OGH 9ObA40/94

OGH9ObA40/9416.3.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier und Dr.Steinbauer sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr.Christian Kleemann und Thomas Mais als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Walter T*****, Angestellter,***** vertreten durch Dr.Helmut Salzbrunn, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei A***** reg.Gen.m.b.H.,***** vertreten durch Dr.Gottfried Korn, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 140.000 s.A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 17.November 1993, GZ 31 Ra 110/93-12, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 19.Mai 1993, GZ 6 Cga 2119/92-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 6.789,60 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.131,60 Umsatzsteuer) binnen vierzehn Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Im Zuge einer Neustrukturierung des Unternehmens der Beklagten wurde auch die Beendigung des Dienstverhältnisses des Klägers angestrebt. Er erhielt durch den Sozialplan an gesetzlicher und zusätzlich freiwilliger Abfertigung (Erhöhung um 85 % und S 3.000 pro Dienstjahr) rund S 870.000. Über weitere Ansprüche des Klägers kam es zunächst bis 7.3.1991 zu keiner Vereinbarung. Über die an diesem Tag erzielte Einigung, die in einem Aktenvermerk (Beilage C) festgehalten ist, hinaus wurden keine Vereinbarungen getroffen. Dieser Aktenvermerk wurde von allen Teilnehmern der Besprechung durchgelesen und unterschrieben. Darin war eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses mit 31.7.1991 vorgesehen. Bis dahin sollte versucht werden, für den Kläger am 1.8.1991 einen akzeptablen Arbeitsplatz zu finden. Für den Fall einer Gehaltseinbuße sollte diese mit einer zusätzlichen Zahlung von S 140.000 abgegolten werden. Dies diente der Motivierung des Klägers einen Ersatzarbeitsplatz auch wirklich anzunehmen, weil andernfalls die volle Gehaltshöhe weiterlief. Der Kläger trat keine neue Arbeit an, sondern bezog bis 31.3.1992 das volle Gehalt. Der Aktenvermerk lautet:

".... 3. Die A***** verpflichtet sich, Herrn Walter T***** aktiv bei der Suche nach einem Ersatzarbeitsplatz zu unterstützen. Herr Walter T***** seinerseits verpflichtet sich, einen solchen Ersatzarbeitsplatz anzunehmen, wenn es sich um einen für ihn akzeptablen Arbeitsplatz handelt. Als Richtlinie für einen akzeptablen Ersatzarbeitsplatz wird einvernehmlich ein Monatsgehalt von brutto rund S 20.000 festgelegt.

Wenn der Ersatzarbeitsplatz mit einer finanziellen Schlechterstellung von Herrn Walter T***** verbunden ist, dann erklärt sich die A***** bereit, eine einmalige Ausgleichszahlung in der Höhe der Gehaltseinbuße, höchstens aber im Betrag von S 5.000 brutto monatlich, vierzehnmal jährlich, zu leisten. Diese Leistung einer Ausgleichszahlung ist für die Zeit von höchstens zwei Jahren ab dem Ausscheiden von Herrn Walter T***** befristet.

4. Sollte trotz der Bemühungen von Herrn Walter T***** und der Unterstützung durch die A***** es nicht möglich sein, für Herrn Walter T***** einen akzeptablen Ersatzarbeitsplatz, wie oben beschrieben, zu finden, dann verpflichtet sich die A*****, bis zum Vorhandensein eines akzeptablen Ersatzarbeitsplatzes, längstens jedoch bis 31.3.1992 das Entgelt für Herrn Walter T***** weiter zu leisten, und zwar in der Höhe, in der es im letzten Monat des Arbeitsverhältnisses zugestanden hat, zuzüglich anteiliger Sonderzahlungen. ....."

Der Kläger begehrt nach Einschränkung S 140.000 brutto s.A. Die Beklagte habe sich verpflichtet, dem Kläger vom 1.8.1991 bis 31.3.1992 bei vollen Bezügen vom Dienst freizustellen und, sollte er keinen vergleichbaren Ersatzarbeitsplatz finden, ihm für die Entgeltseinbußen eine Ausgleichszahlung von S 140.000 zu leisten.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die Ausgleichszahlung stehe nach der getroffenen Vereinbarung nur dann zu, wenn der Kläger nach dem 31.7.1991 vor dem 31.3.1992 einen minderbezahlten Arbeitsplatz erlangt hätte. Weil der Aktenvermerk die getroffene Vereinbarung vollständig festhalte, sei der vom Kläger geltend gemachte durch die Vereinbarung nicht gedeckte Anspruch unberechtigt.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Die Vereinbarung habe für den Fall, daß der Kläger keinen akzeptablen Ersatzarbeitsplatz bis 31.3.1992 erlangen könnte, als Ausgleich die Lohnfortzahlung in der bisherigen Höhe vorgesehen. Für eine ergänzende Auslegung gemäß § 914 ABGB bestehe kein Anlaß. Die Lohnfortzahlung sei als Alternative für den Fall, daß der Kläger keinen Ersatzarbeitsplatz erlangen könne, vorgesehen gewesen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Revision der klagenden Partei mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne einer vollen Klagestattgebung abzuändern.

Die beklagte Partei stellt den Antrag, der Revision keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Einer Auslegung von Willenserklärungen bedarf es erst dann, wenn ihr objektiver Aussagewert nicht unzweifelhaft ist (Koziol-Welser, Grundriß9 I 91; NZ 1980, 26). Nur wenn eine übereinstimmende Parteiabsicht nicht als erwiesen angenommen werden kann, darf der Inhalt der schriftlichen Willenserklärung im Wege der rechtlichen Beurteilung durch Auslegung ermittelt werden (WoBl 1992/87 ua).

Die getroffene Vereinbarung (Beilage C) - darüber hinausgehende Absprachen liegen nicht vor noch ist die vom Revisionswerber behauptete Absicht der Parteien, dem Kläger sowohl Lohnfortzahlung als auch die Ausgleichsleistung zu gewähren, erwiesen - enthält zwei Varianten eines finanziellen Ausgleiches für den Verlust des Arbeitsplatzes des Klägers:

1. Der Kläger findet nach Lösung des Arbeitsverhältnisses mit 31.7.1991 einen akzeptablen Ersatzarbeitsplatz mit einer geringeren Entlohnung als bisher, dann hat er Anspruch auf eine einmalige Ausgleichszahlung in Höhe der Gehaltseinbuße, höchstens S 5.000 vierzehnmal jährlich, befristet für die Zeit von höchstens zwei Jahren.

2. Findet er keinen akezeptablen Ersatzarbeitsplatz, dann hat der Kläger bis zum Vorhandensein eines solchen, längstens bis 31.3.1992 Anspruch auf Lohnfortzahlung in bisheriger Höhe.

Aus der schriftlichen Vereinbarung ergibt sich somit eindeutig, daß nur im Falle des Auffindens eines geringer entlohnten Ersatzarbeitsplatzes die Ausgleichszahlung erfolgen sollte, weil ja auch nur in diesem Falle eine Ausgleichsnotwendigkeit bestand und beabsichtigt war. Im Falle der Arbeitslosigkeit, die dem fehlgeschlagenen Bemühen nach einem Ersatzarbeitsplatz gleichzuhalten ist, bestand der Ausgleich nur im vollen Lohnfortzahlungsanspruch bei entfallender Arbeitsleistung bis 31.3.1992. Für den Fall einer Arbeitslosigkeit auch nach dem 31.3.1992 liegt keine Regelung vor, weil die Parteien alle Ansprüche mit dem 31.3.1992 nach der objektiv erkennbaren Parteiabsicht befristen wollten.

Daß die Ausgleichszahlung zusätzlich zum Lohnfortzahlungsanspruch zustehen sollte, ist nach dem objektiven Parteiwillen ausgeschlossen, weil sie nur eine Alternativmöglichkeit sein sollte.

Auch wenn die Parteien den Fall, daß der Kläger keinen Ersatzarbeitsplatz bis 31.3.1992 erlangen kann, nicht bedacht haben, so eröffnet dies nicht die Möglichkeit einer ergänzenden Vertragsauslegung, weil die Ausgleichszahlung nach der getroffenen Vereinbarung eben nur an die Annahme eines minder entlohnten Ersatzarbeitsplatzes bis zu diesem Zeitpunkt geknüpft war. Infolge festgestellter übereinstimmender Parteiabsicht verneinte das Berufungsgericht zutreffend das Vorliegen der Voraussetzungen, einen von der Urkunde abweichenden Inhalt durch Auslegung zu ermitteln.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41 § 50 Abs 1 ZPO.

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