OGH 9Ob106/01f

OGH9Ob106/01f27.6.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und Dr. Neumayr als weitere Richter in der Pflegschaftssache des Antragstellers mj. Vincenz ***** F*****, geboren am *****, vertreten durch die Mutter Veronika ***** F*****, beide *****, letztere vertreten durch Dr. Alfons Adam, Rechtsanwalt in Neulengbach, gegen den Antragsgegner Johannes ***** F*****, Forstwirt, *****, vertreten durch Dr. Ludwig Kammerlander, Rechtsanwalt in Wien, über den Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichtes Krems als Rekursgericht vom 26. Februar 2001, GZ 2 R 222/00k‑31, womit infolge Rekurses des Antragstellers der Beschluss des Bezirksgerichtes Gmünd vom 7. September 2000, GZ 2 P 1626/95a‑25, teils abgeändert und teils aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2001:0090OB00106.01F.0627.000

 

Spruch:

gefasst:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Begründung

Am 23. September 1973 verstarb Karl Egon F*****, Gutsbesitzer in W*****, unter Hinterlassung letztwilliger Verfügungen. Der Antragsgegner ist der Adoptivsohn des Erblassers. Mit eigenhändigem Testament vom 28. 4. 1962 hatte der Erblasser den Antragsgegner zum Alleinerben eingesetzt und eine Nacherbschaft angeordnet. Insbesondere heißt es darin: "Die Erbeinsetzung des ***** Johannes und seiner Ersatzerben beschwere ich mit der Verfügung, dass die Erben nur als Vorerben im Sinn der §§ 2100 ff des Deutschen Bürgerlichen Gesetzbuches zur Erbschaft gelangen. Die Nacherbfolge tritt mit dem Tode des Vorerben ein. Als Nacherben berufe ich den aus standesgemäßer, kirchlich getrauter Ehe stammenden ältesten männlichen Nachkommen des ***** Johannes ***** *****. ... Jeder als Vorerbe berufene Erbe ist und bleibt von jeder Sicherheitsleistung an den Nacherben und von den in den §§ 2113 und ff des Deutschen Bürgerlichen Gesetzbuches enthaltenen Beschränkungen und Verpflichtungen befreit, soweit dies nach § 2136 des Deutschen Bürgerlichen Gesetzbuches möglich ist. Da infolge des Gesetzes über die Auflösung der Fideikommisse die Herrschaft W***** aus der fideikommissarischen Bindung entlassen ist, lege ich meinen Erben und Erbeserben die Verpflichtung auf, die Herrschaft W***** im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten gemäß dem Apanagialrecess vom 29. 7. 1955 (gemeint: 1755) und den erneuerten Familienpakten vom 4. 8. 1955 (gemeint: 1755), ferner gemäß Vertrag vom 10. 3. 1936 zu vererben und ihre Erben in gleicher Weise zu verpflichten. ...."

Der Vormund des damals noch mj Antragsgegners verpflichtete sich in dessen Namen, für sich und seine Erben die im Testament auferlegte Verpflichtung, die Herrschaft W***** im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten gemäß dem Apanagialrecess vom 29. 7. 1955 (richtig: 1755) und den erneuerten Familienpakten vom 4. 8. 1955 (richtig: 1755), ferner gemäß dem Vertrag vom 10. 3. 1936 zu vererben und erklärte, vom Inhalt der vorgenannten Urkunden Kenntnis genommen zu haben. Im Protokoll des Gerichtskommissärs vom 9. 5. 1975, in welchem auch die genannte Erklärung festgehalten wurde, wurde ferner das Inventar errichtet, und zwar unter Zugrundelegung der im Verlassenschaftsverfahren eingeholten Schätzungsgutachten und Bilanzen, wobei Aktiva in Höhe von S 49,533.479,63 und Passiva in Höhe von S 1,528.110,‑ ‑, somit ein Reinnachlass von S 48.005.369,63 ausgewiesen wurden. Schließlich wurde die Verlassenschaft nach Karl Egon F***** mit Einantwortungsurkunde vom 22. 5. 1975, GZ A 119/73‑90, dem Antragsgegner, welcher sich bedingt zum Erben erklärt hatte, zur Gänze eingeantwortet. Der Erblasser war österreichischer Staatsbürger, der Antragsgegner hat neben der österreichischen auch die deutsche Staatsbürgerschaft.

Der mj Antragsteller stellte mit Schriftsatz vom 14. 3. 2000 im Pflegschaftsverfahren folgende Anträge, nämlich

1.) den mit Rechtsanwalt Dr. Alfons Adam abgeschlossenen Bevollmächtigungsvertrag gerichtlich zu genehmigen;

2.) dem Antragsgegner aufzutragen, die im Testament von Karl Egon F***** vom 28. 4. 1962 genannten Urkunden, nämlich Apanagialrecess vom 29. 7. 1755, erneuerte Familienpakte vom 4. 8. 1755 und Vertrag vom 10. 3. 1936 dem Gericht vorzulegen;

3.) unter Zugrundelegung des Verlassenschaftsaktes A 119/73 des Bezirksgerichtes Gmünd dem Antragsgegner die Mitteilung eines Verzeichnisses der zur Erbschaft gehörenden Gegenstände an den Antragsteller aufzutragen, welches mit der Abgabe des Tages der Aufnahme zu versehen und vom Antragsgegner öffentlich beglaubigt zu unterzeichnen ist, sowie folgende Nachlassgegenstände gerichtlich zu inventarisieren und durch Sachverständige bewerten zu lassen (es folgt ... die Auflistung einer Reihe von Liegenschaften und Fahrnissen);

in eventu die Klageführung zur Durchsetzung dieser Ansprüche pflegschaftsgerichtlich zu genehmigen; sowie, dem Antragsgegner gemäß § 382 Abs 1 Z 8 lit a (gemeint: EO) aufzutragen, dem Antragsteller zu Handen seines Rechtsvertreters einen Verfahrenskostenvorschuss von S 300.000,‑- zu zahlen.

Das Erstgericht wies die Anträge auf Vorlage der vorgenannten Urkunden sowie auf Mitteilung eines Verzeichnisses der zur Erbschaft gehörenden Gegenstände, deren Inventarisierung und Bewertung zurück; die übrigen Anträge wies es ab.

Das Rekursgericht stellte I.) aus Anlass des Rekurses fest, dass der außerstreitige Rechtsweg hinsichtlich der Anträge auf Vorlage der vorgenannten Urkunden, auf Mitteilung eines Verzeichnisses der zur Erbschaft gehörenden Gegenstände samt öffentlicher Beglaubigung und Unterzeichnung sowie auf Inventarisierung und Bewertung von Nachlassgegenständen (... es folgt die Aufzählung der vom Antragsteller genannten Liegenschaften und Zubehör) unzulässig sei, es hob das bisherige Verfahren mit Ausnahme der verfahrenseinleitenden Prozesshandlung als nichtig auf und verwies die Rechtssache zur Einleitung des gesetzlichen Verfahrens über die als Klage zu wertenden Anträge an das Erstgericht zurück; das Rekursgericht sprach weiters aus, dass dagegen der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Zu II.) gab es dem Rekurs im Übrigen Folge und hob den angefochtenen Beschluss hinsichtlich der Abweisung des Antrages auf pflegschaftsbehördliche Genehmigung des Bevollmächtigungsvertrages, hinsichtlich der Abweisung des Eventualantrages auf Genehmigung zur Klageführung sowie hinsichtlich des Antrages auf Leistung eines Verfahrenskostenvorschusses auf und trug dem Erstgericht in diesem Umfang die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Auch diesbezüglich erklärte es den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Das Rekursgericht hat die Frage, ob über die im Punkt I.) des angefochtenen Beschlusses angeführten Anträge im Verfahren außer Streitsachen zu verhandeln ist, zutreffend verneint. Es reicht daher insofern aus, auf die Richtigkeit der eingehenden Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 510 Abs 3 ZPO iVm § 16 Abs 4 AußStrG).

Ergänzend ist den Ausführungen des Revisionsrekurswerbers entgegenzuhalten:

Der Erblasser war im Zeitpunkt seines Todes österreichischer Staatsbürger. Es kann somit keinem Zweifel unterliegen, dass sowohl der Inhalt als auch die Auswirkungen und die Gültigkeit der letztwilligen Verfügung nach österreichischem Recht zu beurteilen sind (Art 28, 30 IPRG).

Ohne dass es in diesem Verfahrensstadium eines näheren Eingehens darauf bedürfte, welche materiellen Folgen der Erblasser durch seine Hinweise auf deutsches Recht im Detail bewirken wollte, ist auf Grund des Textes klar, dass er damit den Antragsgegner zum Vorerben und - mit bestimmten Einschränkungen - dessen ältesten männlichen Nachkommen zum Nacherben bestellen wollte. Selbst wenn man (‑ aus der Textierung lässt sich dies nicht ohne weiteres entnehmen ‑) mit dem Antragsteller der Meinung sein wollte, der Erblasser habe auch die im deutschen Verfahrensrecht vorgesehenen Verfahrensschritte zur Sicherung des Substitutionsgesetzes in seine Erwägungen miteinbezogen, ist dies für die Frage, ob die vom Antragsteller daraus abgeleiteten Ansprüche im außerstreitigen oder streitigen Rechtsweg geltend zu machen sind, ohne Belang.

Ist nämlich die inländische Gerichtsbarkeit gegeben, ist auch gesichert, dass grundsätzlich nur österreichisches Verfahrensrecht anzuwenden ist. Der räumliche Geltungsbereich des Verfahrensrechtes hängt mit der inländischen Gerichtsbarkeit insoweit zusammen, als deren Geltung den Sachbereich umschreibt, in dem die österreichischen Gerichte zu entscheiden befugt sind (3 Ob 587/86 = ZfRV 1988, 41). Normen des Verfahrensrechtes sind zwingend und entziehen sich somit jedweder Parteiendisposition.

Nach Lehre (Fasching ZPR2 Rz 112) und Rechtsprechung (RIS‑Justiz RS0012214) gehören grundsätzlich alle in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden Sachen auf den Prozessweg, soferne ein Gesetz nicht ausnahmsweise etwas anderes bestimmt. Rechtssachen, die nicht ausdrücklich oder doch wenigstens unzweifelhaft schlüssig in das Außerstreitverfahren verwiesen sind, gehören somit auf den streitigen Rechtsweg (RIS‑Justiz RS0012214, insbesondere 1 Ob 202/00p). Soweit im Zusammenhang mit Substitutionen vom Abhandlungsgericht Sicherungsmaßnahmen zu Gunsten eines Nacherben im Außerstreitverfahren vorzunehmen sind, sind diese im § 158 AußStrG geregelt. Hingegen findet sich für die vom Antragsteller aus der deutschen Rechtslage abgeleiteten Anträge, welche vom Rekursgericht ins streitige Verfahren überwiesen wurden, keine ausreichende Rechtsgrundlage, um diese im Verfahren außer Streitsachen zu verfolgen. Unabhängig von der Berechtigung dieser Ansprüche, welche in diesem Verfahrensstadium noch nicht zu prüfen ist, steht fest, dass eine Verfolgung dieser Ansprüche im Verfahren außer Streitsachen nicht möglich ist.

Genausowenig überzeugend ist das Argument des Antragstellers, dass Verfügungshandlungen des Antragsgegners über das Substitutionsgut gleichzeitig auch Handlungen im Rahmen der Verwaltung des Vermögens des Minderjährigen seien und die die Vermögensverwaltung betreffenden Ansprüche daher im Verfahren außer Streitsachen durchsetzbar wären. Dabei wird nämlich übersehen, dass der Vorerbe, wenngleich sein Recht durch den Nacherbfall auflösend bedingt oder befristet ist, mit der Einantwortung Eigentümer des Nachlasses geworden ist (Koziol/Welser II11 465). Wenn auch Verfügungen des Vorerben über das Substitutionsgut Interessen des Nacherben betreffen können, liegt darin keine Handlung im Rahmen der Verwaltung des Vermögens des Minderjährigen, welche der Kontrolle des Pflegschaftsgerichtes unterläge.

Zu Punkt II.) des angefochtenen Beschlusses: Der Revisionsrekurswerber wendet sich nicht gegen die Aufhebung an sich, sondern lediglich gegen deren Begründung. Diesbezüglich kann aber auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.

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