Spruch:
Der außerordentlichen Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger ist schuldig, der beklagten Partei die mit 3.655,68 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 609,28 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war vom 27.September bis 14.November 1993 (sieben Wochen) bei der beklagten Partei im Rahmen einer Spielfilmproduktion als Innenrequisiteur beschäftigt. Auf dieses Vertragsverhältnis war der Kollektivvertrag samt Zusatzkollektivvertrag für Filmschaffende anzuwenden.
In seinem § 7 enthält der Kollektivvertrag folgende Regelungen über Pauschalvereinbarungen:
1. Die Wochenpauschale beinhaltet die Abgeltung der Arbeitsleistung in der wöchentlichen Normalarbeitszeit (40 Stunden von Montag bis Freitag) und eine Mehrleistung bis zu zwei Stunden täglich anschließend an die tägliche Normalarbeitszeit und bis zu 10 Stunden am Samstag zwischen 7 Uhr und 19 Uhr.
2. Durch die Wochenpauschale werden Ansprüche auf Tag- und Nachtgelder, Fahrtkostenentschädigung etc nicht berührt.
3. Die aliquoten Anteile des Urlaubszuschusses, der Weihnachtsremuneration und die Urlaubsabfindung sind in der Wochenpauschale nicht enthalten. Diese sind am Ende des Arbeitsverhältnisses gesondert zu vergüten.
4. Bei einer Tätigkeit von Montag bis Samstag und Erbringung der gemäß Abs 1 möglichen Arbeitsleistung sind 20 % der Wochenpauschale Überstundenzuschläge.
Bei einer Tätigkeit von Montag bis Freitag sind 9 % der Wochenpauschale Überstundenzuschläge.
5. Die in der Wochenpauschale enthaltenen Überstundenzuschläge sind bei entsprechendem Nachweis der Mehrleistung gesondert abzurechnen.
6. Pauschalvereinbarungen gemäß diesem Paragraph sind hinsichtlich unbefristet abgeschlossener Arbeitsverhältnisse nicht zulässig. ...."
§ 17 dieses Kollektivvertrages enthält folgende Regelungen über den Urlaub:
"Bis zur Zurücklegung einer sechsmonatigen Dienstzeit gebühren dem Arbeitnehmer als Urlaubsanspruch zwei Werktage für jeden Monat Laufzeit des Arbeitsvertrages, in welchem das Arbeitsverhältnis länger als 16 Kalendertage gedauert hat.
Ist dieser Anspruch in natura nicht konsumierbar, ist für jedes Arbeitsverhältnis mit einer Dauer von weniger als sechs Monaten die Urlaubsabfindung in der Höhe von 9,72 %, ab dem 1.1.1986 in der Höhe von 10,41 % der Tages-, Wochen- und Monatsgage zu bezahlen.
Dies gilt jedoch nicht für den Fall des § 10 Abs 1 UrlG. Im übrigen gelten die Bestimmungen des Urlaubsgesetzes."
Nach dem Zusatzkollektivvertrag für Filmschaffende (Mindestgagentarif) betrug im Jahre 1993 bei Arbeitsverträgen auf bestimmte, sechs Monate nicht übersteigende Zeit für Innenrequisiteure die Wochengage aufgrund der 40-stündigen Normalarbeitszeit 5.797 S und die Wochenpauschale gemäß § 7 Kollektivvertrag 8.041 S.
Der Arbeitsvertrag des Klägers enthält folgende Regelung über das Entgelt:
"Der Filmschaffende erhält für seine Tätigkeit brutto eine Wochengage von öS 10.370.... zahlbar nach Vereinbarung, jedoch spätestens mit Beendigung der Tätigkeit. In der Gage sind die aliquoten Teile der Sonderzahlungen und die Urlaubsabfindung enthalten. Wird der Urlaubsanspruch in natura konsumiert, ist er auf die Urlaubsabfindung entsprechend anzurechnen. Die Abrechnung erfolgt nach Vorlage einer gültigen Lohnsteuerkarte oder einer Wohnsitzbescheinigung (nicht älter als drei Monate) bei Hauptwohnsitz im Ausland."
Der Kläger begehrt von der beklagten Partei die Zahlung weiterer 20.225,86 S brutto sA, und zwar an Urlaubszuschuß und Weihnachtsremuneration je 6.044,51 S und an Urlaubsabfindung 8.136,84 S. Nach dem anzuwendenden Kollektivvertrag seien diese Ansprüche in der vereinbarten Wochengage von 10.370 S nicht enthalten.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wandte ein, daß in der vereinbarten Wochengage auch die aliquoten Sonderzahlungen und die Urlaubsabfindung enthalten seien. Der Kläger habe daher die Sonderzahlungen und die Urlaubsabfindung bereits in der richtigen Höhe erhalten.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Die Vereinbarung, daß im Wochenpauschale auch die Sonderzahlungen und die Urlaubsabfindung enthalten seien, verstoße gegen die zwingenden Bestimmungen des Kollektivvertrages.
Das Berufungsgericht änderte das Urteil des Erstgerichtes im Sinne der gänzlichen Abweisung des Klagebegehrens ab und sprach aus, daß die Revision nicht zulässig sei. Ausgehend vom Mindestgagentarif von 8.041 S errechneten sich die Sonderzahlungsanteile mit 1.339 S und die Urlaubsabfindung mit 837 S (pro Woche). Auf dieser Basis errechne sich inklusive Sonderzahlungsanteilen und Urlaubsabfindung ein Wochenpauschale von 10.217 S, so daß eine unterkollektivvertragliche Entlohnung nicht vorliege. Auch gegen das Ablöseverbot des § 7 UrlG werde nicht verstoßen, weil Kollektivvertrag und Arbeitsvertrag auch den Naturalverbrauch des Urlaubes vorsähen, andererseits aber auf die in der Filmbranche regelmäßig vorkommenden kurzfristigen Arbeitsverhältnisse, während derer eine Urlaubskonsumation nicht immer tunlich sei, Rücksicht genommen werde.
Gegen dieses Urteil richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der Wiederherstellung des Ersturteils abzuändern.
Die beklagte Partei beantragt, die Revision zurückzuweisen oder ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht, soweit es die Zulässigkeit einer laufenden Abgeltung der Urlaubsabfindung bejahte, von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen ist.
Die Revision ist aber nicht berechtigt.
In der Entscheidung WBl 1994, 127 hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, daß eine Vereinbarung wonach das Urlaubsentgelt unabhängig vom Verbrauch des Urlaubs mit einem erhöhten laufenden Entgelt abgegolten werden soll, wegen Verstoßes gegen das Ablöseverbot des § 7 UrlG unwirksam ist, weil der Arbeitnehmer dann während des Urlaubs das laufende Entgelt nicht weiter bezieht und damit durch die Inanspruchnahme des ihm gebührenden Urlaubs einen wirtschaftlichen Nachteil erleide, der ihn vom Verbrauch des Urlaubs abhalten könnte. Zieht man in Betracht, daß mit Art VII des Gesetzes vom 29.7.1993 BGBl 1993/502 mit Wirksamkeit ab 1.August 1993 § 2 Abs 2 UrlG dahin abgeändert wurde, daß der Anspruch auf Urlaub bereits in den ersten sechs Monaten des ersten Arbeitsjahres im Verhältnis zu der im Arbeitsjahr zurückgelegten Dienstzeit entsteht, dann stand dem Kläger ungeachtet der kurzfristigen Beschäftigung bereits ein Urlaubsanspruch zu, so daß aus der begrenzten Dauer des Arbeitsverhältnisses jedenfalls nicht die Zulässigkeit der laufenden Abgeltung des Urlaubes abgeleitet werden kann.
Da erst mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Urlaubsverbrauch in natura nicht mehr möglich ist, entsteht der Anspruch auf Urlaubsabfindung erst mit diesem Zeitpunkt; die unter dem Titel "Urlaubsabfindung" erfolgte vorherige Abgeltung des für den grundsätzlich in natura zu verbrauchenden Urlaubs gebührenden Urlaubsentgeltes verstößt gegen das in § 7 UrlG normierte Ablöseverbot.
Daraus ist aber im Ergebnis für den Kläger nichts zu gewinnen, weil der Arbeitgeber berechtigt ist, das zur Abgeltung des Urlaubsverbrauches Geleistete zurückzufordern (AB 276 BlgNR 14.GP, 4;
Kuderna UrlG § 7 Rz 4; Cerny Urlaubsrecht6 § 7 UrlG Anm 3;
Klein/Martinek Urlaubsrecht § 7 UrlG Erl 3). Nimmt der Arbeitnehmer daher vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses den ihm gebührenden Urlaub nicht in Anspruch, kann er zwar die Ansprüche nach den §§ 9, 10 UrlG gegen den Arbeitgber geltend machen, doch ist der Arbeitgeber seinerseits berechtigt, die bereits geleisteten Urlaubsablöse zurückzufordern. Die sich daraus allenfalls zugunsten des Arbeitnehmers oder Arbeitgebers ergebenden Differenzbeträge sind entsprechend zu zahlen (siehe Kuderna aaO).
Abgesehen davon, daß in der Entscheidung WBl 1994, 127 auf dieses Problem nicht eingegangen wurde, hatte dort der Arbeitnehmer - anders als der Kläger - seinen Urlaub tatsächlich verbraucht, ohne das ihm zustehende Urlaubsentgelt zu erhalten, während der Kläger den lediglich bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses zulässigen Anspruch auf Abfindung des nicht verbrauchten Urlaubsentgelt und damit einen mit der gezahlten, bei Anfechtung der Vereinbarung mit dem Arbeitgeber rückzuersetzenden Ablöse weitgehend gleichartigen Anspruch geltend macht. Der Einwand der beklagten Partei, der Kläger habe die der Höhe nach nicht bestrittene Urlaubsabfindung bereits erhalten, kann daher als Schuldtilgungseinwand aufgefaßt werden.
Auch aus dem Kollektivvertrag ist für den Standpunkt des Klägers nichts zu gewinnen, weil damit einerseits lediglich der gesetzlichen Regelung bezüglich des Ablöseverbotes und der Fälligkeit der Urlaubsabfindung Rechnung getragen wird, andererseits aber - wie zum Anspruch auf Sonderzahlungen auszuführen sein wird - klargestellt wird, daß in der kollektivvertraglichen Mindestwochenpauschale die Urlaubsabfindung nicht enthalten ist.
2. Zum Anspruch auf Sonderzahlungen:
Kollektivverträge sind im normativen Teil nach den Regeln, die für die Auslegung von Gesetzen gelten, auszulegen. Hiebei ist davon auszugehen, daß die Kollektivvertragsparteien eine vernünftige, zweckentsprechende und praktisch durchführbare Regelung treffen sowie einen gerechten Ausgleich der sozialen und wirtschaftlichen Interessen herbeiführen wollten (SZ 62/135 = Arb 10.815 ua).
§ 7 Z 3 des Kollektivvertrages enthält im ersten Satz "die aliquoten Teile des Urlaubszuschusses, der Weihnachtsremuneration.... sind in der Wochenpauschale nicht enthalten" nur eine Klarstellung, daß in der kollektivvertraglichen Wochenpauschale laut Mindestgagentarif eine Abgeltung der Sonderzahlungen nicht enthalten ist, also die aliquoten Sonderzahlungen zusätzlich zu diesen kollektivvertraglichen Mindestentgelten gebühren; der zweite Satz enthält eine Bestimmung über die Fälligkeit der aliquoten Sonderzahlungen (bei Beendigung des auf bestimmte Zeit eingegangenen Dienstverhältnisses). Durch die Einbeziehung der aliquoten Sonderzahlungsanteile in die Wochenpauschale wird lediglich die Fälligkeit der Sonderzahlungen gegenüber der kollektivvertraglichen Regelung vorverlegt. Eine solche für die Arbeitnehmer eher günstigere Regelung (siehe DRdA 1989/18 [Csebrenyak]; vgl Arb 10.096) durch Einzelvertrag ist gemäß § 3 Abs 1 ArbVG zulässig.
Der außerordentlichen Revision war daher im Ergebnis ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
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