den Rückkaufswert der Versicherung der Gemeinschuldnerin (zu einer bestimmten Polizzennummer) zu zahlen. Sein Herausgabeanspruch ergebe sich aus § 6 Abs 1 der Versorgungszusage. Für den Kläger bestehe eine gesonderte Versicherungspolizze. Diese sei den im § 11 Abs 1 BPG genannten Wertpapieren gleichzuhalten, weil es die Gemeinschuldnerin unterlassen habe, die im Gesetz vorgesehene Wertpapierdeckung aufzubauen. Die zugunsten des Klägers abgeschlossene Rückdeckungsversicherung habe exakt die Funktion der Wertpapierdeckung eingenommen. In sinngemäßer Anwendung des § 11 Abs 1 BPG stehe dem Kläger daher ein Absonderungsanspruch zu, sodass die Rückdeckungsversicherung - wie sonst die gesetzlich vorgesehene Wertpapierdeckung - vorrangig dem Kläger zur Befriedigung seiner Ansprüche zur Verfügung stehe.

Der Beklagte wandte dagegen ein, nach der eindeutigen gesetzlichen Regelung des § 11 Abs 1 BPG bestünden Absonderungsrechte nur an Wertpapieren, nicht aber auch an anderen zu Zwecken von Pensionsrückstellungen angeschafften Vermögenswerten. Bei der Versicherungspolizze handle es sich um kein Wertpapier, sondern lediglich um eine Beweisurkunde. Habe es der Arbeitgeber unterlassen, für die gesetzlich geforderte Wertpapierdeckung zu sorgen, könnten die durch direkte Leistungszusagen begünstigten Arbeitnehmer nicht vorzugsweise auf andere Vermögensgegenstände greifen, mögen diese auch der Befriedigung ihrer Ansprüche gewidmet sein. Eine Gesetzeslücke, die im Wege der Analogie zu schließen wäre, bestehe nicht. Darüber hinaus sei das Eventualbegehren auch der Höhe nach verfehlt. Das Absonderungsrecht der Berechtigten aus direkten Leistungszusagen beschränke sich auf die Wertpapierdeckung im Ausmaß des gesetzlich gebotenen Minimums, erfasse aber nicht eine allenfalls darüber hinausgehende Wertpapierdeckung.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. § 11 BPG verweise unzweifelhaft auf die Vorschriften des § 14 Abs 7 EStG, nach dessen Z 7 die Pensionsrückstellung durch Wertpapiere zu decken sei und für diese Wertpapierdeckung Abs 5 gelte. § 14 Abs 5 Z 4 EStG enthalte eine Aufzählung in Betracht kommender Wertpapiere, nenne aber weder Versicherungsverträge noch Versicherungspolizzen. Eine analoge Anwendung des § 11 Abs 1 BPG komme nicht in Betracht, weil es an einer planwidrigen Gesetzeslücke fehle, wenn der Gesetzgeber eine bestimmte Rechtsfolge für einen bestimmten Sachverhalt "ausdrücklich" nicht angeordnet habe. Ein Absonderungsanspruch bestehe daher nicht. Auch ein Herausgabeanspruch komme nicht in Betracht, selbst wenn sich aus § 6 der Versorgungszusage ein Anspruch auf Herausgabe der Versicherungspolizze ergeben sollte. Im Konkurs könne ein solcher Herausgabeanspruch gemäß § 14 Abs 1 KO nur in Geld, nämlich nach dem Schätzwert in inländischer Währung zur Zeit der Konkurseröffnung, geltend gemacht werden. Die insoweit vom Kläger angemeldete Konkursforderung habe der Beklagte ohnehin anerkannt. Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte die ordentliche Revision für zulässig. Der nicht auf den Inhaber lautende Versicherungsschein sei kein Wertpapier, sondern eine bloße Beweisurkunde, sodass der von der Gemeinschuldnerin abgeschlossene Versicherungsvertrag kein Wertpapier im Sinne des § 14 Abs 5 Z 4 EStG sei. Nur für eine Wertpapierdeckung sehe § 11 Abs 1 BPG einen Absonderungsanspruch für Leistungsberechtigte aus einer direkten Leistungszusage vor. Eine Gesetzeslücke, die durch Analogie geschlossen werden müsste, liege nicht vor. Der Gesetzgeber habe für die nach § 11 BPG zu bildende Wertpapierdeckung präzis determinierte Kriterien vorgegeben, nach denen aus gut nachvollziehbaren und keineswegs nur fiskalisch orientierten Erwägungen lediglich ein kleiner Teil der am Kapitalmarkt befindlichen Wertpapiere zur Deckung überhaupt herangezogen werden könne. Für eine analoge Anwendung auf eine Versicherungspolizze, von der der Kläger selbst einräume, dass diese kein Wertpapier sei, sei unter diesem Aspekt kein Raum. Zur diesbezüglich effektiveren Absicherung des Dienstnehmers bei Insolvenz des Arbeitgebers wäre eine Änderung der gesetzlichen Grundlage im BPG erforderlich. Soweit der Kläger einen unmittelbaren Herausgabeanspruch auf die Polizze geltend mache, sei auf die Ausführungen des Erstgerichts zu § 14 Abs 1 KO zu verweisen. Die Revision sei zulässig, weil es an einer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage fehle, ob eine vom Dienstgeber abgeschlossene Rückdeckungsversicherung in sinngemäßer Anwendung des § 11 BPG als Absonderungsanspruch im Sinne des § 48 KO behandelt werden könne.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und teilweise berechtigt. Ungeachtet der (zutreffenden) Argumentation der Vorinstanzen will der Revisionswerber sein Hauptbegehren, also seinen Anspruch auf Herausgabe der Versicherungspolizze, weiterhin allein aus der diesbezüglichen Vertragsklausel in § 6 der Versorgungszusage ableiten. Rein obligatorische Herausgabeansprüche können jedoch nicht gegen die Konkursmasse geltend gemacht werden. Sie stellen bloße Konkursforderungen dar, die lediglich mit ihrem Geldwert anzumelden - und entsprechend der Konkursquote zu befriedigen - sind (§ 14 Abs 1 KO). Auch die Berufung auf ein (vermeintliches) Absonderungsrecht ist nicht geeignet, einen Herausgabeanspruch zu begründen. Selbst in seinem unmittelbaren Anwendungsbereich sieht § 11 Abs 1 Satz 2 BPG, der ausdrücklich auf § 48 Abs 1 KO verweist, lediglich einen Anspruch auf vorrangige Befriedigung aus einer Wertpapierdeckung vor, jedoch keinen auf Herausgabe von Wertpapieren gerichteten Aussonderungsanspruch. Aufgrund welcher Erwägungen sich ein Anspruch des Klägers auf Herausgabe der Versicherungspolizze im Konkurs seines Dienstgebers ergeben sollte, ist somit insgesamt nicht zu erkennen. In Ansehung des Hauptbegehrens erweist sich die Revision daher als unberechtigt.

Zu Recht zieht der Revisionswerber die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass es sich bei den hier zu beurteilenden Versicherungspolizzen nicht um Wertpapiere im Sinne des § 11 Abs 1 BPG iVm § 14 Abs 5 EStG handelt, nicht mehr in Zweifel. Er vertritt jedoch weiterhin die Auffassung, der Abschluss von Lebensversicherungsverträgen als "Rückdeckungsversicherung" nehme die Funktion einer Wertpapierdeckung ein. Da es der offensichtliche Wille des Gesetzgebers sei, die Ansprüche der aus einer Betriebspensionszusage anwartschafts- und leistungsberechtigten Arbeitnehmer durch Vermögenswerte, nämlich durch Wertpapiere, die dem Zugriff sonstiger Gläubiger entzogen sind, zu sichern und zu schützen, müssten den betroffenen Arbeitnehmern in sinngemäßer Anwendung des § 11 Abs 1 (zu ergänzen: Satz 2) BPG Absonderungsansprüche im Sinne des § 48 Abs 1 KO auch an jenen Vermögenswerten zustehen, die bei Konkurseröffnung in Form von Ansprüchen aus Versicherungsverträgen bei der Gemeinschuldnerin vorhanden waren.

Entgegen den Vorinstanzen vermag der erkennende Senat keine sachliche Rechtfertigung dafür zu sehen, die durch direkte Leistungszusagen begünstigten Arbeitnehmer nur dann im Insolvenzfall gegenüber den übrigen Konkursgläubigern zu privilegieren, wenn der Dienstgeber bei der Bildung seiner Pensionsrückstellungen gesetzeskonform vorgegangen ist und eine entsprechende Wertpapierdeckung gebildet hat. Zweifellos steht der Schutz der durch direkte Leistungszusagen begünstigten Arbeitnehmer bei der Regelung des § 11 Abs 1 BPG ganz im Vordergrund. Weder die beklagte Partei noch die Vorinstanzen konnten ausreichende Gründe dafür anführen, weshalb der eindeutig intendierte Schutz der betroffenen Dienstnehmer dann - gegenüber den Interessen der übrigen Konkursgläubiger - zurückstehen sollte, wenn der Dienstgeber zwar zu Zwecken der Pensionsrückstellung gewidmetes Vermögen gebildet hat, dies jedoch in anderer Form geschehen ist, als es der gesetzlichen Anordnung entspricht.

Insbesondere kann der Rechtsauffassung des Klägers nicht entgegengehalten werden, der Gesetzgeber habe - in einem Begutachtungsentwurf zur späteren Novelle BGBl 1996/754 (vgl Zl 51.085/1-1/96 des BMAS) - erwogen, anstelle der Wertpapierdeckung auch den Abschluss einer Rückdeckungsversicherung zugunsten des Arbeitnehmers zuzulassen, diesen Gedanken aber wieder verworfen. Abgesehen davon, dass keine nachvollziehbaren Argumente dafür zu finden sind, warum diese Wahlmöglichkeit schließlich weder in die Regierungsvorlage zur Novelle noch in diese selbst aufgenommen wurde, kann daraus nur der Schluss gezogen werden, dass der Gesetzgeber weiterhin eine Deckung ausschließlich durch bestimmte Wertpapiere zwingend vorschreiben wollte. Die Regelungen in § 11 Abs 1 Satz 2 und Satz 3 BPG haben daher ersichtlich nur jene Dienstgeber im Auge, die in diesem Sinne, also gesetzeskonform, Pensionsrückstellungen gebildet haben. Die Frage, ob bzw inwieweit der vom Gesetz zweifellos angestrebte Schutz auch Dienstnehmern zustehen soll, deren Dienstgeber auf andere Weise Vermögen zu Zwecken der Pensionsrückstellung gewidmet haben, wird vom Gesetz nicht beantwortet.

Berücksichtigt man, dass der Gesetzgeber mit der Regelung des § 11 Abs 1 Satz 2 (und auch des Satzes 3) BPG ausschließlich den Interessengegensatz zwischen den allgemeinen Konkursgläubigern und den durch direkte Leistungszusagen des Dienstgebers begünstigten Dienstnehmern in einer bestimmten Weise gelöst hat, ist nicht zu erkennen, warum die hinter den genannten Normen stehenden Wertungen nicht auch auf Fälle wie den hier zu beurteilenden übertragen werden sollten. Auch hier geht es nur darum, ob das in Form von Forderungsrechten gegen den Versicherer vorhandene "Sondervermögen" in die allgemeine Masse fallen oder aber - in gewissem Umfang - den betroffenen Dienstnehmern zur vorrangigen Befriedigung dienen soll. Nach Auffassung des erkennenden Senats sind diese Fälle in den wesentlichen Aspekten sachlich gleichgelagert, sodass die vom Kläger angeregte Analogie zu bejahen ist. Inwieweit dies auch für andere Schutzbestimmungen des Gesetzes (§ 11 Abs 2 Satz 2, § 9 letzter HalbsatzBPG) zutreffen könnte, ist hier nicht zu prüfen; dort könnte allerdings unter Umständen der Aspekt der Rechtssicherheit und der Vorhersehbarkeit der Rechtslage für Dritte einer (umfassenden) Analogie entgegenstehen.

Im Hinblick auf zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung bestehende Rückdeckungsversicherungen sind derartige Hindernisse hingegen nicht zu sehen. Durch den Abschluss eigener Versicherungsverträge "für" den einzelnen Begünstigten wird die Widmung zu Rückstellungszwecken auch objektiv deutlich erkennbar. Dritte Gläubiger können auch regelmäßig nicht mit der Möglichkeit eines späteren Zugriffs auf derartige Vermögenswerte rechnen, zumal ersichtlich die Interessen bestimmter Dienstnehmer durch die jeweiligen Versicherungsverträge geschützt sein sollen. Darüber hinaus muss jeder (potenzielle) Gläubiger des Dienstgebers davon ausgehen, dass dieser bestimmte Teile seines Vermögens in gesetzmäßiger Weise der Rückstellung von Pensionsansprüchen gewidmet hat, womit dieser Teil dem Zugriff der allgemeinen Gläubiger zumindest in gewissem Umfang entzogen ist. Zur Vermeidung von Missverständnissen ist hervorzuheben, dass die Bejahung einer Analogie nicht dazu führt, dass es dem Dienstgeber entgegen dem klaren Wortlaut des § 11 Abs 1 Satz 1 BPG nun freistünde, seine Rückstellungen auch auf andere Weise zu bilden. Er handelt - ebenso wie derjenige, der gar keine Rückstellungen bildet - rechtswidrig und muss insbesondere mit nachteiligen steuerlichen Konsequenzen (vgl § 14 Abs 5 Z 2 EStG) rechnen; allenfalls könnte auch eine Schadenersatzpflicht der für den Dienstgeber handelnden Personen (Organe) eintreten.

Durch die Bejahung der analogen Anwendung des § 11 Abs 1 Satz 2 BPG auf die Fälle der Versicherungsdeckung kann der Kläger selbstverständlich nicht günstiger gestellt sein, als er dies wäre, wenn die nunmehrige Gemeinschuldnerin die gesetzlich angeordnete Wertpapierdeckung aufgebaut hätte. Aus dem Vergleich zwischen dem zweiten und dem dritten Satz des § 11 Abs 1 BPG ergibt sich, dass im Falle gesetzmäßiger Wertpapierdeckung den durch direkte Leistungszusagen begünstigten Dienstnehmern nicht die gesamten tatsächlich vorhandenen Wertpapiere als Sondermasse im Sinne des § 48 Abs 1 KO zur Verfügung stehen, sondern die Deckung auf jenen Teil davon beschränkt ist, der der gesetzlich angeordneten Mindestdeckung entspricht (in diesem Sinne etwa Schrammel, Betriebspensionsgesetz 144, Schauer, GesRZ 1997, 163, Bednar/Reisch, ecolex 1996, 112, Schulyok in Konecny/Schubert, § 48 KO Rz 190, ua). Gemäß § 14 Abs 5 Z 1 EStG muss die Abfertigungsrückstellung in der Form durch Wertpapiere gedeckt werden, dass am Schluss jedes Wirtschaftsjahres Wertpapiere im Nennbetrag von mindestens 50 % des am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres in der Bilanz ausgewiesenen Rückstellungsbetrags im Betriebsvermögen vorhanden sind. Wenn der Kläger nun uneingeschränkt Zahlung seiner Ansprüche bei sonstiger Exekution "in den Rückkaufswert der Versicherung" begehrt, so kann diesem Begehren nur dann zur Gänze Berechtigung zukommen, wenn der Rückkaufswert den Betrag der gesetzlich angeordneten Mindestwertpapierdeckung nicht übersteigt. Dies wird mit den Streittteilen im fortgesetzten Verfahren zu erörtern und der Kläger allenfalls zu einer Modifikation seines Begehrens anzuleiten sein. Ebenso wird der Kläger bei einer Neuformulierung seines Begehrens klarzustellen haben, ob die (einschränkende) Formulierung "unter Berücksichtigung des gemäß § 11 Abs 3 BPG dem Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds zustehenden Teilbetrages" als Verminderung seines Anspruchs oder aber des Haftungsfonds verstanden werden soll und welchen Betrag diese Reduktion ausmacht. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 50 Abs 1, 52 Abs 1 und Abs 2 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte