Spruch:
Der außerordentlichen Revision wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß das Begehren der Kläger auf Feststellung, daß die mit Schreiben vom 11.9.1992 an den Beklagten ausgesprochene Aufkündigung des zwischen den Parteien bestehenden Pachtvertrages vom 29.11.1966 betreffend das Unternehmen "Alte S***** Apotheke", ***** zum 31.12.1994 rechtswirksam sei, abgewiesen wird.
Die Kläger sind zur ungeteilten Hand schuldig, dem Beklagten die mit S 40.353,74 (darin S 6.725,62 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz, die mit S 58.302,- (darin S 6.717,- Umsatzsteuer und S 18.000,- Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit S 48.174,- (darin S 4.029,- Umsatzsteuer und S 24.000,- Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit Pachtvertrag vom 29.11.1966 pachtete der Beklagte die "Alte S***** Apotheke", eine radizierte Realapotheke, in S*****. Eine der Rechtsvorgängerinnen der Kläger, die damals zu 2/3 Eigentümerin der Liegenschaft war, räumte dem Beklagten einerseits mit Legat ein Vorkaufsrecht an ihrem Liegenschaftsteil ein und belastete andererseits ihre Alleinerbin mit einem Kündigungsverzicht; der Pachtvertrag über die Apotheke dürfe erst aufgekündigt werden, wenn der Beklagte nach den für Apotheker geltenden Pensionsvorschriften einen Pensionsantrag stelle. Die Viert- und Fünftkläger, die als Rechtsnachfolger in dieses Pachtverhältnis eingetreten sind, kündigten als Mehrheitseigentümer im Einverständnis mit den übrigen Eigentümern den Pachtvertrag schriftlich am 11.9.1992 unter Einhaltung der einjährigen Kündigungsfrist zum 31.12.1994 auf.
Mit der vorliegenden Klage begehren die Kläger die Feststellung, daß die mit Schreiben vom 11.9.1992 ausgesprochene Aufkündigung des Pachtvertrages rechtswirksam sei. Gemäß Art II Abs 5 der Übergangsbestimmungen der Apothekengesetznovelle 1984 erlösche die Realgerechtsame, wenn sie nicht binnen zehn Jahren in eine Konzession übergeführt werde. Da die Kläger nicht selbst die persönlichen Voraussetzungen für eine Konzession zum selbständigen Betrieb einer öffentlichen Apotheke hätten, sei das ihnen zustehende Realrecht jedenfalls bis zum 31.12.1994 erloschen. Damit entfalle die bisherige Rechtsgrundlage des Pachtverhältnisses, so daß der Pachtvertrag mit dem Beklagten gegenstandslos werde. Der den Klägern überbundene Auftrag der Erblasserin, den Beklagten vor seinem Pensionsantrag nicht zu kündigen, stehe dem Erlöschen des Pachtvertrages nicht entgegen, da dessen Aufrechterhaltung unmöglich geworden sei.
Der Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Es treffe nicht zu, daß der Pachtvertrag über die Realapotheke mit 31.12.1994 erlösche, da der Beklagte selbst berechtigt sei, um eine Konzession für die Ausübung des Apothekengewerbes am Standort des Pachtobjektes anzusuchen. Im übrigen habe die Rechtsvorgängerin der Kläger letztwillig verfügt, daß der Pachtvertrag nicht gekündigt werden könne, bevor der Beklagte einen Pensionsantrag stelle. Da davon auszugehen sei, daß der Verpächterin der Inhalt der Apothekengesetznovelle 1984 mit Gültigkeit ab 1.1.1985, insbesondere die Bestimmung des Art II bekannt gewesen sei, müsse diese letztwillige Anordnung im Sinne eines absoluten Kündigungsverzichtes angesehen werden.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es vertrat im wesentlichen die Rechtsauffassung, daß das Realrecht auf den Betrieb der Apotheke mangels Überführung in eine Konzession mit Ablauf des 31.12.1994 erlösche. Damit gehe auch das Recht, an diesem Standort eine Apotheke zu betreiben, sohin der Bestandgegenstand, unter, so daß der Pachtvertrag mit dem Beklagten per 31.12.1994 gemäß § 1112 ABGB ipso iure aufgelöst sei. Da die Kündigung der Kläger sohin lediglich auf einen Zeitpunkt gerichtet sei, an dem das Bestandverhältnis ohnehin von Gesetzes wegen ende, stehe ihr ein allfälliger wirksamer Kündigungsverzicht nicht mehr entgegen.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes zwar S 50.000,-
übersteige, die ordentliche Revision aber nicht zulässig sei. Es billigte die Rechtsansicht des Erstgerichtes und führte ergänzend aus, daß die letztwillige Verfügung der Rechtsvorgängerin der Kläger nicht als Auftrag (Auflage) im Sinne der §§ 709 ff ABGB, sondern als Vermächtnis zu qualifizieren sei. Der Beklagte sei durch dieses Vermächtnis zwar begünstigt, doch habe ihm die Erblasserin keinen über den 31.12.1994 hinauswirkenden Kündigungsverzicht einräumen können. Gemäß § 878 ABGB könne nicht Gegenstand eines gültigen Vertrages werden, was geradezu unmöglich ist. Da gemäß Art II Abs 1 der Apothekengesetznovelle 1984 die gegenständliche Realapotheke nach Ablauf des 31.12.1994 nur mehr in der Rechtsform einer konzessionierten Apotheke betrieben werden dürfe, sei die Weiterführung durch den Beklagten auf Grund des Pachtvertrages nicht mehr möglich. Der Erblasserin habe sohin bei Erlassung ihrer letztwilligen Verfügung vom 21.3.1986 bereits die rechtliche Möglichkeit gefehlt, dem Beklagten den Betrieb der Realapotheke im Sinne des Pachtvertrages über den 31.12.1994 hinaus zu sichern.
Gegen dieses Urteil richtet sich die aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene außerordentliche Revision des Beklagten mit dem sinngemäßen Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß das Klagebegehren abgewiesen werde. Hilfsweise werden Aufhebungsanträge gestellt.
Die Kläger beantragen in ihrer Revisionsbeantwortung, die außerordentliche Revision zurückzuweisen, in eventu, ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die außerordentliche Revision ist zulässig, da es zur Frage des Schicksals von Pachtverträgen über radizierte Realapotheken im Hinblick auf die ApGNov 1984, BGBl 1984/502 keine Rechtsprechung gibt (§ 502 Abs 1 ZPO), und zufolge der Verpflichtung zur umfassenden rechtlichen Beurteilung im Ergebnis auch berechtigt.
Während die Konzession zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke gemäß § 12 Abs 1 ApG, RGBl 1907/5 idF BGBl 1984/502 ein persönliches Betriebsrecht ist, das auf andere nicht übertragen werden kann (vgl Wiederin in FS Winkler, Übergang und Verlegung konzessionierter öffentlicher Apotheken, 237 ff), sind Realgerechtsame vermögenswerte Privatrechte, deren Übertragbarkeit ihrem Charakter als dingliche Rechte entspricht. Träger der aus dem ApG erfließenden Berechtigung zum Betrieb einer Realapotheke ist entgegen der Ansicht des Beklagten ausschließlich ihr Eigentümer (VwGHSlg 12.497 A; ZfVB 1989/5, 475; ecolex 1991, 505 uva). Da der durch § 12 ApG gesicherte persönliche Charakter von Personalkonzessionen und die dingliche Natur von Realgerechtsamen nach Ansicht des Gesetzgebers unvereinbare Gegensätze sind, erlöschen gemäß Art II Abs 4 ApGNov 1984, BGBl 1984/502 diese Realgerechtsamen, soferne sie nicht binnen 10 Jahren nach Inkrafttreten der Novelle (1.1.1985) in eine Konzession gemäß Abs 2 bis 4 übergeführt worden sind (vgl Wiederin, Realapotheken und Personalitätsgrundsatz, ZfV 1987, 286 ff, 288). Nach Art II Abs 4 leg cit kann der Inhaber einer Realgerechtsame, falls er keine Überführung seines Realrechts in eine persönliche Konzession anstrebt, seine Apotheke zwar auf einen anderen übertragen, der seinerseits eine Konzession erwirken muß, doch gehen mit 1.1.1995 jedenfalls alle noch bestehenden privaten Realgerechtsamen unter (vgl auch Schwamberger, Kommz ApG 49 ff, 92 f). Der Untergang der Realgerechtsame hat, wie das Erstgericht richtig erkannte, den rechtlichen Untergang der Bestandsache zur Folge, so daß sich der Pachtvertrag gemäß § 1112 ABGB von selbst auflöst (vgl Würth in Rummel, ABGB2 § 1112 Erl 3). Erlischt der Bestandvertrag aber ohne weitere Erklärung, ist eine Kündigung überflüssig und kann keine rechtlichen Wirkungen entfalten (vgl Würth aaO § 1112 Erl 1 und § 1116 Erl 4); ein Kündigungsverzicht ist daher schon aus diesem Grunde unbeachtlich. Ob die Kläger auf Grund der letztwilligen Anordnung der ursprünglichen Verpächterin zu einer Übertragung der Apotheke an den Beklagten gemäß Art II Abs 4 leg cit verpflichtet sind, ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens.
Das Klagebegehren ist aber nicht nur wegen der als wirkungslos anzusehenden Kündigung, sondern auch deshalb verfehlt, weil es dem Begehren am erforderlichen Feststellungsinteresse mangelt. Dieser Mangel ist von Amts wegen in jeder Lage des Verfahrens aufzugreifen und wahrzunehmen (vgl Fasching ZPR2 Rz 1102). Feststellungsfähig sind nur Rechte oder Rechtsverhältnisse, nicht aber die rechtliche Eigenschaft von Tatsachen und Rechtshandlungen, wie etwa die Wirksamkeit oder Unwirksamkeit einer Kündigung, die lediglich eine Vorfrage für den Bestand oder Nichtbestand eines Rechtsverhältnisses darstellt (vgl Fasching, Kommz ZPO III 61; Kuderna, ASGG § 54 Erl 6; MietSlg 32.670; SZ 52/191, 53/171; Arb 9.839, 9.860, 9.927 uva).
Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO begründet.
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