OGH 9Ob61/10a

OGH9Ob61/10a22.10.2010

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshof Dr. Hradil, Dr. Hopf, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Tarmann-Prentner und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** H*****, Kaufmann, *****, vertreten durch Puttinger, Vogl & Partner Rechtsanwälte GmbH, Ried im Innkreis, gegen die beklagte Partei E***** C*****, vertreten durch Dr. Johann Köpplinger, Rechtsanwalt in Ried im Innkreis, wegen 12.932,30 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 27. April 2010, GZ 3 R 20/10x-14, womit das Urteil des Landesgerichts Ried im Innkreis vom 25. November 2009, GZ 32 Cg 40/09x-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 838,44 EUR (darin 139,74 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Aufgrund eines Angebots im Internet kaufte der Beklagte bei T***** F*****, der seinen Wohnsitz in Österreich hat, 114 Mobiltelefone, angeblich der Marke „N*****“ um rund 25.000 EUR. Er zahlte den Kaufpreis im Voraus und wollte die Geräte nach Deutschland einführen, um sie dort zu verkaufen. An der Grenze stellte sich heraus, dass es sich um Fälschungen aus China handelte, die deshalb vom deutschen Zoll beschlagnahmt und später vernichtet wurden. Aufgrund dieses Schadens und der dadurch bedingten finanziellen Probleme sah sich der Beklagte außer Stande, seine Schadenersatzforderung gegenüber dem Lieferanten F***** selbst gerichtlich geltend zu machen und bot daher ebenfalls per Internet an, dass seine Forderungen entweder ersteigert oder die Finanzierung der Klagsführung gegen prozentuelle Erfolgsbeteiligung von einem Dritten übernommen werde. Einschließlich des von ihm errechneten entgangenen Gewinns bezifferte der Beklagte seine Forderung mit 30.000 EUR. Aufgrund dieses Anerbietens meldete sich der Kläger am 29. 5. 2006 per E-Mail beim Beklagten. In diesem wies der Kläger darauf hin, dass er zwar Privater sei, aber schon mehrere größere Forderungen gekauft und selbst betrieben habe. Bei der Forderung des Beklagten stelle sich aber die Frage, ob diese im gerichtlichen Verfahren bestritten werde oder nicht, zum Kauf sei sie seines Erachtens nach nicht geeignet, weil es sich noch um keinen rechtskräftigen Titel handle. Der Beklagte könne dem Kläger die Daten des Schuldners auch per Mail mitteilen, da eine Betreibung der Forderung auf Erfolgsbasis möglich sei. Dazu müsse der Kläger aber noch die Bonität des Schuldners feststellen, um so die Erfolgsquote festlegen zu können. In einer Antwort-E-Mail vom selben Tag gab der Beklagte Namen, Adresse und Mobiltelefonnummer seines Schuldners bekannt. Er erklärte, dass es ihm am liebsten wäre, wenn der Kläger gegen Erhalt eines vereinbarten Prozentsatzes der Forderung das Ganze finanziere oder die Forderung aufkaufe. Ab 1. 6. 2006 fand ein reger E-Mailverkehr zwischen den Streitteilen statt. Zunächst erkundigte sich der Beklagte nach der geplanten weiteren Vorgangsweise. Er bestätigte, dass die Forderung zu Recht bestehe und sich vor Gericht einwandfrei beweisen lasse. Der Kläger erläuterte, dass ihm der Beklagte für den Fall, dass sie sich einig würden, sämtliche Unterlagen und eine Abtretungserklärung übermitteln müsse. Nach Erhalt der Unterlagen werde er diese auf seine Kosten an einen für Inkassowesen spezialisierten österreichischen Anwalt weiterleiten, der die Forderung vorerst außergerichtlich und gegebenenfalls auch gerichtlich geltend machen werde. Der Kläger meinte, dass vorher noch eine genaue Prüfung im Grundbuch durchzuführen wäre, nämlich ob der Schuldner tatsächlich ein Haus besitze und wie hoch die Vorpfandrechte seien. Der Beklagte fragte daraufhin an, wann der Kläger diese Prüfung im Grundbuch durchführen könne. Dieser antwortete, dass ihm der Beklagte vorher verbindlich mitteilen müsse, dass er ausschließlich mit ihm eine Vereinbarung schließen werde, dass der Kläger alleine die Forderung gegen den Schuldner betreiben solle, da weiterführende Recherchen mit Kosten für ihn verbunden seien. Der Beklagte antwortete, dass er eine verbindliche Zusage erst dann anbieten könne, wenn sie sich über den Prozentsatz einigten und ersuchte den Kläger, ihm ein realistisches Angebot zu unterbreiten. Am 2. 6. 2006 fragte der Beklagte neuerlich an, wann der Kläger die Prüfung im Grundbuch durchführen könne. Am 6. 6. 2006 teilte der Kläger mit, dass er zwischenzeitlich in Erfahrung bringen habe können, dass die Liegenschaft des Schuldners des Beklagten schwer belastet sei. Er werde noch weitere Erhebungen einleiten und versuchen, den Beklagten noch am selben Tag abschließend zu informieren, zu welchen Konditionen eine Betreibung möglich wäre. Er führte aus, dass der Forderung des Beklagten, so wie sie jetzt aussehe, keine weiteren Sicherheiten gegenüber stehen, sodass eine Einbringung der Forderung auch nach Vorliegen eines Urteils nur schwer möglich sein werde. Der Beklagte fragte in der Folge neuerlich nach der geplanten weiteren Vorgangsweise und bot ein Entgelt in Höhe von 33,5 % der Forderung an. Daraufhin antwortete der Kläger per E-Mail: „40 % Erfolgsprovision müsste ich haben. Vorausgesetzt die Klage bleibt unbeeinsprucht und es kommt zu keiner mündlichen Verhandlung. Außerdem muss die Forderung zu Recht bestehen. Sollte Ihr Einverständnis damit bestehen, so müssten Sie mir sämtliche Unterlagen an mich übersenden, und weiters eine unwiderrufliche Abtretungserklärung auf meinen Namen ausstellen … . Sobald ich die nötigen Unterlagen von Ihnen erhalten habe, werde ich diese umgehend an einen Anwalt weiterleiten, damit dieser die Forderung geltend machen kann.“ Der Beklagte fragte daraufhin an, ob der Kläger die Forderung kaufen oder nur deren Einbringung finanzieren wolle. Eine Abtretungserklärung könne er unterschreiben, wenn der Kläger die Forderung kaufe. Dieser antwortete, dass er, wie vereinbart, die Klage finanziere und nicht die Forderung ankaufen werde. Er benötige dennoch eine Abtretungserklärung, damit er sich gegenüber dem Schuldner und dem Gericht als Forderungssteller ausweisen könne, zumal er die Forderung im eigenen Namen betreibe. Daraufhin übersandte der Beklagte folgende E-Mail: „Wie soll ich mich dann absichern, wenn ich Ihnen die Abtretungserklärung unterschreibe? Ich habe das Risiko, dass Sie keine Klage einreichen oder dass ich 60 % nicht bekomme, wenn Sie den Prozess gewinnen. Ich würde vorschlagen, dass wir einen Vertrag unterschreiben, wo aufgeführt wird, bei Erfolg bekommen Sie 40 % und alle Prozesskosten, Anwaltskosten und sonstige Kosten übernehmen Sie allein.“ Dem erwiderte der Kläger: „Das ist für mich ok! Sie können mir den Vertrag, die Abtretungserklärung sowie sämtliche Unterlagen, die Sie besitzen, auf dem Postweg übermitteln, und ich schicke Ihnen dann eine von mir unterschriebene Kopie des Vertrages an Sie retour!“ Mit E-Mail vom 7. 6. 2006 fragte der Kläger beim Beklagten an, ob dieser die Unterlagen schon abgeschickt habe. Er wies darauf hin, dass man nicht allzu lange zuwarten solle, weil der Schuldner offenbar finanzielle Probleme habe und daher weitere Probleme bei der Einbringung der Forderung entstehen könnten. Der Beklagte teilte dem Kläger mit, dass es folgende Punkte gebe, die in einer Abtretungserklärung enthalten sein müssten, nämlich dass der Kläger 40 % der Summe, die der Schuldner bezahlen werde, bekomme, der Kläger alle Kosten tragen müsse und die Abtretungserklärung ungültig werde, wenn der Kläger nicht innerhalb etwa von 1 ½ Monaten gerichtlich klage. Abschließend fragte der Beklagte noch, wie er sich absichern solle, dass er die 60 % bekomme. Der Kläger wies ihn in seiner Antwort-E-Mail darauf hin, dass der Beklagte ja „vertraglich abgesichert sei“. Am 13. 6. 2006 fragte der Kläger nach, ob der Beklagte die Unterlagen schon an ihn abgeschickt habe. Dieser antwortete ihm, dass die Abtretungserklärung noch geschrieben werden müsse, was noch eine weitere Woche dauern werde. Am 22. 6. 2006 fragte der Kläger neuerlich an, wann er die Urkunden bekomme. Schließlich gab der Beklagte am 7. 7. 2006 ein Konvolut mit Bankauszügen bezüglich der Mobiltelefonkäufe, eine Aufstellung zur Schadenersatzforderung und zum entgangenen Gewinn, ein Schreiben des Hauptzollamts Köln bezüglich der Beschlagnahme der Handys, sowie ein Abmahnungsschreiben des Rechtsanwalts des Telefonherstellers „N*****“ zur Post. Der Kläger holte am 10. 7. 2006 die Unterlagen beim Postamt ab. Mit Schreiben vom 27. 7. 2006 ersuchte er den Beklagten, die Abtretungserklärung direkt an seinen Anwalt und den Vertrag samt den nachzureichenden Unterlagen an ihn zu schicken. Auf diese Aufforderung antwortete der Beklagte mit folgender E-Mail:

„Mein Anwalt hat eine Vereinbarung zusammengefasst, die sende ich Ihnen im Anhang zu. Ich bitte Sie diese Vereinbarung auszudrucken und zu unterschreiben. Senden Sie die unterschriebene Vereinbarung mit einer Kopie ihres Ausweises zum Vergleich der Unterschrift an die bekannte Postadresse. Änderungen in der Vereinbarung dürfen nicht vorgenommen werden. Sobald ich die unterschriebene Vereinbarung von Ihnen erhalte, werde ich ebenfalls ein Exemplar unterschreiben sowie die Abtretungserklärung per Post an Sie schicken.“ Der als Anhang übersandte Vereinbarungsentwurf hatte folgenden Wortlaut:

„1. Herrn E***** C***** stehen gegenüber Herrn T***** F*****, … Forderungen aus Schadenersatz sowie wegen entgangenen Gewinn in Höhe von insgesamt 32.330,74 EUR zu.

2. Herr C***** ist aus finanziellen Gründen nicht in der Lage, die Forderung gegenüber Herrn ***** F***** geltend zu machen, was durch die Auslandsproblematik zusätzlich erschwert wird. Aus diesem Grunde tritt Herr C***** aufgrund gesonderter Abtretungsvereinbarung seine Ansprüche an Herrn H***** ab, der sich verpflichtet, die Ansprüche im eigenen Namen gerichtlich geltend zu machen, titulieren zu lassen und nötigenfalls durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen beizutreiben.

3. Für alle durch die Rechtsverfolgung und Durchsetzung entstehenden Kosten kommt Herr H***** alleine auf. Herr C***** wird insoweit von jeglichen Kosten freigestellt.

4. …

Auskunftsrechte … .

5. Sollte die Forderung gegenüber Herrn ***** F***** ganz oder teilweise beigetrieben werden, sind sich Herr H***** und Herr C***** darüber einig, dass der verbleibende Erlös (nach Abzug der Kosten, soweit sie nicht sowieso von Herrn ***** F***** zu tragen sind) im Verhältnis von 60 % für Herrn E***** C***** zu 40 % für Herrn H***** geteilt wird.

6. …

7. Zwischen Herrn H***** und Herrn C***** besteht im Innenverhältnis Einigkeit, dass Herr C***** materiell-rechtlicher Inhaber der Forderung gegenüber Herrn ***** F***** bleibt und Herr H***** lediglich zur rechtlichen Durchsetzung und Beitreibung der Forderung berechtigt ist. Die eingangs getroffene Kostenregelung sowie die oben genannte Erlösverteilung bleiben hievon unberührt.

8. Sollte Herr H***** gegen die Regelung dieser Vereinbarung verstoßen, dh insbesondere kein ordnungsgemäßes Verfahren gegenüber Herrn ***** F***** führen und hierdurch den Zweck dieser Vereinbarung gefährden, steht Herrn C***** ein jederzeitiger Anspruch auf Herausgabe sämtlicher Unterlagen bzw Anspruch auf Rückabtretung der Forderung zu. Anspruch auf Kostenerstattung hat Herr H***** auch in diesem Fall nicht.

9. (Gerichtsstandvereinbarung). …“

Der Kläger übermittelte dem Beklagten daraufhin am 29. 7. 2006 folgende Antwort:

„Im Vertrag müssten noch folgende Änderungen vorgenommen werden:

1. In sämtlichen Vertragspunkten muss mein Name auf H***** H***** geändert werden.

2. Herr C***** erklärt und bestätigt, dass die abgetretene Forderung in Höhe von 32.330,74 EUR dem Grunde sowie der Höhe nach zu Recht besteht, nicht strittig ist und diesbezüglich auch keine Gegenforderungen bestehen.

3. Im Falle, dass die Forderung vom Schuldner bestritten wird und letztlich festgestellt wird, dass die Forderung entweder dem Grunde oder der Höhe nach nicht berechtigt ist, verpflichtet sich Herr C***** sämtliche aufgelaufenen außergerichtlichen und gerichtlichen Kosten des Anwalts des Herrn H***** sowie eventuell die der Gegenseite zugesprochenen Prozesskosten und weiters die vereinbarte Erfolgsprovision in Höhe von 40 % der übergebenen Forderung von 32.330,74 EUR innerhalb von 14 Tagen an Herrn H***** zu ersetzen. Die vorerwähnte Kostenersatzpflicht trifft Herrn C***** auch im Falle des Auftragswiderrufs, Nichtübermittlung der Abtretungserklärung oder bei Beauftragung einer anderen Person/Firma (Anwalt, Inkassobüro etc) mit der Einbringung der Forderung und letztlich die daraus resultierende Einstellung der Betreibung der Forderung durch Herrn H*****.

4. Die vorgeschlagene Gerichtsstandvereinbarung ist leider unter Privatpersonen nicht möglich und ich ersuche Sie, diese aus dem Vertrag zu streichen.

5. Bei Direktzahlung des Schuldners an Herrn C***** steht Herrn H***** ebenfalls die Erstattung sämtlicher Kosten (außergerichtliche und gerichtliche Anwaltskosten) sowie die vereinbarte Erfolgsbeteiligung in Höhe von 40 % der übergebenen Forderung in Höhe von 32.330,74 EUR zu. Die Kostenerstattungspflicht besteht auch bei anderer Einigung des Schuldners mit Herrn C***** (Lieferung der Handys, Vergleich etc).

6. Bezüglich Punkt 4 müssten wir noch etwas ändern, da die Übermittlung sämtlicher Unterlagen/Informationen bei der Betreibung den Rahmen sprengen würde und der Aufwand dadurch zu groß werden würde: Herr C***** erhält jedenfalls umgehend die Info, sofern die Forderung von Herrn T***** F***** bestritten werden würde. Darüber hinaus steht Herrn C***** ein jederzeitiges Informationsrecht über den Stand der Angelegenheit zu.

7. Sollte Herr C***** die Abtretungserklärung, welche Herrn H***** zu übermitteln ist, nicht bis 31. 8. 2006 bei Herrn H***** eingehen, so erhöht sich die Erfolgsbeteiligung auf 50 % der übergebenen Forderung, da mit fortschreitender Zeit die Chance sinkt, die Forderung einzubringen.

8. Herr H***** haftet nicht für eine eventuell eintretende Verjährung.

9. Herr H***** wird hiermit ermächtigt und gleichzeitig bevollmächtigt, die übergebene Forderung gegenüber dem Schuldner zunächst außergerichtlich geltend zu machen und einzubringen, sowie sämtliche ihm als zweckmäßig erscheinenden Maßnahmen im Rahmen der Rechtsordnung zu ergreifen, insbesondere Zahlungsvereinbarungen mit dem Schuldner in eigenem Ermessen abzuschließen und Anerkenntnisse und sonstige Zahlungsverpflichtungen, auch Dritter, zur Sicherstellung dieser Forderungen, aber auch Schuldbeitritte entgegenzunehmen.

10. Die Punkte 2, 3, 5 und 7 gelten sinngemäß auch auf die dem Schuldner zu verrechnenden Verzugszinsen.

11. Sollten Direktzahlungen an Herrn C***** vom Schuldner erfolgen oder Herr C***** Mitteilungen seitens des Schuldners erhalten, so verpflichtet sich Herr C***** zur sofortigen Weiterleitung an Herrn H*****.“

Am 30. 7. 2006 ergänzte der Kläger seine Änderungswünsche noch um einen Punkt 12., wonach er keine Garantie bzw Haftung für die erfolgreiche Einbringung der Forderung gegen den Schuldner übernimmt. Am 11. 8. 2006 erhielt der Beklagte vom Kläger folgende E-Mail:

„Ich habe heute Ihre Unterlagen erhalten; leider war der Vertrag genauso wieder bei den Unterlagen wie Sie ihn mir zuletzt gemailt hatten. Ich hatte Ihnen die untenstehenden Punkte mitgeteilt, welche ich im Vertrag stehen haben bzw geändert haben will.

Trotzdem haben Sie ihn mir in gleicher Form wieder zugeschickt. Ich fordere Sie daher auf, den Vertrag entsprechend den untenstehenden Punkten zu ändern und mit diesem Vertrag bis spätestens Ende nächster Woche bei mir einlangend zu übermitteln. Sollte wiederum kein korrigierter Vertrag oder eine Abtretungserklärung bei mir einlangen, so werde ich die vereinbarte Erfolgsprämie in Höhe von 40 % fällig stellen und bei Ihnen einfordern, da Sie mir durch Ihr Verhalten keine Möglichkeit geben, die Forderung beim Schuldner einzubringen.“

Da der Beklagte nunmehr glaubte, dass er und der Kläger auf keinen gemeinsamen Nenner kommen würden, versuchte er die Forderung anderen Interessenten anzubieten, hatte dabei aber keinen Erfolg. Die Forderung haftet noch immer aus.

Der Kläger begehrt vom Beklagten die Zahlung von 12.932,30 EUR sA. Zwischen den Streitteilen sei ein wirksamer Vertrag zustandegekommen, der Beklagte habe dem Kläger gegen Erfolgsbeteiligung von 40 % seine Forderung zum Inkasso gegenüber dem Schuldner abgetreten. Bereits die E-Mail vom 7. 6. 2006 enthalte ein verbindliches Anbot des Beklagten, welches der Kläger angenommen habe. Spätestens mit der Übermittlung der zur Betreibung erforderlichen Urkunden sei es am 7. 7. 2006 jedenfalls zum Vertragsschluss gekommen. Da der Beklagte die erforderliche Abtretungserklärung nicht geleistet habe, hafte er dem Kläger für die Zahlung von 40 % der Forderung, deren Betreibung nur an der mangelnden Mitwirkung des Beklagten gescheitert sei. Für den Fall, dass der Beklagte den Standpunkt einnehme, dass die Forderung ohnehin nicht einbringlich gewesen wäre, werde das Klagebegehren aus prozessualer Vorsicht auch auf „einen Schadenersatzanspruch nach § 874 ABGB nach Täuschung iSd § 870 ABGB und darüber hinaus auf sittenwidrige Schädigung gemäß § 1295 Abs 2 ABGB“ gestützt.

Der Beklagte bestritt die Forderung des Klägers. Es sei kein wirksamer Vertrag zustandegekommen, da über wesentliche Punkte keine Einigung habe erzielt werden können. Insbesondere sei für die Verbindlichkeit die Schriftform vereinbart worden, ein schriftlicher Vertrag sei aber nie zustande gekommen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es vertrat die Rechtsauffassung, dass zwischen den Streitteilen ein Auftragsvertrag geschlossen worden sei und gemäß Art 4 EVÜ österreichisches Recht anzuwenden sei; die charakteristische Leistung hätte der Kläger als Auftragnehmer erbringen sollen, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich habe. Zu einem wirksamen Vertragsschluss sei es nicht gekommen: Einerseits sei über wesentliche Vertragspunkte noch keine Einigung zustandegekommen, darüber hinaus sei ausdrücklich vereinbart worden, dass die wechselseitigen Rechte und Pflichten aus dem beabsichtigten Rechtsgeschäft erst nach Abschluss eines schriftlichen Vertrags entstehen sollten.

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichts. Zwischen den Streitteilen sei Einigung lediglich über den Aufteilungsschlüssel bei erfolgreicher Forderungsbetreibung erzielt worden, andere Vertragspunkte seien aber offen geblieben. Desgleichen habe der Beklagte unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, an eine Vereinbarung erst mit schriftlicher Unterfertigung gebunden sein zu wollen. Eine solche Einigung sei nie erzielt worden. Da sich der Kläger überdies nie auf „culpa in contrahendo“ berufen habe, seien das diesbezügliche Berufungsvorbringen als unzulässige Neuerung unbeachtlich.

Das Berufungsgericht sprach zunächst aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei; über den Antrag des Klägers gemäß § 508 ZPO erklärte es, dass die ordentliche Revision doch zulässig sei, weil nicht ausgeschlossen werden könne, dass das Berufungsgericht von höchstgerichtlicher Rechtsprechung zu den Folgen eines gewillkürten Formvorbehalts nach § 884 ABGB abgewichen sei.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des Klägers aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass das Klagebegehren abgewiesen werde, hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulassungsausspruch nicht zulässig, weil der Revisionswerber keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen vermag.

Zwischen den Streitteilen ist die Anwendung österreichischen Rechts nicht mehr strittig. Zutreffend hat schon das Erstgericht darauf hingewiesen, dass die engste Verbindung zum Staat des Auftragnehmers, dh hier des Klägers, besteht (Art 4 Abs 1, 2 EVÜ; Verschraegen in Rummel II/63 Rz 55 zu Art 4 EVÜ).

Die Beantwortung der Frage, ob und inwieweit die Parteien einen Vertragsabschluss von der Einhaltung einer bestimmten Form abhängig gemacht haben, stellt stets eine Einzelfallbeurteilung dar, die regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO bildet (RIS-Justiz RS0042936 [T19]). Die einzelfallbezogene Beurteilung rechtsgeschäftlicher Erklärungen rechtfertigt eine Anrufung des Obersten Gerichtshofs nur dann, wenn aus Gründen der Rechtssicherheit die Korrektur einer unhaltbaren, durch die Missachtung fundamentaler Auslegungsregeln zustandegekommenen Entscheidung geboten ist (RIS-Justiz RS0042776 [T22]). Eine solche Fehlbeurteilung ist im vorliegenden Fall nicht zu erkennen:

Haben die Parteien für einen Vertrag die Anwendung einer bestimmten Form vorbehalten, so wird vermutet, dass sie vor Erfüllung dieser Form nicht gebunden sein wollen (§ 884 ABGB). Die Entkräftung dieser Auslegungsregel erfolgt durch Nachweis gegenteiligen Parteiwillens, das heißt des schon geäußerten Bindungswillens. Die Beweislast dafür trifft denjenigen, der sich auf das Zustandekommen des Vertrags berufen will (5 Ob 134/09f). Insbesondere die Feststellungen auf Seite 7 des Ersturteils ON 10 lassen den jedenfalls vertretbaren Schluss zu, dass der Beklagte ausdrücklich zum Ausdruck gebracht hat, erst durch Abschluss einer schriftlichen Vereinbarung gebunden sein zu wollen.

Daneben führt der Revisionswerber ins Treffen, dass auch eine Teilerfüllung vor der Formeinhaltung die Vermutung des § 884 ABGB widerlegen könne. Mit der Übersendung der für die Betreibung erforderlichen Unterlagen habe der Beklagte aber eine solche Teilerfüllung bewirkt. Dem ist zu entgegnen: Zwar könnte eine (Teil-)Erfüllung vor der Formeinhaltung die Vermutung des § 884 ABGB widerlegen (RIS-Justiz RS0017286 [T7]), doch kann allein daraus nicht der Umkehrschluss gezogen werden, dass eine Teilerfüllung jedenfalls den Formvorbehalt aufhebt. Vielmehr kommt es auch hier auf die Umstände des Einzelfalls an. Im vorliegenden Fall ist es durchaus vertretbar zu sagen, dass die Übersendung der die Schuld des Dritten dokumentierenden Urkunden nur zu dem Zweck erfolgte, dem Kläger die nötige Beurteilungsgrundlage für seine Entscheidung zu geben, ob er überhaupt bereit ist, die Forderung einzuklagen und einzutreiben. Ein Abgehen vom Formgebot ist daher darin noch nicht zwingend zu erkennen.

Im Übrigen vermag der Revisionswerber aber auch das Argument der Vorinstanzen nicht zu widerlegen, dass die im E-Mail-Verkehr abgegebenen Erklärungen für sich genommen noch nicht den für das Zustandekommen eines Vertrags erforderlichen Konsens aufweisen.

Zur angeblich vorgebrachten Verletzung vorvertraglicher Pflichten durch den Beklagten:

Ob im Hinblick auf den Inhalt der Prozessbehauptungen eine bestimmte Tatsache als vorgebracht anzusehen ist, ist eine Frage des Einzelfalls, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung keine erhebliche Bedeutung zukommt. Auch, ob das bisher erstattete Vorbringen soweit spezifiziert ist, dass es als Anspruchsgrundlage hinreicht bzw wie weit ein bestimmtes Vorbringen einer Konkretisierung zugänglich ist, ist eine Frage des Einzelfalls (RIS-Justiz RS0042828). Das Eventualvorbringen des Klägers (S 5 in ON 6) bezieht sich eindeutig auf „Schadenersatzanspruch nach § 874 ABGB nach Täuschung iSd § 870 ABGB“ bzw „auf sittenwidrige Schädigung gemäß § 1295 Abs 2 ABGB“. Wenn das Berufungsgericht darin kein Vorbringen betreffend die Verletzung vorvertraglicher Pflichten zu erkennen vermag, liegt darin eine jedenfalls vertretbare Auslegung des Vorbringens.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Der Beklagte hat in seiner Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels hingewiesen, sodass sein Schriftsatz der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung diente.

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