OGH 9ObA190/89

OGH9ObA190/8930.8.1989

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Gamerith und Dr.Bauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Fellner und Dr. Dengscherz als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Helmut N***, Angestellter, Wiener Neustadt, Nestroystraße 16, vertreten durch Dr.Georg Grießer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) prot.Firma Dipl.Ing.Bela T*** & Co., vormals Mühlenindustrie für Zerkleinerung und Aufbereitung Gesellschaft mbH,

2.) T*** chemisch-technische Produkte Gesellschaft mbH, beide Wien 9., Alserstraße 20, beide vertreten durch Dr.Christian Kuhn, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 77.242,-- brutto sA und S 22.544,-- netto sA (Streitwert im Revisionsverfahren S 76.327,-- brutto sA), infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 15.März 1989, GZ 33 Ra 135/88-18, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Kreisgerichtes Wr.Neustadt als Arbeits- und Sozialgericht vom 5.Juli 1988, GZ 4 Cga 1584/87-13, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit S 5.092,56 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 848,76 USt) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit ist nur erfüllt, wenn Feststellungen auf aktenwidriger Grundlage getroffen werden, d.h. wenn der Inhalt einer Urkunde, eines Protokolls oder eines sonstigen Aktenstückes unrichtig wiedergegeben und infolgedessen ein fehlerhaftes Sachverhaltsbild der rechtlichen Beurteilung unterzogen wurde. Soweit das Berufungsgericht im vorliegenden Fall ausführte, der Kläger habe die Äußerungen Ing.P*** unter den gegebenen besonderen Umständen als ausreichende Genehmigung des Verbrauches des Zeitausgleiches ansehen können, handelt es sich dabei nicht um eine Tatsachenfeststellung, sondern vielmehr um eine aus den getroffenen Tatsachenfeststellungen gezogene rechtliche Schlußfolgerung. Soweit die Revision dies bekämpft, wird nicht der Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit, sondern eine unrichtige rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes geltend gemacht. Auch ein Verfahrensmangel liegt nicht vor. Zentralpunkt der Beweisrüge der Berufung war die Bekämpfung der Feststellung des Erstgerichtes über den Inhalt des zwischen Ing.P*** und dem Kläger am 19.12.1986 geführten Gespräches, wobei die beklagte Partei den Standpunkt vertrat, es wäre nicht der Aussage des Klägers, sondern der Darstellung des Zeugen Ing.P*** zu folgen gewesen. Eine Auseinandersetzung mit diesen Ausführungen war jedoch entbehrlich, weil das Berufungsgericht aus den näher dargelegten rechtlichen Gründen zum Ergebnis kam, daß dies auf das Ergebnis ohne Einfluß wäre. Diese Ausführungen sind zutreffend; es genügt, hierauf zu verweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist auszuführen: Wohl trifft es zu, daß nach den Verfahrensergebnissen die Genehmigung eines Urlaubes der Geschäftsführerin der beklagten Partei vorbehalten war. Dementsprechend erfolgte auch vor Antritt des Sommerurlaubes eine fernmündliche Rücksprache mit der Geschäftsführerin, die letztlich ihre Zustimmung zum Urlaub des Klägers erteilte. Diese Zustimmung war vor allem auch deshalb erforderlich, weil der Kläger zufolge der kurzen bis zu diesem Zeitpunkt zurückgelegten Beschäftigungszeit einen Urlaubsanspruch noch nicht erworben hatte. Das Berufungsgericht hat aber zutreffend darauf verwiesen, daß nach den Beweisergebnissen die Inanspruchnahme von Zeitausgleich für geleistete Überstunden im Betrieb der beklagten Partei keineswegs den gleichen strengen Voraussetzungen unterworfen war wie die Genehmigung eines Urlaubes. Dies zeigt im übrigen deutlich die Aussage der Geschäftsführerin der beklagten Partei selbst, die erklärte, daß die Urlaubsgewährung für alle Beschäftigten von ihrer Zustimmung abhängig gewesen sei, während über die Gewährung von Zeitausgleich an Arbeiter der Kläger entscheidungsbefugt gewesen sei. Hinsichtlich des Betriebsleiters (des Klägers) sei diese Frage mit Ausnahme des prozeßgegenständlichen Falles nie aufgetreten. Die Verbindung zwischen der Geschäftsführerin, die mit dem Unternehmen in einem eher losen, zumeist nur fernmündlichen Kontakt stand und sich überwiegend im Ausland aufhielt, und den Mitarbeitern des Unternehmens andererseits erfolgte überwiegend durch Ing.P***, der die Geschäftsführerin vor allem fernmündlich informierte und deren Weisungen weiterleitete. Bereits dadurch ergab sich eine besondere Stellung Ing.P***, der bei diesen Gelegenheiten regelmäßig für die Geschäftsführerin auftrat. Aus dieser Situation ist auch die Befolgung der von Ing.P*** erteilten Anweisung zur Durchführung der Testreihe an einem Wochenende zu erklären. Die beklagten Parteien sind auch im Verfahren von der Wirksamkeit der von Ing.P*** in diesem Zusammenhang gegebenen Zusage über die Gewährung von Zeitausgleich für diese Inanspruchnahme ausgegangen. Die tatsächliche Gewährung des Zeitausgleiches stand aber mit diesem Komplex in unmittelbaren Zusammenhang, so daß es durchaus folgerichtig ist, daß sich der Kläger diesbezüglich wieder an Ing.P*** wandte, zumal die Zeit überdies schon sehr knapp war, weil Ing.P*** den Wunsch geäußert hatte, der Zeitausgleich sollte noch im laufenden Jahr konsumiert werden. Mögen auch in diesem Zusammenhang noch andere Äußerungen gefallen sein, so erklärte Ing.P*** nach den Feststellungen letztlich dem Kläger, er solle "in Zeitausgleich gehen", er werde "das weiterleiten". Zutreffend ist das Berufungsgericht daher zum Ergebnis gelangt, daß der Kläger unter diesen Umständen von einer Genehmigung des Verbrauches des Zeitausgleiches in den fraglichen Tagen ausgehen durfte, sodaß die Entlassung zu Unrecht erfolgte.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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