OGH 9ObA2122/96s

OGH9ObA2122/96s13.11.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag und Dr.Bauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Carl Hennrich und Hofrat Robert List als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Otto B*****, Maler, ***** vertreten durch Dr.Markus Orgler und Dr.Josef Pfurtscheller, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagte Partei Rolf S*****, vertreten durch Dr.Hans-Peter Ullmann, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 69.007,90 S sA, infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 5.März 1996, GZ 15 Ra 24/96h-16, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 12. Oktober 1995, GZ 47 Cga 106/95m-10, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Rekurskosten bilden weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der Kläger war vorerst vom 15.6.1981 bis 30.12.1984 als Maler im Betrieb des Beklagten beschäftigt; das Dienstverhältnis endete durch Dienstnehmerkündigung. Im weiteren war der Kläger ab 11.4.1988 beim Beklagten als Maler zuletzt mit einem Bruttostundenlohn von 120 S beschäftigt; der kollektivvertragliche Stundenlohn betrug 97,80 S. Am 22.12.1994 schlossen die Parteien nachstehende Vereinbarungen:

"Herr B***** Otto ist damit einverstanden, daß er in den Wintermonaten als arbeitslos gemeldet wird. Er wird mit 31.12.1994 aus meiner Firma abgemeldet und erklärt sich ausdrücklich damit einverstanden, daß die Abfertigung nicht zu bezahlen ist, da das Arbeitsverhältnis nach Beendigung der Leistung durch das Arbeitsamt (Arbeitslosenunterstützung) wieder zu den Bedingungen als zuvor aufgenommen wird." Diese Vereinbarung wurde sowohl vom Kläger als auch vom Beklagten unterfertigt. Eine Kündigung des Klägers wurde nicht ausgesprochen. Der Kläger wurde mit 31.12.1994 mit der Begründung "Kündigung durch den Dienstgeber" vom Beklagten von der Sozialversicherung abgemeldet. Es wurde ihm die Wiedereinstellung zugesichert, ein bestimmter Termin für den Wiederbeginn der Arbeit jedoch nicht genannt. Der Kläger bezog ab 1.1.1995 Arbeitslosengeld. Es wurde ihm eine Information des Arbeitsmarktservice ausgefolgt, mit der auf die Rechtslage gemäß § 9 Abs 5 bis 7 AlVG hingewiesen wurde.

Einige Tage nach dem 6.1.1995 vereinbarte der Beklagte mit einer Bauleitung den Zeitpunkt der Arbeitsaufnahme an einer Baustelle mit 27.2.1995. Am 17.1.1995 verfaßte er ein Schreiben an den Kläger, mit dem er ihm den Wiederbeginn der Arbeit für 27.2.1995 bekannt gab und ihn ersuchte, einige Tage davor wegen der Arbeitsaufnahme in Kontakt zu treten. Es steht allerdings nicht fest, daß dieses (nicht eingeschrieben aufgegebene) Schreiben dem Kläger zuging. Nach dem Zeitpunkt, zu dem der Beklagte die Vereinbarung mit der Bauleitung getroffen hatte, rief der Kläger im Betrieb des Beklagten an und ersuchte die Gattin des Beklagten um Ausstellung eines Lohnzettels für den Jahresausgleich. Diese teilte dem Kläger telephonisch den Arbeitsbeginn mit 27.2.1995 mit. Dem Kläger war damit spätestens am 17.1.1995 der Arbeitsbeginn mit 27.2.1995 bekannt.

Vom Arbeitsmarktservice Tirol wurde der Kläger an drei Firmen vermittelt. Mit einem dieser Unternehmen schloß der Kläger am 23.2.1995 einen Arbeitsvertrag, wobei der Arbeitsbeginn mit 13.3.1995 vereinbart wurde; der Lohn des Klägers lag über dem mit dem Beklagten vereinbarten. Mit Schreiben vom 24.2.1995 teilte der Kläger dem Beklagten mit, daß er vom Arbeitsamt eine Stelle als Maler und Anstreicher zugewiesen erhalten habe und er daher seine Beschäftigung beim Beklagten nicht mehr aufnehmen werde und ersuchte um Überweisung der Abfertigung. Der Beklagte lehnte die Zahlung der Abfertigung unter Hinweis darauf ab, daß am 22.12.1994 ein Arbeitsvertrag abgeschlossen worden sei, nach dem sich der Kläger verpflichtet habe, nach dem Arbeitslosengeldbezug die Tätigkeit im Betrieb des Beklagten wiederaufzunehmen; da der Kläger, dem der Arbeitsbeginn mit 27.2.1995 bekannt gewesen sei, diese Vereinbarung nicht eingehalten habe, habe er keinen Anspruch auf die Abfertigung.

Der Kläger begehrt die Zahlung eines Betrages von 69.007,90 brutto sA an Abfertigung. Das Dienstverhältnis sei über Veranlassung des Beklagten zum 31.12.1994 mit einer zeitlich unbestimmten Wiedereinstellungszusage beendet worden. Zweck dieser Vereinbarung sei es gewesen, daß der Kläger Arbeitslosengeld beziehen sollte. Da er vom Arbeitsmarktservice auf einen anderen Arbeitsplatz vermittelt worden sei, habe er die Arbeit beim Beklagten nicht mehr antreten können und habe nach den gesetzlichen Bestimmungen Anspruch auf Abfertigung.

Der Beklagte beantragt die Abweisung der Klage. Es sei Wunsch des Klägers gewesen, das Arbeitsverhältnis zu unterbrechen, obwohl dem Beklagten die Beschäftigung des Klägers auch während der Wintermonate möglich gewesen wäre. Es sei daher vereinbart worden, das Arbeitsverhältnis zu unterbrechen; der Kläger sollte ohne Verlust seiner Rechte entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen die Arbeit wieder aufnehmen. Der Kläger sei auch auf den Arbeitsbeginn mit 27.2.1995 hingewiesen worden. Erst mit Schreiben vom 24.2.1995 habe er den Beklagten informiert, daß er eine andere Beschäftigung gefunden habe und die Arbeit nicht aufnehmen werde. Dieses Schreiben sei dem Beklagten erst am 27.2.1995 zugekommen.

Das Erstgericht wies das Begehren des Klägers ab. Ausgehend von der Begründung der Entscheidung 9 ObA 27/95 (ARD 4669/24/95 = ecolex 1995, 658 = DRdA 1995, 418 = infas 1995, A 102 = 1995, 461) führte es aus, daß der Gesetzgeber in der Bestimmung des § 9 Abs 6 und 7 AlVG undifferenzierte Fälle als dienstvertragliche Unterbrechung angesehen habe, die über Initiative des Arbeitgebers erfolgten, und zwar unabhängig davon, ob die Parteien von einer echten oder einer unechten Unterbrechung des Dienstverhältnisses ausgegangen seien und unabhängig von der späteren Erklärung, die Arbeit nicht mehr antreten zu wollen. Nur damit sei im Sinne des Gleichheitssatzes eine Gleichbehandlung aller bei saisonalen Schwankungen von Arbeitslosigkeit betroffenen Arbeitnehmer gewährleistet, weil es bei gleicher Ausgangslage nicht vom Formulierungsgeschick der Dienstvertragspartner abhängen könne, eine Karenzierung oder Unterbrechung des Dienstverhältnisses mit den damit verbundenen unterschiedlichen Rechtsfolgen bei den verschiedenartig gestaltbaren Saisondienstverhältnissen anzunehmen. Der Gesetzgeber gehe in all diesen Fällen grundsätzlich von einer Unterbrechung (befristeten Beendigung) des Dienstverhältnisses aus, soferne die Wiedereinstellung oder der Wiederantritt der Arbeit nicht erfolge. Vordergründig betrachtet werde damit der Vertragsbruch durch den Arbeitnehmer begünstigt, der die Wiedereinstellung ablehne, weil der Arbeitgeber vertragstreu den Arbeitnehmer nach Überwindung der wirtschaftlichen oder saisonalen Probleme wieder beschäftigen wolle und dennoch Leistungen zu erbringen habe, die sonst nur bei einem Vertragsbruch seinerseits zum Tragen kämen. In Wahrheit werde dabei der Vertragsbruch auf den Zeitpunkt der Aussetzung der Hauptpflichten des Dienstverhältnisses bzw der Unterbrechung zurückbezogen und nur der Zeitpunkt der erst mit der Nichteinhaltung der Wiedereinstellungszusage eintretenden Fälligkeit der Ansprüche hinausgeschoben. Hinsichtlich der Auflösung des Dienstverhältnisses sei diese letztendlich in all diesen Fällen über Initiative des Arbeitgebers aus in seiner Sphäre eingetretenen und von ihm zu vertretenden Gründen erfolgt, die der Arbeitnehmer nicht beeinflussen könne und die von seinem Willen unabhängig seien. Im Hinblick auf den drohenden Arbeitsplatzverlust werde der Arbeitnehmer mehr oder minder gezwungen, einer Arbeitszusage für die Zukunft gegenüber dem Verlangen auf Erfüllung des Dienstvertrages den Vorzug zu geben. Die aufgezeigte Regelung sei auch sachlich gerechtfertigt. Eine durch dienstvertragliche Konstruktion in Verbindung mit bewußt unrichtigen Erklärungen gegenüber der Arbeitsmarktverwaltung erfolgte ungerechtfertigte Überwälzung des Betriebsrisikos auf die Allgemeinheit werde gemildert und dem Arbeitgeber die arbeitsvertragliche Haftung für das typische Betriebsrisiko im Sinne des § 1155 ABGB belassen. Das Vertrauen des Arbeitgebers darauf, daß er zu Lasten der Arbeitsmarktverwaltung von seinem Betriebsrisiko entlastet werde und bei einer Wiedereinstellungszusage bei Bedarf auf Stammarbeiter zurückgreifen könne und die Arbeitnehmer sich vertragstreu zu verhalten hätten, sei nicht schützenswert. Dennoch komme dem Begehren des Klägers hier keine Berechtigung zu. Im Sinne des § 9 Abs 6 AlVG lebten Ansprüche auf Abfertigung nämlich nur dann wieder auf, wenn der Arbeitslose dem früheren Arbeitgeber sein Abstandnehmen vom Wiederantritt der Beschäftigung vor dem Wiederantrittstermin (hier dem 27.2.1995) bekanntgebe. Zur Wahrung der Ansprüche aus dem vorangegangenen Dienstverhältnis sei daher die Meldung an den Arbeitgeber Voraussetzung. Dieser Verpflichtung sei der Kläger nicht nachgekommen, weil das Schreiben vom 24.2.1995 den Beklagten (auch für den Kläger voraussehbar) erst am Vormittag des 27.2.1995, sohin nach dem Zeitpunkt, zu dem die Beschäftigung hätte wieder angetreten werden sollen, erreicht habe.

Das Berufungsgericht hob über Berufung des Klägers das erstgerichtliche Urteil auf und verwies die Rechtssache an das Erstgericht zurück, wobei es aussprach, daß der Rekurs gegen diese Entscheidung zulässig sei. Es billigte im wesentlichen die Rechtsansicht des Erstgerichtes, daß die Ansprüche des Klägers nur dann berechtigt seien, wenn die Mitteilung über den Nichtantritt der Beschäftigung dem Beklagten vor dem Wiederantrittstermin zugegangen sei. Fest stehe, daß dem Beklagten der Brief des Klägers mit der entsprechenden Mitteilung am 27.2.1995 zugestellt worden sei. Aus den Feststellungen ergebe sich jedoch nicht, zu welchem genauen Zeitpunkt die Zustellung der Postsendung erfolgt sei und wann der Beklagte die Arbeit hätte aufnehmen müssen. Wenn nämlich der Arbeitsbeginn des Klägers um 8 Uhr gewesen wäre, so wäre es ausreichend, wenn etwa die Zustellung der Postsendung um 7 Uhr 30 erfolgt sei, da dem Arbeitgeber damit das Abstandnehmen vom Wiederantritt vor dem in Aussicht genommenen Wiederantrittstermin bekanntgegeben worden wäre. In diesem Punkt erweise sich das Verfahren ergänzungsbedürftig.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der Rekurs des Klägers mit dem Antrag, in der Sache selbst dahin zu erkennen, daß dem Klagebegehren zur Gänze stattgegeben werde, oder aber den angefochtenen Beschluß aufzuheben und die Sache zur Fällung einer neuen Entscheidung an eine der Vorinstanzen zurückzuverweisen.

Der Beklagte beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist im Ergebnis nicht berechtigt.

Der Oberste Gerichtshof hat zu 9 ObA 27/95 = WBl 1995, 461 = ecolex

1995, 658 = ZAS 1996/9 [Runggaldier] = DRdA 1996/10 [Pfeil]; 8 ObA

300, 301/95 und 8 ObA 306/95 die Ansicht vertreten, daß § 9 Abs 6 und 7 AlVG in der Fassung BGBl 1991/682 für alle Fälle von saisonalen Unterbrechungen von Arbeitsverhältnissen, sei es in Form einer echten oder unechten Unterbrechung (=Aussetzungsvereinbarung = Karenzierung), unabhängig ihrer Bezeichnung durch die Parteien anwendbar ist, weil der Gesetzgeber diese Fälle undifferenziert als arbeitsvertragsrechtliche Unterbrechung ansieht, die insgesamt saisonale Beschäftigungslosigkeit zur Folge habe. Nur damit sei im Sinne des Gleichheitssatzes eine Gleichbehandlung aller bei saisonalen Schwankungen mit Arbeitslosigkeit betroffenen Arbeitnehmer gewährleistet, weil es bei gleicher Ausgangslage nicht vom Formulierungsgeschick der Arbeitsvertragspartner abhängig sein könne, eine Karenzierung oder Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses mit den damit verbundenen unterschiedlichen Rechtsfolgen bei grundsätzlich verschiedenartig gestaltbaren Rechtsverhältnissen anzunehmen.

Mit beachtlichen von den genannten Vorentscheidungen des Obersten Gerichtshof nicht berücksichtigten Argumenten haben Runggaldier (ZAS 1996/9) und Brodil (Aussetzungsvereinbarungen aus arbeits- und sozialrechtlicher Sicht, ZAS 1996, 37) aber auch, wenn auch teilweise zustimmend Pfeil (DRdA 1996/10) Bedenken gegen diese Entscheidung angemeldet. Vor allem wird eingewendet, daß die Auslegung dieser Spezialvorschriften durch den Obersten Gerichtshof im Rahmen der Arbeitslosenversicherung nicht nur dem Wortlaut des § 9 Abs 5 bis 7 AlVG, sondern auch dem Zweck und der Systematik der gesetzlichen Regelung widerspreche.

In der Entscheidung 9 ObA 105/95 ist der erkennende Senat von seiner Rechtsansicht in der kritisierten Entscheidung abgegangen. Im Bestreben, eine gewisse Einheit der Rechtsordnung im Rahmen der Rechtsanwendung zu verwirklichen, dürfe nicht übersehen werden, daß § 9 Abs 5 bis 7 AlVG die Antwort des Gesetzgebers darauf gewesen sei, daß die Kosten saisonaler Schwankungen durch geschicktes Vorgehen der Arbeitsvertragsparteien, deren Vereinbarungen regelmäßig im Hinblick auf die Erlangung von Arbeitslosengeld getroffen werden (Pfeil aaO 138), zunehmend auf die Arbeitsmarktverwaltung überwälzt worden seien. Bei Etikettierung der Freisetzungsvereinbarung als Unterbrechung ("Beendigung durch Arbeitgeberkündigung") und der gleichzeitigen Vereinbarung der Wiedereinstellung habe eine Vermittlung mangels Zumutbarkeit einer anderweitigen Stellenannahme nicht mehr erfolgen können (VwSlg 10.520 = DRdA 1982, 221). Derart freigesetzte Arbeitnehmer seien somit aus Sicht des Arbeitgebers und der Abwälzung seines Kostenrisikos "bis auf Abruf sicher im Schoße der Arbeitslosenversicherung" verwahrt gewesen. Dies sei der sozialversicherungsrechtliche Hintergrund für die Schaffung des § 9 Abs 5 bis 7 AlVG gewesen. Die drückende Finanzierungslast der Kosten saisonaler Schwankungen, die sonst zum typischen Risikobereich des Arbeitgebers zählten (Csebrenyak/Geppert/Maßl/Rabofsky, ABGB und Arbeitsvertragsrecht, 222; Arb 10.244) sollte durch uneingeschränkte Vermittelbarkeit auch solcher Arbeitnehmer durch das Arbeitsmarktservice, die eine Wiedereinstellungsvereinbarung oder -zusage haben, gelindert werden (Brodil aaO 40). Zweck der gesetzlichen nicht ganz systemkonformen Regelung sei somit die Schaffung von Spezialnormen im Rahmen der Arbeitslosenversicherung gewesen, wobei arbeitsvertraglich unerwünschte Konsequenzen in den Absätzen 6 und 7 leg cit vermieden werden sollten (Brodil aaO 42, 43). Demgemäß seien wohl arbeitsrechtliche Normen geschaffen worden, die aber nicht losgelöst vom sozialversicherungsrechtlichen Hintergrund gesehen werden dürften. Der Arbeitnehmer sollte von Schadenersatzfolgen aus der Nichtzuhaltung einer Wiedereinstellungszusage als verbindliche Vereinbarung zwischen dem früheren Arbeitgeber und dem Arbeitslosen, aufgrund derer dieser verpflichtet sei, seine Beschäftigung zu einem bestimmten Zeitpunkt wieder aufzunehmen (ZfVB 1994/1370) oder einer Wiedereinstellungsvereinbarung ausgenommen werden. Seine Ansprüche aus dem beendeten Arbeitsverhältnis sollten dennoch gewahrt bleiben, dies aber nur vor dem Hintergrund des eindeutigen Zusammenhanges mit der Arbeitslosenversicherung, weil der Arbeitnehmer im Rahmen der "Beendigung" des Arbeitsverhältnisses Ansprüche auf Leistungen der Arbeitslosenversicherung gestellt habe. Solche Ansprüche stünden aber mit dem Regelungszweck des § 12 AlVG und dem Grundkonzept des Gesetzes im Zusammenhang, wonach nur jene Einkommensverluste ausgeglichen werden sollten, die auf den Verlust des Arbeitsplatzes (im Sinne einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses) zurückzuführen seien. Die Versicherungspflicht sei nämlich eine Funktion des Vorliegens eines abhängigen Arbeitsverhältnisses (VwSlg 11.600[A]; JBl 1993, 470 [Mayer-Maly], VwGH vom 21.3.1995, 93/08/0126). Der Verlust des Arbeitsplatzes sei aber mit einer Beendigung oder Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses verbunden. Nur dadurch sei nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes das erste Tatbestandsmerkmal des § 12 Abs 1 AlVG erfüllt (JBl 1993, 470). Bei bloßer Aussetzung - also Karenzierung - ohne echte Beendigung sei der Tatbestand der Arbeitslosigkeit nicht erfüllt, weil der Arbeitnehmer der Arbeitsmarktverwaltung nicht wirklich zur Verfügung stehe. In diesem Fall fehle auch der Anspruch auf Arbeitslosengeld (Runggaldier aaO 68; Brodil aaO 42; RdW 1993, 112). Aus den Formulierungen "Wiedereinstellungszusage" bzw "Wiedereinstellungsvereinbarung", "früherer Arbeitgeber", "Arbeitsloser", "Beendigung", "beendetes Arbeitsverhältnis" im Wortlaut der Bestimmung des § 9 Abs 5 bis 7 AlVG ergebe sich, daß mit all diesen Begriffen der der Karenzierung, die ein aufrechtes Arbeitsverhältnis zwingend voraussetze, unvereinbar sei (Runggaldier aaO 67; Brodil aaO 42; Pfeil aaO, 138). Nur der Antritt einer neuen vermittelten Beschäftigung bei Bestehen einer Wiedereinstellungsvereinbarung oder einer Wiedereinstellungszusage werde als gerechtfertigter anspruchswahrender Rücktrittsgrund angesehen, werde aber nicht auch als als Austrittsgrund angeführt (Andexlinger, Arbeitsrechtliches im AlVG, RdW 1992, 117). Bei Anwendbarkeit der Bestimmungen des § 9 Abs 5 bis 7 AlVG auch auf Aussetzungsvereinbarungen mit dem dabei aufrechten Arbeitsverhältnis hätte jedoch auch diese Frage geregelt werden müssen, weil der Antritt einer neuen Beschäftigung in diesem Fall sonst als nicht gerechtfertigter Austritt zu werten sei.

Ob die Parteien eine Unterbrechung oder Karenzierung des Arbeitsverhältnisses vereinbart haben, werde zwar auch vom Formulierungsgeschick der Vertragsparteien abhängen, aber in erster Linie aus dem nach § 914 ff ABGB unter Erforschung der wahren Parteienabsicht zu ermittelnden Inhalt einer zwischen den Arbeitsvertragsparteien abgeschlossenen Vereinbarung zu beurteilen sein (WBl 1995, 461; VwGH 92/08/047; 93/08/0126).

Zu unterscheiden ist aber nicht nur zwischen einer Wiedereinstellungszusage und Wiedereinstellungsvereinbarung einerseits und einer Aussetzung (Karenzierung) des Arbeitsverhältnisses andererseits. Wie dem Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales zu entnehmen ist, ist die Wiedereinstellungszusage eine einseitige Verpflichtung des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer, so dieser dies wünscht, zum angegebenen Zeitpunkt wieder zu beschäftigen. Die Wiedereinstellungsvereinbarung ist dagegen ein zweiseitiger Vertrag, aufgrund dessen der Arbeitgeber verpflichtet wird, den Arbeitnehmer zu einem bestimmten Zeitpunkt wieder zu beschäftigen; dieser Verpflichtung steht die Verpflichtung des Arbeitnehmers gegenüber, die Arbeit zum selben Zeitpunkt wieder anzutreten (sa Runggaldier, ZAS 1995, 67). Bereits an anderer Stelle (Runggaldier/Schima, Aussetzungsvereinbarungen in Saisonbetrieben 56; sa Pfeil aaO 139) wurde angemerkt, daß die Judikatur offenbar der Unterscheidung zwischen bloßer Erwartungshaltung und rechtlicher Bindung für die Zukunft keine allzugroße Bedeutung beimesse, weil auch die Parteien selbst diesem Umstand zumeist wenig Bedeutung beimessen und weil insbesondere von seiten des Arbeitgebers (vor allem in Saisonbetrieben) wenig Anreiz dafür bestehe, für eine rechtsgeschäftliche Bindung (Wiederantrittspflicht des Arbeitnehmers) zu sorgen zumal diese doch sowohl rechtlich wie insbesondere faktisch gegenüber dem Arbeitnehmer kaum jemals durchgesetzt werden könne; dies dürfte nach Ansicht des zitierten Autors mit ein Grund für das "schlampige" Verhalten der Praxis sein. Im Zusammenhang mit der Bestimmung des § 9 Abs 6 AlVG kommt aber der Differenzierung zwischen einer Einstellungszusage und einer Einstellungsvereinbarung maßgebliche Bedeutung zu.

Die gesetzgeberische Zielsetzung des § 9 Abs 5 AlVG war es, die Arbeitslosenversicherung zu entlasten und den "Durchsatz" freigesetzter Arbeitnehmer im Leistungsbezug zu beschleunigen. Grundlage der legistischen Tätigkeit waren dabei rein sozialversicherungsrechtliche Aspekte, wobei arbeitsvertraglich unerwünschte Konsequenzen in Abs 6 und 7 vermieden werden sollten (Brodil aaO 42). Diese Bestimmungen finden dann Anwendung, wenn der Arbeitnehmer die Wiedereinstellungsvereinbarung nur wegen des Druckes eines sonstigen Anspruchsverlustes nach § 10 AlVG nicht einhält (Pfeil aaO 139). Der Vertragsbruch soll einem Arbeitnehmer in diesem Fall nicht zum Nachteil gereichen. Einer solchen Vorsorge bedarf es jedoch im Fall einer bloßen Wiedereinstellungszusage nicht. Durch diese wird nur der Arbeitgeber gebunden. Dem Arbeitnehmer wird eine Option auf den Abschluß eines neuen Arbeitsvertrages eingeräumt und es liegt an ihm, das entsprechende Anbot des Arbeitgebers anzunehmen oder nicht. Solange es zu einer solchen Annahme nicht gekommen ist, ist der Arbeitnehmer nicht gebunden. In solchen Fällen kommt bei einer Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses ein Vertragsbruch des Arbeitnehmers nicht in Frage. Nimmt er das Anbot auf Neubegründung eines Arbeitsvertrages nicht an, so stehen ihm die Ansprüche aus der Auflösung des früheren Arbeitsverhältnisses auf der Grundlage der allgemeinen, für die Auflösung von Arbeitsverhältnissen geltenden Grundsätzen zu; eines Rückgriffes auf § 9 Abs 6 AlVG bedarf es hier nicht und auch ein Schadenersatzanspruch iSd Einleitungssatzes dieser Bestimmung scheidet aus. Von Bedeutung ist in diesem Fall lediglich die Fälligkeitsregelung des § 9 Abs 7 AlVG. Diese Bestimmung ist zwar insoferne unklar, als hier Wiedereinstellungsvertrag und Wiedereinstellungszusage gleichgestellt werden und bezüglich der Fälligkeit auf den Zeitpunkt abgestellt wird, zu dem der Arbeitnehmer seine Beschäftigung hätte aufnehmen "müssen" und damit auf eine Pflicht des Arbeitnehmers zur Aufnahme der Tätigkeit abgestellt wird. Eine Verpflichtung zur Aufnahme der Tätigkeit besteht jedoch nur im Fall einer Wiedereinstellungsvereinbarung, mangels Bindung des Arbeitnehmers aber nicht im Fall einer Wiedereinstellungszusage. Da der Gesetzgeber durch ausdrückliche Nennung der Wiedereinstellungszusage offenbar beide Fälle gleich behandeln wollte, ist § 9 Abs 7 AlVG dahin auszulegen, daß die Fälligkeit im Fall der Wiedereinstellungszusage zu dem Zeitpunkt eintritt, zu dem der Arbeitnehmer im Fall einer solchen Zusage bei Annahme des Anbotes des Arbeitgebers die Arbeit anzutreten hätte.

Im vorliegenden Fall wurde zwischen den Streitteilen eine Vereinbarung geschlossen, nach der der Kläger in den Wintermonaten arbeitslos gemeldet wurde, wobei in Aussicht genommen wurde, daß der Kläger nach Ende des Arbeitslosenbezuges das Arbeitsverhältnis wieder aufnehmen sollte. Er wurde vom Beklagten mit der Begründung "Kündigung durch den Dienstgeber" bei der Sozialversicherung abgemeldet. Dem Kläger wurde die Wiedereinstellung nach Ende der Wintersaison zugesichert. Der Kläger hat jedoch keine Verpflichtung übernommen, zu Beginn der neuen Saison seine Tätigkeit für den Beklagten wieder aufzunehmen. Zu einem späteren Zeitpunkt (17.1.1995) wurde dem Kläger wohl der vorgesehene Arbeitsbeginn bekanntgegeben, doch fehlt ein Anhaltspunkt dafür, daß der Kläger bei dieser Gelegenheit das Anbot zum Abschluß eines neuen Arbeitsvertrages angenommen hätte.

Die Vereinbarung vom 22.12.1995 ist als einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses zu qualifizieren, aufgrund der dem Kläger der Abfertigungsanspruch zusteht. Da der Kläger durch Nichtantritt der Arbeit zu dem ihm bekanntgebenen Zeitpunkt ein Vertragsverhältnis nicht verletzte, weil es zum Abschluß eines neuen Arbeitsvertrages gar nicht gekommen war, stehen ihm die Ansprüche aus der Abwicklung des früheren Arbeitsverhältnisses zu. Der Kläger hat zwar in der Vereinbarung vom 22.12.1995 auf die Zahlung der Abfertigung verzichtet, doch ist die Erklärung im Zusammenhang mit der Erwähnung der Wiedereinstellungszusage dahin zu verstehen, daß dieser Verzicht nur für den Fall gelten sollte, daß es tatsächlich zur Begründung eines neuen Arbeitsverhältnisses kommen sollte. Da dies nicht der Fall war, berührt die diesbezügliche Erklärung des Klägers seinen Abfertigungsanspruch nicht, ohne daß es einer Heranziehung der Bestimmung des § 9 Abs 6 2.Satz AlVG bedürfte. Aus diesem Grund kommt auch der Frage, ob bzw zu welchem Zeitpunkt der Kläger den Beklagten davon verständigte, daß er die Arbeit nicht aufnehmen werde, keine entscheidungswesentliche Bedeutung zu. Es kann daher unerörtert bleiben, ob die Unterlassung der im Gesetz vorgesehenen Verständigung den Verlust des Anspruches nach sich zieht oder ob es sich um eine bloße Ordnungsvorschrift handelt. Eine Verständigungspflicht wird im übrigen nur dann angenommen werden können, wenn der Arbeitnehmer vertraglich zur Aufnahme der Tätigkeit verpflichtet ist. Besteht nur eine Einstellungszusage, so hat der Umstand, daß der Arbeitnehmer sich vor Ablauf der darin bezeichneten Zeit der Aufnahme der Arbeit nicht meldet und die Arbeit auch nicht antritt nur das Auslaufen der Option zur Folge, kann aber zu keinen weiteren für den Arbeitnehmer nachteiligen Rechtsfolgen führen. Der Abfertigungsanspruch des Klägers besteht daher zu Recht.

Dennoch ist die Sache nicht spruchreif. Der Beklagte hat nämlich das Begehren des Klägers auch der Höhe nach bestritten (AS 14). Im weiteren wurde wohl das Zinsenbegehren der Höhe nach außer Streit gestellt (AS 69), nicht jedoch der geltend gemachte Klagsbetrag. Auch Feststellungen liegen hiezu nicht vor. In diesem Punkt erweist sich das Verfahren daher ergänzungsbedürftig, so daß es im Ergebnis beim Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes zu verbleiben hatte.

Der Kostenvorbehalt stützt sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte