OGH 9ObA372/97i

OGH9ObA372/97i25.2.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Steinbauer und Dr.Spenling sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr.Peter Bukovec und Dr.Bernhard Rupp als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Ingeborg Sch*, Angestellte, * vertreten durch Dr.Georg Grießer und Dr.Roland Gerlach, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Versicherung*, vertreten durch Dr.Josef Bock und Dr.Thomas Wiesinger, Rechtsanwälte in Wien, wegen Feststellung (Streitwert S 150.000), infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 3.September 1997, GZ 8 Ra 172/97s‑33, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits‑ und Sozialgerichtes Wien vom 29.Oktober 1996, GZ 13 Cga 397/93h‑25, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1998:E48979

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 6.975,- bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.162,50 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist ungeachtet des Ausspruches des Berufungsgerichtes gemäß § 46 Abs 3 Z 2 ASGG zulässig, weil es sich unter anderem (AS 75) um eine Streitigkeit handelt, die Belegschaftsrechte nach dem zweiten Teil des ArbVG (§ 101 ArbVG) zum Gegenstand hat.

Das Berufungsgericht hat zutreffend die Rechtsunwirksamkeit der Versetzung der Klägerin in das Kundendienstbüro festgestellt. Es kann daher insoweit auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung verwiesen werden (§ 510 Abs 3 2.Satz ZPO).

Den Ausführungen der Revisionswerberin ist folgendes entgegenzuhalten:

Soweit das Berufungsgericht unter Gegenüberstellung und Abwägung des Entfalles der Bildschirmarbeit am neuen Arbeitsplatz infolge der gesundheitlichen Einschränkung der Klägerin als verbessernde Folge und der ansehensmäßigen Verschlechterung durch Ausübung von "Zubringerfunktionen" sowie der Verlängerung des Anmarschweges um täglich 20 bis 30 Minuten pro Fahrstrecke als verschlechternde Folge der Versetzung insgesamt rechtlich zum Vorliegen einer verschlechternden Versetzung gelangte, so liegt darin keine Fehlbeurteilung. Nach der Rechtsprechung war eine Erhöhung der Fahrzeit um 28 Minuten (RdW 1995, 110) oder von einer Stunde (DRdA 1997/9 [Mayr]) oder von 30 Minuten jeweils pro Tag (9 ObA 121/97b) nicht entscheidend. Allen diesen Entscheidungen lag aber die Folgepflicht bei einer Betriebsverlegung zugrunde. Bei der Prüfung, ob eine verschlechternde Versetzung vorliegt, kommt es auf eine Gesamtbeurteilung (Arb 9404) und Abwägung der konkreten Situation vor und nach der Versetzung an (Arb 10.472).

Hiebei übersieht die Revisionswerberin, daß nicht nur die Verlängerung der Fahrtzeit ein die bisherige Situation verschlechternder Umstand war, dem die Verbesserung durch den Wegfall der Bildschirmarbeit gegenüberstand, sondern daß auch noch das Berufungsgericht, von der Revision nicht gerügt, davon ausgeht, daß mit ihrer Tätigkeit im Kundenbüro gegenüber einer Schadensreferentin eine ansehensmäßige Verschlechterung verbunden ist, weil sie nur mehr "Zubringerfunktionen" ausübt. Mag auch keine krasse Ansehensminderung damit verbunden sein, so ergibt sich zwar kein Imageverlust gegenüber den "Nebendiensten", die in diesem Verfahren aber nicht mehr von Bedeutung sind, jedoch eine Verschlechterung gegenüber einer Schadensreferentin, zu deren Aufgaben jedenfalls nicht die Führung von Anwesenheitslisten, Telefondienst oder das Erteilen nur einfacher Auskünfte etwa über die Höhe einer Haftpflichtprämie gehört. Es ist dabei nicht mehr von Belang, daß die Klägerin auch noch Sekretariatsarbeiten für den Gebietsleiter verrichtet. Insgesamt überwiegt daher eine erkennbare Verschlechterung der Arbeitsbedingungen als Folge der Versetzung.

Da eine Versetzung unter Außerachtlassung der arbeitsvertraglichen und betriebsverfassungsrechtlichen Schranken gesetzwidrig und unwirksam ist (Arb 11.311), genügt schon das Vorliegen einer verschlechternden Versetzung ohne Zustimmung des Betriebsrates, um eine Verpflichtung, an der neuen Dienststelle zu arbeiten, auszuschließen. Die Meinung des Betriebsrates, eine verschlechternde Versetzung liege nicht vor, kann nicht als erforderliche Zustimmung gewertet werden (Ind 1996/2315).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

 

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