OGH 9Ob103/99h

OGH9Ob103/99h5.5.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer, Dr. Spenling, Dr. Hradil und Dr. Hopf als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach der am 9. Februar 1997 verstorbenen Angela A*****, Pensionistin, zuletzt wohnhaft gewesen in *****, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des erbl Sohnes Vinzenz U*****, Maurer, *****, vertreten durch Dr. Franz Leopold, öffentlicher Notar in Graz, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 30. November 1998, GZ 3 R 346/98v-77, womit sein Rekurs gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 1. September 1998, GZ 16 A 73/97p-69, zurückgewiesen wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.

Dem Rekursgericht wird die Entscheidung über den Rekurs des erblasserischen Sohnes unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Text

Begründung

Mit Testament vom 24. 11. 1980 setzte die Erblasserin ihren Sohn zum Alleinerben ein. Ua verfügte sie, daß der Alleinerbe, sollte er Abverkäufe aus den ihn vererbten Liegenschaften vornehmen, 30 % des Kaufpreises an ihre Enkeltochter Brigitte U***** auszufolgen habe.

Der Sohn der Erblasserin gab eine bedingte Erbserklärung zum gesamten Nachlaß ab.

Brigitte U***** (nunmehr: K*****) beantragte zunächst, ihren Anspruch auf 30 % des Verkaufserlöses der dem Erben zufallenden Liegenschaften durch Einverleibung eines Vorkaufsrechtes zu ihren Gunsten zu sichern. Letztlich beantragte sie, in der Einantwortungsurkunde die Beschränkung des Eigentumsrechtes des Erben durch ihren "Kaufpreisteilungsanspruch von 30 %" einzuverleiben.

Mit der Einantwortungsurkunde wurde der Nachlaß dem Sohn der Erblasserin zur Gänze eingeantwortet. Ferner führte das Erstgericht aus, daß im Grundbuch nach dem Ergebnis des Verlassenschaftsverfahrens ob den in den Nachlaß fallenden Liegenschaften die Einverleibung des Eigentums für den Sohn der Erblasserin "mit der letztwillig angeordneten Beschränkung eines Kaufpreisteilungsanspruchs der erbl Enkelin Brigitte K*****, geb 4. 8. 1962, von 30/100 Anteilen" verfügt werde.

Zur zuletzt genannten Verfügung verwies das Erstgericht in der Begründung seiner Entscheidung auf den Antrag der "genannten Legatarin" auf grundbücherliche Sicherstellung ihres Aufteilungsanspruchs. Da es sich hiebei um ein aufschiebend bedingtes Recht handle, welches das zukünftige Verwertungsrecht des Alleinerben einschränke, sei diesem Antrag iS des § 707 ABGB stattzugeben.

Mit dem angefochtenen Beschluß wies das Rekursgericht einen vom Alleinerben gegen die in die Einantwortungsurkunde aufgenommene Beschränkung seines Eigentumsrechtes zurück. Ferner sprach es aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 260.000,-- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Eine Verbücherungsanordnung gehöre nicht zum im Gesetz vorgesehenen Inhalt der Einantwortungsurkunde. Einer solchen Klausel komme für grundbücherliche Verfügungen keine konstitutive Bedeutung zu; hiefür sei allein der Grundbuchsstand maßgebend. Die Verbücherungsklausel kündige nur an, was nach Rechtskraft der Einantwortungsurkunde zu veranlassen sein werde. Sie sei der Rechtskraft nicht fähig und hindere das Gericht nicht, sich bei Anordnung der bücherlichen Eintragungen neuerlich mit der Frage zu beschäftigen, wie die Einverleibung vorzunehmen sei. Für die Anfechtung derartiger Ankündigungen fehle demnach eine Beschwer. Zwar müsse gemäß § 174 Abs 2 Z 3 AußStrG aus der Einantwortungsurkunde ersichtlich sein, ob die Verlassenschaft dem Erben als freies Eigentum zugefallen oder inwiefern er in Rücksicht des Fruchtgenusses oder der Verfügung über die Substanz durch ein bestehendes Substitutionsband beschränkt sei. Anordnungen nach den §§ 707 bis 709 ABGB seien den Substitutionen gleichzuhalten. Die hier dem Erben auferlegte Beschränkung sei ein Auftrag iSd § 709 ABGB. Ob er die Voraussetzung für die Verpflichtung zur Eintragung in das Grundbuch erfülle (§ 158 Abs 1 AußStrG), brauche nicht geprüft zu werden, weil er nicht Gegenstand des eigentlichen Inhaltes der Einantwortungsurkunde sei, sondern nur Eingang in die nicht der Rechtskraft teilhaftige Verbücherungsklausel gefunden habe. Dem Rekurswerber, in dessen Rechte somit nicht eingegriffen werde, stehe daher kein Rekursrecht zu.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei unzulässig, weil erhebliche Rechtsfragen iS § 14 Abs 1 AußStrG nicht zu lösen seien.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Sohnes der Erblasserin mit dem Antrag, die bekämpfte Beschränkung seines Eigentumsrechtes zu streichen.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs ist zulässig, weil das Rekursgericht die Rechtslage verkannt hat. Er ist auch berechtigt.

Die Ausführungen des Rekursgerichtes über die Rechtsnatur der sogenannten "Verbücherungsklausel" sind grundsätzlich richtig. § 174 Abs 2 AußStrG, der den Inhalt der Einantwortungsurkunde ("Einantwortungsverordnung") normiert, sieht eine solche - in der Gerichtspraxis allerdings übliche - Klausel nicht vor. Ihr kommt für die grundbuchsrechtlichen Verfügungen keine konstitutive Bedeutung zu. Vielmehr ist bei der Verbücherung der Einantwortungsurkunde allein der Grundbuchsstand maßgebend (EvBl 1960/108; zuletzt JBl 1999, 124). Die Verbücherungsklausel kündigt nur an (vgl § 532 Abs 1 Geo), was nach Rechtskraft der Unbedenklichkeitsbescheinigung zu veranlassen sein wird (EvBl 1990/117; JBl 1999, 124).

Die daraus vom Rekursgericht gezogenen Schlüsse auf das mangelnde Rechtsschutzinteressse des Erben, eine derartige Verbücherungsklausel anzufechten, können aber von vornherein nur Fälle betreffen, in denen die Verbücherungsklausel über den eben beschriebenen Inhalt nicht hinausgeht und keine konstitutiven Anordnungen iS § 174 AußStrG enthält (JBl 1999, 124 zur gemäß § 10 Abs 4 AnerbenG in die Einantwortungsurkunde aufzunehmende Verbücherungsanordnung; vgl ferner SZ 66/34). Gerade das ist aber hier der Fall.

Nach dem Wortlaut der gesamten Einantwortungsurkunde kann nicht zweifelhaft sein, daß das Erstgericht damit - dem Antrag der Enkelin der Erblasserin folgend - zum Ausdruck bringen wollte, daß der Nachlaß dem Erben hinsichtlich der betroffenen Liegenschaften nur mit der in den Beschluß aufgenommenen Beschränkung seines Eigentums eingeantwortet werden soll. Dies wird vor allem aus der Begründung des Erstgerichtes deutlich, in der ausdrücklich auf § 707 ABGB Bezug genommen wird. Damit geht aber die vom Erben bekämpfte Verfügung in ihrer Bedeutung über eine bloße deklarative Ankündigung hinaus; die darin gelegene Verfügung einer Beschränkung des Eigentums des Erben betrifft vielmehr die Frage, "ob die Verlassenschaft dem Erben als freies Eigentum zugefallen" ist und damit den notwendigen Inhalt der Einantwortungsurkunde (§ 174 Abs 2 Z 3 AußStrG).

Das verkennt auch das Rekursgericht nicht, das ebenfalls davon ausgeht, daß Anordnungen nach §§ 707 bis 709 ABGB den in § 174 Abs 2 Z 3 AußStrG genannten Substitutionen gleichzuhalten sind. Allerdings - so das Rekursgericht, das im Gegensatz zum Erstgericht eine Anordnung nach § 709 ABGB annimmt - verschaffe dies dem Erben kein Rechtsschutzinteresse, weil diese Anordnung nicht Gegenstand des "eigentlichen" Inhaltes der Einantwortungsurkunde sondern nur der Verbücherungsklausel geworden sei. Eine derartige Aufsplitterung des Wortlautes der Einantwortungsurkunde, die in ihrer Gesamtheit nach dem unmißverständlichen Entscheidungswillen des Erstgerichtes eine Beschränkung des Eigentums des Erben zum Ausdruck bringen soll, ist aber nicht zulässig. In der Aufnahme der vom Erben bekämpften Beschränkung handelt es sich vielmehr iS der dargestellten Ausführungen um eine konstitutive Anordnung des Erstgerichtes, die zu bekämpfen der Erbe berechtigt ist.

In Stattgebung des Revisionsrekurses war daher dem Rekursgericht die Entscheidung über den Rekurs des Erben aufzutragen.

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