OGH 9ObA150/91

OGH9ObA150/9111.9.1991

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Gamerith und Dr. Petrag sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Martin Meches und Renate Csörgits als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei G***** K*****, Angestellter, ***** vertreten durch ***** Rechtsanwalt *****, wider die beklagte Partei D***** P***** Gesellschaft m.b.H., ***** vertreten durch ***** Rechtsanwalt *****, wegen 78.315,33 S brutto sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 8. März 1991, GZ 34 Ra 131/90-14, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 25. Juli 1990, GZ 19 Cga 1518/90-8, in der Hauptsache bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 5.094 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 849 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die behauptete Aktenwidrigkeit liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

Im übrigen genügt es, auf die zutreffende rechtliche Beurteilung des angefochtenen Urteiles hinzuweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist den Ausführungen des Revisionswerbers noch folgendes zu erwidern:

Das Berufungsgericht ist nicht davon ausgegangen, daß die Abwesenheit des Klägers von seinem Arbeitsplatz für das zu bewachende Kaufhaus nicht nachteilig gewesen sei, sondern hat mit dem Satz "Deshalb kann aber nicht gesagt werden, daß seine Abwesenheit für das Kaufhaus, das er bewachen sollte, nicht nachteilig gewesen sei" zum Ausdruck gebracht, daß ein Nachteil für den auch vom Kläger betreuten wichtigen Kunden der beklagten Partei nicht auszuschließen gewesen sei.

Rechtliche Beurteilung

Soweit der Revisionswerber ins Treffen führt, das Fernbleiben des Klägers sei nur eine Ordnungswidrigkeit gewesen, aus der der beklagten Partei kein Schaden erwachsen sei, weil die Abwesenheit des Klägers der Kaufhausleitung nicht bekannt geworden sei und diese der beklagten Partei gegenüber daher den Überwachungsauftrag nicht widerrufen habe, ist ihm zu erwidern, daß das entscheidende Tatbestandselement für die Abgrenzung zwischen bloßer Ordnungswidrigkeit und einem die Entlassung rechtfertigenden erheblichen Fehlverhalten die Zumutbarkeit bzw Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers auch nur für die Kündigungsfrist ist (siehe Kuderna Entlassungsrecht 37 f; Martinek-Schwarz AngG7 546 f). Für die Beurteilung des für die Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung entscheidenden Schuldgehaltes einer Verfehlung kommt es nun nicht darauf an, ob tatsächlich ein Schaden für den Arbeitgeber eingetreten ist, sondern ist vor allem darauf abzustellen, ob das Verhalten des Angestellten geeignet war, die betrieblichen Interessen des Arbeitgebers zu gefährden (siehe Kuderna aaO 41;

Martinek-Schwarz aaO 610 f). Da die ungerechtfertigte Abwesenheit des als Bewachungsorgan eingesetzten Klägers zu einem Vertrauensverlust des Kunden und damit zur Entziehung des Bewachungsauftrages führen konnte und die beklagte Partei, die kaum Kontrollmöglichkeiten hatte, sich überdies auf die Befolgung ihrer Weisungen durch den Kläger verlassen mußte, wurden die betrieblichen Interessen der beklagten Partei tatsächlich gefährdet. Die Vorinstanzen haben daher das Verlassen des Arbeitsplatzes für zumindest eine halbe Stunde zu Recht als erheblich im Sinne des § 27 Z 4 AngG qualifiziert (siehe auch RdW 1988, 53).

Da die Entlassung eines Arbeitnehmers nicht auf bloße Verdachtsmomente gestützt werden kann - aus der Mitteilung einer Arbeitskollegin über Einkäufe während der Dienstzeit war nicht einmal zu erschließen, daß es sich um den Kläger handelte - und der Geschäftsführer der beklagten Partei unverzüglich nach der erst am 12. März 1990 durch das Eingeständnis des Klägers erlangten sicheren Kenntnis von dessen erheblicher Dienstversäumnis die Entlassung aussprach, erfolgte die Entlassung auch rechtzeitig (siehe Martinek-Schwarz aaO 550).

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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