European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:E123475
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin ist schuldig, dem Antragsgegner die mit 1.489,86 EUR (darin 248,31 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
Die Parteien waren Miteigentümer diverser landwirtschaftlicher Geräte.
Die Antragstellerin beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, über den Bestand, den Ertrag sowie den Erhaltungs- und Bewirtschaftungsaufwand dieser Geräte Rechnung zu legen und den so ermittelten Erlös des Nutzens an die Antragstellerin zu zahlen.
Der Antragsgegner bringt vor, soweit möglich Rechnung gelegt zu haben. Zustehende Zahlungen seien bereits geleistet worden, weshalb kein weiterer Anspruch bestehe.
Das Erstgericht wies den Antrag ab. Eine Rechnungslegung sei bereits im möglichen und zumutbaren Ausmaß erfolgt, allfällige Forderungen der Antragstellerin seien durch Zahlung beziehungsweise Aufrechnung getilgt.
Dem Rekurs der Antragstellerin gegen diesen Beschluss gab das Rekursgericht nicht Folge. Gegen die Abweisung des Rechnungslegungsbegehrens wende sich die Antragstellerin inhaltlich nicht. Ein Anspruch auf Benutzungsentgelt gegen einen anderen Miteigentümer sei zu verneinen, solange es ein Miteigentümer unterlasse, eine seinem Miteigentumsanteil entsprechende Gebrauchsordnung bzw Benützungsregelung herbeizuführen. Die Antragstellerin habe sich aber nicht um die Regelung einer Gebrauchsordnung bemüht, weshalb sie keinen Anspruch auf Zahlung eines Benützungsentgelts habe.
Den Revisionsrekurs ließ das Rekursgericht zu, weil es zur Frage, ob ein Miteigentümer bei Nichtvorhandensein einer Gebrauchsordnung Benützungsentgelt verlangen könne, unterschiedliche Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs gebe.
Rechtliche Beurteilung
1. Der Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen diese Entscheidung ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof gemäß § 71 Abs 1 AußStrG nicht bindenden – Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig, da es der Rechtsmittelwerberin nicht gelingt, eine Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG aufzuzeigen.
2. § 838a ABGB sieht vor, dass über alle Streitigkeiten zwischen Miteigentümern über die mit der Verwaltung und Benützung der gemeinschaftlichen Sache unmittelbar zusammenhängenden Rechte und Pflichten im Verfahren außer Streitsachen zu entscheiden ist. Darunter fallen Ansprüche aus der Verwaltung der gemeinschaftlichen Sache durch einen Miteigentümer (RIS‑Justiz RS0122986), insbesondere auf anteilige Herausgabe von Erträgen (4 Ob 75/12a).
Der Antrag der Antragstellerin auf Rechnungslegung und Zahlung des sich daraus ergebenden Betrags wurde daher richtiger Weise im außerstreitigen Verfahren geltend gemacht. Inhaltlich entspricht er einer Stufenklage nach Art XLII EGZPO (vgl 5 Ob 32/17t).
3. Bei der Stufenklage darf das Begehren auf Zahlung mit dem Rechnungslegungsbegehren verbunden werden, obwohl die Höhe des zu zahlenden Betrags erst nach erfolgter Rechnungslegung feststeht. Die klagende Partei darf daher hier ausnahmsweise die Bezifferung der Geldsumme vorläufig unterlassen und braucht sie erst nachzuholen, sobald die Rechnungslegung erfolgt ist bzw das zu fällende Urteil auf Rechnungslegung vollstreckt ist.
Im außerstreitigen Verfahren muss ein Antrag zwar grundsätzlich kein bestimmtes Begehren enthalten, jedoch hinreichend erkennen lassen, welche Entscheidung oder sonstige gerichtliche Tätigkeit der Antragsteller anstrebt und aus welchem Sachverhalt er dies ableitet. Wird ausschließlich eine Geldleistung begehrt, ihre Höhe aber nicht bestimmt angegeben, so hat das Gericht die Partei unter Setzung einer angemessenen Frist zur ziffernmäßig bestimmten Angabe des Begehrens aufzufordern, sobald die Verfahrensergebnisse eine derartige Angabe zulassen (vgl § 9 AußStrG).
4. Im Rahmen eines einer Stufenklage nach Art XLII EGZPO vergleichbaren Antrags im außerstreitigen Verfahren ist jedoch eine solche Aufforderung nicht erforderlich:
Für Stufenklagen gilt, dass das Gericht das Verfahren über den Rechnungslegungsanspruch vom Verfahren über den Leistungsanspruch getrennt zu führen hat (RIS‑Justiz RS0035069), somit zuerst ausschließlich über die Rechnungslegung zu verhandeln und (stattgebendenfalls) darüber mit Teilurteil zu entscheiden hat (RIS‑Justiz RS0108687). Erst nach dessen Rechtskraft hat der Kläger aufgrund der Ergebnisse der Rechnungslegung sein Leistungsbegehren durch zahlenmäßige Angabe des Klagsbetrags zu ergänzen. Das Gericht hat sodann das Verfahren über den Leistungsanspruch durchzuführen und mit Endurteil über das Zahlungsbegehren zu entscheiden (5 Ob 212/08z). Es besteht somit grundsätzlich ein Verbot der gleichzeitigen Entscheidung über Manifestations- und Zahlungsbegehren (4 Ob 243/17i). Eine Ausnahme vom Verbot gleichzeitiger Entscheidungen besteht dann, wenn das Rechnungslegungsbegehren unbegründet ist. In diesem Fall ist die gesamte Stufenklage abzuweisen, weil dieser Prozess zu keiner Aufklärung und damit zu keiner bestimmten Fassung des darauf aufbauenden Leistungsbegehrens führen kann. Die Abweisung des Rechnungslegungsbegehrens als erster Schritt der zweiaktigen Stufenklage hat somit zwingend auch die Abweisung der Leistungsbegehren zur Folge (RIS‑Justiz RS0035113 [T1, T2]).
Da aber auch bei einem, einer Stufenklage entsprechenden außerstreitigen Antrag der Antragsteller selbst die Möglichkeit der Bezifferung davon abhängig macht, dass zuvor vom Gegner Rechnung gelegt wird, hat auch die Abweisung des Rechnungslegungsbegehrens zwingend zur Abweisung des Zahlungsbegehrens zu führen. Eine gesonderte Aufforderung zur Konkretisierung des Zahlungsbegehrens oder eine Prüfung seiner inhaltlichen Berechtigung hat nicht zu erfolgen, weil der gesamte Antrag auf der Grundlage beruht, dass der Antragsteller ohne Rechnungslegung über keine Information verfügt.
5. Gegen die Verneinung des Rechnungs-legungsanspruchs durch die Vorinstanzen wendet sich die Antragstellerin auch in ihrem Revisionsrekurs nicht. Damit war aber auch dem auf Zahlung „des so ermittelten Erlöses“ gerichteten Begehren jede Grundlage entzogen.
Auf die vom Rekursgericht aufgeworfene Frage des Benützungsentgelts bei nicht bestehender Gebrauchsordnung kommt es daher ebenso wenig an wie auf die im Revisionsrekurs thematisierte unvollständige Sachverhaltsgrundlage zur Höhe der Ausgleichszahlung.
6. Da von der Antragstellerin keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG aufgezeigt wird, ist ihr Revisionsrekurs als unzulässig zurückzuweisen.
7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 78 Abs 2 AußStrG. Der Antragsgegner hat auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses hingewiesen (RIS‑Justiz RS0122774).
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