Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit S 4.077 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (davon S 679,50 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war vom 14. Mai 1968 bis zu seiner Kündigung am 20. November 1988 (mit strittigen Unterbrechungen) beim Beklagten (bzw. dessen Rechtsvorgängerin) als Tischler beschäftigt. Der Beklagte zahlte dem Kläger anläßlich seiner Kündigung eine Abfertigung in Höhe von sechs Monatsbezügen.
Der Kläger behauptet, er sei beim Beklagten durch mehr als 20 Jahre ununterbrochen beschäftigt gewesen, so daß ihm eine Abfertigung im Ausmaß von neun Monatsbezügen gebühre; der Beklagte habe sich bereit erklärt, die Gesamtbeträge auf einmal zu zahlen. Der Kläger begehrt daher die restliche Abfertigung in Höhe von S 56.433,45 brutto sA.
Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, daß das Dienstverhältnis des Klägers mehrmals unterbrochen worden sei. Nach diesen Unterbrechungen seien neue Dienstverhältnisse begründet worden. Die Abfertigung in Höhe von sechs Monatsbezügen habe er nur freiwillig gezahlt. Der Höhe nach werde das Klagebegehren außer Streit gestellt.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt und traf folgende
wesentliche Feststellungen:
Der Kläger war ursprünglich bei der Firma H*** OHG
beschäftigt. 1982 schied der Vater des Beklagten aus dieser Gesellschaft aus. Der Beklagte führte den Betrieb als Einzelunternehmen weiter. Er übernahm den Kläger mit allen Rechten und Pflichten.
Der Kläger wurde in der Zeit vom:
19.12.1969 bis 19.01.1970
17.12.1970 bis 11.01.1971
23.12.1971 bis 10.01.1972
16.07.1972 bis 31.07.1972
bei der Gebietskrankenkasse abgemeldet und danach wieder angemeldet. Es bestand aber seit Mai 1968 - mit Ausnahme des Zeitraumes vom 20. Dezember 1969 bis 19. Jänner 1970 - ein durchgehendes Arbeitsverhältnis, das weder vom Kläger noch vom Beklagten (bzw. dessen Rechtsvorgängerin) jemals durch eine entsprechende Erklärung gegenüber dem Vertragspartner beendet worden war. Als der Kläger zum ersten Mal die auf den Arbeitsbestätigungen (wegen der Krankenkassenabmeldungen) eingetragenen Unterbrechungen des Arbeitsverhältnisses bemerkte und den Arbeitgeber deswegen fragte, antwortete ihm dieser, das bedeute nichts, das sei nur wegen der Krankenkasse.
Die einzige Unterbrechung hatte ihren Grund darin, daß der Kläger als Ausländer eine Beschäftigungsbewilligung benötigte, das Arbeitsamt Bau-Holz (Wien 16) aber den Antrag auf Verlängerung der Beschäftigungsbewilligung über den 20. Dezember 1969 hinaus abwies und dem Kläger erst ab 19. Jänner 1970 eine neue Beschäftigungsbewilligung erteilte. In der übrigen Zeit hatte der Kläger durchgehende Beschäftigungsbewilligungen.
Ob der Kläger in dem einzigen Zeitraum, in dem er keine Beschäftigungsbewilligung besaß, bei der Rechtsvorgängerin des Beklagten gearbeitet hat oder ob für diese Zeit, allenfalls im vorhinein, ein Urlaub vereinbart war, wurde nicht festgestellt. Das Erstgericht war der Ansicht, daß das Arbeitsverhältnis des Klägers durch die wiederholten kurzfristigen Abmeldungen bei der Gebietskrankenkasse nicht unterbrochen wurde. Da das Arbeitsverhältnis des Klägers beim Beklagten (dessen Rechtsvorgängerin) nur ein einziges Mal infolge Fehlens einer Beschäftigungsbewilligung einen Monat lang unterbrochen wurde, sei im Sinne der Entscheidung Arb 10.383 von einem einheitlichen ununterbrochenen Arbeitsverhältnis auszugehen.
Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als Ergebnis einer zutreffenden Beweiswürdigung und billigte dessen rechtliche Beurteilung. Zeitlich lückenlos aneinander anschließende Arbeitsverhältnisse seien ohne Rücksicht auf die Art ihrer jeweiligen Beendigung für den Erwerb der Anwartschaft auf die Abfertigung und für die Höhe dieses Anspruches zusammenzurechnen. Durch die Abmeldung des Klägers bei der Gebietskrankenkasse sei das Arbeitsverhältnis nicht unterbrochen worden. Die in die Zeit der Weihnachtsfeiertage und des Jahreswechsels fallende Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses vom 20. Dezember 1969 bis 18. Jänner 1970 sei derart kurz, daß eine ununterbrochene Dauer des Dienstverhältnisses anzunehmen sei. Das Vorbringen des Klägers, der Arbeitgeber habe sich bereit erklärt, die gesamte Abfertigung auf einmal zu zahlen, sei weder in der Klagebeantwortung noch sonst im Verfahren ausdrücklich bestritten worden. Das Erstgericht habe daher zutreffend die Fälligkeit des begehrten Betrages angenommen.
Der Beklagte bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes mit Revision wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung und beantragt, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß das Klagebegehren abgewiesen werde. Hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag. Der Kläger beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, der Revision des Beklagten nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Der Revisionswerber macht geltend, er habe das Klagebegehren ausdrücklich bestritten. Der Kläger hätte daher auch den vorzeitigen Eintritt der Fälligkeit der gesamten Abfertigung (in der Höhe des Neunfachen des monatlichen Entgeltes; § 23 Abs 4 AngG iVm § 2 Abs 1 ArbAbfG) beweisen müssen.
Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Der Beklagte hat zur Behauptung des Klägers, der Beklagte habe sich bereit erklärt, die gesamte Abfertigung auf einmal anzuweisen, nichts vorgebracht, obwohl er das Klagebegehren der Höhe nach außer Streit gestellt und damit auch den begehrten Zinsenlauf (4 % seit dem Klagstag) unbestritten gelassen hat. Im Hinblick auf diese Erklärungen war das sonst grundsätzlich ausreichende unsubstantiierte Bestreiten des Vorbringens des Klägers jedenfalls im Hinblick auf die Nebenforderung an Zinsen als Geständnis anzusehen (SZ 47/3; SZ 55/116). Was die Hauptsache betrifft, ist aber die Abfertigung auch ohne Berücksichtigung der behaupteten Vereinbarung noch vor dem Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz (25. September 1989) fällig geworden, da das Dienstverhältnis des Klägers am 20. November 1988 endete (§ 23 Abs 4 AngG iVm § 2 Abs 1 ArbAbfG). Auch der Rechtsansicht des Beklagten, infolge Fehlens einer Beschäftigungsbewilligung des Klägers in der Zeit vom 20. Dezember 1969 bis 19. Jänner 1970 habe sein damaliges Dienstverhältnis geendet, so daß die vorher liegenden Dienstzeiten für die Berechnung der Abfertigung nicht zu berücksichtigen seien, ist nicht zu folgen. Wie der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung Arb 10.383 ausgesprochen hat, sind die einzelnen Arbeitsverhältnisse eines Arbeitnehmers beim selben Arbeitgeber zu einer Einheit zusammenzufassen und eine ununterbrochene Dauer des Dienstverhältnisses anzunehmen, wenn die Beschäftigung nur zur Zeit alljährlicher Betriebsferien in der Dauer von zwei bis drei Wochen unterbrochen wird. Daran könne auch nichts ändern, daß "der jeweilige Zeitablauf durch den Ablauf der jeweiligen Arbeitsbewilligung des" Arbeitnehmers bedingt war. Diese rechtliche Beurteilung beruht darauf, daß der Wille der Parteien bei einer derartigen Sachlage regelmäßig nicht auf eine vorübergehende Auflösung (mit allen daraus entspringenden Rechtswirkungen), sondern auf eine bloße Karenzierung des Arbeitsverhältnisses im Sinne eines Aussetzungsvertrages gerichtet ist. Soll der Arbeitnehmer nach den gesamten Umständen des Falles nur vorübergehend mit der Arbeit aussetzen, so daß der Arbeitgeber auf diesen später wieder zurückgreifen und der Arbeitnehmer ab diesem Zeitpunkt an derselben Arbeitsstätte wieder weiterarbeiten kann, ist im allgemeinen keine Beendigung, sondern eine Karenzierung anzunehmen (Runggaldier, DRdA 1986, 276 f; WBl 1988, 436; WBl 1989, 376; 9 Ob A 115/89). Im vorliegenden Fall bedurfte der Kläger einer Bewilligung seiner Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG); die Bewilligung wurde jeweils nur für ein Jahr erteilt. Diese genehmigten Beschäftigungsverhältnisse schlossen jeweils nahtlos aneinander an; nur Ende 1969 kam es infolge Abweisung eines Antrages auf Beschäftigungsbewilligung, die nachträglich wiederum erteilt wurde, zu einem kurzen Zeitraum, in dem der Kläger die erforderliche Beschäftigungsbewilligung (§ 3 AuslBG) nicht besaß. Da der Beklagte gar nicht behauptet hat, daß das Arbeitsverhältnis des Klägers aus Anlaß dieser kurzen Unterbrechung abgewickelt wurde und die Unterbrechung überdies weitgehend in die Zeit der Weihnachtsfeiertage und des Jahreswechsels fiel, lag eine Aussetzungsvereinbarung vor.
Im übrigen sind aber gemäß § 23 Abs 1 AngG (iVm § 2 Abs 1 ArbAbfG) alle Zeiten, die der Arbeitnehmer in unmittelbar vorausgegangenen Arbeitsverhältnissen als Arbeiter oder Lehrling zum selben Arbeitgeber zurückgelegt hat, für die Abfertigung zu berücksichtigen. Die vom Gesetz verlangte unmittelbare Aufeinanderfolge bedeutet zwar nicht, daß ein Arbeitsverhältnis fugenlos an das nächste anschließen muß, doch schließen jedenfalls zu lange, etwa die Zeit der Betriebsferien übersteigende Unterbrechungen, eine Zusammenrechnung der unterbrochenen Arbeitszeiten aus (vgl Migsch, Abfertigung für Arbeiter und Angestellte 114; Martinek-Schwarz, AngG6, 450, 461; Martinek-Schwarz, Abfertigung - Auflösung des Arbeitsverhältnisses 320; Bydlinski, Die Zusammenrechnung von Dienstzeiten als Abfertigungsproblem in der Bauwirtschaft, ZAS 1985, 127 f; WBl 1989, 376; 9 Ob A 115/89; vgl auch Arb 10.383).
Schon von den Vorinstanzen wurde zutreffend ausgeführt, daß die wiederholten Abmeldungen des Klägers bei der Gebietskrankenkasse ohne Erklärung der Auflösung des Dienstverhältnisses für den Erwerb weiterer Anwartschaftszeiten auf die Abfertigung irrelevant waren, zumal der Arbeitgeber diese Vorgangsweise auf Anfrage des Klägers als unbeachtlich bezeichnet hat.
Nach den Feststellungen der Vorinstanzen hat der Beklagte keine Entlassung, sondern eine Kündigung ausgesprochen. Abgesehen davon hätte aber eine Entlassung wegen unverschuldeter Unfähigkeit zur weiteren Dienstleistung gemäß § 23 Abs 7 AngG iVm § 2 Abs 1 ArbAbfG einen Verlust des Abfertigungsanspruches nicht zur Folge gehabt (Martinek-Schwarz, AngG6, 496).
Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
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