Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Die beklagte Partei hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen; sie ist ferner schuldig, den klagenden Parteien je zur Hälfte die mit 7.468,56 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 1.244,76 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Beide Kläger sind bei der beklagten Partei seit dem Jahre 1975 als Verwaltungsangestellte beschäftigt und stehen in einem unkündbaren Dienstverhältnis, auf das die "Dienstordnung A für die Angestellten bei den Sozialversicherungsträgern Österreichs" (DO.A) anzuwenden ist. Seit 1984 waren die Kläger in der Pensionsabteilung tätig, wo sie als Bearbeiter in der REV-Gruppe (Gruppe für die rückwirkende Erfassung von Versicherungszeiten) tätig waren; sie waren in der Gehaltsgruppe C, vorerst Dienstklasse I und nach einem Jahr Dienstklasse II, eingereiht. Die REV-Gruppe wurde mit 1.10.1990 aufgelöst. Seit Feber bzw September 1990 wurden die Kläger als Pensionssachbearbeiter/Ersatz verwendet. Da ihre Kenntnisse hiefür nicht ausreichend waren, mußten sie in der Zeit von Mai 1991 bis Juli 1991 einen Aufbaukurs der Vorbereitungsabteilung absolvieren, den sie mit "nicht entsprechend" beendeten. Mit Wirkung vom 5.8.1991 wurden der Erstkläger in die OE Sekretariat/Poststelle und der Zweitkläger in die OE Gesundheitsvorsorge/Kanzleidienst versetzt. Gleichzeitig erfolgte eine Rückreihung in die Gehaltsgruppe B/II (Erstkläger) bzw in die Gehaltsgruppe B/I (Zweitkläger). Die dadurch entstandene Gehaltseinbuße beträgt beim Erstkläger 3.687 S und beim Zweitkläger 3.863 S je brutto monatlich. Der Betriebsrat der beklagten Partei stimmte denVersetzungen der Kläger zu.
Die Kläger begehren die Feststellung, daß die am 5.8.1991 von der beklagten Partei verfügte Versetzung auf einen Dienstposten mit der Einreihung B/II (Erstkläger) bzw B/I (Zweitkläger) je nach der Gehaltsordnung DO.A rechtsunwirksam sei; sie erhoben das Eventualbegehren auf Feststellung, daß die Versetzung einseitig und vertragsändernd erfolgt sei und daher von der beklagten Partei rückgängig zu machen sei. Die Versetzungen bedeuteten eine wesentliche Verschlechterung des Dienstvertrages; zu einer solchen Vertragsänderung hätten die Kläger ihr Einverständnis nicht erteilt. Die Beurteilung des Erfolges des Aufbaukurses sei keine Dienstbeschreibung im Sinne der DO.A, sondern nur eine Aussage für eine mögliche Verwendung als Pensionssachbearbeiter in C/III. Trotz zwischenzeitiger Auflösung der REV-Abteilung bleibe ihnen nach § 36 Abs 3 iVm § 32 Abs 3 Z 2 DO.A die Einreihung aufgrund der zuletzt ausgeübten Tätigkeit gewahrt. Diese Einreihung sei im übrigen Inhalt des Dienstvertrages.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage. Eine Verschlechterung der dienstvertraglichen Stellung der Kläger sei durch die Versetzung nicht eingetreten. Diese seien als Verwaltungsangestellte aufgenommen worden, ohne daß ihnen eine bestimmte Einstufung oder ein bestimmter Tätigkeitsbereich zugesagt worden sei. Die Zuweisung der neuen Arbeitsplätze sei kraft des direktorialen Weisungsrechtes und mit Zustimmung des Betriebsrates erfolgt. Die seinerzeitige Einreihung sei in der Erwartung erfolgt, daß sich die Kläger als Pensionssachbearbeiter eigneten; diese Erwartung habe sich nicht erfüllt. Da die REV-Gruppe mittlerweile aufgelöst worden sei, scheide eine Rückversetzung aus. Die gehaltsrechtliche Einstufung sei entsprechend dem Inhalt der von den Klägern ausgeübten Tätigkeit erfolgt.
Das Erstgericht gab den Begehren der Kläger teilweise statt. Es stellte fest, daß die am 5.8.1991 von der beklagten Partei verfügte Einreihung der Kläger in die Gehaltsgruppe B/II bzw B/I unwirksam sei (Punkt 1. des Spruches) und wies die Begehren auf Feststellung, daß die am 5.8.1991 von der beklagten Partei verfügte Versetzung der Kläger auf einen Dienstposten mit der Einreihung B/II bzw B/I rechtsunwirksam sei, sowie das Eventualbegehren auf Feststellung, daß die Versetzungen einseitig vertragsändernd erfolgt und von der beklagten Partei rückgängig zu machen seien (rechtskräftig) ab (Punkt 2 des Spruches). Die DO.A, der sich die Kläger unterworfen hätten, sehe in einzelnen Bereichen ein direktoriales Versetzungsrecht vor. Ein solches lasse sich insbesondere aus § 36 Abs 3 iVm § 32 Abs 3 Z 2 ableiten. Danach bleibe einem Angestellten der beklagten Partei, wenn er aus den in § 32 Abs 3 Z 2 DO.A genannten Gründen entbehrlich werde, die Einreihung auf Grund der zuletzt ausgeübten Tätigkeit gewahrt. Daraus ergebe sich, daß die beklagte Partei zwar mit Zustimmung des Betriebsrates berechtigt gewesen sei, die Kläger auch auf Dienstposten mindereren Ansehens zu versetzen, jedoch eine Verminderung des Gehaltes nicht erfolgen dürfe.
Das Berufungsgericht gab der nur gegen Punkt 1. der Entscheidung des Erstgerichtes gerichteten Berufung der beklagten Partei Folge und wies das Begehren der Kläger zur Gänze ab. Da der Betriebsrat der Versetzung der Kläger zugestimmt habe, sei nur zu prüfen, ob eine vertragsändernde Versetzung vorliege, die ohne Zustimmung der Dienstnehmer rechtswidrig wäre. Entscheidend sei, daß die Kläger als Verwaltungsangestellte ohne die Zusage der Verwendung in einem bestimmten Tätigkeitsbereich mit fixer Einreihung aufgenommen worden seien. Das Weisungrecht der beklagten Partei beziehe sich daher auf die Dienste der Verwaltungsangestellten gemäß § 37 DO.A. Die Versetzung der Kläger in die Organisationseinheiten Sekretariat/Poststelle bzw Gesundheitsvorsorge/Kanzleidienst sei sohin aufgrund der dienstvertraglichen Verwendung der Kläger als Verwaltungsangestellte im Rahmen des direktorialen Versetzungsrechtes erfolgt. Daß mit der neuen Verwendung finanzielle Einbußen verbunden seien, stehe im Einklang mit § 36 Abs 1 Z 1 DO.A, wonach die Angestellten aufgrund ihrer dauernden Verwendung einzureihen seien. Lediglich Angestellten, die aus einem der im § 32 Abs 3 Z 2 DO.A genannten Gründen entbehrlich werden, bleibe die dauernde Einreihung aufgrund der zuletzt ausgeübten Tätigkeit gewahrt. Ein solcher Fall liege jedoch hier nicht vor. Bei der REV-Gruppe, in der die Kläger zuvor tätig gewesen seien, handle es sich nicht um eine Einrichtung im Sinne des § 32 Abs 3 Z 2 DO.A. Nicht einmal die der REV-Gruppe übergeordnete Organisationseinheit Vorbereitungsabteilung sei eine Einrichtung in diesem Sinne. Dazu komme, daß die letztgenannte Einheit nicht aufgelöst, sondern nur umorganisiert worden sei.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Kläger aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Die Revision ist berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Die Entscheidung des Erstgerichtes wurde hinsichtlich der Abweisung des Begehrens auf Feststellung der Unwirksamkeit der Versetzung der Kläger nicht bekämpft. Die Abweisung der Klagebegehren ist in diesem Umfang in Rechtskraft erwachsen. Ob die Versetzung der Kläger zulässig war, ist daher im Revisionsverfahren nicht mehr zu prüfen.
Gegenstand ist nur mehr die Frage der Einreihung der Kläger innerhalb der Gehaltsgruppen der DO.A.
Gemäß § 36 Abs 1 DO.A sind die Angestellten grundsätzlich aufgrund ihrer dauernden Verwendung entsprechend Z 1 bis 3 dieses Absatzes einzureihen, wobei die Einreihung nach Abs 2 davon abhängig ist, daß der jeweilige Aufgabenbereich dauernd Arbeitsinhalt der betreffenden Tätigkeit ist. Nach § 36 Abs 3 DO.A bleibt Angestellten, die aus einem der in § 32 Abs 3 Z 2 angeführten Gründen entbehrlich werden, die Einreihung aufgrund der zuletzt ausgeübten Tätigkeit gewahrt. Gemäß § 32 Abs 3 Z 2 DO.A kann der Vorstand einen unkündbaren Angestellten nach Erfüllung der Wartezeit in den Ruhestand versetzen, wenn der Angestellte, ohne anderweitig am Dienstort oder in dessen Umgebung verwendet werden zu können, deshalb entbehrlich wird, weil sich der Geschäftsumfang des Versicherungsträgers (der betreffenden Einrichtung) durch gesetzliche Maßnahmen, wesentlichen Rückgang der Zahl der Versicherten, Leistungsempfänger bzw Behandlungsfälle oder durch einschneidende Verwaltungsmaßnahmen verringert oder die Einrichtung aufgelassen wird.
Hier steht fest, daß die REV-Gruppe, in der die beiden Kläger beschäftigt waren, im Oktober 1990 aufgelassen wurde. Dies war auch der Grund dafür, daß die Kläger vorerst als Pensionssachbearbeiter eingesetzt wurden. Die Versetzung in den Kanzleidienst erfolgte, weil sie den Anforderungen, die jene Aufgabe stellte, nicht gewachsen waren. Die Tätigkeit in der REV-Gruppe entsprach der Einreihung in C/II. Dafür, daß die Kläger die Anforderungen dieser Tätigkeit nicht erfüllt hätten, besteht kein Anhaltspunkt.
Der Begriff der Einrichtung im Sinne des § 32 Abs 3 Z 2 DO.A ist nicht so eng, wie er vom Berufungsgericht interpretiert wurde. Auch der vom Berufungsgericht herangezogene § 1 Abs 9 Z 6 DO.A bietet keine Grundlage für eine solche Auslegung. Der Umstand, daß in dieser Bestimmung die selbständigen Ambulatorien als "organisatorisch selbständige" Einrichtungen definiert werden, weist vielmehr darauf hin, daß die organisatorische Selbständigkeit keineswegs ein wesentliches Kriterium für eine Einrichtung im Sinne der DO.A ist. Auch der allgemeine Sprachgebrauch bildet keine taugliche Grundlage für die Auslegung. Worte können jeweils verschiedene Bedeutung haben, je nachdem, in welchem Zusammenhang sie verwendet werden. Die DO.A ist als Kollektivvertrag nach den für Interpretation von Gesetzen geltenden Regeln auszulegen (Arb 10.494 ua). Führt der Wortsinn der Bestimmung zu keinem eindeutigen Ergebnis und stehen Gesetzesmaterialien nicht zur Verfügung, so bleibt als Auslegungsmethode die objektiv-teleologische Interpretation. Sie bemüht sich um ein Verständnis, das am Zweck der Regelung selbst, an den von dieser angestrebten Lösungen orientiert ist. Es wird gefragt, welchen Sinn eine Regelung vernünftigerweise haben kann. Hiebei sind die dem Recht im allgemeinen innewohnenden Zwecke, wie Gerechtigkeit, sozialer Ausgleich und Rechtssicherheit zu berücksichtigen (Koziol-Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts9 I 23). Im § 32 Abs 3 Z 2 DO.A wird Vorsorge für Fälle getroffen, in denen Angestellte zufolge von Organisationsänderungen entbehrlich werden. Dazu kann es aber nicht nur dann kommen, wenn ein ganzer Betrieb aufgelassen wird; dies kann auch vielmehr darin begründet sein, daß eine (unselbständige) Abteilung oder sonstige Arbeitseinheit aus organisatorischen Gründen wegfällt. Auch dabei handelt es sich in diesem Bereich um eine einschneidende Verwaltungsmaßnahme, die unter den weiteren Voraussetzungen dieser Bestimmung den Versicherungsträger berechtigt, entbehrlich gewordene Angestellte in den Ruhestand zu versetzen. Es handelt sich dabei um ein gewisses Korrektiv für die Unkündbarkeit, die die Auflösung des Dienstverhältnisses durch den Dienstgeber ausschließt. Der Sozialversicherungsträger soll nicht zur Aufrechterhaltung des Dienstverhältnisses trotz Entbehrlichkeit des Angestellten verpflichtet sein; die Interessen des Angestellten sind durch den Anspruch auf die Ruhestandsbezüge gewahrt. Erfolgt unter den gleichen Voraussetzungen eine Versetzung - ob eine solche hier durch einseitige Verfügung des Dienstgebers wirksam erfolgen konnte ist, wie erwähnt, nicht mehr zu prüfen - dann bleibt dem Angestellten gemäß § 36 Abs 3 DO.A die Einreihung auf Grund der zuletzt ausgeübten Tätigkeit gewahrt. Die Bestimmung verfolgt das Ziel, Angestellte, die zufolge einer Organisationsänderung nicht mehr am bisherigen Arbeitsplatz verwendet, sondern, aus welchen Gründen immer, mit geringerwertigen Tätigkeiten befaßt werden, vor einer Verringerung der Bezüge zu bewahren, die bei Anwendung des § 36 Abs 1 DO.A einträte.
Die Versetzung der Kläger hatte ihre Ursache letztlich in der Auflösung der REV-Gruppe, wo die Kläger ihre Dienstleistung erbrachten. Die Auflösung dieser Abteilung, die als Einrichtung im Sinne des § 32 Abs 3 Z 2 DO.A zu qualifizieren ist, ist eine einschneidende Verwaltungsmaßnahme, die die Tätigkeit der Kläger im bisherigen Einsatzbereich entbehrlich machte. Gemäß § 36 Abs 3 DO.A bleibt den Klägern daher die bisherige Einreihung gewahrt. Die Tatsache, daß den Klägern die Möglichkeit einer anderen, gleichwertigen Tätigkeit geboten wurde, diese Verwendung aber daran scheiterte, daß die Kläger nicht in der Lage waren, an diesem Arbeitsplatz die notwendige Leistung zu erbringen, steht dem nicht entgegen. Für die Anwendung des § 36 Abs 3 DO.A ist lediglich entscheidend, daß zufolge der in § 32 Abs 3 Z 2 DO.A genannten Gründe eine Versetzung erfolgte und der Angestellte danach eine einer geringeren Einstufung entsprechende Tätigkeit verrichtet. Auf die Gründe, aus denen nach der Versetzung eine geringerwertige Tätigkeit verrichtet wird, kommt es nicht an. Auch wenn dies darin begründet ist, daß der Angestellte, der bisher eine seiner Einstufung entsprechende Dienstleistung ordnungsgemäß erbrachte, deshalb anderweitig nicht dieser Einstufung entsprechend verwendet werden kann, weil er über die für eine andere Tätigkeit erforderlichen Kenntnisse oder Fähigkeiten nicht verfügt, entspricht die Beibehaltung der Einstufung dem Schutzzweck der zitierten Bestimmung der DO.A. Diese verfolgt das Ziel, Angestellte vor einer einkommensmäßigen Schlechterstellung zu bewahren, wenn sie nur wegen einer Organisationsänderung am bisherigen Arbeitsplatz nicht mehr verwendet werden können.
Im Berufungsverfahren haben die klagenden Parteien Kosten nicht verzeichnet.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
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