OGH 9ObA2241/96s

OGH9ObA2241/96s16.10.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier und Dr.Steinbauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Richard Warnung und Mag.Michael Zawodsky als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Hans Herwig G*****, Angestellter, ***** vertreten durch Dr.Franz J. Salzer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Sch***** & Co *****, vertreten durch Dr.Andreas Grohs, Dr.Wolfgang Hofer, Dr.Andreas Reiner, Rechtsanwälte in Wien, wegen Zahlung und Feststellung (Streitwert S 1,017.142,-- sA), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 29.März 1996, GZ 9 Ra 1/96z-31, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 7.März 1995, GZ 23 Cga 95/94x-21, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 22.779,-- bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 3.796,50 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat zutreffend die materiell rechtliche Wirksamkeit des in der Verhandlung vom 23.1.1995 geschlossenen außergerichtlichen Vergleiches bejaht, sodaß es insoweit ausreicht, auf die Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist folgendes auszuführen:

Die Übernahme der Feststellungen des Erstgerichtes durch das Berufungsgericht, daß die Erstreckung der Verhandlung zum Abschluß des gerichtlichen Vergleichs erfolgte, kann schon begrifflich keine Aktenwidrigkeit begründen (Kodek in Rechberger ZPO Rz 4 zu § 503 mwN). Diese Feststellung wie auch der Wortlaut des Protokolls vom 23.1.1995, daß die Verhandlung zum Vergleichsabschluß erstreckt wird, schließen einen dennoch erfolgten Abschluß eines außergerichtlichen Vergleiches in dieser Verhandlung nicht aus.

Die neuerliche Rüge der Unterlassung der Parteienvernehmung des Klägers scheitert schon daran, daß das Berufungsgericht das Vorliegen dieses bereits in der Berufung gerügten angeblichen Verfahrensmangels erster Instanz verneint hat und er daher in der Revision nicht mehr erfolgreich geltend gemacht werden kann (Arb 11.265 ua).

Nur die durch den Dienstgeber beeinflußbaren Beendigungsarten der Kündigung und der Entlassung begründen durch das Arbeitsverfassungsgesetz einen besonderen Schutz des Betriebsrates. Daher fällt die einvernehmliche Lösung des Arbeitsverhältnisses nicht darunter (Czerny/Haas-Laßnigg/Schwarz, ArbVG Bd 3, 379 mwN). An dieser Lösungsart ändert auch eine in einer vergleichsweisen Regelung getroffene Bezeichnung dieser Lösungsart als Dienstgeberkündigung nichts und bewirkt jedenfalls nicht das Einsetzen des arbeitsverfassungsrechtlichen Kündigungsschutzes mit der nach § 120 ArbVG erforderlichen vorherigen Zustimmung des Gerichtes. Daß das Berufungsgericht der Frage der vorherigen Zustimmung des Gerichtes keine Bedeutung beigemessen hat, ist daher nicht entscheidend.

Ob für ein Vergleichsanbot mittels Telefax die Annahmefristen des § 862 ABGB gelten und daher auch eine Rückziehung oder Richtigstellung des Anbotes unter Umständen möglich wäre, stellt in diesem Verfahren keine erhebliche Rechtsfrage dar. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen ist nämlich bereits in der Tagsatzung vom 23.1.1995 eine Einigung in allen strittigen Punkten erfolgt. Das vom Revisionswerber bezeichnete sogenannte Vergleichsanbot bezog sich auch nur auf die bereits stattgefundene Einigung und enthielt keine Abweichungen von dieser, sodaß von einem Anbot zum Abschluß einer (noch nicht getroffenen) Vereinbarung keine Rede sein konnte, sondern der Zweck lediglich darin bestand, eine Bestätigung der getroffenen Regelung von der beklagten Partei zu erwirken. Die im Schreiben Dr.Krepp angeführte "Abstimmung" bezog sich nach der getroffenen Vereinbarung nur auf die Umrechnung und Widmung der Nettobeträge ausschließlich durch die beklagte Partei und ihrem Steuerberater. Ob sohin im Korrespondenzweg ein weiterer außergerichtlicher Vergleich zustande kam, ist ohne Bedeutung. Die Erstreckung der Tagsatzung zum Abschluß des Vergleiches ist daher nur als Formvereinbarung mit deklaratorischer Wirkung nach einer bereits erfolgten sachlichen Einigung zu sehen (Rummel in Rummel ABGB2 Rz 2 zu § 884).

Demgemäß entfaltete die in der Verhandlung vom 23.1.1995 getroffene Parteieneinigung über alle strittigen, die Berechtigung des Klagebegehrens nunmehr ausschließenden Fragen eine von der prozeßrechtlichen Beendigungswirkung eines gerichtlichen Vergleiches unabhängige Wirkung eines zivilrechtlichen Rechtsgeschäftes (Gitschthaler in Rechberger ZPO Rz 1 zu § 204 f mwN). Dieses Rechtsgeschäft steht aber dem davon umfaßten und berücksichtigten Klagebegehren infolge seiner Novationswirkung entgegen.

Dem Umstand, daß im Verhandlungsprotokoll vom 23.1.1995 nur von gepflogenen Vergleichsverhandlungen und der Erstreckung der Tagsatzung zum Abschluß eines Vergleiches die Rede ist, kommt durch den zulässigen und gelungenen Beweis, daß eine außergerichtliche Einigung in dieser Verhandlung erzielt wurde, keine Relevanz zu (Gitschthaler aaO Rz 3 zu § 216) wie dem Umstand, daß nur der Substitut des Klagevertreters aber nicht Dr.Krepp als weiterer Vertreter der Kläger im Verhandlungsprotokoll aufscheint:

Es ist nicht entscheidend, ob Dr.Krepp in der Verhandlung vom 23.1.1995 zum Abschluß eines außergerichtlichen Vergleiches berechtigt war und ob er in diesem Verfahren Prozeßvollmacht hatte. Es steht nämlich fest, daß der Kläger in dieser Verhandlung sowohl vom Klagevertreter als auch von Dr.Krepp vertreten war und zwischen den Parteien Einigung in allen Fragen erzielt wurde. Daher deckte jedenfalls schon die Prozeßvollmacht des Klagevertreters den Abschluß des zustandegekommenen außergerichtlichen Vergleiches (Strasser in Rummel aaO, Rz 17 zu §§ 1006 bis 1008). Allfällige innere Vorbehalte sind unbeachtlich, weil sie nicht nach außen in Erscheinung traten. Der Formvorbehalt im außergerichtlichen Vergleich, nämlich der Abschluß des (gerichtlichen) Vergleiches betraf nur die Umrechnung und Widmung der Bruttobeträge durch die Beklagte und ihren Steuerberater und berührte den Kläger und die bereits getroffene Einigung in ihrem übrigen Inhalt und Umfang überhaupt nicht. Sie hatte daher nur deklaratorische Wirkung und konnte die Rechtswirksamkeit des außergerichtlichen Vergleiches nicht verhindern.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41 und § 50 Abs 1 ZPO.

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