OGH 9ObA38/87

OGH9ObA38/871.7.1987

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Hofrat des Obersten Gerichtshof Hon.- Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshof Dr. Gamerith und Dr. Maier sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Johannes Rudda und Mag. Michael Zawodsky als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Alfred T***, Fleischhauer, Innsbruck, Gramartstraße 141, vertreten durch Dr. Gustav Teicht und Dr. Gerhard Jöchl, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Firma Andrä H***'s Nachfolger, H*** & CO KG, Fleischwarenerzeugung, Innsbruck, Burggraben 4-6, vertreten durch Dr. Hansjörg Schweinester, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen S 70.815,85 brutto sA, infolge Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 18. Februar 1987, GZ 5 Ra 1009/87-25, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeitsgerichtes Innsbruck vom 10. Oktober 1986, GZ 1 Cr 28/85-20, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 3.397,35 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (davon S 308,85 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war vom 2. Mai 1979 bis zum 14. August 1984 als Fleischhauergeselle bei der beklagten Partei beschäftigt. Diese führt in Innsbruck einen Fleischverarbeitungsbetrieb mit mehreren Filialen sowie ein Lebensmittelgeschäft und ein (Selbstbedienungs)Restaurant und beschäftigt insgesamt ca. 320 Arbeitnehmer.

Am 14. August 1984 kam der beklagten Partei folgendes Austrittsschreiben des Klägers zu:

"Ich, Alfred T***, trete mit 14. August 1984 wegen gesundheitlicher Gründe aus dem Dienstverhältnis aus und mache alle meine Rechte und Ansprüche geltend. Das ärztliche Attest des Lungenfacharztes lege ich bei. Das ärztliche Attest meines Hausarztes Dr. Manuel B*** reiche ich nach (ist bis 2. September in Urlaub). Ich ersuche Sie höflich, meine Abrechnung auf mein Konto zu überweisen und meine Arbeitspapiere mir zuzusenden.

Hochachtungsvoll Alfred

T***".

Der Kläger behauptet, er sei berechtigt vorzeitig ausgetreten, weil die im Betrieb der beklagten Partei ausgeübte Tätigkeit seine Gesundheit gefährdet habe. Er leide an einem chronischen bronchitischen Zustand. Der Kläger begehrt an Abfertigung, Urlaubsentschädigung, Weihnachtsremuneration, Urlaubszuschuß und Kündigungsentschädigung insgesamt S 70.815,77 brutto sA. Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete unter anderem ein, der Kläger habe ebenso wie ein Fleischverkäufer in einem Lebensmittelgeschäft gearbeitet, wo es keine Temperatur- und Luftfeuchtigkeitsschwankungen gebe und nicht kalt sei. Es bestehe keine Gefahr, daß er sich ständig verkühle. Im übrigen gebe es im Betrieb der beklagten Partei noch eine Reihe von Tätigkeiten, die der Kläger auf Grund des Arbeitsvertrages zu leisten verpflichtet wäre, ohne hiebei gesundheitlich gefährdet zu sein. Der Kläger sei ausgetreten, weil er in dem von seiner Ehefrau eröffneten Gasthaus mitarbeiten, aber nicht durch eigene Kündigung die Abfertigungsansprüche verlieren wollte. Seit der Schließung dieses Gasthauses sei der Kläger wieder in verschiedenen Metzgereigeschäften als Geselle tätig gewesen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und traf folgende wesentliche Feststellungen:

Der Kläger arbeitete bei der beklagten Partei zuerst in der "Rinder- und Schweinezerlegung" im sogenannten Zerlegeraum. Dann war er aushilfsweise mehrere Monate in der Verpackerei beschäftigt. Bei dieser Arbeit mußte er sechs- bis siebenmal täglich einen Gefrierraum betreten. Über eigenen Wunsch wurde er von dieser Arbeit abgezogen und war dann wieder in der "Rinder- und Schweinezerlegung" beschäftigt. Er hatte dort in einem etwa 288 m2 großen Raum Tierkörper in Teile zu schneiden, das Fleisch auszulösen und auszuschneiden. In diesem Raum herrschte, da die Türe für Arbeiten und Transporte immer wieder geöffnet werden mußte, öfters Zugluft; es kam zu Temperaturschwankungen. Trotz Heizung konnte im Winter die behördlich vorgeschriebene Temperatur von 16 Grad nicht immer eingehalten werden. Der Kläger leidet an chronischen spastischbronchitischen Symptomen; sein "respiratorischer Leistungsbereich" ist infolge Fettleibigkeit eingeschränkt. Das Krankheitsbild verschlechterte sich seit 1979 zusehends und ließ sich trotz Behandlung weder ausheilen noch stabilisieren. Fallweise aufgetretene Infekte in den Atemwegen verursachten folgende Krankenstände:

21. Jänner bis 28. Jänner 1983 (Grippe), 5. Dezember 1983 (Grippe), 10. Februar bis 19. Februar 1984 (Grippe) 16. März bis 25. März 1984 (Bronchitis) und 18. Juli bis 14. August 1984 (Bronchitis). Die Fortsetzung der Tätigkeit im Zerlegeraum hätte die Gesundheit des Klägers wesentlich gefährdet und seine chronisch-spastische Bronchitis verschlechtert. Die relativ hohe Luftfeuchtigkeit wirkt allerdings auf die Atemwege eines Bronchitikers lindernd. Dem eingangs erwähnten Austrittsschreiben schloß der Kläger eine fachärztliche Bestätigung des Dr. Alfred H*** an, wonach vom ärztlichen Standpunkt aus die bisherige Berufstätigkeit eines Metzgers den Kläger gefährde und daher abzulehnen sei. Der Kläger rauchte bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei der beklagten Partei täglich etwa 15 bis 20 Zigaretten. Er gab der beklagten Partei nur seine Krankenstände bekannt, wies sie aber darüber hinaus nicht ausdrücklich auf seinen Gesundheitszustand hin und trat an seine Arbeitgeberin auch nicht mit dem Wunsch heran, ihm eine für seinen Gesundheitszustand zuträglichere Tätigkeit zuzuweisen. Er wandte sich auch nicht an den Betriebsratsvorsitzenden wegen einer Versetzung. Die beklagte Partei (die von der Gesundheitsgefährdung des Klägers keine Kenntnis hatte) bot ihm auch eine andere Arbeit, etwa im Verkauf oder im Lager nicht an. Es wäre möglich gewesen, dem Kläger im Betrieb eine vom Arbeitsvertrag umfaßte Tätigkeit als Fleischhauergeselle zuzuweisen, bei der er gesundheitlich nicht gefährdet gewesen wäre, z.B. als Fleischwarenverkäufer im Hauptgeschäft oder in einer der sieben Einzelhandelsfilialen in Innsbruck.

Nach dem Austritt verrichtete der Kläger in dem von seiner Frau gepachteten Gasthaus Küchenarbeiten. Nach der Schließung dieses Betriebes war er wieder als Fleischhauergeselle bei der Firma M***- Markt und bei der Firma Ü*** beschäftigt. Seit 23. Juli 1986 arbeitet er bei der Firma F*** als Fleischhauergeselle. Das Erstgericht war der Ansicht, dem Kläger sei es auf Grund seines Gesundheitszustandes nicht zuzumuten gewesen, die Arbeit in der Zerlegehalle fortzusetzen. Der Kläger sei zwar nicht verpflichtet gewesen, an den Arbeitgeber vor Lösung des Arbeitsverhältnisses mit dem Wunsch nach einer anderweitigen Verwendung heranzutreten. Da die vom Arbeitnehmer geschuldete Arbeitsleistung aber auch andere Tätigkeiten als die zuletzt verrichtete umfasse, sei der Arbeitnehmer - so wie bei einer vorübergehenden Dienstverhinderung infolge Krankheit - verpflichtet, den Arbeitgeber über seine Gesundheitsgefährdung bei Fortsetzung der verrichteten Tätigkeit aufzuklären. Wollte man eine solche Aufklärungspflicht ablehnen, so könnte ein Arbeitnehmer, dem es gelinge, seinen schlechten Gesundheitszustand vor dem Arbeitgeber zu verheimlichen, diesen mit einem Austritt überraschen; ein Arbeitnehmer, dem dies nicht gelinge, müsse damit rechnen, daß ihm eine andere gleichfalls geschuldete Tätigkeit zugeteilt und der Austrittsgrund beseitigt werde.

Da der Kläger nur zweimal wegen Bronchitis im Krankenstand gewesen sei, könne nicht angenommen werden, daß der beklagten Partei sein Gesundheitszustand bekannt gewesen sei. Die beklagte Partei hätte dem Kläger, wenn er sie aufgeklärt hätte, eine seine Gesundheit nicht gefährdende Arbeit zuweisen können. Der vorzeitige Austritt des Klägers sei daher wegen Verletzung der Aufklärungspflicht unberechtigt erfolgt.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Nach § 82 a lit. a GewO 1859, welche Bestimmung gemäß § 376 Z 47 Abs. 1 GewO 1973 aufrechterhalten worden sei, dürfe der Arbeiter vor Ablauf der vertragsmäßigen Zeit und ohne Kündigung die Arbeit verlassen, wenn er sie ohne erweislichen Schaden für seine Gesundheit nicht fortsetzen könne. Zur Verwirklichung dieses Austrittsgrundes sei nach Lehre und Rechtsprechung nicht erforderlich, daß der Arbeitnehmer zur Verrichtung seiner Arbeit geradezu unfähig sei. Das Austrittsrecht bestehe schon dann, wenn durch die Fortsetzung der bisherigen Tätigkeit die Gesundheit des Dienstnehmers gefährdet werde. Ein Schaden müsse noch nicht eingetreten sein. Wesentlich sei nur, daß die Bedrohung der Gesundheit des Arbeitnehmers schon im Zeitpunkt der Austrittserklärung bestehe. Da der Kläger bei der Fortsetzung der ihm konkret zugeteilten Arbeit mit gesundheitlichen Schäden habe rechnen müssen, sei ein Austrittsgrund vorgelegen. In einem solchen Falle sei aber der Arbeiter dann nicht zum Austritt berechtigt, wenn ihm der Arbeitgeber eine andere nicht gesundheitsgefährdende Tätigkeit anbiete, die im Rahmen des Arbeitsvertrages liege, und der Arbeiter ein solches Anbot zurückweise. Nach überwiegender Ansicht sei der Arbeitnehmer nicht verpflichtet, vor der Lösung des Dienstverhältnisses mit Änderungswünschen an den Arbeitgeber heranzutreten. Hiebei sei aber davon ausgegangen worden, daß dem Arbeitgeber der Gesundheitszustand des Arbeitnehmers bekannt gewesen sei. Der Arbeitnehmer sei dazu verpflichtet, den Arbeitgeber über seinen Gesundheitszustand aufzuklären, soweit er nicht davon ausgehen könne, daß dieser dem Arbeitgeber bekannt sei. Anerkenne man, daß der Arbeitgeber den Austrittsgrund durch Zuweisen einer entsprechenden nicht gesundheitsgefährdenden Tätigkeit, die im Rahmen des Arbeitsvertrages liege, abwenden könne, so müsse man auch verlangen, daß dem Arbeitgeber dazu die Möglichkeit (durch entsprechende Aufklärung) eröffnet werde. Dadurch werde vermieden, daß der Arbeitgeber durch eine plötzliche und unerwartete Austrittserklärung überrascht werde. Da die beklagte Partei infolge der Größe des Betriebes über den Gesundheitszustand des Klägers nicht Bescheid wissen mußte, hätte dieser die beklagte Partei vor der Austrittserklärung über seinen Gesundheitszustand informieren müssen. Da er dies nicht getan habe, sei der Austritt nicht gerechtfertigt.

Die gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision des Klägers ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die behauptete Mangelhaftigkeit des Verfahrens, mit der in Wahrheit vermeintliche Feststellungsmängel geltend gemacht werden, liegt nicht vor. Die Feststellung des Erstgerichtes geht nicht dahin, daß die beklagte Partei den Kläger auch als Verkäufer hätte beschäftigen können; erwiesen ist vielmehr, daß sie ihm eine seine Gesundheit nicht gefährdende, von seinem Arbeitsvertrag umfaßte Tätigkeit als Fleischhauergeselle hätte zuweisen können, so etwa als Fleischverkäufer im Hauptgeschäft oder in einer der sieben Filialen. Diese Feststellung stützte das Erstgericht unter anderem auf die Aussage des Zeugen Walter B***, der angab, die beklagte Partei betreibe in Innsbruck sieben Filialen mit Fleischverkauf (teilweise nur Fleischverkauf) und sie beschäftige etwa 50 Fleischergesellen, so daß es ohne weiteres möglich gewesen wäre "andere Dispositionen zu treffen"; ferner daß diese anderen Tätigkeiten solche eines Fleischergesellen seien, zu denen sich der Kläger im Rahmen seines Arbeitsvertrages verpflichtet hätte. Ein ähnliches Ergebnis erbrachte auch die Vernehmung des Zeugen Helmut G***. Die zusammenfassende Feststellung des Erstgerichtes über anderweitige Beschäftigungsmöglichkeiten des Klägers bei der beklagten Partei bezieht sich daher auf konkrete Verwendungen in seinem Beruf.

Auch die Rechtsrüge des Klägers ist nicht berechtigt. Daß die Tätigkeit des Klägers in der "Rinder- und Schweinezerlegung" (im Zerlegeraum) seine Gesundheit gefährdete und damit an sich der Austrittsgrund des § 82 a lit. a GewO 1859 vorlag, wonach der Arbeiter vor Ablauf der vertragsmäßigen Zeit und ohne Kündigung die Arbeit verlassen darf, wenn er sie ohne erweislichen Schaden für seine Gesundheit nicht fortsetzen kann, ist im Rechtsmittelverfahren nicht mehr strittig. Lehre und Rechtsprechung vertreten die Ansicht, daß die zur ähnlichen Bestimmung des § 26 Z 1 AngG entwickelten Grundsätze zur Auslegung des § 82 a lit. a GewO 1859 sinngemäß heranzuziehen sind (Arb. 9.376 = ZAS 1976, 180 !Marhold ; Wachter in RdA 1978, 250 ff !251 ). Nach überwiegender Ansicht kann sich der Arbeitnehmer auf den Austrittsgrund der Gesundheitsgefährdung dann nicht berufen, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer vor der Austrittserklärung eine andere, seiner Gesundheit nicht abträgliche Arbeit anbiete, die im Rahmen der ihm durch den Anstellungsvertrag übertragenen Tätigkeit liegt, und der Arbeitnehmer dieses Angebot zurückweist (Wachter aaO 252; Mosler, Dienstunfähigkeit als Entlassungs- bzw. Austrittsgrund RdA 1985, 215 ff !220 ; Krejci in Rummel, ABGB, Rz 39 zu 1162; aM Ostheim, Die Weisung des Arbeitgebers als arbeitsrechtliches Problem 115; Arb. 6.757, 8.917, 9.255 = RdA 1976, 70 !Grillberger ; Arb. 10.144). Zum Anbieten einer solchen Tätigkeit hatte aber die beklagte Partei im vorliegenden Fall nur deshalb keine Möglichkeit, weil sie keine Kenntnis davon hatte, daß die Arbeit im Zerlegeraum die Gesundheit des Klägers gefährdete (die Vorinstanzen gingen davon aus, daß diese Kenntnis auch aus dem Wissen der beklagten Partei über die Art der beiden letzten Erkrankungen nicht abzuleiten war). Einziger Streitpunkt zwischen den Parteien ist somit, ob der Kläger verpflichtet war, die beklagte Partei auf seine Gesundheitsgefährdung vor Ausübung des Austrittsrechts aufmerksam zu machen. Der Revisionswerber hält den Vorinstanzen, die eine solche Verpflichtung annahmen, entgegen, daß der Arbeitnehmer ganz überwiegend nicht für verbunden gehalten werde, vor der Lösung des Dienstverhältnisses mit Änderungswünschen an den Arbeitgeber heranzutreten (so Wachter aaO 252; Martinek-Schwarz aaO 558; Arb. 6.757, 8.917, 9.255 = RdA 1976, 70 !für die Annahme einer Aufklärungspflicht aber dort Grillberger 73). Daß der Arbeitnehmer den Arbeitgeber nicht von sich aus auffordern muß, dieser möge ihn anderweitig einsetzen, schließt eine Pflicht des Arbeitnehmers, seine Gesundheitsgefährdung durch die ihm zugewiesene Tätigkeit dem Arbeitgeber anzuzeigen, nicht aus. Dieses Problem wurde in der bisherigen Rechtsprechung nicht behandelt. In der Entscheidung Arb. 6.757, in der - soweit ersichtlich - erstmals der Rechtssatz ausgesprochen wurde, daß "weder Gesetz noch Lehre noch Rechtsprechung vom Dienstnehmer verlangen", vor der Lösung des Dienstverhältnisses mit dem Wunsch nach einer anderen Verwendung an den Dienstgeber heranzutreten, hatte der beklagte Dienstgeber dem Dienstnehmer angeboten, er brauche wegen seines angegriffenen Zustandes sein Dienstverhältnis nicht aufzugeben, weil er ohne weiteres auf einem anderen entsprechenden Dienstposten eingesetzt werden könne, worauf der Dienstnehmer erklärte, er lege auf ein weiteres Dienstverhältnis mit der beklagten Partei keinen Wert, er wolle so schnell wie möglich aus diesem Dienstverhältnis herauskommen. Der zitierte Rechtssatz, daß der Dienstnehmer von sich aus vor dem Austritt keine andere Verwendung verlangen müsse, war daher in dieser Entscheidung nur ein obiter dictum. Auch in der Entscheidung Arb. 8.917 hatte die klagende Dienstnehmerin schon vor ihrem Austritt während ihres Krankenhausaufenthaltes den beklagten Dienstgeber informiert, daß sie den Beruf im Stehen nicht mehr werde ausüben können, und ihm den Vorschlag unterbreitet sie halbtägig zu beschäftigen, was der Beklagte ablehnte. Das Revisionsgericht hielt dem Dienstgeber daher entgegen, er hätte schon zu dieser Zeit Gelegenheit gehabt, der Klägerin eine vorwiegend im Sitzen auszuübende Tätigkeit anzubieten. In der Entscheidung Arb. 9.255 = RdA 1976, 70 war der behandelte Rechtssatz wieder ein obiter dictum, weil der dortige Kläger seinen Vorgesetzten (allerdings offenbar schon längere Zeit vor dem Austritt) zweimal unter Hinweis auf seinen Gesundheitszustand um Zuweisung einer anderen Arbeit gebeten hatte, bei der er Witterungseinflüssen nicht so ausgesetzt sei. Allen drei Entscheidungen ist somit gemeinsam, daß der Arbeitgeber von der Gesundheitsgefährdung des Arbeitnehmers vor dem Austritt Kenntnis und damit die Möglichkeit hatte, dem Arbeitnehmer eine seine Gesundheit nicht gefährdende Tätigkeit, die in den Rahmen des bisherigen Arbeitsvertrages fiel, anzubieten, dies ist im Falle der Entscheidung Arb. 6.757 auch geschehen und führte zur Abweisung der Klage des Arbeitnehmers. Die Ablehnung einer Mitteilungs- oder Aufklärungspflicht des Dienstnehmers über seine durch die verrichtete Arbeit hervorgerufene gesundheitliche Gefährdung kann somit aus dieser Entscheidungskette nicht abgeleitet werden. Da der Dienstgeber auf Grund seiner Fürsorgepflicht verbunden ist, die Arbeitsbedingungen so zu gestalten, daß das Leben und die Gesundheit des Arbeitnehmers möglichst geschützt ist (statt vieler Spielbüchler in Arbeitsrecht2 I 171 f) und, wenn ihm Gefährdungen zur Kenntnis gelangen, unverzüglich Abhilfe zu schaffen hat, und da sich der Arbeitnehmer auf den Austrittstatbestand des § 82 a lit. a GewO 1859 (bzw. § 26 Z 1 AngG) nur mit Erfolg berufen kann, wenn er nicht bloß die zuletzt ausgeübte Tätigkeit, sondern auch andere vertragsgemäße Arbeiten, die ihm vom Arbeitgeber aufgetragen oder angeboten worden sind, aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr verrichten kann (Arb. 10.144), und ein vom Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nach vollzogenem Austritt unterbreitetes Anbot einer zumutbaren, dem bisherigen Arbeitsvertrag entsprechenden Beschäftigung auf die bewirkte Lösung des Arbeitsverhältnisses keinen Einfluß mehr hat (Arb. 8.917; Wachter aaO 252; Martinek-Schwarz aaO 558; Krejci aaO Rz 39) muß auch vom Arbeitnehmer verlangt werden, daß er den Arbeitgeber darüber aufklärt, daß die Arbeit auf dem ihm bisher zugewiesenen Arbeitsplatz seine Gesundheit gefährdet. Dies gilt allerdings dann nicht, wenn der Arbeitnehmer annehmen kann, daß dem Arbeitgeber diese Umstände bekannt sind (Grillberger in RdA 1976, 72 !73 ) oder daß die Verweisung auf einen anderen Arbeitsplatz im Rahmen des Arbeitsvertrages nach den gegebenen Umständen nicht in Betracht kommt. Grundsätzlich ist aber der Arbeitnehmer zur Aufklärung über seine Arbeitsunfähigkeit verpflichtet. Wollte man dies verneinen, so käme man letztlich dazu, daß jener Arbeitnehmer, der seinen schlechten Gesundheitszustand verheimlicht, den Arbeitgeber mit seinem Austritt überraschen kann, während ein Arbeitnehmer, dem dies nicht gelingt, damit rechnen muß, daß ihm eine andere, von ihm geschuldete Tätigkeit zugeteilt und damit der Austrittsgrund beseitigt wird. Von solchen Zufälligkeiten darf aber das Recht zum vorzeitigen Austritt nicht abhängig sein (Grillberger aaO). Diese Meinung ist im Schrifttum nicht vereinzelt geblieben. Auch Krejci in Rummel aaO Rz 44 vertritt (unter Berufung auf eine Entscheidung des Gewerbegerichtes Reichenberg Arb. 515) die Ansicht, daß das Austrittsrecht erst ausgeübt werden darf, wenn der gefährdete Dienstnehmer die Gefährdung seiner Gesundheit dem Dienstgeber angezeigt hat. Auch Martinek-Schwarz aaO 559 empfehlen (wegen der nach vollzogenem Austritt nicht mehr zu beeinflussenden Austrittsfolgen), den Arbeitgeber über die Auswirkungen der beruflichen Verwendung auf den Gesundheitszustand nicht im unklaren zu lassen.

Eine derartige, zur Fürsorgepflicht des Arbeitgebers korrespondierende Aufklärungspflicht ist dem Arbeitnehmer entgegen den Ausführungen der Revision durchaus zumutbar; von einer Pflicht, den Arbeitgeber fortwährend über den Gesundheitszustand zu informieren, kann keine Rede sein. Die Aufklärungspflicht kommt nur zum Tragen, wenn die Arbeitsunfähigkeit oder die gesundheitliche Gefährdung des Arbeitnehmers durch Zuweisung einer anderen Tätigkeit im Rahmen der übernommenen arbeitsvertraglichen Pflichten beseitigt werden kann, also regelmäßig nur dann, wenn die Unfähigkeit (Gefährdung) nur einzelne Tätigkeiten betrifft (zB das Heben schwerer Lasten) oder durch ungünstige Bedingungen, unter denen die Arbeit zu leisten ist (zB Nässe, Kälte, Lärm, Rauch, Staub etc.) hervorgerufen wird. In diesen Fällen ist es dem Arbeitnehmer zuzumuten, den Arbeitgeber darauf hinzuweisen, daß er seine Arbeit unter gleichbleibenden Bedingungen nicht mehr leisten könne, ohne seine Gesundheit zu gefährden. Die Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz braucht er freilich nicht zu verlangen; sie ist auch gar nicht immer erforderlich, weil der Arbeitgeber unter Umständen auch Abhilfe bei (im wesentlichen) gleichbleibender Tätigkeit durch eine entsprechende Verbesserung der Arbeitsbedingungen (zB sofortige Verringerung schädlicher Immissionen) oder einfachste organisatorische Maßnahmen (zB die Anordnung, daß der Arbeitnehmer keine schweren Lasten heben braucht, weil ohnehin stets andere Arbeitnehmer hiefür zur Verfügung stehen) herbeiführen kann. Im vorliegenden Fall durfte der Kläger nicht davon ausgehen, daß die beklagte Partei von seiner Gesundheitsgefährdung durch die Arbeit im "Zerlegeraum" Kenntnis hatte oder wenigstens Kenntnis haben mußte. Andererseits mußte er auf Grund der betrieblichen Verhältnisse bei der beklagten Partei damit rechnen, daß für ihn ohne weiteres Ersatzarbeitsmöglichkeiten als Fleischergeselle in Betracht kamen, bei denen er keinen gesundheitlichen Gefährdungen ausgesetzt war, und daß die beklagte Partei zu solchen Maßnahmen auch bereit war, zumal er bereits einmal über seinen Wunsch innerhalb des Unternehmens versetzt worden war. Der Kläger hätte daher die beklagte Partei über seine gesundheitliche Gefährdung vor Abgabe der Austrittserklärung informieren müssen. Da er dies nicht getan hat, ist der vorzeitige Austritt, wie die Vorinstanzen zutreffend erkannten, nicht berechtigt.

Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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