OGH 9ObA2001/96x

OGH9ObA2001/96x10.4.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier und Dr.Steinbauer sowie durch die fachkundigen Laienrichter Mag.Martin Duhan und Hofrat Robert List als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Parteien 1. Emma H*****, Pensionistin, *****, 2. Maria B*****, 3. Ernestine K*****, Pensionistin, *****, 4 Paulina A*****, Pensionistin, ***** 5. Elfriede Ch*****, Pensionistin, ***** 6. Friedrich B*****, Pensionist, ***** sämtliche vertreten durch Dr.Helga Hofbauer, Rechtsanwältin in Wien, wider die beklagten Parteien 1. ***** Kaufhaus-AG, 2. Unterstützungskasse der Warenhausgruppe *****, beide ***** vertreten durch Dr.Rainer H.Schuster, Rechtsanwalt in Wien, wegen ad 1.) S 13.576 brutto sA und Feststellung (Streitwert S 15.000), ad 2.) S 8.712 brutto sA und Feststellung (Streitwert S 15.000), ad 3.) S 6.824 brutto sA und Feststellung (Streitwert S 15.000), ad 4.) S 2.408 brutto sA und Feststellung (Streitwert S 15.000), ad 5.) Feststellung (Streitwert S 15.000), ad 6.) Feststellung (Streitwert S 15.000), infolge Revision der Erst- und Viertklägerin sowie der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 22.September 1995, GZ 9 Ra 98/95-22, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 24.März 1995 in den verbundenen Rechtssachen GZ 25 Cgs 604/93p-17 ua, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision der Erst- und Viertklägerin wird teilweise dahin Folge gegeben, daß das Urteil des Erstgerichtes in den Punkten A I 1, 2; .B 1 und 3 wiederhergestellt und im Punkt E bestätigt wird.

Der Revision der beklagten Parteien wird teilweise Folge gegeben. Das angefochtene Urteil wird hinsichtlich der Punkte A I 3 und 4, B 2, 4, 5, 6 des Ersturteils bestätigt. Im übrigen, hinsichtlich des Punktes A II und C werden die Urteile der Vorinstanzen aufgehoben und die Rechtssache in diesem Umfang an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens hinsichtlich der Kläger Emma H***** und Elfriede C***** sind weitere Verfahrenskosten.

Die beklagten Parteien sind schuldig, den Zweit-, Dritt-, Viert- und Sechstklägern die mit S 39.898,32 bestimmten Verfahrenskosten erster Instanz (darin enthalten S 6.649,72 Umsatzsteuer) sowie die mit S 5.070,24 (darin enthalten S 845,04 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit S 11.670,33 (darin enthalten S 1.614,05 Umsatzsteuer und S 1.986 Barauslagen) bestimmten Kosten der Revisionsverfahren binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die beklagten Parteien sind weiters schuldig, den klagenden Parteien die mit S 7.912,32 bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin enthalten S 1.318,72 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Sämtliche Kläger waren Dienstnehmer der Erstbeklagten und bezogen seit ihrer Pensionierung Leistungen der Zweitbeklagten. Die Zuschußzahlungen aus den Mitteln der Zweitbeklagten sind mit einem Höchstbetrag von S 1.142 monatlich, 14x jährlich limitiert. Die Erstbeklagte ist Mehrheitsgesellschafterin der Zweitbeklagten. In einer Betriebsvereinbarung vom 29.12.1983 wurde festgehalten, daß die Erstbeklagte allen Pensionisten, die in den Geltungsbereich dieser Betriebsvereinbarung fielen, die sich am 31.12.1983 bzw ab 1.1.1984 im Ruhestand befanden, zusichert, alle Bestimmungen über die bestehende Firmenpension aus der Zweitbeklagten in vollem Umfang aufrechtzuerhalten bzw einzuhalten". In dieser Betriebsvereinbarung übernimmt die Erstbeklagte alle Rechte und Pflichten der Zweitbeklagten. In einer Betriebsvereinbarung vom 3.4.1984 wird festgehalten, daß die Zuschußzahlungen aus den Mitteln der Zweitbeklagten aus steuerlichen Gründen mit einem Höchstbetrag (S 1.142) monatlich auf der Basis 14x jährlich limitiert sind und keine weitere Erhöhung, auch nicht zur Sicherung der Kaufkraft der Zuschußzahlung erfolgen kann. Es wurde folgendes vereinbart: Die in der Vereinbarung vom 29.6.1973 vorgesehene Wertsicherung tritt außer Kraft, sobald die Einzelzahlung S 1.142 überschreitet. Härtefälle sollten von Jahr zu Jahr durch Gespräche bereinigt werden.

Am 9.6.1958 wurde die Änderung des Gesellschaftsvertrages der "H*****-Gefolgschaftshilfe GesmbH in der Generalversammlung beschlossen. § 2 des Gesellschaftsvertrages lautet: Gegenstand des Unternehmens ist ausschließlich freiwillige Unterstützungen an Arbeitnehmer der H*****-Unternehmen oder deren Angehörige zu gewähren, insbesondere an solche, die infolge Erreichung der Altersgrenze oder vorzeitig infolge Dienst- oder Arbeitsunfähigkeit aus dem aktiven Dienst ausscheiden. Ein Rechtsanspruch auf Leistungen irgendwelcher Art besteht nicht, ein solcher wird auch nicht durch laufende Gewährung von Unterstützungen begründet. Zur Aufstellung und Abänderung der für die Leistungen der Gefolgschaftshilfe erforderlichen Richtlinien waren die Geschäftsführer ermächtigt. Auch durch die Aufstellung solcher Richtlinien sollte für den Leistungsempfänger kein wie immer gearteter Anspruch auf Leistungen nach den Richtlinien gegeben sein. Auch im Gesellschaftsvertrag der Zweitbeklagten, dessen Änderung am 31.7.1974 in der Generalversammlung beschlossen wurde, wurde in § 2 normiert, daß ein Rechtsanspruch auf Leistungen irgendwelcher Art nicht bestehe und auch nicht durch laufende Gewährung von Unterstützungen begründet werde. Aus der Aufstellung solcher Richtlinien durch die Geschäftsführer könnten Arbeitnehmer keinen wie immer gearteten Anspruch auf Leistungen nach den Richtlinien ableiten.

Am 18.9.1974 wurde zwischen der Geschäftsführung der Zweitbeklagten und den Betriebsräten der Angestellten und Arbeiter des Kaufhauses H*****, Zweigniederlassung der G***** GesmbH, als Ergänzung zur Betriebsvereinbarung vom gleichen Tag über die Zuerkennung von Zuschußzahlungen aus der Unterstützungskasse an Mitarbeiter eine ergänzende Vereinbarung getroffen: Grundlage aller Ansprüche bilde die Betriebsvereinbarung vom 18.September 1974. Die Zuschußzahlungen sollten mit S 1.142 monatlich limitiert und eine weitere Erhöhung auch zur Sicherung der Kaufkraft ausgeschlossen sein. Mit dem Pensionsanfallsalter kämen die vom Betriebsrat vertretenen Mitarbeiter in den Genuß der Zuschußzahlungen der Zweitbeklagten. Ein Vorbehalt in Richtung Freiwilligkeit der Leistung und Widerrufbarkeit ist dieser Vereinbarung nicht zu entnehmen. Im Jahr 1983 kam es durch Erwerb von praktisch 100 % des Aktienkapitals durch Konsum Österreich zu einem Eigentümerwechsel in der Erstbeklagten. Dies war Anlaß zum Abschluß einer Betriebsvereinbarung zwischen der Erstbeklagten und dem Betriebsausschuß der Betriebsstätte H*****. Die Erstbeklagte verpflichtete sich, alle am 31.12.1983 beschäftigten Dienstnehmer mit allen Rechten und Pflichten zu übernehmen und weiterzubeschäftigen. Sie sichert allen Pensionsten der im Geltungsbereich erwähnten Betriebe oder Betriebsstätten, die sich am 31.12.1983 bzw ab 1.1.1984 in Ruhestand befinden zu, alle Bestimmungen über die bestehende Firmenpension aus der Zweitbeklagten oder aufgrund sonstiger Vereinbarungen im vollen Umfang aufrechtzuerhalten bzw einzuhalten. Die Bestimmungen der bestehenden vom Zentralbetriebsrat oder vom zuständigen Betriebsrat im Geltungsbereich der Betriebsvereinbarung abgeschlossenen Betriebsvereinbarungen und mündliche Vereinbarungen bleiben vollinhaltlich aufrecht und sind dieser Betriebsvereinbarung als Anhang beigeschlossen. Ein Vorbehalt in Richtung Freiwilligkeit oder Widerruflichkeit ist dieser Betriebsvereinbarung nicht zu entnehmen. Am 3.4.1984 wurde zwischen der Erstbeklagten und deren Zentralbetriebsrat eine weitere Betriebsvereinbarung abgeschlossen. Darin werden die Zuschußzahlungen mit einem Höchstbetrag von S 1.142 monatlich auf der Basis 14 x jährlich limitiert und eine Wertsicherung ausgeschlossen. Die in der Vereinbarung vom 29.6.1973 vorgesehene Wertsicherung tritt außer Kraft, sobald die Einzelzahlung S 1.142 überschreitet. Härtefälle sollten durch Gespräche bereinigt werden. Auch hier ist kein Widerrufsvorbehalt und kein Hinweis in Richtung Freiwilligkeit enthalten.

Zur Auszahlung der Unterstützungskassenleistung führte folgender Vorgang. Vor Übernahme durch den K***** im Jahr 1983 wurde die Leistung ohne förmliche Antragstellung durch den in Ruhestand tretenden Mitarbeiter gewissermaßen "automatisch" nach Ablauf der Anzahl von Monaten gewährt, für die die Abfertigung gezahlt worden war. In manchen Fällen richtete der in den Ruhestand tretende Dienstnehmer ein "Ersuchen um Gewährung eines Zuschusses zur Pension" an die Unterstützungskasse. Die Auszahlung erfolgte dann in bar an der Hauptkasse. Den Dienstnehmern war im allgemeinen schon bei Eintritt in das Dienstverhältnis bekannt, daß es nach 15-jähriger Betriebszugehörigkeit und Erreichen des gesetzlichen Pensionsalters eine Firmenpension geben würde. Dahingehende Informationen ergingen an die neu eintretenden Dienstnehmer sowohl vom Betriebsrat als auch von der Personalabteilung des Arbeitgebers. Es ist nicht feststellbar, daß den Dienstnehmern während des Dienstverhältnisses oder mit Pensionsantritt oder bei Beginn der Auszahlung der Unterstützungskassenleistung eine Mitteilung zugekommen wäre, diese sei freiwillig und widerrufbar. Weiters ist nicht feststellbar, daß der Inhalt des Gesellschaftsvertrages der Zweitbeklagten dem Betriebsrat, den Betriebsratsmitgliedern oder den Dienstnehmern bekanntgegeben worden wäre. Nach Erwerb der Erstbeklagten durch K***** wurde nicht bereits mit Pensionsantritt, aber unmittelbar vor Beginn der Auszahlung der Unterstützungskassenleistung ein Schreiben nachstehenden Inhaltes an dem zu diesem Zeitpunkt schon pensionierten Mitarbeiter gerichtet:

".....Aufgrund des übermittelten Ansuchens erklären wir uns bereit, Ihnen eine laufende jederzeit widerrufliche Zuwendung in Höhe von monatlich brutto S 1.142.... zu gewähren. ...Der Ordnung halber stellen wir fest, daß Sie weder aus der Ihnen gewährten laufenden Zuwendung noch aus anderen Leistungen, die Sie von der Zweitbeklagten erhalten oder in Zukunft erhalten sollten, einen Rechtsanspruch gegen unsere Gesellschaft oder gegen die Erstbeklagte oder ein anderes Unternehmen unseres Konzerns ableiten können. Alle Zuwendungen, die Sie von der Zweitbeklagten erhalten, sind freiwillig und können jederzeit, ohne Rechtsanspruch Ihrerseits, eingestellt werden. Wir bitten Sie, die zustimmende Kenntnisnahme zum Inhalt dieses Schreibens auf dessen Durchschrift zu bestätigen. ...."

Diese Vorgangsweise betrifft die Erst- und Viertklägerin. Die Pensionierung der Erstklägerin erfolgte mit 1.8.1984; die Schreiben, die auf die Freiwilligkeit und Widerrufbarkeit der Leistung hinweisen, datieren mit 16.8.1985 bzw 21.8.1985. Die korrespondierenden Daten bei der Viertklägerin lauten 1.1.1984 und 9.7.1984. In einer schriftlich festgehaltenen einvernehmlichen Auflösungsvereinbarung vom 19.10.1983, die unter anderen die Fälligkeit der Verrechnung der Betriebspension ab 1.7.1984 erwähnt, ist ein Hinweis auf Freiwilligkeit und Widerrufbarkeit der Leistung nicht enthalten. Die Auszahlung der Unterstützungskassenleistung erfolgte nach Einführung dieser Vorgangsweise erst nach Retournierung der vom pensionierten Dienstnehmer unterfertigten Zweitschrift an den Dienstgeber. Mit 1.2.1993 wurden sämtliche Leistungen der Unterstützungskasse eingestellt. Als Grund wird auf die wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Unternehmens verwiesen. Eine weitere Einschränkung von Sozialleistungen des Arbeitgebers gegenüber pensionierten Mitarbeitern erfolgte durch Streichung einer einmal jährlich stattfindenden "Pensionistenjause" und der Weihnachtsfeier. Auch bei aktiven Mitarbeitern wurden Kürzungen vorgenommen.

Die Kläger begehren die ab Einstellung mit Februar 1993 fällig gewordenen rückständigen Zuschußzahlungen, wobei die Erstbeklagte im Gegensatz zur Zweitbeklagten auch über den Betrag von S 1.142 monatlich hafte. Beide Beklagten seien zur ungeteilten Hand zahlungspflichtig. Weiters wurde die Feststellung begehrt, daß die Beklagten zur ungeteilten Hand schuldig seien, den Klägern einen Unterstützungskassenzuschuß in der jeweiligen Höhe 14 x jährlich über den 1.2.1993 hinaus zu bezahlen.

Die beklagten Parteien bestritten dem Grunde nach und beantragten die Abweisung der Klagebegehren. Die Dienstnehmer seien mittels Schreibens des Unternehmens von der Freiwilligkeit und jederzeitigen Widerruflichkeit der Unterstützungskassenleistung hingewiesen worden. Nur unter der Bedingung, daß dieses Schreiben unterfertigt wurde, seien die ehemaligen Dienstnehmer in den Genuß dieser Leistung gekommen. Soweit die Mitteilung über Freiwilligkeit und Widerruflichkeit der Zuschußleistung nicht in Schriftform ergangen sei, sei diese Bedingung den Mitarbeitern aber bewußt gewesen.

Das Erstgericht erkannte die beklagten Parteien zur ungeteilten Hand schuldig, den Erst-, Zweit-, Dritt- und Viertklägerinnen die rückständigen Pensionszuschußleistungen sA zu bezahlen, verurteilte die Erstbeklagte allein, der Erstklägerin den Betrag von S 4.440 brutto sA zu leisten und stellte fest, daß die beklagten Parteien zur ungeteilten Hand schuldig seien, die im einzelnen im Urteil dargestellten Beträge den einzelnen Klägern als Unterstützungskassenzuschuß 14 x jährlich zu bezahlen. Es stellte ferner fest, daß die erstbeklagte Partei schuldig sei, der Erst- und Fünftklägerin über die zuvor genannte Feststellung hinaus weitere Beträge 14 x jährlich zu bezahlen und wies das Mehrbegehren, die beklagten Parteien seien zur ungeteilten hand schuldig, der Erstklägerin weitere S 555 und der Fünftklägerin weitere S 237 brutto monatlich 14 x zu bezahlen, ab.

In rechtlicher Hinsicht sei mangels eines Widerrufsvorbehaltes selbst bei Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens eine einseitige Abänderung der getroffenen Ruhegeldvereinbarung nicht zulässig. Ein Rechtsgrund, der die Einstellung der Unterstützungskassenleistungen an ausgeschiedene Mitarbeiter rechtfertige, sei nicht gegeben. Die Haftung der zweitbeklagten Partei beschränke sich jedoch aufgrund der Betriebsvereinbarung lediglich auf einen Betrag von S 1.142 monatlich 14 x jährlich.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten hinsichtlich der zweit-, dritt-, fünft- und sechstklagenden Parteien nicht Folge, und änderte in Stattgebung der Berufung das angefochtene Urteil hinsichtlich der Erst- und Viertklägerin dahin ab, daß es ihr Leistungs- und Feststellungsbegehren abwies.

Es vertrat die Rechtsansicht, daß die Vereinbarung vom 18.September 1974 nicht zwischen dem Betriebsinhaber und dem Betriebsrat, sondern nur zwischen der Geschäftsführung der Unterstützungskasse und dem Betriebsrat abgeschlossen worden sei und daher dieser Vereinbarung nicht die Qualifikation einer Betriebsvereinbarung zukomme. Die Beklagten hätten jedenfalls bis 1983 Pensionszuschüsse an eine Vielzahl von Arbeitnehmern ausbezahlt, ohne auf die Freiwilligkeit und jederzeitige Widerruflichkeit aufgrund des Gesellschaftsvertrages hinzuweisen. Durch diese vorbehaltlose Gewährung habe der Arbeitgeber ein Verhalten gesetzt, das die Arbeitnehmer zur Annahme berechtigen konnte, der Arbeitgeber habe einen entsprechenden Verpflichtungswillen zum Ausdruck gebracht. Ein Anspruch der Arbeitnehmer sei bereits vor der Betriebsvereinbarung 1984 entstanden, die mangels ausdrücklicher Erklärung eines Vorbehaltes der Unverbindlichkeit auch die Verpflichtung des Arbeitgebers für die Zukunft umfaßte. Der Anspruch der vor 1983 die Zuschußleistung in Anspruch nehmenden Zweit-, Dritt-, Fünft- und Sechstkläger sei demnach zu bejahen. In der Betriebsvereinbarung vom 29.12.1993 habe die Erstbeklagte jedoch nur allen Pensionisten, die sich am 31.12.1983 bzw ab 1.1.1984 im Ruhestand befänden, die Einhaltung bzw Erhaltung der Bestimmungen über die bestehende Firmenpension zugesichert und alle Rechte und Pflichten der Unterstützungskasse übernommen. Daraus ergebe sich aber lediglich eine Verpflichtung gegenüber ehemaligen Dienstnehmern, nicht aber eine weitere, einen anderen Personenkreis betreffende Verpflichtung der Erstbeklagten, insbesondere gegenüber Dienstnehmern, die sich noch im aktiven Dienst befanden. Die Erst- und Viertklägerinnen hätten zwar aufgrund der zu bejahenden Betriebsübung einen einzelvertraglichen Anspruch auf die Zusatzpension erworben, über deren Inhalt eine einzelvertragliche Gestaltung zulässig war. Es habe den Parteien daher freigestanden, den durch die betriebliche Übung eingeräumten Rechtsanspruch des Dienstnehmers durch Vereinbarung in einen auflösend bedingten Anspruch auf eine Zusatzpension, dem nunmehr ein Widerrufsrecht der Beklagten gegenüberstehe, abzuändern. Es sei nicht erwiesen, daß die Erstklägerin durch eine unrichtige Mitteilung zur Unterschriftsleistung veranlaßt worden sei. Im Hinblick darauf, daß diese Vereinbarungen zu einem Zeitpunkt getroffen seien, wo das Dienstverhältnis nicht mehr bestanden habe, sei auch ein Verzicht zulässig gewesen.

Gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes richten sich die Revisionen der Erst- und Viertklägerin und der beklagten Parteien. Als Revisionsgrund machen die Klägerinnen Aktenwidrigkeit, Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie alle Revisionswerber unrichtige rechtliche Beurteilung der Sache geltend. Die Klägerinnen beantragen die Abänderung des Berufungsurteiles im Sinne der Wiederherstellung des erstgerichtlichen Urteiles und die beklagten Parteien die Abweisung sämtlicher Klagebegehren; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Revisionswerber beantragen, jeweils der Revision der Gegenseite nicht Folge zu geben.

Die Revision der Kläger ist berechtigt, die der Beklagten ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Zur Revision der Erst- und Viertklägerin:

Enthält die Zusage einer Ruhegeldvereinbarung des Arbeitgebers, hier in Form von Betriebsvereinbarungen bzw einzelvertragliche Vereinbarungen keinen Widerrufsvorbehalt, dann darf sie vom Arbeitgeber bei Fortbestand des Unternehmens selbst bei einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage nicht einseitig abgeändert werden (ind 1989/1879 mwN).

Ob das an die Erst- und Viertklägerin nach ihrer Pensionierung gerichtete Schreiben der Zweitbeklagten, daß die "Zuwendung" jederzeit widerruflich, freiwillig sei und ohne daß ein Rechtsanspruch darauf bestünde, eingestellt werden könne, das die Kläger "zustimmend zur Kenntnis" zu nehmen hatten, nunmehr die wirksame Vereinbarung eines Widerrufsrechtes war, hängt davon ab, ob die Vertrauenslage der Klägerinnen objektiv unvorhersehbar durch diese einseitige Änderung der Regelung der durch die Betriebsvereinbarung bzw die Einzelvereinbarungen anders institutionalisierten Pensionszuschüsse gleichsam überrumpelt wurde (DRdA 1994/12 [Apathy]). Ein Widerrufsvorbehalt kann nur dann Vertragsinhalt werden, wenn der Arbeitgeber ausreichend deutlich darauf aufmerksam macht (infas 2/1992, 12). Dazu gehört bei anderslautenden durch Betriebsvereinbarung und Einzelvertrag geregelten Richtlinien für Pensionszuschüsse, die bisher keinen Widerrufsvorbehalt enthielten und auf die sich der Dienstnehmer bereits im wesentlichen einstellen und in seine - den Arbeitsplatz und seine Altersversorgung betreffenden Überlegungen einbeziehen konnte, nicht nur daß die Anbote auf Zuschußleistung die Änderung der bisher vereinbarten Bedingungen enthalten, sondern gebietet es die hier auch den ausgeschiedenen Dienstnehmern gegenüber noch gegebene Fürsorgepflicht, den ehemaligen Arbeitnehmer auf diese Änderung im Hinblick auf die bisher bestehenden anderslautenden Rechte ausdrücklich hinzuweisen. Geschieht dies nicht, so ist die Vertrauenslage des Arbeitnehmers auf die im Betrieb geltenden die Zuschußregelung institutionalisierenden Vereinbarungen zu schützen, weil die einseitige Änderung der Bedingungen ohne Aushandeln mit dem Arbeitnehmer und ohne Hinweis auf die bestehenden und damit abgeänderten Rechte eine unzulässige einseitige, unvorhersehbare und unzumutbare Änderung der übernommenen Pflichten bedeuten würde.

Diese Umstände wahrzunehmen, war von der ausdrücklichen Einwendung der Arglist oder des Irrtums unabhängig, zumal doch die Klägerinnen bereits in ihrem Schriftsatz vom 26.2.1994 darauf verwiesen, daß ihnen die Rechtslage und die Betriebsvereinbarungen nicht bekannt gewesen seien, sie daher irrtümlich über bestehende Rechte die Widerruflichkeit der Zuschußleistung zur Kenntnis nahmen.

Zur Revision der beklagten Parteien:

Soweit das Fehlen von Feststellungen über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens und die Kürzungen der Ansprüche aktiver Dienstnehmer gerügt wird, waren solche entbehrlich, weil auch die Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage nicht einseitig zum Widerruf und zur Einstellung vereinbarter Zuschußleistungen berechtigt (ind 1989/1879).

Die erstbeklagte Partei verpflichtete sich in der Betriebsvereinbarung vom 29.12.1983, alle Bestimmungen über bestehende Firmenpensionen aus der Unterstützungskasse oder aufgrund sonstiger Vereinbarungen in vollem Umfang aufrechtzuerhalten bzw einzuhalten. Sie übernahm aber auch in Punkt III Z 5 alle Rechte und Pflichten der Zweitbeklagten und trat in die bestehenden Verträge der Dienstnehmer und ehemaligen Dienstnehmer ein. Daraus ergibt sich aber zwangsläufig auch deren solidarische Zahlungsverpflichtung.

Zutreffend weist aber die Revisionswerberin darauf hin, daß es in den Feststellungen keinen Anhaltspunkt dafür gibt, daß die Erstbeklagte eine den limitierten Zuschußbetrag von S 1.142 übersteigende Leistungspflicht trifft. Die Erstbeklagte übernahm in der Betriebsvereinbarung aus dem Jahre 1983 nur alle Bestimmungen über die bestehende Firmenpension aus der Unterstützungskasse oder aufgrund sonstiger Vereinbarungen sowie alle Rechte und Pflichten der Zweitbeklagten und verpflichtete sich zur Aufrechterhaltung bzw Einhaltung im vollen Umfang. Sie trat überdies in die bestehenden Verträge der Dienstnehmer und ehemaligen Dienstnehmer ein. Daraus ergibt sich zwar ein Anspruch aller Kläger auf die bisher betriebsübliche und durch die Betriebsvereinbarung vom 18.9.1974 bzw der Ergänzung vom gleichen Tag verbrieften limitierten und von der Erstbeklagten übernommenen Zuschußleistung von maximal S 1.142. Eine über diesen Betrag hinausgehende Verpflichtung ist daraus aber nicht abzuleiten. Auch die Betriebsvereinbarung vom 3.4.1984 stellt nur fest, daß nach Außerkrafttreten der Wertsicherung nach Erreichung der limitierten Grenze, um Härtefälle zu vermeiden, es diesbezüglich Gespräche geben soll und daß sich die Erstbeklagte verpflichtet, den betreffenden ehemaligen Mitarbeitern entsprechende Ersatzzahlungen zu leisten. Der erst vom Ergebnis zukünftige Gespräche abhängige Anspruch einzelner bildet somit keine Grundlage der Haftung der Erstbeklagten für eine den Betrag von S 1.142 übersteigende Leistung.

Im diesbezüglich fortzusetzenden Verfahren wird daher zu klären sein, aufgrund welcher Betriebsvereinbarungen oder einzelvertraglicher Grundlagen der hier relevante Anspruch der Erst- und Fünftklägerin auf den S 1.142 übersteigenden Betrag gegen die Erstbeklagte gegeben ist; ob die Erstbeklagte allenfalls eine solche Betriebsübung übernommen oder Leistungen über den limitierten Betrag hinaus erbracht hat oder ob in der Betriebsvereinbarung vom 18.9.1974, in die die Erstbeklagte eintrat, deren Inhalt aber nicht festgestellt wurde, weil nur die zur Betriebsvereinbarung vom 18.9.1974 ergänzende Vereinbarung der Geschäftsführung der Unterstützungskasse mit den Betriebsräten in den Feststellungen Eingang gefunden hat, eine Haftungsgrundlage zu finden ist.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Der Kostenvorbehalt hinsichtlich der Erst- und Fünftklägerin beruht auf § 52 Abs 1 ZPO, die Kostenentscheidung hinsichtlich der restlichen Kläger auf § 41, 50 Abs 1 ZPO.

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