Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Rechtliche Beurteilung
Die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Auch in Arbeitsrechtssachen können angebliche Mängel des Verfahrens erster Instanz, deren Vorliegen das Berufungsgericht verneint hat, nicht mehr mit Revision geltend gemacht werden (RZ 1989/16 ua).
Da die beklagte Partei weder im Verfahren erster Instanz Einwendungen gegen die Zugrundelegung der fiktiven Dauer der Betriebsratszugehörigkeit des Klägers für die geltend gemachten austrittsabhängigen Ansprüche erhoben hat, noch in der Berufung oder Revision Ausführungen zu diesem Rechtsgrund erstattet hat, war diese Rechtsfrage vom Obersten Gerichtshof auch aus Anlaß der zu anderen Rechtsfragen gesetzmäßig ausgeführten Rechtsrüge nicht von Amts wegen zu prüfen (s EvBl 1985/154; MR 1987,221; MietSlg 39.767; 8 Ob 559/92 ua).
Was die übrige rechtliche Beurteilung betrifft, genügt es, auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Urteils hinzuweisen (§ 48 ASGG).
Ergänzend ist den Ausführungen der Revisionswerberin noch folgendes zu erwidern:
Gemäß §§ 3 Abs 1 und 11 Abs 1 ArbVG wirkt der Kollektivvertrag wie ein Gesetz im formellen Sinn gestaltend auf den Inhalt der Einzelarbeitsverträge und ist zugunsten des Arbeitnehmers zwingend. Diese Regelung verfolgt primär den Zweck, das Entstehen des mit Kollektivvertrag festgesetzten Anspruches gegen abweichende Vereinbarung zu sichern, so daß - unabhängig vom Bestehen einer Drucksituation - ein Verzicht auf durch Kollektivvertrag festgelegte Ansprüche für die Zukunft jedenfalls unwirksam ist (s Spielbüchler in Floretta-Spielbüchler-Strasser, Arbeitsrecht3 I 84).
Soweit die Revisionswerberin ihren Irrtumseinwand wiederholt, ist ihr zu erwidern, daß der Irrtum über einen Umstand, der den Arbeitgeber vom Vertragsabschluß abgehalten hätte, den er aber aus arbeitsschutzrechtlichen Gründen nicht zum Kündigungsgrund machen darf, unbeachtlich ist (siehe Mayer-Maly-Marhold Arbeitsrecht I 71; vgl Spielbüchler aaO 112). Da die Beklagte einwandte, sie sei davon ausgegangen, der Kläger werde seine berechtigten Ansprüche auf das kollektivvertragliche Mindestentgelt nicht geltend machen, betrifft der behauptete Irrtum einen gemäß § 105 Abs 3 Z 1 lit i ArbVG als Kündigungsmotiv verpönten Umstand und ist daher unbeachtlich.
Zur Begründung der aufrechnungsweise bis zur Höhe der Klageforderung eingewendeten Gegenforderung hat die Beklagte lediglich vorgebracht, der Kläger habe aufgrund der Pauschalvereinbarung einen höheren Nettolohn erzielt als dies bei einer Abrechnung auf Basis des Kollektivvertrages und einer damit korrespondierenden Anmeldung bei der Sozialversicherung der Fall gewesen wäre. Dieses Vorbringen ist, wie die Vorinstanzen zutreffend erkannt haben, nicht ausreichend konkretisiert. Darüber hinaus ist mit dem Berufungsgericht darauf hinzuweisen, daß dem Kläger ohnehin nur die Bezugsdifferenz zuerkannt wurde, die sich aus dem Vergleich zwischen den kollektivvertraglichen Ansprüchen des Klägers und den ihm tatsächlich gezahlten Nettobeträgen ergibt, so daß für die von der Beklagten behauptete Bereicherung des Klägers ebenso wie für den von ihr vermißten "Günstigkeitsvergleich" kein Raum bleibt.
Die Behauptung, der Kläger sei nach seinem Austritt aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr als Kraftfahrer einsetzbar gewesen, wurde nicht erwiesen, so daß es sich erübrigt, zu den diesbezüglichen Revisionsausführungen Stellung zu nehmen.
Die Setzung einer Nachfrist vor der Austrittserklärung war - wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat - im Hinblick auf die vorangegangene beharrliche Weigerung der Beklagten, dem Kläger das dem Kollektivvertrag entsprechende Entgelt zu leisten, nicht erforderlich.
Da der Kläger laufend die Auszahlung der Lohndifferenz zur kollektivvertraglich vorgesehenen Entlohnung für die einzelnen Monate schriftlich geltend gemacht hat, geht schließlich auch die Berufung der Revisionswerberin auf Art XI Z 5 des Kollektivvertrages für das Güterbeförderungsgewerbe Österreichs - nach dem Ansprüche des Dienstnehmers innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit bei sonstigem Verfall beim Dienstgeber schriftlich geltend zu machen sind - ins Leere. Das Vorbringen der Revisionswerberin, der Kläger habe nur einmal Ansprüche geltend gemacht, ist aktenwidrig. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen hat der Kläger die Aufforderungsschreiben Beilagen A bis F sowie O bis Q an die Beklagte gerichtet. Darin wurden jeweils Lohndifferenzen für die Vergangenheit (die letzten drei Monate) begehrt. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist es ausreichend, daß der Dienstgeber erkennen kann, welche Ansprüche ihrer Art nach gemeint sind; eine ziffernmäßige Aufgliederung ist entgegen der Auffassung der Revisionswerberin nicht erforderlich (siehe Arb 10.889).
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 40, 50 ZPO.
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