OGH 9Ob27/21t

OGH9Ob27/21t24.6.2021

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätinnen und Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau, Hon.‑Prof. Dr. Dehn, Dr. Hargassner und Mag. Korn in der Rechtssache der klagenden Partei Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte, 1041 Wien, Prinz‑Eugen‑Straße 20–22, vertreten durch Dr. Walter Reichholf, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei L***** GmbH, *****, vertreten durch KWR Karasek Wietrzyk Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert: 42.500 EUR) und Urteilsveröffentlichung (Streitwert: 5.500 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 27. Jänner 2021, GZ 2 R 66/20w‑25, mit dem den Berufungen beider Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Handelsgericht vom 30. März 2020, GZ 16 Cg 24/19m‑17, teilweise Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0090OB00027.21T.0624.000

 

Spruch:

 

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass die Klage in Hinsicht auf die Klauseln 1 und 9 im klagsstattgebenden Sinn abgeändert wird.

Im Übrigen, also hinsichtlich der Klauseln 7, 23 und 24 sowie 25 wird die angefochtene Entscheidung bestätigt.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Erstgericht vorbehalten.

 

Entscheidungsgründe:

[1] Die Klägerin ist gemäß § 29 Abs 1 KSchG berechtigt, Unterlassungsansprüche nach § 28 KSchG geltend zu machen.

[2] Die Beklagte betreibt ein Luftfahrtunternehmen. Im Rahmen einer österreichweiten Tätigkeit schließt sie über das von ihr betriebene Flugbuchungsportal l*****.at regelmäßig mit Verbrauchern im Sinne des § 1 Abs 1 Z 2 KSchG Beförderungsverträge ab, denen sie ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen, darin enthalten die Allgemeinen Beförderungsbedingungen (ABB idF ab 25. 7. 2018), zugrunde legt.

[3] Die Klägerin begehrt der Beklagten zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern 36 darin enthaltene Klauseln oder sinngleiche Klauseln, die sie von ihr geschlossenen Verträgen zugrunde legt und/oder in hierbei verwendeten Vertragsformblättern zu verwenden und sich auf diese Klauseln oder auf sinngleiche Klauseln zu berufen. Ferner begehrt die Klägerin die Einräumung der Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung in einer Samstagsausgabe des redaktionellen Teils der „Kronen‑Zeitung“, bundesweit erscheinende Ausgabe, sowie Veröffentlichung des Urteils auf der von R***** betriebenen Homepage www.r *****. Die beanstandeten Klauseln würden gegen gesetzliche Verbote oder Gebote oder gegen die guten Sitten verstoßen oder seien nicht ausreichend transparent. Wiederholungsgefahr bestehe, weil die Beklagte die Klauseln laufend im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern verwende und hinsichtlich der inkriminierten Klauseln – mit Ausnahme der nicht klagsgegenständlichen Klausel 2 – keine vorbehaltlose Unterlassungserklärung abgegeben habe.

[4] Die Beklagte trat dem Klagebegehren entgegen und berief sich auf die Rechtmäßigkeit der von der Klägerin beanstandeten Klauseln.

[5] Das Erstgericht gab dem Klagebegehren hinsichtlich sämtlicher Klauseln, mit Ausnahme der Klauseln 7 und 25 sowie teilweise der Klausel 6 unter Setzung einer Leistungsfrist von je vier Monaten für die Verwendung der Klauseln und für das Sich‑darauf‑Berufen sowie dem damit korrespondierenden Veröffentlichungsbegehren statt.

[6] Das Berufungsgericht gab den Berufungen beider Parteien teilweise Folge und wies das Klagebegehren auch zu den Klauseln 1, 9, 23 und 24 ab. Im Übrigen (ua zu den Klauseln 7 und 25) bestätigte es (im Umfang der Bekämpfung) die Entscheidung des Erstgerichts. Dazu sprach es aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil die zu beurteilenden Klauseln nicht so eindeutig abgefasst seien, dass nur eine Möglichkeit der Beurteilung in Betracht käme.

[7] In ihrer dagegen gerichteten Revisionstrebt die Klägerin die Klagsstattgabe der Unterlassungs- und Veröffentlichungsbegehren hinsichtlich der Klauseln 1, 7, 9, 23, 24 und 25 an.

[8] Die Beklagte beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision der Klägerin mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen, hilfsweise ihr keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

[9] Die Revision der Klägerin ist zulässig; sie ist teilweise auch berechtigt.

[10] Das Berufungsgericht hat die wesentlichen Grundsätze der Klauselprüfung im Rahmen eines Verbandsverfahrens (zu §§ 28, 29 KSchG, §§ 879 Abs 3 ABGB, § 6 Abs 3 KSchG) zutreffend dargestellt. Auf diese Ausführungen, die in der Revision nicht in Frage gestellt werden, wird daher zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.

[11] 1. Klausel 1 (Artikel 2, Pkt 2.3 ABB):

„ENTGEGENSTEHENDE REGELUNGEN

Bei Widersprüchen zwischen den vorliegenden Beförderungsbedingungen und unseren Regelungen haben die Beförderungsbedingungen Vorrang.“

[12] 1.1. Das Erstgericht beurteilte diese Klausel als intransparent, weil die in der Klausel enthaltene Vorrangregelung den Verbraucher zwinge, im Einzelfall zu beurteilen, ob Bestimmungen der verschiedenen AGB – Beförderungsbedingungen und „unsere Regelungen“ – im Widerspruch zueinander stünden oder nicht. Ein solcher Verweis führe typischerweise dazu, dass sich der Verbraucher aus verschiedenen AGB jene Regelungen heraussuchen müsse, die für das konkrete Vertragsverhältnis gelten. Dazu komme die Unklarheit darüber, wann und unter welchen Umständen diese Bedingungen und Regelungen „Anwendung“ fänden, weil aufgrund der Formulierung „Regelungen …, die von Zeit zu Zeit gültig sind“ dem Verbraucher keine klare und verlässliche Auskunft über seine Rechtsposition gegeben werde.

[13] Das Berufungsgericht erachtete die Klausel hingegen als transparent, weil die Regelungen der Beklagten zu bestimmten Themen, auf die die Klausel verweise, direkt auf der Website der Beklagten mit einem Hyperlink abrufbar seien. Ferner würden die ABB der Beklagten definieren, was unter „Regelungen“ zu verstehen sei, weshalb Fluggästen nicht unklar sei, was „Regelungen“ der Beklagten seien. Sie müssten sich auch nicht die notwendige Information aus verschiedenen ABB zusammensuchen. Da die Vorrangregelung zugunsten der gegenständlichen AGB der Beklagten gelte und nicht umgekehrt, könne sich der Verbraucher stets auf die Geltung der ABB verlassen, sodass er durch die Klausel eine verlässliche Information über seine Rechtsposition erhalte.

[14] Die Revision der Klägerin argumentiert, die Klausel sei intransparent, weil sie dazu dienen solle, Widersprüche zwischen einzelnen Regelungen, die grundsätzlich zur Intransparenz der betroffenen Klauseln führen würden, dadurch aufzulösen, dass dem Verbraucher die Aufgabe aufgebürdet werde, die Unwirksamkeit einzelner Bestimmungen zu erkennen und aufzulösen. Der Verbraucher erhalte durch die Klausel außerdem keine verlässliche Information über seine Rechtsposition. Finde er die ihm wesentlich erscheinende Bestimmung in den „Regelungen“, so werde er sich darauf verlassen, dass sie Gültigkeit habe und dass es nicht geboten sei, alle übrigen vertraglichen Regelungen, insbesondere die ABB, nach allenfalls widersprechenden Regelungen abzusuchen. Selbst wenn er aber in den ABB auf eine Bestimmung stoßen sollte, die jener, die er in den „Regelungen“ aufgefunden habe, widerspreche, könnte er diesen Widerspruch nur durch die Anwendung der „Vorrangregel“ auflösen, wenn er im Rahmen seines „Studiums“ der AGB der Beklagten auch auf die vorliegende Klausel gestoßen sei, die im Abschnitt „Geltungsbereich, Rechtswahl und Gerichtsstand“ eingeordnet sei.

[15] 1.2. Der Oberste Gerichtshof hat jüngst in der Entscheidung 4 Ob 63/21z (Rz 75 ff) eine vergleichbare, in den Beförderungsbedingungen einer anderen Fluggesellschaft enthaltenen, Klausel für intransparent erachtet, weil sie den Verbraucher dazu verpflichtete, unterschiedliche Vertragsbestimmungen miteinander zu vergleichen und diese auf einen Widerspruch hin zu überprüfen. Dies widerspreche dem Gebot der Sinnverständlichkeit einer allgemeinen Vertragsbestimmung iSd § 6 Abs 3 KSchG. Die Unverständlichkeit der Regelung werde noch dadurch verstärkt, dass völlig unbestimmt auf irgendwelche Widersprüchlichkeiten Bezug genommen werde.

[16] 1.3. Der erkennende Senat teilt diese Erwägungen. Die in der Klausel enthaltene Vorrangregelung ändert nichts an dieser Intransparenz, zwingt sie den Verbraucher doch dazu, im Einzelfall zu beurteilen, ob die „Regelungen“ der Beklagten (Nach Art 1 der ABB werden damit die Regelungen im Dokument „Regelungen von R***** zu bestimmten Themen“, die von Zeit zu Zeit gültig sind, bezeichnet) mit den Beförderungsbedingungen im Widerspruch zueinander stehen oder nicht (vgl RS0122040 [T24]).

[17] 2. Klausel 7 (Artikel 4, Pkt 4.1 Satz 3 ABB):

„FLUGPREISE

Der Flugpreis wird gemäß den am Tag der Bezahlung geltenden Preisen für die Reise am angegebenen Datum für die angegebene Reiseroute berechnet.“

[18] 2.1. Das Erstgericht beurteilte die Klausel weder als intransparent noch als gröblich benachteiligend. Für den Verbraucher ergebe sich kein unklares Bild im Zusammenhang mit der Preisberechnung, weil die Klausel nur festlege, dass der Flugpreis gemäß den am Tag der Zahlung geltenden Preisen berechnet werde. Die Klausel stelle klar, dass die Flugpreise je nach Reisedatum und -route, sowie Tag der Buchung differieren. Dies sei weder unüblich noch gröblich benachteiligend.

[19] Das Berufungsgericht schloss sich der Beurteilung des Erstgerichts an und ergänzte, dass die Klausel festlege, dass – angesichts sich (täglich) ändernder Ticketpreise – der am Tag der Buchung und Zahlung von der Beklagten angegebene Preis gelte, wobei Buchung und Zahlung naturgemäß zusammenfielen, sodass kein Raum für die behaupteten Unklarheiten des Verbrauchers verbleibe. Da die Flugpreise am jeweiligen Buchungs- und Zahlungstag unabhängig davon gelten würden, ob die AGB der Beklagten einem konkreten Beförderungsvertrag bereits zugrunde gelegt worden seien, lasse sich auch aus der Überlegung, dass die AGB erst mit Vertragsabschluss Vertragsinhalt werden, keine Unklarheit der Klausel konstruieren. Auch der vermeintliche Gegensatz von „geltendem Preis“ und „vereinbartem Preis“ sei nicht nachvollziehbar, werde doch der „geltende“ Preis dadurch, dass er dem Abschluss des Beförderungsvertrags zugrunde gelegt werde, zum vereinbarten Preis, sodass für den Verbraucher auch insoweit nichts unklar bleiben könne.

[20] Die Revision steht auf dem Standpunkt, dass die Klausel bestimme, dass sich der von Kunden zu leistende Preis vom Vertragsabschluss bis zum Tag der Bezahlung ändern könne. Damit liege – mangels Umschreibung der Umstände, welche zu einer Preisänderung führen können – ein Verstoß gegen § 6 Abs 1 Z 5 KSchG vor. Es könne nämlich nicht als gesichert vorausgesetzt werden, dass die Zahlung des Flugpreises nicht in jedem Fall bereits am Tag der Buchung (= des Vertragsabschlusses) erfolge. Außerdem lasse die Klausel den Verbraucher im Unklaren über seine Rechtsposition im Zusammenhang mit dem vereinbarten Flugpreis, weshalb sie intransparent gemäß § 6 Abs 3 KSchG sei.

[21] 2.2. Nach § 6 Abs 1 Z 5 KSchG sindfür den Verbraucher besonders solche Vertragsbestimmungen im Sinn des § 879 ABGB jedenfalls nicht verbindlich, nach denen dem Unternehmer auf sein Verlangen für seine Leistung ein höheres als das bei der Vertragsschließung bestimmte Entgelt zusteht, es sei denn, dass der Vertrag bei Vorliegen der vereinbarten Voraussetzungen für eine Entgeltänderung auch eine Entgeltsenkung vorsieht, dass die für die Entgeltänderung maßgebenden Umstände im Vertrag umschrieben und sachlich gerechtfertigt sind sowie dass ihr Eintritt nicht vom Willen des Unternehmers abhängt.

[22] 2.3. Die Klausel 7 verstößt weder gegen § 6 Abs 1 Z 5 KSchG (Unzulässige Preisgleitklausel) noch gegen das Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG. Der Senat erachtet die Begründung des Berufungsgerichts für zutreffend, weshalb darauf verwiesen werden kann (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO). Mit der Behauptung, der Preis könne sich vom Vertragsabschluss bis zum Tag der Bezahlung ändern, entfernt sich die Klägerin vom festgestellten Sachverhalt. Danach erfolgen Buchung (also der Vertragsabschluss) und Zahlung in einem Vorgang, sodass sich die Preise nach Vertragsabschluss zwar ändern können, diese Änderung aber nicht mehr für den jeweiligen bereits getätigten Vertragsabschluss wirksam wird. Auch die Annahme des Berufungsgerichts, Flugpreise würden „unabhängig davon gelten“, ob die AGB der Beklagten einem konkreten Beförderungsvertrag bereits zugrunde gelegt worden seien, ist vor dem Hintergrund des Art 23 Abs 1 der VO (EG) 1008/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. September 2008 über gemeinsame Vorschriften für die Durchführung von Luftverkehrsdiensten in der Gemeinschaft nicht zu beanstanden. Danach schließen die der Öffentlichkeit zugänglichen Flugpreise und Luftfrachtraten, die in jedweder Form — auch im Internet — für Flugdienste von einem Flughafen im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, auf das der Vertrag Anwendung findet, angeboten oder veröffentlicht werden, die anwendbaren Tarifbedingungen ein.

[23] 3. Klausel 9 (Artikel 4, Pkt 4.2.1 ABB):

STEUERN, GEBÜHREN UND ABGABEN

Flughafen-Abfertigungsgebühren, Sicherheitsabgaben, sämtliche vom Staat eingehobene Steuern (einschließlich aber nicht beschränkt auf Großbritanniens Fluggaststeuer) sowie von uns verrechnete Abgaben für Leistungen im Zusammenhang mit einem von uns betriebenen und von Ihnen in Anspruch genommenen Flug, müssen von Ihnen in der am Zeitpunkt Ihrer Buchung geltenden Höhe entrichtet werden.

[24] 3.1. Das Erstgericht beurteilte die Klausel als intransparent, weil die Formulierung „in der am Zeitpunkt Ihrer Buchung geltenden Höhe“ insofern unklar sei, als dabei nach kundenfeindlichster Auslegung nicht zwingend auf das vereinbarte Vertragsverhältnis zwischen der Beklagten und dem Verbraucher Bezug genommen werde. Das Wort „geltend“ indiziere eine andere Bedeutung, als das Wort „vereinbart“. Es sei daher davon auszugehen, dass eben nicht die zwischen der Beklagten und dem Verbraucher vereinbarte Höhe diesbezüglich relevant sei, sondern vielmehr eine andere, nicht näher eruierbare geltende Höhe.

[25] Das Berufungsgericht beurteilte die Klausel als zulässig. Gerade wenn man – der Argumentation der Klägerin folgend – davon ausgehe, dass sich Preise für angebotene Flüge oft sogar mehrmals täglich ändern, diene die Formulierung, wonach Steuern, Gebühren und Abgaben in der „am Zeitpunkt der Buchung geltenden Höhe“ zu zahlen seien, nicht der Verwirrung, sondern im Gegenteil der diesfalls notwendigen Präzisierung.

[26] Nach Ansicht der Revision laufe die Klausel darauf hinaus, dass diverse Gebühren und Abgaben vom Fluggast unabhängig davon, ob die Kostentragung vereinbart worden sei, in der am Zeitpunkt seiner Buchung geltenden Höhe entrichtet werden müssten. Es bleibe damit für den Fluggast unklar, welche Kostenbelastung für ihn aus der Klausel resultiere.

[27] 3.2. Dieser Argumentation der Klägerin ist zu folgen. Bei der im Verbandsprozess gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung ist der Klausel nicht mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, dass lediglich die Gebühren und Steuern, die bereits bei der Buchung ausgewiesen waren, zu zahlen sind. Vielmehr erweckt die Klausel bei kundenfeindlichster Auslegung den Eindruck, es seien weitere Gebühren und Steuern, die zum Zeitpunkt der Buchung „gegolten“ haben, zu zahlen. Durch die Verwendung des Wortes „geltenden“ bleibt die Auswirkung der Klausel unklar. Sie ist daher intransparent im Sinne § 6 Abs 3 KSchG.

[28] 4a. Klausel 23 (Artikel 8, Pkt 8.4.7 ABB):

AUFGEGEBENES GEPÄCK

Stumpfe Instrumente: jedes stumpfe Instrument, das Verletzungen hervorrufen kann, einschließlich Tennis-, Baseball- und Softball-Schläger, feste oder biegsame Keulen oder Schlagstöcke (etwa Knüppel, Gummiknüppel und ‑stöcke), Cricket-, Golf-, Hockey- und Hurley-, Lacrosse‑Schläger, Kanu- und Kayakpaddel, Skateboards, Billiard-, Snooker und Pool-Stöcke, Angelruten, Kampfsportausrüstung wie Schlagringe, Schläger, Knüppel, Totschläger, Nunchaku, Kubatons, Kubasaunts;

[29] 4b. Klausel 24 (Artikel 8, Pkt 8.4.9 ABB):

Spitze und scharfe Objekte: spitze oder scharfe Objekte, die Verletzungen hervorrufen können, einschließlich Äxte und Beile, Pfeile und Wurfpfeile, Steigeisen und Hochgebirgsausrüstung wie Eisgerät, Eisspikes, spitze Kletterbehelfe usw., Harpunen und Speere, Eispickel und ‑äxte, Schlittschuhe, Messer mit Klingenlänge über 6 cm (inkl. Feststell- und Springmesser), Ritual- und Jagdmesser aus Metall oder einem anderen Material, das stark genug ist, um es als Waffe einsetzbar zu machen, Fleischerbeile, Macheten, offene Rasiermesser und ‑klingen (ausgenommen Sicherheitsrasierer oder Einwegrasierer mit Klingen in Kassette), Säbel, Schwerter und Degen, Skalpelle, Scheren mit einer Klingenlänge über 6 cm, Ski- und Wanderstöcke, Wurfsterne, Werkzeuge mit einer Klingen- oder Schaftlänge über 6 cm, wenn diese als spitze oder scharfe Waffen verwendet werden können (etwa Bohrer und Bohraufsätze), alle Arten von Sägen, Schraubendreher, Brechstangen, Zangen, Schraubenschlüssel, Lötlampen.

[30] 4.1. Das Erstgericht beurteilte die Klauseln 23 und 24 als intransparent, weil aus diesen nicht erkennbar sei, welchem Zweck diese Aufzählung dienen solle. Dieser erschließe sich erst, wenn man die Klauseln in Zusammenschau mit Artikel 8.4.8 der ABB der Beklagten („Alle scharfen Objekte im aufgegebenen Gepäck müssen sicher verpackt sein, um Verletzungen des Personals bei der Durchsuchung und Abfertigung Ihres Gepäcks zu vermeiden.“) lese. Es fehle allerdings ein Verweis auf diese Bestimmung, weshalb für den Verbraucher offen bleibe, ob die Mitnahme der aufgezählten Gegenstände welchen auch immer gearteten Einschränkungen unterliege.

[31] Das Berufungsgericht beurteilte die Klauseln als zulässig. Dem verständigen Verbraucher sei schon allein aufgrund der Aufzählung der Gegenstände, deren zusammenfassende Qualifikation als spitze und stumpfe Gegenstände, die Verletzungen hervorrufen können, sowie aufgrund ihrer Beschreibung bekannt und klar, dass diese – schon allein da mit solchen teils unhandlichen, teils gefährlichen Gegenständen wohl nicht einmal die Sicherheitskontrolle passiert werden könnte – nicht im Handgepäck mitgeführt werden können, sodass nur der logische Schluss übrig bleibe, dass damit jene Gegenstände aufgezählt würden, die im aufgegebenen Gepäck zu befördern seien.

[32] Die Revisionbeharrt auf ihrem Standpunkt, dass den Klauseln nicht zu entnehmen sei, dass sie sich auf das Handgepäck beziehen, wodurch die Auswirkungen der Klauseln unklar blieben. Überdies könnte mit der Aufzählungauch gemeint sein, dass derartige Gegenstände gar nicht mitgeführt werden dürften, dass sie einer speziellen Anmeldung unterlägen oder dass für ihre Beförderung spezielle Sicherheitsvorschriften gelten würden oder bestimmte Gebühren entrichtet werden müssten.

[33] 4.2. Der Senat hält diese Rechtsmittelausführungen für nicht stichhältig, erachtet hingegen die Begründung des Berufungsgerichts für zutreffend (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO). Maßstab für die Transparenz ist das Verständnis des für die jeweilige Vertragsart typischen „Durchschnittskunden“ (RS0115219 [T17, T26]). Die Anforderungen an das Transparenzgebot dürfen aber auch nicht überspannt werden (RS0115219 [T56]).

[34] 4.3. Artikel 8 ABB trägt die Überschrift „Gepäck“, Punkt 8.3 die Überschrift „Handgepäck“ und Punkt 8.4 die Überschrift „Aufgegebenes Gepäck“. Im letztgenannten Punkt finden sich die Klauseln 23 und 24. Für einen durchschnittlichen Fluggast kann es nach dem Lesen dieser Klauseln nicht zweifelhaft sein, dass die darin genannten Gegenstände nicht im Handgepäck mitgeführt, sondern nur im aufgegebenen Gepäck transportiert werden dürfen. Für die Annahme (Auslegung) der Revisionswerberin, dass mit der Aufzählung auch Anderes (spezielle Sicherheitsvorschriften, Gebühren etc) gemeint sein könnte, bieten die Klauseltexte keine hinreichenden Anhaltspunkte.

[35] 5. Klausel 25 (Artikel 10, Pkt 10.1 ABB):

NICHTERSTATTBARKEIT

Vorbehaltlich anderslautender Bestimmungen in den Artikeln 4.2, 10.2 und 10.3 sind alle Beträge, die für von uns selbst betriebene Flüge (Inkl. alle Gelder für optionale Dienstleistungen, die von uns zur Verfügung gestellt werden), bezahlt worden sind, nicht erstattungsfähig.

[36] 5.1. Die Vorinstanzen beurteilten die Klausel 25 als zulässig. Die Klausel stehe weder zu § 1168 ABGB noch zu § 879 Abs 3 ABGB in Widerspruch, weil es sich bei beiden Bestimmungen nicht um durch die Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen umgesetzte verbraucherschutzrechtliche Bestimmungen handle, weshalb es beim Anwendungsvorrang des Art 22 Abs 1 der VO (EG) 1008/2008 über die Durchführung von Luftverkehrsdiensten bleibe. In dem in der Klausel vorgesehenen Ausschluss der Anrechnungsregel des § 1168 Abs 1 ABGB könne keine gröbliche Benachteiligung des Fluggastes erblickt werden.

[37] 5.2. Die Revisionsteht auf dem Standpunkt, dass es keine sachliche Rechtfertigung für die vollständige Beseitigung der Anrechnungsverpflichtung nach § 1168 Abs 1 ABGB gebe.

[38] 5.3. Nach der Rechtsprechung führt die Unzulässigkeit der Bestimmung, auf die verwiesen wird, zwingend zur Unzulässigkeit der verweisenden Bestimmung (RS0122040). Denn durch den Verweis wird die Bestimmung, auf die verwiesen wird, zu einem Teil der verweisenden Bestimmung, sodass eine getrennte Beurteilung nicht mehr möglich ist (4 Ob 227/06w Pkt 2.9.; 9 Ob 38/19g ua). Dies ist hier der Fall, weil die Klausel 25 ua auf die Artikel 4.2 und 10.2 der ABB Bezug nimmt. Der Inhalt des Artikels 4.2.1 wurde in den Klauseln 9 bis 12 behandelt. Die Klausel 9 ist, wie unter Pkt 3 dargelegt, unzulässig. Die Klauseln 10 bis 12 wurden vom Berufungsgericht rechtskräftig untersagt. Der Inhalt des Artikels 4.2.2 wurde in den Klauseln 13 und 14 behandelt und vom Berufungsgericht rechtskräftig als unwirksam beurteilt. Der Inhalt des Artikels 10.2 wurde in der Klausel 26 behandelt und vom Berufungsgericht rechtskräftig als unwirksam beurteilt.

[39] 6. In Abänderung der Berufungsentscheidung war daher das der Klage stattgebende Urteil des Erstgerichts hinsichtlich der Klauseln 1 und 9 wiederherzustellen. Hinsichtlich der Klauseln 7, 23 und 24 sowie 25 war die angefochtene Entscheidung hingegen zu bestätigen.

[40] Die Kostenentscheidung wurde vom Erstgericht vorbehalten (§ 52 Abs 3 ZPO).

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