Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger ist schuldig, der beklagten Partei die mit 30.095 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 5.015,84 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Zur Vorgeschichte sei, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die Entscheidung 9 ObA 303,304/93 (veröffentlicht in SZ 67/31) verwiesen.
Im zweiten Rechtsgang brachte die beklagte Partei ergänzend vor, daß sie nicht mehr in Zweifel ziehe, daß für den Kläger schon aufgrund des Pensionsvertrages vom 20.Oktober 1987 die Möglichkeit bestanden habe, sein Amt zurückzulegen und im Falle erwiesener Dienstunfähigkeit eine Pension zu beziehen. Den Funktionären der beklagten Partei sei zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses von der zweckwidrigen Verwendung von Geldern aus dem Refundierungsfonds nichts bekannt gewesen und sie hätten vor der Rechtswirksamkeit des Vergleiches auch keine Gelegenheit zur Überprüfung gehabt, weil ihnen der Kläger hiezu absichtlich keine Gelegenheit gegeben habe. Der Kläger sei wegen Untreue mit einer Schadenssumme von 358.691,37 S rechtskräftig verurteilt worden. Bei Kenntnis dieser Umstände wäre der Vergleich nie abgeschlossen, sondern der freie Dienstvertrag mit dem Kläger aus wichtigen Gründen gelöst worden, so daß der Pensionsvertrag für den Kläger nicht rechtswirksam geworden wäre. Mit Abschluß des Vergleiches am 20.Juni 1990, der hinsichtlich der Ansprüche des Klägers eine Novation darstelle, hätten die vorher bestandenen Verträge vom 20.Oktober 1987 ihre rechtliche Existenz verloren. Für den Fall einer anderen Auffassung werde darauf hingewiesen, daß sowohl der freie Dienstvertrag als auch der Pensionsvertrag vom 20.Oktober 1987 aus wichtigem Grund gemäß § 1162 ABGB wegen Unzumutbarkeit ihrer Aufrechterhaltung und schwerer Treueverletzungen als aufgelöst zu gelten hätten, was die beklagte Partei durch ihr bisheriges Verhalten klar zum Ausdruck gebracht habe und hiemit auch ausdrücklich geltend mache. Des weiteren machte die beklagte Partei einen Betrag von 357.564,52 S aus dem Titel des Schadenersatzes als Gegenforderung geltend.
Der Kläger dehnte das Klagebegehren um die Versorgungsansprüche bis einschließlich Juli 1993 auf einen Gesamtbetrag von 3,779.622 S sA aus, brachte vor, daß der Vergleich von den Vertretern der beklagten Partei auch bei Kenntnis der behaupteten Verfehlungen des Klägers abgeschlossen worden wäre und nahm im einzelnen zu den dem Kläger im rechtskräftigen Strafurteil angelasteten Fakten Stellung. Weiters brachte der Kläger vor, daß die Kontrolle des Fonds vom Vorstand ausdrücklich abgelehnt worden sei. Die Verhaltensweisen des Klägers, die zu seiner strafgerichtlichen Verurteilung geführt hätten, seien während seiner Amtszeit von den Vertretern der beklagten Partei als üblich angesehen worden.
Das Erstgericht sprach aus, daß die Klagsforderung mit 3,779.622 S brutto sA abzüglich eines Betrages von 177.524,37 S sA zu Recht besteht, wies die von der beklagten Partei eingewendete Gegenforderung von 357.564,52 S ab, gab dem Klagebegehren mit 3,779.622 S brutto sA abzüglich 177.524,37 S netto sA statt und wies das Mehrbegehren von 177.524,37 S sA ab.
Es traf neben dem bereits in der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes 9 ObA 303,304/93 Seite 2-6 sowie Seite 11-13 wiedergegebenen Sachverhalt folgende weitere Feststellungen:
In der Vorstandssitzung vom 20.Juni 1990 wurde der Vergleich vom Vorstand mit 9 gegen 4 Stimmen (der ÖAAB-Fraktion) beschlossen. Gleichzeitig mit der Unterfertigung des Vergleiches wurden dem Vizepräsidenten der beklagten Partei Erich S***** die Unterlagen über Refundierungs-, Präsidial- und Administrationsfonds ausgefolgt. Eine sofortige Überprüfung bei Übernahme war wegen der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit und des Umfanges der Unterlagen nicht möglich. Der Vizepräsident der beklagten Partei übergab die Unterlagen über den Administrationsfonds der FSG und die über die beiden anderen Fonds der Innenrevision zur Prüfung. Die erste Prüfung des Präsidialfonds durch die Rechnungsprüfer erfolgte zwischen 20. und 22.Juni 1990.
Im August 1990 wurde die Pensionszahlung an den Kläger über Auftrag des Sozialministeriums als Aufsichtsbehörde eingestellt, da ein Gutachten des Verfassungsdienstes des Bundeskanzleramtes eine Pensionsregelung mit einem Präsidenten einer Arbeiterkammer als grundsätzlich gesetzwidrig bezeichnete. Aus diesem Grund und wegen einer aus Anlaß dieser Pensionsgewährung erfolgten Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Graz wurde von der beklagten Partei die gerichtliche Hinterlegung der Pensionszahlungen beantragt. Der Antrag wurde mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen abgewiesen.
Am 14.August 1990 langte eine Anzeige des Dr.***** H***** gegen Funktionäre, insbesondere Vorstandsmitglieder der beklagten Partei wegen Verdachtes der Untreue und anderer Delikte bei der Staatsanwaltschaft Graz ein, wobei in dieser Anzeige unter anderem die Auszahlung des zusätzlichen Bruttomonatsgehaltes (aus dem Refundierungsfonds) aufgegriffen wurde. Am 27.August 1991 (richtig 1990) langte bei der Staatsanwaltschaft Graz eine Anzeige der beklagten Partei wegen Verdachtes der Untreue und des Amtsmißbrauches ein, worin dem Kläger die zweckwidrige Verwendung diverser Beträge aus dem Refundierungs- bzw Präsidialfonds angelastet wurde. Wegen Entnahme von insgesamt 358.691,37 S aus dem Refundierungs- bzw Präsidialfonds (hievon 300.196,89 S aus dem Refundierungsfonds) wurde der Kläger mit Urteil des Oberlandesgerichtes Graz des Vergehens der Untreue nach § 153 Abs 1 und 2 erster Fall StGB schuldig erkannt und zu einer Geldstrafe von 240.000 S sowie zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt. Die Freiheitsstrafe wurde unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.
Den die beklagte Partei bei Vergleichsabschluß vertretenden Personen war nicht bekannt, welche Beträge der Kläger jeweils aus den Fonds entnommen hatte. Die Vertreter der beklagten Partei hätten den Vergleich vom 20.Juni 1990 auch dann abgeschlossen, wenn ihnen bekannt gewesen wäre, wie der Kläger die Fondsmittel verwendet hatte. Zum Abschluß des Vergleiches wäre es nur dann nicht gekommen, wenn der Vizepräsident der beklagten Partei gewußt hätte, daß die Unterlagen über die Fonds auch Dritten zugänglich waren.
Ferner traf das Erstgericht detaillierte Feststellungen über die Verwendung der in der Sachverhaltsdarstellung der beklagten Partei an die Staatsanwaltschaft Graz genannten Beträge.
Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß dem Kläger der aus dem Vergleich abgeleitete Pensionsanspruch zustehe, da er zwar den Irrtum der beklagten Partei über die Verwendung der Fondsmittel veranlaßt habe, aber die für die beklagte Partei bei Vergleichsabschluß handelnden Personen den Vergleich auch geschlossen hätten, wenn ihnen die mißbräuchliche Verwendung der Fondsmittel bekannt gewesen wäre. Lediglich ein Betrag von 177.524,37 S sA an vom Kläger nach Auffassung des Erstgerichtes mißbräuchlich verwendeten Fondsmitteln sei von der Klagsforderung in Abzug zu bringen. Die von der beklagten Partei weiters geltend gemachte Gegenforderung sei nicht ausreichend konkretisiert.
Das Berufungsgericht gab nur der Berufung der beklagten Partei Folge und änderte das Ersturteil in seinem klagestattgebenden Teil im Sinne der gänzlichen Abweisung des Klagebegehrens ab.
Es traf nach Beweiswiederholung folgende Feststellungen:
Am 20.Juni 1990 übergab der Kläger dem damaligen Vizepräsidenten der beklagten Partei Erich S***** die den Refundierungsfonds betreffenden Unterlagen (Aufstellung und Belegsammlung) sowie das restliche Fondsgeld. Erich S***** beauftragte die Innenrevision mit der Prüfung der Verwendung der Fondsmittel. Der Bericht der Prüfer lag den Organen der beklagten Partei am 1.August 1990 vor. Schon am 23.Juli 1990 hatte die beklagte Partei dem Kläger schriftlich mitgeteilt, daß der Pensionsbezug für August 1990 vorerst wegen einer Strafanzeige gegen die Vorstandsmitglieder der beklagten Partei und der daraus resultierenden, derzeit noch laufenden Untersuchungen nicht zur Auszahlung gebracht werden könne und die Wiederaufnahme der Zahlung vom Ergebnis der strafrechtlichen Untersuchung durch die Staatsanwaltschaft Graz abhängig gemacht wurde. Beim Vorstandsbeschluß der beklagten Partei über die Genehmigung des Vergleichsabschlusses und der Unterfertigung des Vergleiches durch die Organe der beklagten Partei am 20.Juni 1990 war keinem Vorstandsmitglied der beklagten Partei das Ausmaß und die Art der Verwendung der Gelder des Refundierungsfonds durch den Kläger bekannt. Der Kläger wußte von dieser Unkenntnis. Die Vorstandsmitglieder der beklagten Partei ebenso wie alle die beklagte Partei bei Vergleichsunterfertigung vertretenden Personen gingen davon aus, daß der Kläger die ihm bei Amtsantritt überlassene Gebarung der Fonds widmungs- und pflichtgemäß gepflogen habe. Wäre einem Vorstandsmitglied am 20.Juni 1990 bekannt gewesen, daß der Kläger die Gelder des Refundierungsfonds in der in den Straferkenntnissen bezeichneten Weise verwendet hatte, wäre der Vergleich nicht abgeschlossen worden. Wozu sich der Vorstand der beklagten Partei bei Kenntnis der Verwendung der Mittel durch den Kläger entschlossen hätte - zu einem Widerruf des Dienst- und Pensionsvertrages, zu einem Widerruf bloß des Pensionsvertrages oder nur zu einer Rückforderung der vom Kläger widmungswidrig verwendeten Gelder - kann nicht festgestellt werden.
Schon vor Einbringung der gegenständlichen Klage am 10.August 1990 wurde dem Kläger vom Vizepräsidenten der beklagten Partei Erich S***** mitgeteilt, daß er die Pensionszahlung einklagen müsse und die beklagte Partei erst nach Vorliegen eines zusprechenden Urteils zahlen werde. Mit in der Tagsatzung vom 26.September 1990 vorgetragenem Schriftsatz vom 18.September 1990 behauptete die beklagte Partei erstmals, zur Pensionszahlung wegen des vom Kläger veranlaßten Irrtums über die Verwendung von Mitteln des Refundierungsfonds nicht verpflichtet zu sein.
Das Berufungsgericht ging davon aus, daß bei Abschluß des Vergleiches festgestanden sei, daß dem Kläger ein vertraglicher Pensionsanspruch zustehe und vertrat die Rechtsauffassung, strittig sei lediglich die Höhe des Pensionsbezuges gewesen. Die Bereinigungswirkung des Vergleiches habe nur den Austausch des Amtsverzichtes des Klägers gegen den vergleichsweise reduzierten Versorgungsgenuß umfaßt. Geirrt hätten sich die maßgeblichen Funktionäre der beklagten Partei bloß in der ihnen zu unterstellenden Annahme, der Kläger habe sich bei seiner Amtsführung soweit im Rahmen der Gesetze gehalten, daß ihm kein strafbares Verhalten zur Last gefallen sei. Da feststehe, daß die beklagte Partei ohne diesen Irrtum den Vergleich nicht abgeschlossen hätte, sei zu prüfen, ob der Kläger diesen Irrtum veranlaßt habe. Dies sei zu bejahen, weil der Kläger die Verwendung der Mittel des Refundierungsfonds gegenüber der beklagten Partei nicht offengelegt habe. Die Frage, ob nach Aufhebung des Vergleiches der ursprüngliche Pensionsvertrag wieder wirksam geworden sei, müsse nicht behandelt werden. Die beklagte Partei habe spätestens mit dem Vortrag ihres Schriftsatzes vom 18.September 1990 in der Tagsatzung vom 26. September 1990, mit welchem sie die Zahlung jeglicher Pension an den Kläger wegen der zweckwidrigen Verwendung von Geldern aus dem Refundierungsfonds endgültig abgelehnt habe, den Widerruf jeder Pensionszusage dem Kläger erklärt. Wenn sich dieser Widerruf auch - im Hinblick auf den damals vom Kläger geltend gemachten Versorgungsgenuß aufgrund des Vergleiches - wörtlich nur auf den mit Vergleich zugebilligten Versorgungsgenuß bezogen habe, habe die beklagte Partei mit der Ablehnung jeder Pensionszahlung dem Kläger gegenüber doch dem Sinne nach unzweifelhaft deutlich gemacht, daß sie im Hinblick auf seine Verfehlungen weder den Versorgungsgenuß laut Vergleich noch laut seinerzeitiger Pensionsvereinbarung zu zahlen gedenke.
Pensionsvereinbarungen könnten auch dann, wenn keine Treuepflichtklausel mit Widerrufsvorbehalt vereinbart sei, vom ehemaligen Dienstgeber widerrufen werden, wenn der ehemalige Dienstnehmer während des Dienstverhältnisses so gravierende Malversationen zum Nachteil des Dienstgebers begangen habe, daß seine Betriebstreue - rückblickend betrachtet - wertlos geworden sei. Die Geltendmachung von Pensionsansprüchen wäre in diesem Fall grob unbillig und rechtsmißbräuchlich. Der Dienstnehmer habe sein Recht in Anbetracht der ihm zur Last fallenden Treuepflichtverletzung verwirkt. Bei Berücksichtigung der Wertungen des BPG, wonach bei Treuepflichtverstößen des Arbeitnehmers während des Arbeitsverhältnisses dessen sofortige Entlassung unter Verlust des künftigen Pensionsanspruches gerechtfertigt sei, sei bei nachfolgendem Hervorkommen von gravierenden, während des aufrechten Dienstverhältnisses begangenen, die Weitergewährung der Altersversorgung unzumutbar machenden Treuepflichtverstößen die einseitige Einstellung der Pensionsleistung auch ohne eine diesen Fall erfassende Treuepflichtklausel berechtigt. Für das Zivilgericht bindend stehe fest, daß der Kläger während der Ausübung seines Amtes als Präsident der beklagten Partei aus den Geldern des von ihm verwalteten Refundierungsfonds einen Betrag von 300.196,89 S entnommen und nicht widmungsgemäß für Zwecke der beklagten Partei, sondern für eigenwirtschaftliche Aufwendungen verwendet und hiedurch das Vergehen der Untreue nach § 153 Abs 1 und 2 erster Fall StGB mit einem 25.000 S übersteigenden Schaden begangen habe. Im Strafurteil sei auch bindend festgestellt, daß das für die Herstellung des Tatbestandes erforderliche Wissen um den Mißbrauch der Vertretungsmacht vorgelegen sei. Ziehe man in Betracht, daß an das Verhalten von leitenden Angestellten ein strengerer Maßstab anzulegen sei, als an jenes von untergeordneten Arbeitnehmern, liege darin, daß der Kläger, dem ein ganzer Monatsbezug für nicht belegbare, im Interesse der beklagten Partei getätigte Ausgaben zur Verfügung gestanden sei, im Bewußtsein des Fehlens einer Kontrolle in einem Zeitraum von nur zwei Jahren 300.196,89 S für eigenwirtschaftliche Zwecke dem Kammervermögen entzogen habe, ein gravierendes Fehlverhalten, mit dem der Kläger bewußt den Interessen aller von der beklagten Partei vertretenen Arbeitnehmer zuwidergehandelt habe.
Die Behauptung des Klägers, die Mittel des Refundierungsfonds seien auch schon von seinen Vorgängern in gleicher Weise verwendet worden, sei nicht nur nicht erweislich, sondern, was den unmittelbaren Amtsvorgänger betreffe, sogar nachweislich falsch. Im übrigen hätte sich der Kläger nicht auf eine derartige, bei der beklagten Partei bestehende Übung berufen dürfen, sondern hätte - schon kraft seines Amtes - einen solchen Mißbrauch abzustellen gehabt. Daß der Kläger für den Einsatz der Mittel des Refundierungsfonds keine Vorstandsbeschlüsse benötigt habe, möge hinsichtlich des 15. Monatsbezuges zutreffen, komme aber für darüber hinausgehende Entnahmen für private Zwecke, wie etwa Brillenkauf, Autoreparatur, Holzlieferung u.dgl. nicht in Betracht, weil die Vorstandsmitglieder mit einer derartigen Inanspruchnahme des Fonds durch den Kläger wohl nicht rechnen konnten; mangels Gegenbeweises auch in dieser Hinsicht sei den maßgeblichen Funktionären der beklagten Partei pflichtgemäßes, den Mitteleinsatz durch den Kläger nicht billigendes Verhalten zu unterstellen. Der Widerruf der Zusage des Versorgungsgenusses durch die beklagte Partei sei daher berechtigt gewesen.
Dieser Widerruf sei auch nicht verspätet geltend gemacht worden. Das Ergebnis der Prüfung der Verwendung der Gelder des Refundierungsfonds durch den Kläger sei am 1.August 1990 vorgelegen. Die beklagte Partei habe schon vor dem 1.August 1990 die Auszahlung des Versorgungsgenusses sistiert und dem Kläger mitgeteilt, daß sie hinsichtlich der weiteren Auszahlung das Ergebnis strafgerichtlicher Erhebungen über die Mittelverwendung abwarten werde. Diese Vorgangsweise komme einer Suspendierung des Arbeitsverhältnisses bis zur behördlichen Klärung des erhobenen Vorwurfs gleich. In einem solchen Fall werde der Anspruchsberechtigte nicht darüber im Unklaren gelassen, wie der Verpflichtete weiter vorzugehen beabsichtige. Die beklagte Partei habe damit das Widerrufsrecht weder verwirkt noch schlüssig darauf verzichtet. Im übrigen habe die beklagte Partei den Widerruf dann ohnedies bereits mit dem in diesem Verfahren erstatteten Schriftsatz vom 18.September 1990 ausdrücklich erklärt.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, es im Sinne der gänzlichen Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern.
Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Auch wenn man aufgrund der im zweiten Rechtsgang erfolgten Außerstreitstellung - zwischen den Parteien habe bereits bei Abschluß des Pensionsvertrages vom 20.Oktober 1987 Einigkeit darüber bestanden, daß der Kläger im Invaliditätsfall ohne jede Wartezeit sofort pensionsberechtigt sei - davon ausgeht, daß die Vertreter der beklagten Partei den Amtsverzicht des Klägers nicht mit der Zusage einer ihm aufgrund des Pensionsvertrages gar nicht zustehenden Pension honoriert haben, berechtigten die vom Strafgericht festgestellten Verfehlungen des Klägers die beklagte Partei zur einseitigen Auflösung des Pensionsvertrages aus wichtigem Grund, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat.
Wie der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 9 ObA 64/94 (= RdW 1994, 287) unter Bezugnahme auf die Entscheidung DRdA 1994/7 zur Pensionszusage an einen Vorstandsvorsitzenden ausgesprochen hat, rechtfertigen erst nachträglich entdeckte, während des aufrechten Dienstverhältnisses begangene, gravierende Treuepflichtverstöße die Einstellung der vertraglich zugesicherten Pension auch ohne diesen Fall erfassende Treuepflichtklausel. In der Entscheidung DRdA 1994/7 folgte der Oberste Gerichtshof der Auffassung von Petrovic (Betriebspension und Treuepflicht in Runggaldier/Steindl, Handbuch zur betrieblichen Altersversorgung, 311 ff [321 f]), wonach auch ohne Treuepflichtklausel dann, wenn sich der Dienstnehmer so verhalten habe, daß seine Betriebstreue nach einer Gesamtbeurteilung seines Betragens rückblickend wertlos werde, die Geltendmachung von Pensionsansprüchen grob unbillig, ja rechtsmißbräuchlich sei. In diesem Fall habe der Dienstnehmer in Anbetracht der ihm zur Last fallenden Treuepflichtverletzungen sein Recht verwirkt.
Da der Kläger als Präsident der beklagten Partei mangels Weisungsgebundenheit in keinem abhängigen Arbeitsverhältnis beschäftigt war, begründete der - zutreffend als "freier Dienstvertrag" bezeichnete - Dienstvertrag der beklagten Partei ein freies Dienstverhältnis. Der Kläger war daher ähnlich dem Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft nicht als Arbeitnehmer anzusehen (vgl 9 ObA 2003/96s sowie 9 ObA 2044/96w; Strasser in Schiemer/Jabornegg/Strasser, KommzAktG §§ 75, 76 Rz 65 und 68; Mayer-Maly/Marhold, ArbR I, 5; Schwarz/Löschnigg, Arbeitsrecht3 I, 39; Jabornegg, Unternehmensrecht und Arbeitsrecht DRdA 1991, 8 ff [13]; Wachter, Dienstleistungen am Rande des Arbeitsrechtes - zur Rechtstellung von Vorstandsmitgliedern von Aktiengesellschaften und Sparkassen, WBl 1991, 81 ff; Floretta, Zum Vorstandsverhältnis bei Aktiengesellschaften und Sparkassen in FS Schwarz [1991], 475 ff [491]; a.M. Runggaldier/Schiemer, Die Rechtsstellung von Führungskräften, 33 f; krit Spielbüchler in Floretta/Spielbüchler/Strasser ArbR3 I, 39). In diesem Zusammenhang ist zu bemerken, daß ein Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft immerhin vom Aufsichtsrat aus wichtigem Grund oder aufgrund des Mißtrauensvotums der Hauptversammlung abberufen werden kann, während die Abberufung oder Abwahl des Klägers als Präsident der beklagten Partei im Arbeiterkammergesetz 1954 nicht vorgesehen war.
Da sich der Kläger, ebenso wie das Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft, im Rahmen seiner Erwerbstätigkeit aufgrund seiner wirtschaftlichen Situation nicht in einer gleichen oder ähnlichen Lage befand, wie die breite Masse der Arbeitnehmer und augenscheinlich in der Lage war, sich eine seinen Vorstellungen entsprechende Rechts- und Einkommensposition am Verhandlungstisch selbst zu verschaffen (siehe Wachter aaO, 81 ff, 85), ist er auch nicht als arbeitnehmerähnlich anzusehen; dem Kläger kam ebenso wie dem Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft oberste Leitungsfunktion zu, so daß es ihm an der wirtschaftlichen Unselbständigkeit und der sozialen Schutzbedürftigkeit fehlte (siehe auch Floretta aaO 489 f sowie 493 f).
Diese Rechtsstellung rechtfertigt ähnlich wie die Rechtsstellung eines Vorstandsmitgliedes die Anlegung eines strengen Maßstabes an das Verhalten; insbesondere kann der Kläger nicht die haftungsrechtlichen Begünstigungen des DHG in Anspruch nehmen (Dirschmied, DNHG3 79 f; DRdA 1990/34 [Floretta]; differenzierend Kerschner DHG § 1 Rz 4).
Da der Kläger diese Leitungsposition trotz äußerst großzügiger Honorierung dazu mißbraucht hat, Mittel der beklagten Partei in erheblichem Umfang für eigenwirtschaftliche Zwecke zu verwenden und damit die Interessen der beklagten Partei, ja sogar den Bestand der Kammern für Arbeiter und Angestellte als gesetzliche Interessenvertretung der Arbeitnehmer insgesamt schwerstens gefährdete, was dazu führte, daß die Leistungen des Klägers nach einer Gesamtbeurteilung seines Verhaltens für die beklagte Partei rückblickend als wertlos anzusehen sind, ist die Geltendmachung von Pensionsansprüchen durch den Kläger als sittenwidrig anzusehen. Der Kläger hat, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte, durch sein Verhalten die Rechte aus dem Pensionsvertrag verwirkt (vgl DRdA 1994/7 [Riedler] sowie Petrovic aaO, 321 f).
Da das freie Dienstverhältnis mit dem Kläger bereits beendet und die Auszahlung des Pensionsbezuges an den Kläger ab 1.August 1990 eingestellt worden war, ist der mit Schriftsatz der beklagten Partei vom 18.September 1990 aufgrund der nachträglich hervorgekommenen Verfehlungen des Klägers bei Verwendung der Mittel des Refundierungsfonds erklärte Widerruf der Pensionsleistungen noch als rechtzeitig anzusehen, zumal aus dem Verhalten der beklagten Partei - Einstellung des Pensionsbezuges und Erstattung einer Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft - ein schlüssiger Verzicht auf das Widerrufsrecht nicht abzuleiten ist. Daraus, daß die beklagte Partei in dieser Erklärung auf den Vergleich Bezug nahm und damit dem nur auf den Vergleich gestützten Begehren des Klägers Rechnung trug, ist für den Kläger nichts zu gewinnen, weil die beklagte Partei hinreichend deutlich zum Ausdruck brachte, daß im Hinblick auf die zutage gekommenen Verfehlungen des Klägers ihre Verpflichtung zur Leistung von Pensionszahlungen überhaupt hinfällig geworden sei.
Soweit sich der Kläger nunmehr darauf beruft, daß nach § 71 Abs 1 lit d der Dienst-, Bezugs- und Pensionsordnung für die Bediensteten der Kammern für Arbeiter und Angestellte Österreichs (im folgenden: DBPO) die Anwartschaft oder der Anspruch auf Ruhegenuß erst dann erlösche, wenn der Bedienstete durch strafgerichtliches Urteil eines Verbrechens schuldig erkannt worden ist, dessen Begehung den Verlust des Wahlrechtes zu den gesetzgebenden Körperschaften zur Folge hat (Verurteilung zu einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe wegen einer mit Vorsatz begangenen strafbaren Handlung) macht er eine unzulässige Neuerung geltend. Dennoch sei bemerkt, daß die von der Hauptversammlung des Österreichischen Arbeiterkammertages zu beschließende DBPO gemäß § 18 Abs 5 Arbeiterkammergesetz 1954 nur die Rechte und Pflichten der Bediensteten des Kammeramtes regelt und daher auf das freie Dienstverhältnis des Klägers nicht unmittelbar anzuwenden ist und weder behauptet noch bewiesen wurde, daß die generelle Anwendung der DBPO auf das Dienst- und Pensionsverhältnis des Klägers vereinbart wurde (lediglich bezüglich der Abfertigung wurde im Punkt 5 des Pensionsvertrages ausdrücklich auf § 55 DBPO verwiesen).
Auch aus der Bestimmung des § 3 Abs 4 DBPO, wonach der Vorstand in einzelnen Fällen das Dienstverhältnis eines Kammerbediensteten durch - keine für den Bediensteten ungünstigeren Bestimmungen als jene der DBPO enthaltenden - Sondervertrag regeln könne, kann der Revisionswerber nichts für seinen Standpunkt gewinnen, weil der Kläger nicht als Kammerbediensteter im Sinne des § 18 Abs 5 Arbeiterkammergesetz 1954 bzw der aufgrund dieser Bestimmung erlassenen DBPO anzusehen war.
Mit seiner Argumentation, aus den Entnahmen des Klägers aus dem Refundierungsfonds seien Aufwendungen für Zwecke der beklagten Partei getätigt worden, die andernfalls aus dem ordentlichen Kammerbudget zu bestreiten gewesen wären, ist der Revisionswerber schließlich auf die Entscheidung des verstärkten Senates JBl 1996, 117 = EvBl 1996/34 zu verweisen, wonach sich der wegen einer strafbaren Handlung rechtskräftig Verurteilte im nachfolgenden Rechtsstreit nicht darauf berufen kann, daß er die Tat, derentwegen er verurteilt wurde, nicht begangen habe.
Der Revision des Klägers war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO.
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