OGH 9Ob97/04m

OGH9Ob97/04m11.5.2005

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Sparkasse K*****, vertreten durch Neudorfer Griensteidl Hahnkamper Stapf & Partner, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei W*****-AG, ***** vertreten durch Dr. Wilhelm Mährenhorst, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 15.843,60 sA, über die Revision der klagenden Partei (Revisionsinteresse EUR 13.843,60), gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 21. April 2004, GZ 2 R 224/03f-24, womit das Teilurteil des Handelsgerichts Wien vom 6. August 2003, GZ 13 Cg 59/03h-15, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden mit Ausnahme der in Rechtskraft erwachsenen Teilabweisung des Zinsenmehrbegehrens (5,75 % Zinsen aus EUR 13.843,60 vom 10. 11. 2000 bis 31. 10. 2002) aufgehoben.

Die Rechtssache wird in diesem Umfang zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die zu FN ***** des Landesgerichtes Salzburg protokollierte Beklagte ist Gesamtrechtsnachfolgerin der früher zu FN ***** des Firmenbuches des Handelsgerichtes Wien registrierten V*****-AG (im Folgenden „V*****" genannt). Die V***** war Eigentümerin einer Liegenschaft, auf welcher sich das Gebäude ***** Wien, ***** mit mehreren Mietobjekten befindet. Die O***** GmbH hatte Objekte in diesem Gebäude teils selbst gemietet, hinsichtlich anderer Mietobjekte war dieser Gesellschaft ein Alleinvermittlungsauftrag für Vermietungen erteilt worden. Im Zusammenhang mit diesem Alleinvermittlungsauftrag schlossen die V***** und die O***** GmbH im November 1997 folgende, als „Mietgarantie Angebots Nr 260297e" bezeichnete Vereinbarung:

„Die O***** GmbH ist als Alleinvermittler - für die Dauer von drei

Jahren ab Garantiebeginn.... - durch die V***** beauftragt, die

Vermietung dieser Wohnungen zu besorgen.... Die V***** wird dafür

Sorge tragen, dass im Falle der Kündigung eines der von der Garantie

umfassten Mietverhältnisse die O***** GmbH unverzüglich direkt oder

im Wege der jeweiligen Hausverwaltung/verständigt wird, um eine

neuerliche Vermietung kurzfristig zu ermöglichen... Die O***** GmbH

garantiert der V***** hiermit, für den obgenannten Garantiezeitraum die Erwirtschaftung eines Mietvertrages von ATS 85 netto monatlich pro m² Nutzfläche, sohin ATS 1.020 pro Jahr/m² Nutzfläche, jeweils zuzüglich der gesetzlichen Umsatzsteuer. Sollte es der O***** GmbH nicht gelingen, den obgenannten Mietvertrag für die V***** zu erwirtschaften, so ist sie verpflichtet, den entsprechenden Ausfall zu übernehmen, wobei die Verrechnung zum Ende jedes Kalenderjahres zu erfolgen hat und der entsprechende Betrag, nach Rechnungslegung durch V*****, binnen 14 Tagen zur Zahlung fällig ist. Zur Besicherung der Ansprüche der V***** ist die O***** GmbH bereit, der V***** eine abstrakte Bankgarantie einer österreichischen Großbank mit einer Laufzeit bis zum Ablauf des Garantiezeitraums zu übergeben. Diese Bankgarantie hat auf den gesamten für die Dauer der gegenständlichen Vereinbarung zu erwirtschaftenden Mietertrag einschließlich der Umsatzsteuer in Höhe von 10 %, sohin auf ATS 905.086,80 zuzüglich 10 % USt von ATS 90.508,68, gesamt sohin ATS 995.508,68 zu lauten. Derzeit von der Bankgarantie ausgenommen sind die Wohnungen top 25 und 26, die von den O***** selbst angemietet sind.

Im Falle, dass die O***** das Mietverhältnis für top 25 und 26 vor Ablauf des Garantiezeitpunktes, das ist der 1. 9. 2000, beenden, ist bei Beendigung des Mietverhältnisses und Übergabe der Wohnungen über die Restlaufzeit des Garantiezeitraumes eine Bankgarantie in Höhe der restlichen Mietverpflichtung beizubringen. Die derzeit für top 24 beizubringende Bankgarantie hat daher auf ATS 216.709,20 zuzüglich 10 % USt ATS 21.670,92, gesamt sohin ATS 238.380,78 zu lauten.... Die Bankgarantie schränkt sich aufgrund der laufend vereinnahmten Mieten ein. Die O***** hat das Recht, jeweils nach Ablauf eines Kalenderjahres die Bankgarantie gegen eine entsprechend reduzierte Bankgarantie auszutauschen, sofern die O***** GmbH einen allfälligen Minderertrag gegenüber dem garantierten Betrag ausgeglichen hat. Ein allfälliger Mehrertrag wird der O***** GmbH seitens der V***** buchmäßig gutgeschrieben. Eine Auszahlung allfälliger Guthaben erfolgt erst zum Ende der Garantieperiode. ..."

Zur Zeit dieses Vertragsschlusses bestand ein Naheverhältnis zwischen der O***** GmbH (FN ***** des LG Steyr) und der R*****Liegenschaftsverwaltungs GmbH (FN ***** des LG Steyr), in der Form, dass Geschäftsführer- und teilweise Gesellschafteridentität bestanden. Die Klägerin wurde in der Folge von der R***** Liegenschaftsverwaltungs GmbH beauftragt, für die O***** GmbH die von dieser abverlangte Bankgarantie gegenüber der V***** abzugeben. Diese, von der V***** angenommene Garantieerklärung vom 30. 12. 1997 hatte folgenden Inhalt:

„Wir haben davon Kenntnis, dass Sie als Auftraggeber mit der Firma O***** GmbH als Auftragnehmer ein Angebot Nr 260297e über eine Mietgarantie im Zusammenhang mit einem Alleinvermittlungsauftrag ***** Wien, ***** abgeschlossen haben. Gemäß Anbot Nr 260297e über Mietgarantie im Zusammenhang mit einem Alleinvermittlungsauftrag ***** Wien, ***** hat die Firma O***** GmbH eine Bankgarantie über ATS 238.380,78 beizubringen. Im Auftrag der Firma R***** Liegenschaftsverwaltungs GmbH...., übernehmen wir für die O***** GmbH Ihnen gegenüber die Garantie für einen Höchstbetrag von ATS 238.380,78 und verpflichten uns gleichzeitig, innerhalb von drei Tagen nach Zustellung Ihrer eingeschriebenen Aufforderung, ohne Überprüfung des zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses, den uns namhaft gemachten Betrag bis zum Höchstbetrag von ATS 238.380,78 an Sie zur Auszahlung zu bringen. Die gegenständliche Bankgarantie vermindert sich monatlich um die eingehenden Mieten, und erlischt durch vorzeitige Rücksendung des Haftungsschreibens an uns, durch Zahlung infolge Inanspruchnahme und - unabhängig davon - spätestens jedoch am 1. 11. 2000, bis zu welchem Termin uns daher spätestens ihre eingeschriebene an uns zu richtende Inanspruchnahme erreicht haben muss. Die Rechte und Ansprüche aus gegenständlicher Garantie sind nicht abtretbar und nicht übertragbar. Als Gericht wird das nach dem Sitz unseres Instituts örtlich zuständige Gericht vereinbart... Sparkasse K*****".

Für die Wohnung top Nr 24 im Haus ***** entstanden im Garantiezeitraum vom 15. 9. 1997 bis 15. 9. 2000 folgende Mietzinsüberschüsse bzw Mietzinsausfälle: Überschuss für 1997 netto ATS 908,25; Abgang für 1998 netto ATS 43.036,40; Überschuss für 1999 netto ATS 15.363,60, Abgang für 2000 netto ATS 16.696,63. Daraus resultiert für den Mietgegenstand top 24 im Garantiezeitraum ein Gesamtmietzinsausfall von ATS 43.461,18, zuzüglich 10 % Umsatzsteuer von ATS 4.346,12 ein Gesamtausfall von ATS 47.807,30. Mit Schreiben vom 22. 3. 1998 rief die V***** aus der von der Klägerin erstellten Bankgarantie erstmals einen Betrag von ATS 46.340,96 ab. Gleichzeitig rief die V***** aus einer für andere Objekte (Nr 260297d) erstellten Bankgarantie einen weiteren Betrag von ATS 154.734,14 ab. Die Klägerin verweigerte zunächst die Zahlung, weil die Richtigkeit der Abrechnung durch die V***** bezweifelt wurde und zum anderen darauf verwiesen wurde, dass die V***** die O***** GmbH nicht rechtzeitig vom Freiwerden anderer Mietobjekte verständigt habe, sodass der darauf entfallende Ausfall nicht von der O***** GmbH begehrt werden könne.

Mit Beschluss des Landesgerichtes Steyr vom 20. 4. 1998 wurde ein gegen die O***** gestellter Antrag auf Eröffnung des Konkurses mangels Vermögens abgewiesen. Gleichzeitig mit der Eintragung dieses Beschlusses vermerkte das Firmenbuchgericht, dass die Gesellschaft infolge rechtskräftiger Abweisung eines Konkursantrages mangels kostendeckenden Vermögens gemäß § 1 ALöschG aufgelöst sei und nunmehr die Firma „O***** GesmbH in Liquidation" trage. Mit Beschluss vom 10. 7. 1998 eröffnete das Landesgericht Steyr den Konkurs über die in Liquidation befindliche Gesellschaft. Mit Beschluss vom 12. 4. 1999 hob das Konkursgericht den Konkurs mangels Deckung der Kosten des Verfahrens gemäß § 166 KO auf. Am 14. 6. 2000 erfolgte die amtswegige Löschung der Firma gemäß § 40 FBG.

Nach Ablehnung der eingeforderten Garantiebeträge kam es zu zahlreichen Gesprächen zwischen Vertretern der Klägerin und der Rechtsvorgängerin der Beklagten. Man verblieb schließlich so, dass der Vertreter der Rechtsvorgängerin der Beklagten detaillierte Aufstellungen und Informationen übermitteln werde, die die Berechtigung der Inanspruchnahme der Garantien dem Grunde und der Höhe nach belegen sollten. In der Korrespondenz und in den Gesprächen ging man übereinstimmend davon aus, dass die Bankgarantie vom 30. 12. 1997 über ATS 238.300,78 nur für Mietzinsausfälle der top Nr 24 gelte, nicht jedoch auch für solche der top Nr 25 und 26. Mit Schreiben vom 24. 10. 2000 rief der Vertreter der V***** die Bankgarantie vom 30. 12. 1997 zur Gänze ab und forderte die Klägerin auf, den Garantiebetrag von ATS 238.300,78 an sie zu überweisen. Dem Abrufschreiben war eine genaue Aufstellung angeschlossen, aus welcher hervorging, dass dem Abruf nicht nur die unstrittigen Beträge für das Objekt top 24, sondern auch angebliche Mietzinsausfälle für die top Nrn 25 und 26 zugrunde gelegt wurden. Dennoch verfügte der zuständige Sachbearbeiter der Klägerin, den gesamten Garantiebetrag an die V***** zur Zahlung zu bringen, weil er der Auffassung war, die Klägerin müsse als Bank bei einem formellen Abruf der Bankgarantie sofort Zahlung leisten, um nicht ins Gerede zu kommen. Die Überweisung des Betrages von ATS 238.300,78 erfolgte am 10. 11. 2000. Der Rechtsvertreter der Klägerin verfasste am 8. 11. 2000 ein Schreiben, in welchem er zwar ausführte, dass sich die Klägerin die Rückforderung der abgerufenen und bezahlten Garantiebeträge vorbehalte, als Grund dafür aber nicht eine unberechtigte Inanspruchnahme von Mietausfällen für die top Nr 25 und 26, sondern ausschließlich andere Gründe angab, welche nicht als Geltendmachung eines evidenten Missbrauchs aufzufassen waren.

Mit den überwiesenen Beträgen belastete die Klägerin ein bei ihr errichtetes Konto der O***** GmbH.

Die Klägerin begehrte zunächst die Zahlung von 13.843,70 sA (= die Differenz zwischen dem als richtig zuerkannten Ausfallsbetrag von ATS 47.807,30 zum Zahlungsbetrag von ATS 238.380,78 = ATS 190.493,48). Sie vertrat den Standpunkt, dass die Abrufung des Klagebetrages durch die V***** als Begünstigte rechtsmissbräuchlich erfolgt sei, weil für die Objekte 25 und 26 keine Garantieerklärung abgegeben worden sei. Die Zahlung durch die Klägerin als Garantin sei irrtümlich erfolgt. Wenngleich im Normalfall nur dem Auftraggeber der Bank (= Vertragspartner des Begünstigten im Valutaverhältnis) der Rückforderungsanspruch für vom Garanten erfolgte Überzahlungen an den Begünstigen zukomme, müsse im Fall rechtsmissbräuchlicher Inanspruchnahme der Garantie auch dem Garanten ein eigener Rückforderungsanspruch gegenüber dem Begünstigten eingeräumt werden. Selbst wenn man einen solchen direkten Kondiktionsanspruch verneinen wollte, könne sich die Klägerin darauf stützen, dass ihr sowohl die O***** GmbH als auch die R***** Liegenschaftsverwaltungs GmbH als auch der Geschäftsführer Michael K***** die ihnen allenfalls gegenüber der Beklagten zustehenden Ansprüche abgetreten hätten. Ein mit Klagsausdehnung geltend gemachtes weiteres Begehren von EUR 2.000 sA wurde auf andere Rechtsgründe gestützt und ist nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die Zahlung des Garantiebetrages durch die Klägerin sei keineswegs irrtümlich erfolgt, vielmehr seien der Zahlung zahlreiche Gespräche und Korrespondenzen vorangegangen. Die Garantie sei zu Recht in Anspruch genommen worden, weil der Beklagten bzw deren Rechtsvorgängerin entsprechende Forderungen gegen die O***** GmbH zugestanden seien. Die wirksame Abtretung allfälliger Forderungen an die Klägerin werde bestritten.

Das Erstgericht schränkte die Verhandlung und Entscheidung zunächst auf die Frage des ungerechtfertigten Abrufs der Bankgarantie Nr 260297e vom 30. 12. 1997 und die Frage der eigenen Rückforderungsberichtigung der Klägerin ohne Berücksichtigung der Zession ein (AS 73, 91).

Mit Teilurteil erkannte es die Beklagte schuldig, der Klägerin EUR 13.843,60 samt gestaffelten Zinsen zu zahlen. Ein Zinsenmehrbegehren von 5,75 % Zinsen aus EUR 13.843,60 vom 10. 11. 2000 bis 31. 7. 2002 wies es (unangefochten) ab. Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, dass der Anspruch auf Rückforderung einer zu Unrecht abgerufenen Garantie in Analogie zu § 1431 ABGB grundsätzlich dem Garantieauftraggeber und nicht dem Garanten zustehe (1 Ob 591/90 uva). Nur in Ausnahmefällen werde dem Garanten ein eigener (nicht vom Garantieauftraggeber übertragener) Bereicherungsanspruch zugestanden. Nach Koziol (Österreichisches Bankvertragsrecht II, 3/157, 3/161 f) habe der Garant unter anderem einen eigenen Bereicherungsanspruch, wenn er schon das Zahlungsbegehren durch einen Einwand abwehren hätte können, also insbesondere in den Fällen rechtsmissbräuchlicher Inanspruchnahme. Sei der Rechtsmissbrauch liquide beweisbar und der Garant daher dem Auftraggeber gegenüber zur Erhebung des Rechtsmissbrauchseinwandes verpflichtet, so könne er nicht mehr auf Rechnung des Auftraggebers zahlen. Es müsse daher dem Garanten selbst die Kondiktion offenstehen. Diese Voraussetzungen lägen hier vor, weil die Inanspruchnahme der Garantiesumme für den Ausfall an den Objekten top Nr 25 und 26 evident rechtsmissbräuchlich gewesen sei. Die Berechtigung des Klagebegehrens aufgrund einer eigenen Kondiktion der Klägerin mache Erwägungen über eine allfällige Abtretung von Ansprüchen gegenüber der begünstigten Beklagten entbehrlich. Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil dahin ab, dass es mit Teilurteil das Klagebegehren von EUR 13.843,60 sA abwies. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. An der Rechtsprechung, nach welcher die Garantieverpflichtung unabhängig vom Grundgeschäft sei, sei festzuhalten. Liege evident rechtsmissbräuchliche Inanspruchnahme einer Garantie durch den Begünstigten vor, sei es Sache des Garanten, die Zahlung zu verweigern. Ein darüber hinausgehender eigener Kondiktionsanspruch komme dem Garanten jedoch entgegen der von Koziol vertretenen Meinung nicht zu. Sobald eine Zahlung durch den Garanten erfolgt sei, komme nur mehr der allgemein anerkannte Rückforderungsanspruch des Auftraggebers in Analogie zu § 1431 ABGB in Frage.

Die Revision der Klägerin ist zulässig, sie ist im Umfang des Aufhebungsantrages auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Steht dem aus einer Bankgarantie Begünstigten in Wahrheit kein

Anspruch auf die durch die Garantie gesicherte Leistung zu, so kann

nach der Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0106545 uva) grundsätzlich nur

der Auftraggeber des Garanten Bereicherungsansprüche gegen den

Empfänger geltend machen. Diese dem Auftraggeber zustehende

Leistungskondiktion wird nicht unmittelbar auf § 1431 ABGB gestützt,

weil es bei Abruf der Garantie und Zahlung durch den Garanten nicht

entscheidend auf den Irrtum des Auftraggebers ankommen kann. Diese

Bestimmung ist daher nur analog anzuwenden, weil die Lage des

Auftraggebers, der zwar erkennt, dass die Garantie zu Unrecht

abgerufen wird, aber wegen der abstrakten Ausgestaltung der von ihm

in Auftrag gegebenen Bankgarantie die Leistung nicht mehr zu

verhindern vermag, derjenigen des Irrenden rechtsähnlich ist

(RIS-Justiz RS0106545; RS0016972). Dieser Grundsatz wird auch auf den

Fall des Rechtsmissbrauchs angewendet (6 Ob 126/04d). Ist ein

rechtsmissbräuchlicher Abruf der Garantie evident, ist der Garant zur

Zurückhaltung der Garantieleistung nicht nur berechtigt (RIS-Justiz

RS0018006), sondern kann dem Auftraggeber gegenüber dazu zum Schutz

dessen Interessen sogar verpflichtet sein (3 Ob 577/81 = EvBl 1982/23

mit weiteren Literaturnachweisen). Im letztgenannten Fall könnte die Zurückbehaltungsverpflichtung des Garanten dazu führen, dass der Auftraggeber dem Regress des Garanten, der trotz evidenten Rechtsmissbrauchs bezahlt hat, auftragswidriges Vorgehen entgegenhält.

Unbestritten dürfte sein, dass dem Garanten gegenüber dem Begünstigten ein eigener Kondiktionsanspruch im Sinn des § 1431 ABGB bei irrtümlicher Zahlung dann zusteht, wenn der Garantievertrag unwirksam bzw anfechtbar ist oder der Abruf mangelhaft, das heißt nicht in der vereinbarten Form erfolgte. Koziol (Der Garantievertrag 81 f; Avancini-Iro-Koziol Bankvertragsrecht II 3/157 f) will darüber hinaus dem Garanten einen eigenen Kondiktionsanspruch gegenüber dem Begünstigten immer dann geben, wenn jener berechtigt gewesen wäre, die Leistung zu verweigern, namentlich auch dann, wenn der Garant in Unkenntnis des Zahlungsverweigerungsgrundes, also irrtümlich handelte. Wenngleich diese Erwägungen Koziols speziell in dem Fall, wo dem irrtümlich zahlenden Garanten der Regress gegenüber dem Auftraggeber verwehrt wird (siehe oben), nicht von der Hand zu weisen sind, kann im vorliegenden Fall eine abschließende Beurteilung unterbleiben. Koziol weist nämlich zutreffend darauf hin, dass einem Rückforderungsanspruch des Garanten, der um den Rechtsmissbrauch weiß und dennoch zahlt, § 1432 ABGB entgegensteht (Garantievertrag, 82; BVR II 3/157). Ausgehend von den Feststellungen, dass nach dem ersten Garantieabruf vom März 1998 zwischen der Klägerin einerseits und der begünstigten V***** andererseits ausdrückliche Einigung darüber bestand, dass sich die Garantieerklärung vom Dezember 1997 nur auf Ausfälle von Mietzinsen aus dem Objekt top Nr 24 bezog und der Abruf vom 24. 10. 2000 eine detaillierte Aufgliederung enthielt, aus welcher hervorging, dass auch angebliche Mindererlöse aus den Objekten top 25 und 26 zugrunde gelegt wurden, muss der Klägerin der Vorwurf der wissentlichen Zahlung einer evident rechtsmissbräuchlich erhobenen Forderung gemacht werden. Ihrem Vorbehalt der Rückforderung ist schon deshalb keine erhebliche Bedeutung beizumessen, weil von diesem Vorbehalt gerade nicht eine missbräuchliche Einforderung (für die Objekte 25, 26) umfasst war, sondern nur Einwendungen geltend gemacht wurden, welche - selbst für den Fall ihres Zutreffens - den Tatbestand des Rechtsmissbrauchs nicht erfüllen könnten. Dem Berufungsgericht ist daher soweit in seiner Rechtsauffassung zu folgen, als das Bestehen eines eigenen, nicht abgeleiteten Kondiktionsanspruches der Klägerin gegenüber der Beklagten verneint wurde.

Die Rechtssache ist jedoch einer Enderledigung noch nicht zugänglich, weil, wie das Berufungsgericht übersehen haben dürfte, die Klägerin ihren Anspruch auch auf Zessionen der Vertragspartnerin der Beklagten (O***** GmbH) sowie ihrer unmittelbaren Auftraggeberin (R***** Liegenschaftsverwaltungs GmbH) gestützt hat. Ob und inwieweit die diesbezüglichen Behauptungen schlüssig sind, ist derzeit noch nicht zu beurteilen, sondern allenfalls nach § 182a ZPO mit den Parteien zu erörtern. Da die Revisionswerberin offenbar vermeint, dass ein Zuspruch auch aufgrund der Abtretung der O*****Gesellschaft mbH in Liquidation (Beil. /N) möglich gewesen wäre, ist ihr Folgendes entgegenzuhalten: Der Klägerin ist zwar darin beizupflichten, dass die Vollbeendigung und damit der Verlust der Partei- und Rechtsfähigkeit einer Gesellschaft nicht schon zwangsläufig durch die Löschung, sondern erst dann eintritt, wenn die Vermögenslosigkeit gegeben ist (RIS-Justiz RS0059984, zuletzt SZ 74/28). Sie übersieht jedoch, dass im vorliegenden Fall die in Liquidation befindliche Gesellschaft von Amts wegen wegen Vermögenslosigkeit gemäß § 40 FBG gelöscht wurde. Mit dieser Löschung endet aber auch das Liquidatorenamt (Koppensteiner GmbHG² Rz 21 zu § 89; Gellis/Feil GmbHG5 Rz 8 zu § 89 GmbHG). Nach der Löschung wären daher die früheren Liquidatoren ohne Nachtragsabwicklung und Bestellung neuer Abwickler (§ 40 Abs 4 FBG) nicht mehr in der Lage gewesen, rechtsverbindliche Erklärungen für die Gesellschaft abzugeben. Derzeit steht noch nicht fest, zu welchem Zeitpunkt eine allfällige Abtretung (welcher Forderungen?) erfolgt ist. Auch dies wird im fortgesetzten Verfahren zu klären sein.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte