Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie einschließlich des unangefochten gebliebenen stattgebenden Teiles insgesamt zu lauten hat:
"Die beklagte Partei ist schuldig, der Klägerin zu Handen ihres Vertreters den Betrag von 89.387,70 S brutto samt 4 % Zinsen aus dem sich daraus ergebenden Nettobetrag seit 9.März 1991 binnen vierzehn Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Es wird festgestellt, daß die Klägerin hinsichtlich ihrer Tätigkeiten als Postzustellerin und Poststellenführerin in einem einheitlichen Dienstverhältnis zur beklagten Partei stand.
Die beklagte Partei ist schuldig, der Klägerin die mit 63.559,60 S bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz (darin 5.200 S Barauslagen und 9.726,60 S Umsatzsteuer) sowie die mit 20.415,60 S bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin 3.402,60 S Umsatzsteuer) binnen vierzehn Tagen bei Exekution zu ersetzen."
Die beklagte Partei ist weiters schuldig, der Klägerin die mit 12.247,20 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 2.041,20 S Umsatzsteuer) binnen vierzehn Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin war seit 1.Juni 1951 für die beklagte Partei im Bereich der Post- und Telegraphendirektion für Tirol und Vorarlberg in T***** beschäftigt. Mit 30.September 1991 beendete die Klägerin diese Beschäftigung und bezieht seit 1.Oktober 1991 eine vorzeitige Alterspension wegen langer Versicherungsdauer. Die Klägerin besorgte von Anfang an sowohl die Geschäfte einer Posthilfstelle als auch die Postzustelldienste. Zur Führung der Posthilfstelle stellte sie einen Raum ihres Wohnhauses mit eigenem Eingang zur Verfügung und erhielt dafür von der beklagten Partei eine Vergütung von zuletzt 500 S monatlich. Als Folge einer TBC-Erkrankung war die Klägerin als Postzustellerin im Jahre 1971 im Krankenstand. Das Vertragsverhältnis als Posthilfsstellenführerin wurde vorübergehend aufgelöst und 1974 nach Gesundung der Klägerin ein neuer derartiger Vertrag geschlossen. Anläßlich einer Beitragsprüfung durch die Tiroler Gebietskrankenkasse wurde die beklagte Partei verpflichtet, Sozialversicherungsbeiträge für die Tätigkeit der Klägerin als Poststellenführerin zu entrichten. Im Jahre 1989 forderte das Finanzamt Landeck auch die Lohnsteuer für die Zeit ab dem Jahre 1984 nach, wobei hinsichtlich der Tätigkeit der Klägerin als Posthilfsstellenleiterin das Vorliegen eines Dienstverhältnisses auch in zweiter Instanz bejaht wurde.
Die Klägerin begehrt nach Einschränkung einen Betrag von 89.387,70 S brutto sA an Entgeltdifferenz sowie die Feststellung, daß sie hinsichtlich ihrer Tätigkeiten als Postzustellerin und als Poststellenführerin in einem einheitlichen Dienstverhältnis zur beklagten Partei stand, in eventu, daß die Klägerin auch hinsichtlich ihrer Tätigkeit als Poststellenführerin in einem Dienstverhältnis zur beklagten Partei stand. Die beklagte Partei habe lediglich die Tätigkeit der Klägerin als Postzustellerin nach dem VBG, die Tätigkeit als Poststellenführerin hingegen auf Werkvertragsbasis entlohnt, obwohl ein einheitliches Beschäftigungsverhältnis vorliege. Der Klägerin entstünden aufgrund dieser willkürlichen und gesetzwidrigen Vorgangsweise insbesondere auch bezüglich der Bemessungsgrundlage für ihre künftigen Ruhebezüge Nachteile. Der 13. und 14. Bezug sei nicht berücksichtigt; bei Krankheit und Urlaub habe die Klägerin als Poststellenführerin keine Bezüge erhalten. Der Klägerin seien daher zu niedrige Bezüge ausgezahlt und von der beklagten Partei auch zu niedrige Beiträge an die Tiroler Gebietskrankenkasse abgeführt worden. Die Stattgebung des Feststellungsbegehrens würde zu einer Nachrechnung der Beitragsgrundlage durch die Tiroler Gebietskrankenkasse und einer Vorschreibung von Beitragsnachzahlungen führen.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die kraft Bevollmächtigungsvertrages mit der Führung einer Poststelle betrauten Personen unterschieden sich ganz wesentlich von den in einem Dienstverhältnis stehenden Postbediensteten. Darüber hinaus mangle es an einem rechtlichen Interesse an der begehrten Feststellung, weil beide Rechtsverhältnisse am 30.September 1991 aufgelöst worden seien.
Das Erstgericht gab dem Leistungsbegehren statt und wies das Feststellungsbegehren einschließlich des Eventualbegehrens ab. Die Klägerin sei auch als Posthilfsstellenleiterin in einem persönlichen Abhängigkeitsverhältnis zur beklagten Partei gestanden; wegen des engen Zusammenhanges mit der Tätigkeit als Postzustellerin liege ein einheitliches Dienstverhältnis vor. Die Klägerin habe daher Anspruch auf die geltend gemachten, der Höhe nach außer Streit gestellten Bezugsdifferenzen für den Zeitraum vom 1.August 1988 bis 31.Juli 1991. Hingegen mangle es am rechtlichen Interesse an der begehrten Feststellung. Die Tiroler Gebietskrankenkasse sei an ein Feststellungsurteil nicht gebunden und habe in einem eigenen Verwaltungsverfahren über die Versicherungspflicht zu entscheiden. Unabhängig davon führe die der beklagten Partei mit dem stattgebenden Leistungsurteil auferlegte Zahlungspflicht ohnehin zur nachträglichen Entrichtung von Pensionsbeiträgen und damit zu einer Erhöhung der Bemessungsgrundlage und der Pension. Da das Dienstverhältnis vor Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz beendet worden sei, wäre es der Klägerin möglich gewesen, sämtliche arbeitsrechtlichen Ansprüche gegen die beklagte Partei mit Leistungsklage geltend zu machen, sodaß auch aus dieser Sicht kein Feststellungsinteresse bestehe.
Das Berufungsgericht bestätigte das nur von der Klägerin bekämpfte Ersturteil in seinem das Feststellungsbegehren abweisenden Teil. Die Rechtslage, deren Feststellung begehrt werde, sei von der Krankenkasse zuerst aufgegriffen worden; die Klägerin habe sich mit der vorliegenden Klage erst nachträglich dieser Auffassung angeschlossen. Es sei daher nicht notwendig, die Sozialversicherungsträger zur Berücksichtigung dieser Rechtslage anzuhalten. Soweit die Klägerin im Hinblick darauf, daß für die Höhe der Pension die Bemessungsgrundlage für die letzten zehn oder vierzehn Jahre maßgeblich sei, eine Beitragsnachentrichtung aber nur für die letzten fünf Jahre vorgeschrieben werden könne, eine Feststellung der Haftung der beklagten Partei für die Pensionsdifferenz anstrebe, sei das Feststellungsbegehren verfehlt, weil es sich nur auf ein Tatbestandsmerkmal des Schadenersatzanspruches beziehe.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der Stattgebung des Feststellungsbegehrens abzuändern.
Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Die Revision ist berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Die Qualifikation der Tätigkeit der Klägerin als Postzustellerin und als Posthilfsstellenleiterin im Sinne eines einheitlichen Dienstverhältnisses blieb unbekämpft. Strittig ist im Revisionsverfahren lediglich die Frage, ob der Klägerin an der begehrten Feststellung ein rechtliches Interesse zuzubilligen ist. Wie der Oberste Gerichtshof in den Entscheidungen Arb 8.680, Arb
8.869 = SZ 44/62, 9 Ob A 140/87 sowie 9 Ob A 138/92 = JUS extra 1992 (1150) ausgesprochen hat, ist das rechtliche Interesse an der Feststellung der tatsächlichen Dauer eines in der Vergangenheit beendeten Dienstverhältnisses schon im Hinblick auf sozialversicherungsrechtliche Belange zu bejahen. Dasselbe gilt für die Feststellung, ob zwei bereits beendete Beschäftigungsverhältnisse als einheitliches Dienstverhältnis zu qualifizieren sind. Hiebei ist es eine von den Gerichten nicht zu entscheidende Frage, welche Schlüsse die Verwaltungsbehörde aus der arbeitsgerichtlichen Entscheidung für das öffentlichrechtliche Versicherungsverhältnis ziehen wird, so daß in die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörde nicht eingegriffen wird (siehe Arb 8.869 = SZ 44/62; 9 Ob A 138/92). Da der Klägerin schon aus diesem Grund ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung zuzubilligen ist, erübrigt es sich, zur weiteren Frage Stellung zu nehmen, ob das gestellte Feststellungsbegehren zur Wahrung allfälliger Schadenersatzansprüche gegen die beklagte Partei geeignet ist.
Der Revision war daher Folge zu geben; die Urteile der Vorinstanzen waren im Sinne der Stattgebung des Feststellungsbegehrens abzuändern.
Die Entscheidung über die Kosten sämtlicher Instanzen beruht auf den §§ 41, 43 Abs 2 und 50 ZPO.
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