Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger ist schuldig, der Beklagten die mit S 16.300,80 (darin S 2.716,80 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war vom 1.April 1973 bis zu seiner Entlassung am 3.Februar 1992 bei der Beklagten, einem Saunabauunternehmen, als Reisender und Leiter der Zweigstelle I***** angestellt. Bereits 1990 meldete der Kläger, um einen Gewerbekredit zu erhalten, das Gewerbe "Handel mit Saunazubehör" an, ohne es während seines Dienstverhältnisses zur Beklagten auszuüben. Bei der I***** Herbstmesse 1991 wurde dem Kläger untersagt, in Hinkunft eine eigene Preisliste (mit höheren Gesamtkaufpreisen) zu verwenden. In den Preislisten der Beklagten sind die Fracht- und Montagekosten nicht enthalten. Nach den Allgemeinen Verkaufs- und Lieferbedingungen berechnet die Beklagte für die Anlieferung und Montage der Saunaanlagen, soferne nichts anderes vereinbart wird, einen Pauschalbetrag zwischen 4.500 und 5.800 S incl. Mehrwertsteuer. Der vom Kläger erstellten eigenen Preisliste I***** waren die Allgemeinen Verkaufs- und Lieferbedingungen der Beklagten beigeheftet.
Laut Preisliste der Beklagten 5/91 (Beilage 13) betrug der Preis eines Soft-Dampfbades der Type 130, Vario-Nordische Fichte S 26.200,-- + 20 % Mehrwertsteuer, sohin brutto S 31.440,-- und der Type 3/D-Nordische Fichte S 32.500,-- + 20 % Mehrwertsteuer, sohin brutto S 39.000. Laut Preisliste des Klägers 5/91 (Beilage 14) betrug der Preis eines Soft-Dampfbades Type 130 Vario-Nordische Fichte incl. Frachtkosten S 31.500 zuzüglich 20 % Mehrwertsteuer und des Dampfbades Type 130 3/D-Nordische Fichte incl. Fracht- und Montagekosten S 38.500,-- zuzüglich 20 % Mehrwertsteuer. Trotz des Verbotes durch die Beklagte hat der Kläger auch in der Folge nicht mit den Preislisten der Beklagten, sondern mit den (eigenen) Preislisten gearbeitet. Einer Büroangestellten hatte der Kläger den Auftrag erteilt, eigene Preislisten auf Geschäftspapier der Beklagten zu schreiben. Diese ließ der Kläger dann kopieren und stellte der Beklagten die Kosten in Rechnung. Der Kläger untersagte einer Büroangestellten, dem Auftrag der Beklagten vom Jänner 1992, ihre Preislisten zu verschicken, nachzukommen.
Erst in den beiden letzten Wochen vor der Entlassung erlangte die Beklagte Kenntnis von der Anmeldung des Gewerbes durch den Kläger. Am 20. Jänner 1992 teilte er mit, daß er beabsichtige, sich demnächst selbständig zu machen. Auch die verbotswidrige Verwendung der eigenen Preislisten wurde der Beklagten erst in der Woche "4" des Jahres 1992 (20. bis 24.Jänner) bekannt. In dieser Woche war der Kläger auf Urlaub. Der Geschäftsführer der Beklagten ließ die Arbeitsunterlagen entfernen und die Schlösser zum Büro der Filiale in I***** austauschen, so daß der Kläger keinen Zutritt zum Büro mehr hatte. Dabei fand der Geschäftsführer der Beklagten im Büro der Filiale die vom Kläger erstellten Preislisten. Der Kläger war dann noch bis 31. Jänner 1992 auf Urlaub. In einem Schreiben vom 27.Jänner 1992 hielt der Kläger fest, daß bei dem Gespräch vom 20.Jänner 1992 weder er noch die Beklagte eine sofortige Auflösung des Dienstverhältnisses erklärt habe. Die Streitteile vereinbarten einen weiteren Gesprächstermin am 3.Februar 1992. Bei diesem Gespräch sprach der Geschäftsführer die Entlassung des Klägers aus, die er mit Vertrauensbruch und Unregelmäßigkeiten begründete.
Der Kläger nimmt einen Bankkredit in Höhe von S 362.933,77 in Anspruch, der mit 10,25 % pa verzinst wird.
Unter Behauptung der ungerechtfertigten und verspäteten Entlassung erhebt der Kläger neben bereits rechtskräftig erledigten laufenden Ansprüchen noch entlassungsabhängige Ansprüche im Betrag von S 679.664,84 brutto sA. Den Zuspruch 12 %iger Verzugszinsen begründet der Kläger mit dem grob schuldhaften Zahlungsverzug der Beklagten.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die Entlassung sei berechtigt, weil der Kläger trotz ausdrücklichen Verbotes eigene Preislisten verwendet habe, obwohl diese Preise enthielten, die über den regulären betrieblichen Preisen lagen. Der Kläger habe durch unberechtigte Geldmanipulationen und durch die unbefugte Verwendung eigener Preislisten zum Nachteil der Beklagten deren Interessen beeinträchtigt. Die Entlassung sei wegen Vertrauensunwürdigkeit gerechtfertigt ausgesprochen worden.
Das Erstgericht erkannte die Beklagte schuldig, dem Kläger S 162.632,91 brutto samt 4 % Zinsen zu zahlen und wies ein Mehrbegehren von S 679.702,17 brutto ab. Die Anmeldung eines eigenen konkurrierenden Handelsgewerbes während des Arbeitsverhältnisse, ohne es auszuüben, sei lediglich als Vorbereitungshandlung zu werten und begründe den Entlassungsgrund des § 27 Z 3 AngG nicht. Dieses Verhalten mache aber den Kläger vertrauensunwürdig, weil er damit zu erkennen gegeben habe, daß ihm an der Einhaltung der ihm obliegenden Treuepflichten nicht gelegen war. Die Verwendung eigener Preislisten trotz Verbots, sowie die Auszahlung einer Vermittlungsprovision durch die Filiale I***** ohne Wissen der Beklagten trotz einer Dienstanweisung, daß solche Vermittlungsprovisionen von der Zentrale zu bezahlen sind, bilde einen Entlassungsgrund.
Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil und kam unter Berichtigung eines Rechenfehlers zur Abweisung eines Mehrbegehrens von S 679.664,84 brutto sA. Bei einem Angestellten, der eine Filiale in einem anderen Bundesland leite, sei wegen der entfernungsbedingten geringeren Überwachungsmöglichkeit die Vertrauensbasis von besonderer Bedeutung. Die Belastung des Vertrauensverhältnisses sei besonders groß, wenn der Dienstgeber nach der Mitteilung des Dienstnehmers, sich selbständig machen zu wollen, Kenntnis davon erhalte, daß der Dienstnehmer schon vorher durch die Anmeldung eines Gewerbes konkrete Schritte in dieser Richtung unternommen habe. Wenn auch die Anmeldung eines konkurrierenden Gewerbes keinen Entlassungsgrund bilde, sei dieses Verhalten hinter dem Rücken der Beklagten bei der Beurteilung des Vorliegens eines Entlassungsgrundes dennoch mitzuberücksichtigen.
Entscheidend sei, daß der Kläger verbotswidrig eigene Preislisten verwendet und damit eine eigene, von jener der Dienstgeberin abweichende Geschäftspolitik betrieben habe. Gerade die Preisgestaltung sei für das Image eines Unternehmens von besonderer Bedeutung. Eine Eigenmächtigkeit eines erfolgreichen Vertreters in diesem sensiblen Bereich könnte zwar dann hingenommen werden, wenn die Treue des Vertreters zum Unternehmen unzweifelhaft sei; wolle aber dieser Dienstnehmer das Unternehmen verlassen, sei seine Eigenmächtigkeit in diesem Bereich derart schwerwiegend, daß sie einen Entlassungsgrund bilde. Die Weiterbeschäftigung des Klägers sei der Beklagten damit unzumutbar.
Die Entlassung sei auch rechtzeitig ausgesprochen worden, weil der Geschäftsführer der Beklagten bei Bekanntwerden des Weiterverwendens der verbotenen Preislisten durch den Kläger dem Kläger sofort den Zutritt zum Büro durch Auswechseln der Schlösser verwehrte und damit auf die Entlassung abzielende Maßnahmen gesetzt habe.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des Klägers aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer gänzlichen Klagestattgebung abzuändern; hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag.
Die Beklagte beantragt, der Revision des Klägers nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Zutreffend beurteilten die Vorinstanzen die Anmeldung eines eigenen Gewerbes durch den Kläger als zulässige Vorbereitungshandlung zum Betrieb eines selbständigen kaufmännischen Unternehmens (Kuderna, Entlassungsrecht 91, Arb 8899; SZ 59/26; DRdA 1988/1 [zust Holzer]; 9 Ob A 8,9/93), die den Entlassungsgrund des § 27 Z 3 AngG nicht verwirklicht. Eine Verpflichtung zur Meldung dieser zulässigen Vorbereitungshandlung bestand nicht, so daß deren Unterlassung rechtlich ohne Belang war. Die Interessen der Beklagten wurden durch die Anmeldung des eigenen Gewerbes nicht beeinträchtigt (Arb 10.833).
Dem Kläger war bei der I***** Herbstmesse 1991 durch die Beklagte untersagt worden, in Hinkunft mit eigenen Preislisten zu werben. Dennoch verwendete er auch in der Folge seine eigenen Preislisten, die infolge der Einbeziehung von Nebenleistungen höhere Preise als jene der Beklagten auswiesen. Er beauftragte sogar eine Büroangestellte, diese auf dem Geschäftspapier der Beklagten zu schreiben und auf Kosten der Beklagten zu kopieren und untersagte ihr die von der Beklagten aufgetragene Versendung der Preislisten der Beklagten.
Der Arbeitgeber ist zur Erlassung von Anordnungen zur inhaltlichen Bestimmung der Arbeitstätigkeit berechtigt, soweit sie durch den Gegenstand der Dienstleistung gerechtfertigt sind (Floretta-Spielbüchler-Strasser, Arbeitsrecht3 I 142;
Mayer-Maly/Marhold, Österreichisches Arbeitsrecht 78 f;
Martinek-M.Schwarz-W.Schwarz, AngG7 635 mwH; ZAS 1988/2 (Schima [25] mwN). Außer Zweifel steht, daß die Weisung an den Kläger, auch in der Filiale I***** nicht die von ihm erstellten, sondern die Preislisten der Beklagten zu verwenden, sachlich gerechtfertigt und objektiv zumutbar. Diese Weisung war daher für den Kläger verbindlich; er hatte sie zu befolgen (Arb.10.975) und verwendete die eigene Preisliste weisungswidrig weiter. Aus der durch die Aussage der Zeugin Ingrid Z***** gedeckten Beweiswürdigung der Vorinstanzen (insbes AS 221) geht deutlich hervor, daß der Kläger die von ihm erstellte Preisliste nicht nur für interne Zwecke verwendet hat, sondern auch versenden ließ. Entgegen der Meinung des Revisionswerbers bedarf es daher keiner weiteren Erläuterung der Begriffe "Arbeiten mit" und "Verwenden der" eigenen Preisliste.
Die Nichtbefolgung einer Weisung berechtigt den Arbeitgeber im Falle der beharrlichen Weigerung, die Weisung zu befolgen, zur Entlassung (§ 27 Z 4 zweiter Fall AngG). Unter Beharrlichkeit ist die Nachhaltigkeit, Unnachgiebigkeit oder Hartnäckigkeit des in der Arbeitsverweigerung zum Ausdruck kommenden Willens zu verstehen (Martinek-M.Schwarz-W.Schwarz aaO 632 mwH).
Mit der Auflegung einer Preisliste hat die Beklagte ihre Preisvorstellungen und ihre Preispolitik dokumentiert. Ohne Genehmigung der Beklagten war der Kläger nicht zur Verwendung einer eigenen Preisliste im Kundenverkehr berechtigt, zumal diese Liste, wenn auch unter Einbeziehung von Nebenleistungen, die die Beklagte sonst gesondert verrechnete, höhere Preise enthielt. Es genügte daher, wenn dem Kläger die Weiterverwendung der eigenen Preisliste (einmal) untersagt wurde. Daß der Kläger die eigene Preisliste durch einen längeren Zeitraum (September 1991 bis 3.2.1992) verwendete und einer Angestellten der Filiale I***** sogar verbot, die Original-Preislisten der Beklagten zu versenden, zeigt die Nachhaltigkeit der auf die Nichtbefolgung der Weisung des Arbeitgebers gerichteten Willenshaltung des Klägers und begründet den Entlassungsgrund der beharrlichen Dienstverweigerung.
Entlassungsgründe sind unverzüglich wahrzunehmen. Der Arbeitgeber darf mit der Ausübung des Entlassungsrechtes nicht wider Treu und Glauben solange zuwarten, daß der Arbeitnehmer aus dem Zögern auf einen Verzicht des Arbeitgebers auf die Geltendmachung der Entlassungsgründe schließen könnte (Martinek-M.Schwarz-W.Schwarz aaO 592 f mwH).
Die verbotene Weiterverwendung der eigenen Preisliste gelangte dem Geschäftsführer der Beklagten in der Woche nach dem 20.1.1992 zur Kenntnis, als der Kläger, so wie auch in der folgenden Woche auf Urlaub war. Noch in dieser Woche ließ die Beklagte die Schlösser austauschen, die Unterlagen aus dem Büro des Klägers entfernen und daß der Kläger sein Büro nicht mehr betreten konnte. Selbst wenn der Geschäftsführer der Beklagten in einem Gespräch der Streitteile am 27.1.1992 "auf eine Klärung gedrängt" aber eine Entlassung nicht ausgesprochen hat, konnte der Kläger aufgrund der einer Suspendierung vom Dienst gleichkommenden Maßnahmen (Schloßtausch; Entfernen der Unterlagen) nicht davon ausgehen, daß die Beklagte sein Verhalten toleriert und auf die Geltendmachung eines Entlassungsgrundes verzichtet habe, zumal sich die Parteien mangels endgültiger Klärung der offenen Fragen auf einen weiteren Gesprächstermin am 3.2.1992 einigten. Ein Verzicht auf die Geltendmachung des Entlassungsgrundes ist daher nicht eingetreten.
Ein Zuspruch höherer als der gesetzlichen Verzugszinsen hat nur bei böser Absicht oder auffallender Sorglosigkeit zu erfolgen (Arb 7842; SZ 47/130, SZ 51/172; Ind 1984, H 5, 14 = RdW 1984, 85; HS 13.211). Mangels Nachweises eines grob fahrlässigen oder vorsätzlichen Zahlungsverzuges (SZ 63/114; 9 ObA 146/92), - die bloße Nichtzahlung eines fälligen Anspruches auf Zeitausgleich, Urlaubsentschädigung oder Gehaltsdifferenz indiziert einen solchen Verschuldensgrad nicht, - fehlte die Grundlage für den Zuspruch einer über die gesetzlichen Zinsen von 4 vH hinausgehenden Vergütung. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
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