OGH 9Nc15/13z

OGH9Nc15/13z11.7.2013

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kuras und Mag. Ziegelbauer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei O***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Ernst Kohlbacher, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei M***** M*****, vertreten durch Dr. K. H. Plankel, Dr. H. Mayrhofer, Mag. S. Ganahl, Rechtsanwälte in Dornbirn, wegen 522,52 EUR sA, über den Delegierungsantrag der beklagten Partei den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Antrag der beklagten Partei, anstelle des Landesgerichts Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht das Landesgericht Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht zur Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache des Landesgerichts Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht AZ 19 Cga 297/12i zu bestimmen, wird abgewiesen.

Text

Begründung

Mit ihrer am 10. 12. 2012 beim Landesgericht Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht eingebrachten Klage begehrt die Klägerin, eine Finanzvermittlungsgesellschaft mit Sitz in Salzburg, vom in Tirol wohnhaften Beklagten die Rückzahlung von Provisionen aus seinem Agentenvertrag.

Der Beklagte beantragte die Delegierung der Rechtssache an das Landesgericht Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht. Die zunächst erhobene Einrede der örtlichen Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts zog er zurück. Die Zweckmäßigkeit der Delegierung ergebe sich daraus, dass der Beklagte seinen Wohnsitz ebenso in Tirol habe wie sämtliche zehn Zeugen, deren Einvernahme er zum Beweis seines Vorbringens beantragt habe. Dem Beklagten werde dadurch ebenso wie den Zeugen das Erscheinen vor dem erkennenden Gericht wesentlich erleichtert und die Zeugengebühren gering gehalten.

Die Klägerin sprach sich gegen die Delegierung aus. Sie beantragte zum Beweis ihres Vorbringens die Einvernahme von fünf Zeugen aus Salzburg und einer weiteren Zeugin aus Oberösterreich. Zur Parteieneinvernahme beantragte sie die Ladung zweier ihrer Vertreter an ihrer Adresse.

Das Erstgericht gab bekannt, dass in der zuständigen Gerichtsabteilung siebzehn weitere offene derartige Verfahren anhängig seien, davon seien zehn streitig. Die Rechtsvertreter des Beklagten würden in elf dieser Verfahren als Beklagtenvertreter auftreten, die Klägerin werde ständig vom Klagevertreter vertreten. Aus den in der Vergangenheit abgeführten Verfahren habe sich ergeben, dass die Einvernahme der von der Klägerin bekanntgegebenen Zeugen nicht zweckmäßig erschienen sei. Es sei lediglich die Einvernahme der Prokuristin der Klägerin durchgeführt worden, die allerdings noch im Sommer 2013 aus dem Unternehmen der Beklagten ausscheiden und ihren Wohnsitz nach München verlegen werde. Die vom Beklagten namhaft gemachten zahlreichen Zeugen hätten hingegen ihren Wohnsitz im Sprengel des Landesgerichts Innsbruck.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 31 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Eine Delegierung soll allerdings nur den Ausnahmefall darstellen. Keinesfalls soll durch eine zu großzügige Handhabung der Delegierungsmöglichkeiten eine faktische Durchbrechung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung hervorgerufen werden (stRsp; RIS-Justiz RS0046441). Aus Zweckmäßigkeitsgründen soll die Delegierung vor allem dann angeordnet werden, wenn die Übertragung der Zuständigkeit an ein anderes Gericht eine wesentliche Verkürzung beziehungsweise Verbilligung des Verfahrens zu bewirken verspricht. Es entspricht daher der ständigen Rechtsprechung, dass die Delegierung gegen den Willen der anderen Partei nur dann auszusprechen ist, wenn die Frage der Zweckmäßigkeit eindeutig zu Gunsten aller Parteien des Verfahrens gelöst werden kann (RIS-Justiz RS0046589; RS0046324 ua).

Im vorliegenden Fall haben zwar der Beklagte und die von ihm namhaft gemachten Zeugen ihren Wohnsitz im Sprengel des Landesgerichts Innsbruck. Dem stehen jedoch immerhin fünf im Landesgerichtssprengel Salzburg wohnhafte Zeugen gegenüber, für die sechste von der Klägerin namhaft gemachte Zeugin ist das Landesgericht Salzbug jedenfalls schneller und einfacher zu erreichen als das Landesgericht Innsbruck. Technische oder andere Gründe, die einer Vernehmung der Zeugen des Beklagten per Videokonferenz entgegenstehen würden, sind nicht ersichtlich. Aus dem vom Erstgericht erwähnten Umstand, dass sich die Einvernahme der von der Klägerin beantragten Zeugen in früheren Verfahren als nicht erforderlich herausgestellt habe, kann nach dem derzeitigen Verfahrensstand nicht geschlossen werden, dass sich dies auch im vorliegenden Verfahren so verhält. Hingegen ergibt sich aus der Stellungnahme des Erstgerichts, dass eine Delegierung nicht zwingend mit einer Verfahrensbeschleunigung verbunden wäre, weil das Landesgericht Salzburg mit der Komplexität der vorliegenden Rechtssache und der Interessenlage der Klägerin in ihren weiteren Streitigkeiten schon vertraut ist (ebenso 9 Nc 8/13w), während sich das Landesgericht Innsbruck erst entsprechend einzuarbeiten hätte. Die Frage der Zweckmäßigkeit einer Delegierung ist somit nicht eindeutig zu Gunsten aller Parteien des Verfahrens zu beantworten, weshalb der Antrag abzuweisen war.

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