OGH 9Ob86/03t

OGH9Ob86/03t27.8.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. Armin H*****, Unternehmensberater, *****, vertreten durch Dr. Franz Zimmermann, Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei Gerald O*****, Kaufmann, *****, vertreten durch Dax, Klepeisz & Partner, Rechtsanwältepartnerschaft GmbH in Güssing, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 9. Dezember 2002, GZ 11 R 91/02m-23, mit dem die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt vom 1. März 2002, GZ 4 Cg 11/01v-19, zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Rekurswerber hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Der Kläger wurde im erstinstanzlichen Verfahren von einem ihm im Rahmen der Verfahrenshilfe beigegebenen Rechtsanwalt vertreten, der allerdings mit 31. 12. 2001 auf die Ausübung der Rechtsanwaltschaft verzichtet hat. Zu seinem mittlerweiligen Stellvertreter (§ 28 Abs 1 lit h iVm § 34 Abs 1 Z 3 und Abs 4 RAO) wurde von der Rechtsanwaltskammer für Kärnten Dr. Franz Zimmermann bestellt.

Mit Urteil vom 1. 3. 2002 wies das Erstgericht das Klagebegehren ab. Diese Entscheidung wurde dem bisherigen Verfahrenshelfer nach der Aktenlage am 14. 3. 2002 zugestellt.

Der Kläger - nunmehr "vertreten durch Dr. Zimmermann" - erhob gegen das Urteil des Erstgerichtes die am 11. 4. 2002 zur Post gegebene Berufung, in der ua darauf verwiesen wird, dass der bisherige Verfahrenshelfer seine "Berufsausübung zurückgelegt" habe und Dr. Zimmermann zu seinem mittlerweiligen Stellvertreter bestellt worden sei.

Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Berufungsgericht die Berufung zurück.

Dr. Zimmermann, der nicht zum Verfahrenshelfer des Klägers (um-)bestellt worden sei, sei nicht berechtigt, den Kläger zu vertreten. Die Bestellung zum mittlerweiligen Stellvertreter des bisherigen Verfahrenshelfers ändere daran nichts. Die von Dr. Zimmermann erhobene Berufung sei daher zurückzuweisen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs des Klägers (nunmehr vertreten durch Dr. Zimmermann als bevollmächtigten Vertreter) mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens aufzutragen.

Der Rekurs ist iSd § 519 Abs 1 ZPO zulässig, aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Wenn der Rechtsanwalt einer Partei stirbt oder unfähig wird, die Vertretung der Partei fortzuführen, tritt insoweit, als die Vertretung durch Rechtsanwälte gesetzlich geboten ist, eine Unterbrechung des Verfahrens ein, bis ein anderer Rechtsanwalt von der Partei bestellt und von diesem Rechtsanwalt seine Bestellung unter gleichzeitiger Aufnahme des Verfahrens dem Gegner angezeigt wird (§ 160 Abs 1 ZPO); eines Unterbrechungsbeschlusses bedarf es nicht (RIS-Justiz RS0036903; zuletzt 8 Ob 607/92). Dies muss auch dann gelten, wenn der der Partei im Rahmen der Verfahrenshilfe beigegebene Rechtsanwalt stirbt oder - wie hier - auf die Ausübung der Rechtsanwaltschaft verzichtet und damit unfähig wird, die Vertretung der Partei fortzuführen.

Da im hier zu beurteilenden Verfahren die Vertretung durch Rechtsanwälte geboten ist, ist daher das Verfahren seit der Wirksamkeit des Verzichtes des bisherigen Verfahrenshelfers auf die Ausübung der Rechtsanwaltschaft unterbrochen. Dass für den bisher vertretenden Rechtsanwalt ein mittlerweiliger Stellvertreter nach § 34 Abs 3 RAO bestellt wurde, ändert daran nichts, weil diese Bestellung weder die Vollmachtserteilung noch die Bestellung zum Verfahrenshelfer ersetzen kann (Gitschthaler in Rechberger, ZPO² Rz 2 zu § 160 mwN).

Nach der Unterbrechung des Verfahrens sind Parteihandlungen mit Ausnahme der Aufnahmehandlungen gemäß § 164 ZPO gegenüber dem Gericht und dem Prozessgegner ohne rechtliche Wirkung. Sie sind zwar vom Gericht zum Gegenstand einer Verfügung zu machen, aber nur insofern, dass es diese Prozesshandlung zurückzuweisen hat. Die wirkungslosen Prozesshandlungen sind keiner Genehmigung zugänglich (RIS-Justiz RS0036967; 8 Ob 607/82). Das Gericht kann daher über ein nach Eintritt der Unterbrechung des Verfahrens eingebrachtes Rechtsmittel solange nicht meritorisch entscheiden, als das Verfahren nicht wiederaufgenommen ist, sondern kann grundsätzlich - ausgenommen sind allenfalls trotz der Verfahrensunterbrechung ergangene gerichtliche Verfügungen - nur mit der Zurückweisung dieses Rechtsmittels vorgehen (SZ 43/158; SZ 45/19; SZ 51/150; 8 Ob 607/92). An der Unwirksamkeit eines Rechtsmittels ändert es auch nichts, dass dieses nicht schon vom Erstgericht zurückgewiesen wurde (5 Ob 128/74; 8 Ob 607/92).

Damit erweist sich aber die Zurückweisung des Rechtsmittels durch das Berufungsgericht im Ergebnis als zutreffend.

Der Zulässigkeit des vorliegenden Rechtsmittels steht die Unterbrechung nicht entgegen, weil Rechtsmittel, zur Klärung der Frage, ob eine Unterbrechung überhaupt vorliegt oder nicht, zulässig bleiben (Gitschthaler in Rechberger, ZPO² Rz 5 zu § 163).

Im Übrigen wird zu beachten sein, dass das unterbrochene Verfahren grundsätzlich nur über Antrag (§ 164 ZPO) und auf Grund eines Gerichtsbeschlusses (§ 165 Abs 2 ZPO) wiederaufgenommen werden kann (vgl RZ 1991/22; 8 Ob 607/92).

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekurses gründet sich auf die §§ 40, 50 ZPO.

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