Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben. Dem Rekursgericht wird die neuerliche Entscheidung unter Abstandnahme vom herangezogenen Zurückweisungsgrund aufgetragen.
Text
Begründung
In der der Verlassenschaftsabhandlung zugrunde gelegten letztwilligen Verfügung vom 28. 3. 1973 setzte die Erblasserin ihre Nichte als Erbin ein und ordnete hinsichtlich der in den Nachlass fallenden Liegenschaften eine fideikommissarische Substitution an. Nach Punkt I 3 lit c der letztwilligen Verfügung sollte "in letzter Linie" der "Österreichische B*****verband in W*****" Nacherbe sein, sofern die sonst berufenen Nacherben die Erbschaft nicht antreten können oder wollen. Im Punkt IV wird verfügt, dass der gesamte ererbte Gutsbesitz dem "Österreichischen B*****verband, Landesgruppe Wien, in W*****" herauszugeben ist, falls auch die letztberufene Nacherbin der Verpflichtung zur Grabpflege nicht nachkommen sollte; diese "letztere Substitution" gelte nicht für den Fall des Todes der Erben und Nacherben. Die in der letztwilligen Verfügung genannten Vereine "Österreichischer B*****verband" und "Österreichischer B*****verband, Landesgruppe Wien" sind nicht ident. Beim zweitgenannten Verein handelt es sich um den nunmehrigen Einschreiter, dessen Vereinsname in der Zwischenzeit geändert wurde; er wurde dem Verlassenschaftsverfahren nicht beigezogen.
Mit der Einantwortungsurkunde vom 30. 12. 1980 wurde der Nachlass der Erbin mit der Beschränkung der "in der letztwilligen Verfügung ... angeordneten fideikommissarischen Substitution" eingeantwortet; diese wurde ob den betroffenen Liegenschaften grundbücherlich eingetragen. Mit (rechtskräftigem) Beschluss vom 25. 7. 1986 (ON 178) stellte das Erstgericht fest, dass die zugunsten zweier Nacherben angeordnete Substitution wegen deren Verzichts erloschen ist; weiters nahm das Erstgericht beschlussmäßig (ON 182) den Verzicht des Österreichischen B*****verbandes auf die Nacherbschaft zur Kenntnis. Der Beschluss des Erstgerichts vom 29. 7. 2002 (ON 379), mit dem ausgesprochen wurde, dass die fideikommissarische Substitution hinsichtlich der beiden Liegenschaften (zur Gänze) erloschen ist, wurde aufgrund eines Rekurses des nunmehrigen Einschreiters vom Rekursgericht nur in Ansehung der noch ungeborenen Nachkommen der Erbin aufrechterhalten, im Übrigen aber aufgehoben (ON 383); dem Erstgericht wurde eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen: Auch Nacherben komme im Abhandlungsverfahren Parteistellung zu; da mit den Mitteln des Außerstreitverfahrens nicht abschließend geklärt werden könne, ob die Erblasserin den Einschreiter oder den "Österreichischen B*****verband" als Nacherben bezeichnet hat, seien die Beteiligten auf den Rechtsweg zu verweisen. Mit (rechtskräftigem) Beschluss vom 4. 9. 2003 (ON 419) wies das Erstgericht dem Einschreiter für das Feststellungsverfahren, ob die Erblasserin diesen zum Nacherben eingesetzt hat und die Nacherbschaft gegebenenfalls noch bestehe, die Klägerrolle zu und räumte zur Einbringung der Klage eine Frist von sechs Wochen ein.
Mit dem angefochtenen Beschluss bewilligte das Erstgericht als Pflegschaftsgericht über Antrag der Erbin den Verkauf eines in die Substitutionsmasse fallenden Grundstücks um einen Kaufpreis von EUR 22.565,28. Es begründete seine Entscheidung damit, dass sich aus der Substitutionsabrechnung eine Forderung der Erbin gegenüber der Substitutionsmasse in Höhe von mehr als S 20 Mio ergäbe; durch den Verkauf des in Bauland umgewidmeten Grundstücks werde die Forderung der Erbin gegenüber der Masse reduziert.
Gegen diesen Beschluss erhob der Einschreiter Rekurs wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Mangelhaftigkeit des Verfahrens und beantragte die Verweigerung der Genehmigung des Kaufvertrags. Der Einschreiter sei Nacherbe. Der Vorerbe habe ähnlich einem Fruchtnießer die Substanz des Vermögens zu schonen. Ein Vorteil des Kaufvertrages für die Substitutionsmasse sei weder behauptet noch festgestellt worden; die Genehmigung der Substitutionsabrechnungen betreffe nicht den Einschreiter, sondern habe sich allein auf die Sicherung des Substitutionsguts zugunsten der noch ungeborenen Nachkommen der Erbin bezogen.
Das Rekursgericht wies das Rechtsmittel des Einschreiters zurück, sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes insgesamt EUR 20.000 übersteigt und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu. Die zwischen der Erbin und dem Rekurswerber strittige Frage, ob Letzterer in der letztwilligen Verfügung zum Nacherben eingesetzt worden sei, könne nur auf dem Rechtsweg geklärt werden. Der Rekurswerber sei als Ansprecher auf eine Nacherbschaft erst lange Zeit nach Erlassung der Einantwortungsurkunde aufgetreten. Das Erstgericht sei als Abhandlungsgericht nach den im Zeitpunkt der Erlassung der Einantwortungsurkunde vorliegenden Verfahrensergebnissen nicht in der Lage gewesen, den Rekurswerber dem Verlassenschaftsverfahren beizuziehen, sodass das Verlassenschaftsverfahren mit der Einantwortungsurkunde gesetzmäßig und rechtskräftig abgeschlossen worden sei. Das spätere Bekanntwerden eines weiteren (Nach-)Erbansprechers könne auch nicht zu einer Nichtigerklärung der Einantwortungsurkunde führen; vielmehr stünde dem Rekurswerber nur die Möglichkeit offen, seine Rechte im streitigen Verfahren geltend zu machen. Dem Rekurswerber könne sowohl bezogen auf den Zeitpunkt der Erlassung der Einantwortungsurkunde als auch auf den derzeitigen Verfahrensstand nicht die Stellung eines Nacherben für das abzuführende Genehmigungsverfahren in der Substitutionspflegschaftssache zuerkannt werden, weshalb ihm insoweit die Rechtsmittellegitimation fehle.
Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil keine höchstgerichtliche Judikatur zur Frage vorliege, ob bzw inwieweit einem erst nach rechtskräftigem Abschluss des Verlassenschaftsverfahrens als Nacherbe auftretenden Anspruchswerber die Rekurslegitimation in Bezug auf das Verfahren über die Genehmigung der Veräußerung eines in die Substitutionsmasse fallenden Vermögenswerts zukommt.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs des Einschreiters ist zulässig und berechtigt. Wie das Rekursgericht zutreffend dargelegt hat, wurde der Nachlass der Erbin "mit der Beschränkung der in der letztwilligen Verfügung vom 28. 3. 1973 angeordneten fideikommissarischen Substitution" eingeantwortet. Mit dem Hinweis auf die "angeordnete fideikommissarische Substitution" sind mangels jeglicher Einschränkung alle Substitutionen erfasst, die in der letztwilligen Verfügung enthalten sind. Das Erstgericht hat in der Folge das Substitutionspflegschaftsverfahren eröffnet, um die Erhaltung des Substitutionsguts zu überwachen und dabei die Interessen der als Nacherben in Betracht kommenden Personen zu schützen. Dem eingesetzten Erben kommt gemäß § 613 ABGB bis zum Eintritt des Substitutionsfalls ja nur das eingeschränkte Eigentumsrecht mit den Rechten und Verbindlichkeiten eines Fruchtnießers zu. Da der Vorerbe über die Masse nur insoweit verfügungsbefugt ist, als er nicht in die Rechte eines Nacherben eingreift (EvBl 1957/81), wird das Substitutionsgut zugunsten des Nacherben gesichert, und zwar auch bei bestrittener Nacherbfolge bis zur Klärung im Rechtsweg (EvBl 1973/293, NZ 1974, 73, NZ 1985, 207).
Im vorliegenden Fall ist besonders zu beachten, dass alle sonst in Betracht kommenden Nacherben auf ihre Rechte aus der Substitution verzichtet haben (ON 178, 182) bzw das Erlöschen der Substitution in Ansehung der noch ungeborenen Nachkommen der Erben rechtskräftig ausgesprochen wurde (ON 379, 383), sodass der angefochtene, in der Substitutionspflegschaftssache erlassene Beschluss des Erstgerichts ausschließlich die Stellung des Einschreiters betreffen kann, der sich selbst als Nacherben ansieht. Ob überhaupt noch eine ausreichende Grundlage für das Aufrechterhalten der Substitutionspflegschaft besteht (vgl dazu nur Welser in Rummel I3 Rz 21 zu § 613 ABGB), ist für die Frage der Beschwer des Rechtsmittelwerbers bzw der Anfechtbarkeit der erstgerichtlichen Entscheidung nicht von Bedeutung, erweckt diese doch - jedenfalls auch für den Käufer - den Eindruck, einer Eigentumsübertragung aufgrund des Kaufvertrages stehe eine Substitution nicht (mehr) im Wege.
Zu Recht verweist der Revisionsrekurswerber darauf, dass es nach dem Inhalt der letztwilligen Verfügung keineswegs ausgeschlossen erscheint, dass er - unter den genannten Bedingungen (Verletzung der Verpflichtung zur Grabpflege durch den Erben bzw nachberufenen Nacherben) als Nacherbe in Betracht kommt, und dass auch die Einantwortungsurkunde den einschreitenden Verein als Nacherben nicht ausschließt. Aus diesem Grunde hat auch das Rekursgericht (ON 383) den Beschluss des Erstgerichts, mit dem die fideikommissarische Substitution zur Gänze für erloschen erklärt wurde, aufgrund eines Rechtsmittels des nunmehrigen Revisionsrekurswerbers (teilweise) aufgehoben. War dieser nun zum seinerzeitigen Zeitpunkt - als zumindest potenzieller Nacherbe - rechtsmittellegitimiert, so ist nicht zu erkennen, inwieweit sich an seiner Beteiligtenstellung in der Zwischenzeit etwas geändert haben sollte, ist doch der Feststellungsprozess zwischen der Erbin und dem Einschreiter über dessen Stellung als Nacherbe noch nicht beendet. Dass der Revisionsrekurswerber dem Verlassenschaftsverfahren bis zur Erlassung der Einantwortungsurkunde nicht beigezogen wurde, hat auf seine Beteiligtenstellung im - offenbar allein in seinem Interesse (weiter)geführten - Substitutionspflegschaftsverfahren, in dem er sich gegen die Veräußerung von Teilen der Substitutionsmasse wendet, keinen Einfluss. Solange vernünftigerweise die Möglichkeit besteht, dass ihm die Stellung eines Nacherben zukommt, was nach dem Inhalt der letztwilligen Verfügung keineswegs auszuschließen ist, kann seine Rechtsmittellegitimation nicht verneint werden (vgl nur NZ 1952, 65). Damit erweist sich der Beschluss des Rekursgerichts, mit dem der Rekurs des Einschreiters zurückgewiesen wurde, als verfehlt. Das Rekursgericht wird über das Rechtsmittel meritorisch abzusprechen haben.
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