OGH 9ObA105/99b

OGH9ObA105/99b1.9.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtsachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Christoph Kainz und Franz Höllebrand als weitere Richter in der Arbeitsrechtsache der klagenden Partei Raiffeisenkasse A***** registrierte Genossenschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Edmund Pointinger, Rechtsanwalt in Bad Hall, wider die beklagte Partei I***** GesmbH, *****, vertreten durch Dr. Walter Brandl, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen S 65.809,-- sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtsachen vom 14. Jänner 1999, GZ 11 Ra 1/99t-27, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Steyr als Arbeits- und Sozialgericht vom 21. Juli 1998, 9 Cga 90/97v-21, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 4.871,04 (darin S 811,84 Ust) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit der vorliegenden Drittschuldnerklage (§ 308 EO) begehrt die Klägerin die Zahlung von S 65.809,-- sA mit der Begründung, sie habe Richard K*****, einem Arbeitnehmer der Beklagten, Kredite und Darlehen gewährt, zu deren Besicherung dieser der klagenden Partei seine Lohnansprüche gegenüber der Beklagten verpfändet habe. Die Beklagte habe am 3. 11. 1992 die entsprechende Verständigung entgegengenommen und die Klägerin (-infolge von Vorpfandrechten-) an vierter Stelle vorgemerkt. Da Richard K***** seinen Verbindlichkeiten nicht nachgekommen sei, habe die Klägerin offene Forderungen in Höhe von ca. S 500.000,-- fällig gestellt. Die Beklagte sei auch vom Vorliegen einer Verwertungsabrede verständigt worden, habe aber trotz Aufforderung die gepfändeten Bezugsteile nicht an die Klägerin abgeführt. Mit Beschluß des Bezirksgerichtes Mureck vom 27. 1. 1993, E 142/93y, sei der betreibenden Partei Bankhaus F***** Co AG, nunmehr Bank der Ö***** AG, die Gehaltsexekution betreffend die Bezüge des Richard K***** bewilligt worden. Der Beklagten sei bekannt gewesen, daß diese Forderung derjenigen der Klägerin nachgegangen sei. In der Folge habe die Beklagte weiterhin Zahlungen an die nachrangige Gläubigerin geleistet, es habe keine formelle gerichtliche Hinterlegung der pfändbaren Bezüge gegeben. Vielmehr sei eine Zahlung von Geldbeträgen auf ein Verrechnungskonto des Bezirksgerichtes Mureck, tituliert mit "E 142/93" erfolgt. Über Antrag des betreibenden Gläubigers sei trotz dessen schlechteren Ranges eine Überweisung von insgesamt S 65.809,-- durch das Gericht erfolgt. Dieser Betrag wäre ansonsten der Klägerin zugute gekommen. Da die Klägerin die Forderungen gegen Richard K***** am 30. 9. 1996 beim Bezirksgericht Kremsmünster und am 11. 10. 1996 beim Landesgericht Steyr gerichtsanhängig gemacht habe, komme es überdies auf eine Verwertungsabrede nicht an. Hilfsweise begehrte die Klägerin, die Beklagte für schuldig zu erkennen, den Betrag von S 65.809,-- samt 4 % Zinsen seit 25. 6. 1997 gerichtlich zu hinterlegen.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Sie wendete ein, daß sie zu einer Überweisung an die Klägerin nicht berechtigt gewesen sei, weil die vor Fälligkeit erfolgte außergerichtliche Verwertungsabrede zwischen Kreditschuldner und Klägerin gemäß § 12 KSchG unzulässig gewesen sei. Die Klägerin habe überdies die Beklagte aufgefordert, pfändbare Bezüge beim Exekutionsgericht zu hinterlegen. Der (externe) Lohnverrechner der Beklagten habe sich deshalb mit einer Rechtspflegerin des Bezirksgerichtes Mureck in Verbindung gesetzt und die Auskunft erhalten, er solle die abzuziehenden Beträge sowohl zu E 142/93y des BG Mureck als auch zugunsten der klagenden Partei erlegen. Dies sei in der Folge auch geschehen. Soweit das Exekutionsgericht die Beträge, nur an den betreibenden Gläubiger überwiesen habe, sei dies ohne Zustimmung der Beklagten geschehen.

Das Erstgericht wies Haupt- und Eventualbegehren ab. Es traf im wesentlichen folgende Feststellungen:

Mit Schreiben vom 22. 10. 1992 wurde die Beklagte verständigt, daß ihr Dienstnehmer Richard K***** der Klägerin sämtliche exekutionsfähigen Gehalts- und Lohnbezüge wie sonstige der beklagten Partei gegenüber zustehenden, wie immer Namen habenden Bezüge zur Besicherung eines Kredites in Höhe von S 190.000,-- zzgl. Nebenverbindlichkeiten verpfändet habe. Die Klägerin erklärte sich schriftlich damit einverstanden, daß die verpfändeten Beträge bis auf weiteres an den Kreditschuldner zur Auszahlung gelangten. Die verpfändeten Beträge seien jedoch einzubehalten, wenn andere Ansprüche auf die Bezüge geltend gemacht würden oder die Klägerin dies von der Beklagten verlange. Die Beklagte bestätigte am 3. 11. 1992 die Verpfändung und merkte die Klägerin an vierter Stelle (hinter drei betreibenden Gläubigern) vor. Am 9. 4. 1996 stellte die Klägerin die mit S 503.092,-- bezifferte Gesamtschuld des Richard K***** fällig. Dem Kreditnehmer wurde eine Frist zur Abdeckung bis 30. 4. 1996 gesetzt, welche ungenützt verstrich. Am 12. 4. 1996 verlangte die Klägerin von der Beklagten unter Bezugnahme auf ihr Schreiben vom 22. 10. 1992, daß diese die pfändbaren Bezüge ihres Dienstnehmers einbehalte und direkt an die Klägerin überweise, zumal vorrangige Pfandrechte nicht mehr bestehen könnten. Tatsächlich gab es am 12. 4. 1996 keine vorrangigen Gläubiger mehr. Mit Beschluß des Bezirksgerichtes Mureck vom 27. 1. 1993, E 142/93y, war der betreibenden Gläubigerin Bankhaus F***** AG zur Hereinbringung ihrer vollstreckbaren Forderung von S 532.293,93 s.A. die Gehaltsexekution gegen Richard K***** bewilligt worden. Die Exekutionsbewilligung samt Zahlungsverbot war der Beklagten als Drittschuldnerin am 10. 2. 1993 zugestellt worden.

Nach Erhalt des Schreibens vom 12. 4. 1996 ersuchte der externe Lohnverrechner der Beklagten einen Angestellten der Klägerin um Übersendung von Unterlagen zur Prüfung des Verwertungsanspruches. Die Klägerin übersandte daraufhin am 9. 5. 1996 einen am 27. 10. 1995 (!) zwischen Richard K***** als Pfandbesteller und der Klägerin als Kreditgeberin geschlossenen Pfandvertrag, der unter anderem folgenden Inhalt aufweist: ".... zur Sicherstellung aller Forderungen des Kreditgebers, die aus dieser Geschäftsverbindung entstanden sind bzw in Hinkunft entstehen werden, verpfändet der Pfandbesteller alle derzeit und künftig gegen I***** sowie gegen alle künftigen Arbeitgeber/Pensionsanstalten bestehenden Gehalts- Lohn- und Pensionsansprüche samt sonstigen Bezügen ......., soweit sie der Exekution unterliegen. Verwertungsabrede: Der Kreditgeber ist im Sinne des § 300a EO berechtigt, für fällige Pfandschulden von Arbeitgeber/Pensionsanstalt die Überweisung der pfändbaren Gehalts-/Lohn-/Pensions- bestandteile sowie sonstige wie immer gearteten Bezüge (Sonderzahlungen etc) zu verlangen." Im Begleitschreiben vom 9. 5. 1996 ersuchte die Klägerin neuerlich um die sofortige Überweisung der pfändbaren Lohnbestandteile. Vom Bezirksgericht Salzburg erhielt der Lohnverrechner die Auskunft, daß durch die Abtretung aus dem Jahre 1992 der Pfandrang zugunsten der Klägerin gewahrt sei, für die Überweisung aber Exekution geführt werden müsse. Von dieser Auskunft setzte der Lohnverrechner am 21. 5. 1996 einen Angestellten der Klägerin in Kenntnis. Mit Schreiben vom 24. 5. 1996 begehrte die Klägerin neuerlich die direkte Überweisung der pfändbaren Bezüge und verwies darauf, daß sie eine gültige Verwertungsabrede im Sinne des § 300a EO abgeschlossen habe, sodaß der Verwertungsanspruch völlig unzweifelhaft gegeben sei. Sollte die Durchführung von Abzügen und Überweisung verweigert werden, verlange die Klägerin jedenfalls gemäß § 300a EO den Erlag der jeweils pfändbaren Beträge beim zuständigen Bezirksgericht. Zu diesem Zeitpunkt überwies die Beklagte den pfändbaren Teil der Bezüge des Richard K***** laufend an den zu E 142/93y des BG Mureck eingeschrittenen betreibenden Gläubiger. Nach Erhalt des Schreibens vom 24. 5. 1996 wandte sich der Lohnverrechner an die zuständige Rechtspflegerin des Bezirksgerichtes Mureck, welcher er erklärte, daß die gepfändete Forderung außer vom betreibenden Gläubiger zu E 142/93y noch von einem anderen, vorrangigen Verpfändungsgläubiger in Anspruch genommen werde und fragte nach dem PSK-Konto des Gerichtes für den gerichtlichen Erlag.

Das Erstgericht konnte einen genaueren Inhalt des Telefonats nicht feststellen, insbesondere nicht, ob eine bei der gerichtlichen Hinterlegung einzuhaltende Form bzw Vorgangsweise besprochen worden war oder, daß die Rechtspflegerin dem Lohnverrechner erklärt hätte, er solle am Zahlschein als Verwendungszweck sowohl das Aktenzeichen des Exekutionsaktes als auch den Namen des Verpfändungsgläubigers anführen. Die Beklagte bzw ihr Lohnverrechner stellten in der Folge keinen formellen Erlagsantrag, sondern überwiesen Ende Juni 1996 S 4.227,--, am 31. 7. 1996 S 16.083,--, am 25. 9. 1996 S 12.636,--, am 30. 10. 1996 S 12.438,-- und am 22. 11. 1996 S 20.425,-- an das Bezirksgericht Mureck, wobei die Zahlscheine folgende Verwendungszwecke anführten: "E 142/93 und Verpfändung Raika A*****" bzw "E 142/93 und Raika A*****" sowie "E 142/93 + Raika A*****". In der Folge erkundigte sich der Vertreter der zu E 142/93y betreibenden Gläubigerin beim Lohnverrechner, warum keine Zahlungen mehr erfolgten und erhielt die Auskunft, daß die Überweisungen nunmehr an das Gericht direkt erfolgt seien. Die betreibende Gläubigerin stellte in der Folge zwei Anträge beim BG Mureck, die überwiesenen Beträge an sie zur Anweisung zu bringen. Das Exekutionsgericht gab diesen Anträgen statt, ohne Erhebungen oder ein Verteilungsverfahren im Sinne des § 307 EO durchzuführen und überwies Beträge von S 32.946,-- und S 32.863,-- an den Vertreter der betreibenden Partei. Die beklagte Partei war von der Auszahlung dieser Beträge nicht verständigt worden. Am 11. 10. 1996 erhob die Klägerin gegen Richard K***** eine Klage auf Zahlung von S 453.373,--, am 30. 9. 1996 beim Bezirksgericht Kremsmünster auf Zahlung von S 68.268,--. Am 2. 10. 1996 forderte die Klägerin die Beklagte auf, die Geschäftszahl der von ihr behaupteten Erlagssache sowie andere betreibende Gläubiger bekanntzugeben. Weiters wurde um Mitteilung ersucht, warum ein gerichtlicher Erlag vorgenommen worden sei. Hilfsweise werde die Auszahlung der erlegten Beträge zu Handen des Klagevertreters begehrt. Der Klägerin wurde in der Folge auch die Exekution gegen Richard K***** bewilligt, diese wurde der Beklagten als Drittschuldnerin im Dezember 1996 zugestellt. Seither wird der pfändbare Teil der Bezüge direkt an den Klagevertreter überwiesen.

Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß die Beklagte wegen des Vorliegens einer unklaren Sach- und Rechtslage gemäß § 307 Abs 1 EO befugt gewesen sei, den pfändbaren Betrag der Bezüge ihres Dienstnehmers bei Gericht zu hinterlegen. Die Frage, ob die Überweisungen der Beklagten an das Gericht als Erlag zu werten seien, könne offen bleiben. Jedenfalls komme der Beklagten die Bestimmung des § 292j Abs 1 EO zugute, wonach eine Zahlung des Drittschuldners schuldbefreiend sei, wenn diesen weder Vorsatz noch grobe Fahrlässigkeit treffe. Dieser Grundsatz müsse auch dann gelten, wenn ein Drittschuldner - zulässigerweise - gemäß § 307 EO gepfändete Bezugsteile bei Gericht hinterlegen wolle, dabei aber aus Unkenntnis Formalvorschriften nicht einhalte.

Das Berufungsgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß es ein zentrales Anliegen des Gesetzgebers der EO-Novelle 1991 gewesen sei, die Stellung des Drittschuldners zu verbessern, indem seine Sorgfaltspflicht eingeschränkt werde. Die Bestimmung des § 292j Abs 1 EO könne nicht nur für Berechnungsfehler Anwendung finden, sondern müsse auch dann gelten, wenn nicht auf grober Fahrlässigkeit beruhende Fehler bei der Aufteilung auf mehrere Gläubiger passierten. Das Unterlassen eines formellen Erlagsgesuches sei nicht als grobe Fahrlässigkeit zu werten, zumal der Erfüllungsgehilfe der Beklagten bei seiner Anfrage nicht auf die Notwendigkeit eines formellen Antrages hingewiesen worden sei und die Überweisungen ohnedies einen Hinweis auf einen anderen als den betreibenden Gläubiger, nämlich die Klägerin, enthalten hätten. Das Berufungsgericht erklärte die Revision nach § 46 Abs 1 ASGG für zulässig, weil es an Rechtsprechung dazu fehle, inwieweit bei einem Erlag nach § 307 Abs 1 EO verletzte Formvorschriften eine Haftung des Drittschuldners auslösten.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Klägerin aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, daß dem Hauptbegehren bzw dem Eventualbegehren der Klage stattgegeben werde; hilfsweise mit einem Aufhebungsantrag.

Die Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Die Revision ist aus den vom Berufungsgericht genannten Gründen zulässig; sie ist jedoch nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Nach der Judikatur (ÖBA 1994, 807; SZ 70/174) und dem ihr zugrundeliegenden Schrifttum (Koziol, Analoge Anwendung des § 12 Abs 1 KSchG auf Gehaltsverpfändungen? in ÖBA 1994, 92 f; M. Mohr, Der Arbeitnehmer als Verbraucher, Sicherungszession von Entgeltforderungen, in ecolex 1994, 415 f) gebietet die Schutzwirkung des § 12 KSchG eine analoge Anwendung auch auf Forderungsverpfändungen insoweit, als außergerichtliche Verwertungsabreden zwischen Unternehmer und Verbraucher nur dann zulässig sind, wenn eine Ermächtigung des Verbrauchers als Schuldner zur außergerichtlichen Verwertung (Überweisung) nach Eintritt der Fälligkeit der besicherten Forderung erfolgt. Nach den Feststellungen konnte die Klägerin aber nur auf solche Verwertungsabreden verweisen, die bereits vor eingetretener Fälligkeit geschlossen wurden, nicht jedoch auch auf eine nachträgliche Schuldnererklärung. Wenngleich sich die Schutzwirkung des § 12 KSchG zivilrechtlich nur in einer Beweiserleichterung für den Verbraucher auswirkt (Koziol aaO, M. Mohr aaO), war die Beklagte als Dienstgeber und Schuldner der gepfändeten Forderung keineswegs verpflichtet, sich durch eine voreilige Überweisung allfälligen Ansprüchen ihres Dienstnehmers auszusetzen. Zutreffend haben daher bereits die Vorinstanzen darauf hingewiesen, daß zumindest eine unklare Sach- und Rechtslage (§ 307 Abs 1 EO) für die Beklagte bzw deren Erfüllungsgehilfen (§ 1313a ABGB) bestand. Diese unklare Lage wurde auch durch eine Bekanntgabe der Klägerin, wonach sie ihre Forderungen auch gerichtlich geltend gemacht habe, nicht beseitigt, zumal der Regelfall der Verwertung einer außergerichtlichen Pfandbestellung ebenfalls in der Exekution besteht (Koziol aaO).

Ein gerichtlicher Erlag nach § 1425 ABGB - § 307 EO stellt einen besonderen Anwendungsfall dieser Bestimmung dar, jedoch mit der Ausnahme, daß es einer Gläubigerverständigung nicht bedarf (Heller/Berger/Stix4 2202, Holzhammer, Zwangs- vollstreckungsrecht4 310) - hat schuldbefreiende Wirkung (Heller/Berger/Stix aaO, Holzhammer aaO, Feil, EO4 Rz 6, 7 zu § 307 EO). Gerade diese schuldbefreiende Wirkung bedingt es aber, daß ein Mindestmaß an Formstrenge eingehalten wird, und vom Erlagsantrag daher gefordert werden muß, daß Zweifel über den vom Erleger anzugebenden Erlagszweck möglichst ausgeschlossen werden (SZ 51/42, JBl 1992, 592). Wenngleich dem Exekutionsgericht aufgrund des zwischen einer Rechtspflegerin und dem Lohnverrechner der beklagten Partei geführten Telefongespräches klar sein mußte, daß ein Erlag im Sinne des § 307 Abs 1 EO erfolgen sollte, liegt, wie schon die Vorinstanzen zutreffend erkannt haben, weder ein Erlagsgesuch vor, noch konnte das Exekutionsgericht aufgrund der Überweisung erkennen, bis zu welcher Höhe eine Verteilung zugunsten der Klägerin erfolgen sollte, bevor der bekannte betreibende Gläubiger zum Zuge käme. Aus der zu E 142/93y erstatteten Drittschuldnererklärung der Beklagten war wohl erkennbar, daß die Klägerin im Besitz einer vorrangigen Verpfändung über S 190.000,-- war, doch ergab sich daraus kein ausreichend aktueller Bezug für die Zeitpunkte der Hinterlegungen. Wenngleich es sich bei den Überweisungen erkennbar um Gerichtserläge handelte, haben die Vorinstanzen zutreffend eine eindeutige Schuldbefreiung bezweifelt. Nach den Materialien zur EO-Novelle 1991 (RV 181 der Beilagen XVIII. GP S 37 f) bestand aber ein zentrales Anliegen der Reform darin, die Stellung des Drittschuldners zu verbessern. Dazu wurde ausgeführt, daß der Drittschuldner Gefahr laufe, von den betreibenden Gläubigern oder vom Verpflichteten in Anspruch genommen zu werden, wenn diese seine Auffassung bei Aufteilung des Bezuges zwischen Verpflichtetem und betreibenden Gläubiger oder mehreren betreibenden Gläubigern nicht teilen und der Drittschuldner überdies nicht nur den geforderten Betrag zu zahlen, sondern auch Kostenersatz zu leisten hat, wenn das Gericht die Meinung des Drittschuldners (in einem Drittschuldnerprozeß) nicht teile. Die Sorgfaltspflichten des Drittschuldners sollten daher eingeschränkt werden. Die vom Drittschuldner vorgenommene Aufteilung des Bezuges in den pfändbaren und unpfändbaren Teil sollen nach dem Entwurf schuldbefreiend wirken, wenn der Drittschuldner nur leicht fahrlässig eine unrichtige Aufteilung vorgenommen hat. Eine Schuldtilgung solle dann nicht eintreten, wenn den Drittschuldner "etwa" bei der Ermittlung der Berechnungsgrundlage und Berechnung des unpfändbaren Freibetrags ein grobes Verschulden treffe. Diese beispielsweise Aufzählung widerlegt die Auffassung der Klägerin, daß § 292j EO nur einen Schutz vor Berechnungsfehlern bieten will. Wenngleich der Regelungszweck des § 292j EO nur direkte Zahlungen des Drittschuldners umfaßt, ist der Wille des Gesetzgebers dahin erkennbar, dem Drittschuldner dort entgegenzukommen, wo er aufgrund seiner üblicherweise voraussetzbaren Kenntnisse nicht in der Lage ist, in jedem Fall eine gesetzmäßige Aufteilung vorzunehmen. Da, worauf schon die Vorinstanzen zutreffend verwiesen haben, § 307 EO ein formelles Erlagsverfahren nicht erwähnt (-der Hinweis auf § 1425 ABGB ist durch die EO-Novelle 1991 weggefallen-), liegt eine Regelungslücke insoweit vor, als Fehler des Drittschuldners im Zuge eines - zulässigen - Erlagsverfahrens nicht ausdrücklich privilegiert sind. Die Absicht des Gesetzgebers gebietet daher eine analoge Anwendung der vorerwähnten Grundsätze, dh einer Befreiungswirkung des Drittschuldners, wenn dieser im Zuge eines Gerichtserlages leicht fahrlässig gegen Formvorschriften verstoßen und daher eine unrichtige Auszahlung veranlaßt hat. Dies muß insbesondere dann gelten, wenn das Exekutionsgericht trotz Erkennbarkeit eines gerichtlichen Erlages ohne weitere Erhebungen oder Verbesserungsaufträge nur an einen (betreibenden) Gläubiger Überweisungen tätigt, obwohl ein weiterer (hier: aufgrund des Hinweises auf dem Zahlschein) als solcher erkennbar ist.

Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41, 50 Abs 1 ZPO begründet, wobei jedoch mangels einer gesetzlichen Grundlage für die Erstattung der Revisionsbeantwortung nur 60 %, nicht aber 180 % Einheitssatz zustehen.

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