Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 7.605,- bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 1.267,50 S USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Rechtliche Beurteilung
Da die Begründung des Berufungsgerichtes zutreffend ist, genügt es auf diese Ausführungen zu verweisen (§ 48 ASGG).
Strittig ist die Frage, ob die Trinkgelder, die der Kläger für persönliche Dienstleistungen an den Kunden der beklagten Partei von diesen Kunden erhielt, in die Bemessungsgrundlage für die Abfertigung einzubeziehen sind. Diese Frage haben die Vorinstanzen zutreffend verneint und dazu auf die diesbezügliche Judikatur und Lehre verwiesen.
Entgegen anderen Rechtsbereichen (etwa dem ASVG oder dem EStG) kennt das Arbeitsrecht keine allgemein gültige Legaldefinition des Entgelts. Unter Entgelt wird vielmehr jede Art von Leistung verstanden, die dem Dienstnehmer für die Zurverfügungstellung seiner Arbeitskraft gewährt wird (vgl Krejci in Rummel, ABGB2 Rz 9 zu § 1152 ABGB). Leistungen Dritter sind dem Arbeitsentgelt zuzurechnen, wenn zwischen dem Dienstgeber und dem Dienstnehmer entsprechende vertragliche Vereinbarungen getroffen wurden oder wenn sich eine Zuordnung der Leistungen aus den sonstigen Umständen ergibt; so wenn sie etwa für Tätigkeiten gewährt werden, die zu den dienstvertraglich geschuldeten zählen (vgl Schwarz/Löschnigg, Arbeitsrecht4 246; ZAS 1985/11 mit Besprechung von Tomandl, der auf die Verpflichtung des Dienstgebers abstellt, 106 ff). Im Gegensatz dazu stehen Leistungen, die einem Dienstnehmer nur aus Gelegenheit seines Dienstverhältnisses von Dritten zufließen, die aber nciht Bestandteil des geschuldeten Entgelts sind. Diese Leistungen sind zwar als Einkommen des Dienstnehmers anzusehen, aber in die Ermittlung des arbeitsrechtlichen Entgeltsanspruches nicht einzubeziehen (vgl Schrank, Rechtsprobleme der Berechnung der Abfertigung, ZAS 1990 1 ff [5]; Arb 9464). An diesen Aussagen hielt der Oberste Gerichtshof auch in der Entscheidung des OGH JBl 1991, 200 = SZ 63/143 = Arb 10.891 fest. In dieser Entscheidung gelangte er wohl zu dem Ergebnis, daß die dort geltend gemachte Leistung dem arbeitsrechtlichen Entgeltbegriff zu unterstellen sei. Dabei handelte es sich jedoch um einen völlig anders gelagerten Fall. Daß eine Dienstwohnung, die einem Dienstnehmer von einem Dritten im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis zur Verfügung gestellt wird, deren Kosten vom Dienstgeber getragen und mit dem Vermieter direkt verrechnet werden, ist von dem Fall, daß ein Dienstnehmer von Kunden des Dienstgebers ohne jede rechtliche Verpflichtung Trinkgelder erhält, völlig verschieden. Was der Kläger aus dem Ergebnis dieser Entscheidung für seinen Fall gewinnen will, vermag er auch in der Revision nicht darzulegen.
Nach den Feststellungen bezog der im Arbeiterdienstverhältnis beschäftigt gewesene Kläger im letzten Jahr ein Nettoeinkommen von rund 316.000 S. Nach seinen Behauptungen betrugen die Tringeldeinnahmen zusätzlich rund 10.000 S pro Monat. Selbst wenn man diese Behauptung zugrunde legte (genaue Feststellungen über die Höhe des monatlichen Trinkgeldes fehlen), ergibt sich, daß die Trinkgelder zwar einen beträchtlichen Teil des monatlichen Einkommens ausmachten, sich aber in dem für sonstige Trinkgeldberufe üblichen Verhältnis bewegten.
Der Kläger vertritt den Standpunkt, daß das Trinkgeld Entgelt im arbeitsrechtlichen Sinn sei, weil ihm anläßlich seiner Einstellung im Jahr 1958 die Möglichkeit der Erzielung maßgeblicher Tringeldeinnahmen zugesagt worden sei. Fest steht dazu, daß der seinerzeitige Direktor der beklagten Partei dem Kläger bei Begründung des Arbeitsverhältnisses erklärte, wenn er tüchtig und freundlich sei, könne er mehr verdienen als ein Direktor. Damit wurde der Kläger nur auf die Möglichkeit hingewiesen, Trinkgelder zu verdienen. Daß bezogene Trinkgelder auch Teil des dem Kläger aus dem Arbeitsvertrag zustehenden Entgeltes sein sollten, kann aus dieser Mitteilung nicht abgeleitet werden. Es trifft auch nicht zu, daß der Kläger zur Erzielung eines angemessenen Einkommens zum wesentlichen Teil auf Trinkgelder verwiesen gewesen wäre (vgl Migsch, Abfertigung für Arbeiter und Angestellte, 131). Nach dem rechtlich zu beurteilenden Sachverhalt entsprach die Höhe des Entgeltes, das der Kläger im Rahmen seines Dienstvertrages bezog, dem von Beschäftigten gleicher Wertigkeit und Einstufung, die nicht mit Kundenkontakt befaßt waren und daher keine Möglichkeit hatten, Trinkgelder zu erzielen.
Gemäß § 49 Abs 1 ASVG sind unter Entgelt die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer (Lehrling) aus dem Dienstverhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus aufgrund des Dienst(lehr)verhältnisses vom Dienstgeber oder einem Dritten erhält. Dieser Bestimmung unterliegen auch Trinkgelder (vgl ASVG, MGA 42. ErgLfg 347 f). Der Entgeltbegriff des Sozialversicherungsrechtes ist daher weiter als der arbeitsrechtliche. Das Sozialversicherungsrecht bezieht in diesen Begriff auch Einkommen ein, das nicht Gegenstand des Dienstvertrages ist. Ziel des Sozialversicherungsrechtes ist es, Vorsorge für die Existenzsicherung im Fall von Krankheit, Unfall oder einen der gesetzlichen Pensionsfälle zu schaffen, wobei die Form der Berechnung der in diesen Fällen zustehenden Leistungen so gestaltet ist, daß sich diese Leistungen weitgehend an den Einkommensverhältnissen vor Eintritt des Versicherungsfalles orientieren. Dem Betroffenen soll durch die Sozialversicherungsleistung der bisherige Lebensstandard, wenn auch in etwas eingeschränkter Form, erhalten werden. Grundlage dieses Lebensstandards ist aber nicht nur das Entgelt, das der Versicherte von seinem Dienstgeber beanspruchen kann, sondern vielfach gehören auch andere Leistungen wie etwa Trinkgelder dazu. Sie bilden oft einen sehr wesentlichen Teil des Einkommens. Dem Gedanken der Sicherung des bisherigen Standard entspricht es daher auch diese in den sozialversicherungsrechtlichen Entgeltbegriff einzubeziehen; nur dann können bei Eintritt des Versicherungsfalles adäquate Leistungen gewährt werden. Um die Einbeziehung dieser Einkommensteile zu ermöglichen, müssen sie dem Dienstgeber, der die Meldungen zu erstatten und die Beiträge abzuführen hat, bekannt sein. Über diese Kenntnis kann er aber ohne entsprechende Bekanntgabe durch den Dienstnehmer nicht verfügen. Das ASVG sieht zwar keine ausdrückliche Verpflichtung des Dienstnehmers zur Meldung der Trinkgeldeinkünfte vor, gehat aber offenbar davon aus, daß eine solche Meldung zu erfolgen hat, zumal für den Fall des Fehlens entsprechender Unterlagen die schätzungsweise Ermittlung dieses Einkommensteiles vorgesehen ist (§ 42 Abs 3 ASVG). Die Meldung der Höhe der monatlichen Trinkgeldeinkünfte an den Dienstgeber entsprach dieser Rechtslage. Sie verschaffte der beklagten Partei Kenntnis über die Trinkgeldeinnahmen des Klägers als Grundlage für die Meldung und Beitragsentrichtung an die Sozialversicherung. Aus der Bekanntgabe der Trinkgeldeinnahmen an die Dienstgeberin kann aber kein Schluß auf die arbeitsvertragliche Entgelteigenschaft der Trinkgelder gezogen werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41 und § 50 Abs 1 ZPO.
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