OGH 9Nc10/14s

OGH9Nc10/14s2.5.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kuras und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj W***** K*****, geboren am *****, aufgrund der vom Bezirksgericht Amstetten zur Entscheidung gemäß § 111 Abs 2 JN verfügten Vorlage des Aktes AZ 507 PS 20/14k, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die mit Beschluss des Bezirksgerichts Amstetten vom 11. März 2014, GZ 507 PS 20/14k-17, verfügte Übertragung der Zuständigkeit zur Führung der Pflegschaftssache an das Bezirksgericht Traun wird genehmigt.

Text

Begründung

Mit Schreiben vom 17. 10. 2012 beantragte die Bezirkshauptmannschaft Amstetten beim Bezirksgericht Haag zu AZ 1 PS 138/12t die gerichtliche Abklärung allenfalls erforderlicher Verfügungen zur Sicherung des Wohles der mj W***** K*****, geboren am *****.

Mit Beschluss vom 23. 10. 2012 bestellte das Bezirksgericht Haag einen Sachverständigen zur Feststellung der Erziehungsfähigkeit der Mutter.

Mit Schreiben vom 23. 7. 2013 teilte die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land mit, dass der Jugendwohlfahrtsakt aufgrund der Übersiedlung der Familie nach ***** A***** (OÖ) an sie abgetreten worden sei und berichtete dem Bezirksgericht Haag von den Ergebnissen mehrerer Erhebungen.

Mit Beschluss vom 20. 11. 2013, berichtigt mit Beschluss vom 17. 2. 2014, bewilligte das Bezirksgericht Haag den Kindeseltern die Verfahrenshilfe.

Aufgrund der zum 1. 1. 2014 erfolgten Änderungen der Zuständigkeit einiger Bezirksgerichte in Nieder- und Oberösterreich, BGBl II Nr 204/2012 und 205/2012, wurde der Akt vom Bezirksgericht Amstetten, AZ 507 PS 20/14k, fortgeführt.

Nach Einlangen des Sachverständigengutachtens bestimmte das Bezirksgericht Amstetten mit Beschluss vom 17. 2. 2014 die Gebühren des Sachverständigen.

Mit Beschluss vom 11. 3. 2014 übertrug es die Zuständigkeit zur Besorgung der Pflegschaftssache gemäß § 111 JN an das Bezirksgericht Traun, weil sich das Kind und beide Elternteile nunmehr ständig in A***** aufhielten und auch der Jugendwohlfahrtsakt an die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land abgetreten worden sei.

Das Bezirksgericht Traun stellte dem Bezirksgericht Amstetten den Akt mit dem Bemerken zurück, dass dieser erst nach Erledigung des seit 18. 10. 2012 anhängigen Antrags übernommen werde.

Nach Rechtskraft des Übertragungsbeschlusses legte das Bezirksgericht Amstetten die Pflegschaftssache dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung gemäß § 111 Abs 2 JN mit dem Bemerken vor, dass der gefertigte Richter aufgrund eines Richterwechsels auf keinen persönlichen Eindruck von den Parteien zurückgreifen könne. Das Bezirksgericht Traun erscheine aufgrund der besseren Kenntnisse der am Wohnsitz der Parteien verfügbaren Unterstützungsangebote besser in der Lage, die vom Sachverständigen empfohlenen Begleitmaßnahmen umzusetzen und zu überwachen.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 111 Abs 1 JN kann das Pflegschaftsgericht seine Zuständigkeit einem anderen Gericht übertragen, wenn dies im Interesse des Minderjährigen oder sonstiger Pflegebefohlener gelegen erscheint, insbesondere, wenn dadurch die wirksame Handhabung des pflegschaftsgerichtlichen Schutzes voraussichtlich gefördert wird. Ausschlaggebendes Kriterium einer Zuständigkeitsübertragung nach dieser Gesetzesstelle ist stets das Kindeswohl (RIS-Justiz RS0047074). Dabei ist in der Regel das Naheverhältnis zwischen Pflegebefohlenen und Gericht von wesentlicher Bedeutung, sodass im Allgemeinen das Gericht am besten geeignet ist, in dessen Sprengel der Minderjährige seinen Wohnsitz oder (gewöhnlichen) Aufenthalt hat (8 Nc 2/08y mwN; 10 Nc 18/13y ua). Offene Anträge hindern eine Übertragung grundsätzlich nicht, doch kann im Einzelfall eine Entscheidung durch das schon bisher zuständige Gericht zweckmäßiger sein, insbesondere wenn dem übertragenden Gericht eine besondere Sachkenntnis zukommt oder es sich bereits eingehend mit dem offenen Antrag befasst und dazu Vernehmungen durchgeführt hat, weil die gewonnenen Eindrücke am besten von ihm selbst verwertet werden können (Mayr in Rechberger, ZPO3 § 111 JN Rz 4 mwN).

Im vorliegenden Fall haben das Kind und seine Eltern ihren gemeinsamen Wohnsitz nach A***** verlegt. Infolge dessen hat die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land die Zuständigkeit für den Jugendwohlfahrtsakt übernommen. Die Bezirksgerichte Haag und Amstetten haben zwar das Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben, dessen Kosten bestimmt und den Kindeseltern die Verfahrenshilfe bewilligt. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Antrag der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 17. 10. 2012 ist bislang jedoch nicht erfolgt. Insbesondere wurde von diesem Bezirksgericht das Sachverständigengutachten noch nicht erörtert und auch keine Einvernahme der Kindeseltern oder anderer Personen durchgeführt, die einen bereits verwertbaren Eindruck hervorrufen hätte können. Sollte den vom Sachverständigen empfohlenen Begleitmaßnahmen nachzukommen sein, wird ihre Überwachung leichter vom Bezirksgericht Traun durchgeführt werden können. Da all diese Umstände dafür sprechen, dass eine Verfahrensfortsetzung durch das Bezirksgericht Traun zweckmäßiger ist, war die Übertragung iSd § 111 Abs 2 JN zu genehmigen.

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