OGH 9ObA20/90

OGH9ObA20/9014.3.1990

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Maier sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Wolfgang Dorner und Karl Amsz als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Christian D***, Tischlermeister, Paternion, Nikelsdorf, vertreten durch DDr. Giampaolo Caneppele, Rechtsanwalt in Villach, wider die beklagte Partei Kurt S***, Tischlermeister, Feistritz an der Drau, Villacherstraße 177, vertreten durch Dr. Johann Quendler, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen S 576.589,- sA (Streitwert im Rekursverfahren S 485.952,- sA), infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 6. November 1989, GZ 8 Ra 77/89-25, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht vom 18. Mai 1989, GZ 33 Cga 142/88-20, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 14.441,40 (darin S 2.406,90 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit S 17.317,80 (darin S 2.886,30 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger betreibt sowohl ein Sägewerk als auch eine Bau- und Möbeltischlerei. Da er sich selbst mehr dem Sägewerk widmen wollte, stellte er den Beklagten als Leiter der Tischlerei ein. Zum Aufgabenbereich des Beklagten gehörte auch die Hereinbringung von Aufträgen. Im Winter 1988 ließ der Beklagte in der Tischlerei des Klägers Tischlerarbeiten durchführen, denen keine Aufträge von Kunden zugrundelagen. Der Beklagte hatte vielmehr solche Aufträge fingiert.

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger letztlich S 576.589,- sA als Schadenersatz. Ein Großteil der nach Maß erzeugten Baumöbel sei unverwertbar und liege auf Lager. Ein geringer Teil der Fabrikate habe nur mit erheblichem Verlust abgesetzt werden können. Er verlange daher vom Beklagten den Ersatz der Selbstkosten der ohne Auftrag hergestellten Möbel, bestehend aus den Material- und den Lohnkosten.

Der Beklagte stellte außer Streit, daß er Tischlerarbeiten ohne Auftrag durchführen habe lassen (S. 73). Er habe aber den Kläger nicht vorsätzlich schädigen wollen. Soweit er einer Fehleinschätzung unterlegen sei, begehre er Erlassung oder Mäßigung des Schadenersatzes im Sinne des § 2 Abs 1 DHG. Soweit er dem Kläger nur aus einem minderen Grad des Versehens Schaden zugefügt haben sollte, sei das Klagebegehren zufolge Ablaufes der sechsmonatigen Ausschlußfrist des § 6 DHG verfristet.

Der Höhe nach werde eingewendet, daß ein Schaden nur hinsichtlich des vergeblich aufgewendeten Materials und der darüber hinaus vergeblich vorgenommenen Aufwendungen eingetreten sein könne. Wären die Arbeiten nicht durchgeführt worden, hätte es im Betrieb des Klägers keine Arbeit gegeben und diesem wären die fixen Kosten weiter angefallen. Auch ein Gewinn hätte nicht erzielt werden können. Überdies habe der Beklagte Gegenforderungen an ausständigem Entgelt in Höhe von S 34.003,30 und aus einer Überzahlung aus einer Schadensgutmachung wegen veruntreuter Firmengelder in Höhe von S 2.610,-, die er compensando einwende. Für den Fall, daß dem Klagebegehren stattgegeben werde, begehre er, den Kläger Zug um Zug zur Herausgabe jener Gegenstände zu verhalten, für die Schadenersatz verlangt werde.

Dazu brachte der Kläger ergänzend vor, daß es nicht zutreffe, daß die fixen Kosten ohnehin weiter angefallen wären. Hätte ihm der Beklagte wahrheitsgemäß mitgeteilt, daß die Tischlerei nicht über entsprechende Aufträge verfüge, hätte er sich selbst um die Auftragsbeschaffung gekümmert oder seinen Betrieb in der Form reduziert, daß er eine entsprechende Anzahl von Arbeitnehmern gekündigt hätte.

Vor Schluß der mündlichen Streitverhandlung stellten die Parteien die "Gegenforderung des Klägers mit S 17.000,-" außer Streit (S. 134).

Das Erstgericht stellte die Klageforderung mit S 502.952,-, die Gegenforderung mit S 17.000,- als zu Recht bestehend fest und gab dem Klagebegehren mit dem Betrag von S 485.952,- sA statt. Das Mehrbegehren von S 90.637,- sA wies es (rechtskräftig) ab. Es traf im wesentlichen noch folgende Feststellungen:

Der Beklagte setzte den Kläger nicht davon in Kenntnis, daß es zu wenige Aufträge für die Tischlerei gab und der Betrieb daher nicht ausgelastet war. Hätte der Kläger dies erfahren, hätte er darauf mit einer sofortigen Reduzierung des Personalstandes reagiert. Die vom Beklagten auf Grund der vorgetäuschten Bestellungen ausgeführten Bautischlerarbeiten, angefertigten Möbelteile und Werkstücke sind, da sie individuell hergestellt wurden, nur zu einem Notverkauf anzubieten. Die dabei zu erzielenden Erlöse liegen bei Möbelstücken bei maximal 25 % des Selbstkostenpreises. Bei den Bautischlerarbeiten (Holzfenster und Holztüren) ist eine Verwertung nahezu unmöglich. Bautischlerarbeiten werden nämlich in Gesamtaufträgen vergeben, wobei jeweils ein gesamtes Wohnobjekt mit den individuell bestellten Fenstern nach Maß ausgestattet wird. Für den Fall, daß diese Bauelemente nicht im geplanten Bauobjekt Verwendung finden, liegt praktisch Unverwertbarkeit vor. Eine Umarbeitung oder Adaptierung für andere Aufträge ist wirtschaftlich nicht sinnvoll.

Die sich aus den Material- und Lohnkosten zusammensetzenden Herstellungskosten schlüsseln sich ohne Umsatzsteuer auf wie folgt:

1. fingierter Auftrag Bernd und Edda W***:

Fenster und Türen S 166.640,-

Fensterbalken S 77.174,-

insgesamt S 243.814,-

2. fingierter Auftrag E***, Villach:

Eckbank, Tisch- und Eckschränkchen S 27.200,-

3. fingierter Auftrag Wilfried B***:

Trittstufen S 14.080,-

Haustüre S 16.100,-

insgesamt S 30.180,-

4. fingierter Auftrag Q***:

Trämen, Deckenverkleidung S 26.750,-

5. fingierter Auftrag T***:

Stufen- und Stiegenhandläufe S 29.000,-

Türen S 10.150,-

Schubladen S 5.000,-

Seitenteile, Rückwände, Platten

und Blenden S 16.680,-

insgesamt S 60.830,-

6. fingierter Auftrag H***:

Küchenschrank S 19.900,-

Raumteiler S 12.700,-

insgesamt S 32.600,-

7. fingierter Auftrag Walter K***:

Fenster S 75.140,-

Balkontüren S 62.140,-

Verglasung S 34.376,-

insgesamt S 171.656,-

erzielter Erlös S 108.333,-

Verlust S 63.323,-

8. fingierter Auftrag Lorenz P***:

Eckbank S 19.665,-

Tisch S 5.800,-

Küchenoberteile S 18.440,-

Küchenunterteile S 24.000,-

Küchenkastel S 7.100,-

Wandvertäfelung S 5.890,-

Abwascheinbaubecken S 2.000,-

Sessel S 7.370,-

Tapezierung S 3.420,-

insgesamt S 93.685,-

erzielter Erlös S 54.167,-

Verlust S 39.518,-

9. fingierter Auftrag Josef I***:

Stufen S 18.336,-

Scheintram S 5.900,-

Kieferschalung S 10.000,-

insgesamt S 34.236,-

erzielter Erlös S 27.499,-

Verlust S 6.737,-

Insgesamt sind dem Kläger sohin Selbstkosten von S 530.952,-

aufgelaufen, die sich durch den Verkauf einer Eckbank, eines Tisches und eines Eckschränkchens um S 28.000,- auf S 502.952,- verringert haben. Die erzielten Verkaufspreise waren angemessen. Da der Kläger dringend Lagerraum benötigte, verwendete er die aus dem fingierten Auftrag W*** stammenden Fensterbalken zur Herstellung kleinerer Fensterstöcke. Durch den Anfall zusätzlicher Arbeiten ergab sich gegenüber dem Holzpreis in bezug auf den Mehrkostenaufwand kein finanzieller Vorteil. Zur Übernahme der Fenster und Türen durch Walter K*** mußte der Kläger zusätzliche Sprossen anfertigen, eine nachträgliche Streichung vornehmen, ein anderes Thermoglas einsetzen und, da die Fenster- und Türstöcke in den Maßen nicht stimmten, entsprechende Mehrarbeit aufwenden.

Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß der Beklagte bewußt gegen die betrieblichen Interessen des Klägers verstoßen und den Tatbestand der Untreue erfüllt habe. Der Beklagte habe als Tischlermeister wissen müssen, daß die nach Maß angefertigten Werkstücke praktisch unverwertbar seien. Durch die Vortäuschung von Aufträgen habe er die Schädigung des Klägers bewußt in Kauf genommen. Er habe mit bedingtem Vorsatz gehandelt, so daß die Haftungserleichterung des Dienstnehmerhaftpflichtgesetzes nicht anzuwenden seien. Er hafte dem Kläger nicht nur für den positiven Schaden, sondern auch für das Interesse.

Der Schaden des Klägers bestehe aus den Material- und Lohnkosten abzüglich der nachträglich erzielten Erlöse. Da der Beklagte den Kläger unverzüglich darüber informieren hätte müssen, daß der Betrieb unter Auftragsmangel leide, wie er es etwa im Juni 1985 getan habe, was einen Betriebsurlaub zur Folge gehabt habe, könne er nicht mit Erfolg einwenden, daß die fixen Kosten unabhängig von der Auftragslage weitergelaufen seien. Der Kläger hätte einen solchen Schaden dadurch abwenden können, daß er sich selbst um Aufträge bemüht und den Personalstand im Betrieb reduziert hätte. Diese Möglichkeit habe der Beklagte dem Kläger durch das Vortäuschen von Aufträgen und einer Vollauslastung der Tischlerei genommen. Mangels eines Herausgabeanspruches habe der Beklagte auch keinen Anspruch auf eine Verurteilung zur Zahlung Zug um Zug gegen Herausgabe der noch vorhandenen Werkstücke.

Das Berufungsgericht hob diese Entscheidung unter Rechtskraftvorbehalt auf. Es vertrat die Rechtsauffassung, daß der Beklagte durch die bewußte Vortäuschung von nicht vorhandenen Aufträgen, wobei er einen der angeblichen Auftraggeber sogar frei erfunden habe, den Eintritt des Schadens für möglich gehalten und in Kauf genommen habe. Dem Beklagten hätte als Tischlermeister bekannt sein müssen, daß die über seine Anordnung hergestellten Gegenstände nur mit hohem Verlust oder gar nicht verkauft werden könnten. Er habe durch sein eigenmächtiges Vorgehen nicht nur seine Stellung als verantwortlicher Leiter des Tischlereibetriebs mißbraucht, sondern auch gegen die Interessen des Klägers verstoßen. Er habe daher zumindest mit bedingtem Vorsatz gehandelt, womit die Anwendung des Dienstnehmerhaftpflichtgesetzes ausscheide. Für eine Verurteilung zur Leistung Zug um Zug fehle es an den Voraussetzungen, da kein Schuldverhältnis vorliege, nach dem beide Teile zur Leistung verpflichtet seien. Dem Beklagten stehe, falls der Kläger noch Werkstücke nach erfolgter Ersatzleistung verwerten könne, allenfalls ein Bereicherungsanspruch analog zur Bestimmung des § 1435 ABGB zu. Das Erstgericht habe aber nicht beachtet, daß zur Vermeidung einer Begünstigung des Klägers eine Vorteilsausgleichung herbeigeführt werden müsse. Der Kläger werde durch die Übernahme der Lohnkosten durch den Beklagten begünstigt. Es sei mit den Parteien noch zu erörtern (§ 182 ZPO), wie viele Arbeitnehmer im Tischlereibetrieb beschäftigt, wie die Arbeitskräfte ausgelastet gewesen seien, ob nur an den fingierten Aufträgen und wie lange gearbeitet worden sei oder ob auch andere Aufträge vorgelegen seien. Erst dadurch könne geklärt werden, in welchem Umfang ein Arbeitskräfteüberschuß vorgelegen habe. Weiters sei noch zu prüfen, welche Lohnbelastungen der Kläger unter allen Umständen weiter zu tragen gehabt hätte und welche auf Grund rationalisierender Maßnahmen weggefallen wären. Für den Fall von Kündigungen sei zu berücksichtigen, daß dem Kläger Belastungen durch Kündigungsentschädigungen und Abfertigungen entstanden wären. Erst wenn feststehe, welche realistischen Maßnahmen der Kläger ergriffen hätte und welche wirtschaftlichen Auswirkungen diese gehabt hätten, könne beurteilt werden, welche Lohnkosten nur auf Grund des schädigenden Ereignisses entstanden und vom Beklagten zu ersetzen seien bzw. welcher auch ohne dieses Ereignis angefallen und ohnehin vom Kläger zu tragen gewesen wären. Es könne auch nicht gesagt werden, daß die unverkäuflichen Produkte völlig wertlos seien. Der Materialwert sei immerhin gegeben und komme dem Kläger zugute, auch wenn er die Werkstücke etwa nur als Brennholz verwerten könne. Auch dieser Wert sei noch festzustellen.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Rekurs des Klägers mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne der Wiederherstellung des erstgerichtlichen Urteils abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Beklagte beantragte in seiner Rekursbeantwortung, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist berechtigt.

Da die Vorinstanzen davon ausgegangen sind, daß die vom Beklagten veranlaßten Arbeiten auf vorgetäuschten Aufträgen beruhten und es diesem als Tischlermeister bewußt sein mußte, daß die solchermaßen zustandegekommenen "nach Maß" gefertigten Erzeugnisse zum Großteil praktisch unverwertbar bzw. nur mit ganz erheblichen Preisreduktionen abzusetzen waren, ist dem Berufungsgericht beizupflichten, daß die rechtswidrige Schadenszufügung durch den Beklagten zumindest in der Schuldform des bedingten Vorsatzes erfolgt ist. Ebenso zutreffend sind die Ausführungen zur eingewendeten Zug-um-Zug-Leistung (§ 48 ASGG). Diese Rechtsfragen sind auch nicht mehr Gegenstand des Rekursverfahrens. Es mag sein, daß hinsichtlich der zu ermittelnden Höhe des Schadens mannigfaltige Alternativen und hypothetische Erwägungen angestellt werden können. Das Schadenersatzrecht hat grundsätzlich nicht die Aufgabe, dem Geschädigten eine Bereicherung zu verschaffen. Den Geschädigten trifft die volle Beweislast für den Schadenseintritt und die Höhe des Schadens. Der Schädiger kann einwenden, daß er deshalb nicht ersatzpflichtig sei, weil der Schaden auch bei rechtmäßigem Verhalten eingetreten wäre (rechtmäßiges Alternativverhalten), daß das Schadensereignis Vorteile im Vermögensstand des Geschädigten gebracht habe (Vorteilsausgleichung) oder daß der Geschädigte den eingetretenen Schaden mindern hätte können (Schadenminderungspflicht). Für alle diese Fälle trifft jedoch entgegen der Ansicht des Beklagten in seiner Berufung den Schädiger die Behauptungs- und Beweislast (vgl. Koziol-Welser, Grundriß8 I, 427 ff; Reischauer in Rummel, ABGB, § 1312 Rz 7 f; § 1304 Rz 44; JBl. 1985, 548; SZ 50/50; SZ 54/108; SZ 55/104 je mwH ua). Eine Wahrnehmung solcher möglicher Einwände von Amts wegen kommt nicht in Betracht.

Der Beklagte behauptete keine Verletzung der Schadenminderungspflicht durch den Kläger. In erster Instanz brachte er neben einer allgemeinen Bestreitung der Höhe nach nur vor, daß für den Fall, daß solche (fingierte) Aufträge nicht ausgeführt worden wären, im Betrieb des Klägers keinerlei Arbeit bestanden hätte, so daß diesem die "fixen Kosten" selbstverständlich weiterhin angefallen wären. Auch ein Gewinn wäre nicht eingetreten. Da ein Gewinnentgang vom Kläger gar nicht begehrt wurde reduziert sich diese allgemeine Einwendung auf die im Rekursverfahren allein gegenständliche Frage der weiterlaufenden Entlohnung nicht (voll) ausgelasteter Arbeitnehmer. Dazu hat aber das Erstgericht unbekämpft festgestellt, daß der Kläger bei Bekanntwerden der mangelnden Auslastung der Tischlerei durch eine sofortige Reduzierung des Personalstandes reagiert hätte. Das Erstgericht hielt diesbezüglich aber auch die weiteren Ausführungen des Klägers für berechtigt, daß er sich in diesem Fall selbst um Aufträge bemüht oder - wie im Jahre 1985 - einen Betriebsurlaub angeordnet hätte. Bei diesem Verfahrensstand hätte aber nicht der Kläger den weiteren (konkreten) Nachweis dazu führen müssen, in welchem Umfang er seinen Personalstand tatsächlich reduziert hätte und welche betriebswirtschaftliche Minimierung der Lohnkosten durch diese Maßnahme bewirkt worden wäre, wie der Beklagte meint, sondern der Beklagte hätte zumindest konkrete Behauptungen im Sinne der Ausführungen des Berufungsgerichtes aufstellen müssen. Mangels jeglicher konkreten Einwände des Beklagten durfte das Berufungsgericht diese Erwägungen daher nicht von Amts wegen aufgreifen. Es ist zwar richtig, daß eine auf einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung beruhende Verletzung der Anleitungspflicht mit dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung zu rügen ist (vgl. Kuderna, ASGG § 39 Erl. 5; 9 Ob A 18/90 ua), doch hat der stets anwaltlich vertretene Beklagte eine solche Rüge in seiner nur auf dem Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützten Berufung gar nicht erhoben. Er wendete im Verfahren erster Instanz auch nicht ein, daß die Werkstücke noch als Brennholz zu verwerten seien, wozu wohl noch eine entsprechende Bearbeitung erfolgen müßte.

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes kann nicht schlechthin unterstellt werden, daß dem Kläger durch einen Personalabbau nicht überwälzbare Belastungen an Kündigungsentschädigung oder Abfertigungen entstanden wären.

Abgesehen davon, daß die sofortige Personalreduzierung nur eine der

vom Erstgericht anerkannten und in der rechtlichen Beurteilung

hervorgehobenen Möglichkeiten der Reaktion des Klägers auf die

Auftragslage gewesen wäre (möglich wäre auch eine Aussetzung der

Arbeitsverhältnisse gewesen), konnte sich diese Kostenbelastung

zeitlich nur verschieben, wobei durch die vom Beklagten verschuldete

Verzögerung, wie der Kläger einwendet, erst (höhere)

Abfertigungsansprüche entstehen konnten. Denkbar wäre es auch, daß

der Kläger, wie er in der Rekursbeantwortung meint,

Tischlereiarbeiter kurzfristig im Sägewerk beschäftigt hätte. Alle

diese hypothetischen Erwägungen hätten aber erst auf Grund von

konkreten und eingehenden Einwendungen des Beklagten sowie eines

dazu erforderlich gewordenen ergänzenden Vorbringens des Klägers

geprüft werden können. Da der Beklagte solche konkrete, auf den

Tischlereibetrieb bezogene Einwendungen nicht erhob und ihn dafür

die Behauptungs- und Beweislast trifft, ist die Arbeitsrechtssache

entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes spruchreif. Es ist daher

über die Berufung, die nur eine Rechtsrüge enthält, in der Sache

selbst zu erkennen (vgl. Fasching, Lehrbuch2 Rz 1823) und insofern

auch zur Kostenrüge Stellung zu nehmen.

Das Erstgericht hat zu Recht die Bestimmung des § 43 Abs 2 ZPO

angewendet, da der Betrag der Klageforderung von der Ausmittlung

durch einen Sachverständigen abhängig war (vgl. Fasching,

Kommentar II, 334; derselbe Lehrbuch2 Rz 464). Der Hinweis des

Beklagten auf die Sachkunde des Klägers ist für seinen Standpunkt

schon deshalb nicht zielführend, da selbst der in diesem Verfahren

vernommene Sachverständige die Gestehungskosten der Werkstücke zum

Teil nur anhand der ihm erst vom Beklagten zur Verfügung gestellten

Skizzen (S. 96 und 102) ermitteln konnte.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens ist

in den §§ 41 und 50 ZPO begründet.

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