OGH 8ObS82/01v

OGH8ObS82/01v16.8.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer und Dr. Rohrer sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Eva Pernt und Richard Paiha als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Parteien 1.) Mamoud A*****, und 2.) Alexander S*****, beide vertreten durch Dr. Andreas Löw, Dr. Ingo Riß, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Bundessozialamt für W*****, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen zu 1.) S 2.698,10 netto sA, und zu

2.) S 10.115,79 netto sA Insolvenz-Ausfallgeld, infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 26. Jänner 2001, GZ 9 Rs 365/00p-37, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 26. April 2000, GZ 5 Cgs 70/98f-32, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision der klagenden Parteien wird nicht Folge gegeben.

Die klagenden Parteien haben die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die beiden Kläger waren im Jahre 1995 vom 13. 3. bis 28. 7. 1995 (Erstkläger) bzw vom 3. 3. bis 8. 9. 1995 (Zweitkläger) als Hilfsarbeiter bei der Gemeinschuldnerin beschäftigt. Dabei war der Zweitkläger mit dem Abbruch der Häuser und der Erstkläger mit dem Wegräumen und Sammeln des Materials sowie dessen Verladung eingesetzt. Die Gemeinschuldnerin verfügte über keine Gewerbeberechtigung und war auch nicht bei der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse gemeldet. Ihr Tätigkeitsbereich lag im Allgemeinen im Abbruch von großen Häusern, bei dem sie 5 bis 6 Arbeitnehmer auf mehreren Baustellen beschäftigte. Den von den Klägern ua geltend gemachten Ansprüchen auf Urlaubsabfindung bzw Urlaubsentschädigung wurde im Verfahren vor dem Arbeits- und Sozialgericht Wien zu 29 Cga 271/95z, in dem ein Abwesenheitskurator die Gemeinschuldnerin vertrat, mit Urteil vom 19. 11. 1996 stattgegeben.

Der Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der Arbeitgeberin wurde mit Beschluss des Landesgerichtes Wiener Neustadt vom 4. 8. 1997 zu GZ 10 Se 390/97z gemäß § 68 KO zurückgewiesen.

Die Anträge der beiden Kläger auf Gewährung von Insolvenz-Ausfallgeld wurden, soweit der Erstkläger einen Anspruch auf Urlaubsabfindung in Höhe von S 2.494,61 und S 203,49 an restlichem Urlaubszuschuss geltend machte und der Zweitkläger S 5.169,11 an Urlaubsabfindung und S 4.946,65 an Urlaubszuschuss begehrte, von der Beklagten mit der Begründung abgewiesen, dass sie insoweit einen Anspruch gegenüber der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse hätten.

Mit ihrer Klage begehren die beiden Kläger die Zuerkennung von Insolvenz-Ausfallgeld für die Urlaubsabfindung, Urlaubsentschädigung bzw den Urlaubszuschuss und stützen dies zusammengefasst darauf, dass sie von der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse keine Leistungen erhalten hätten. Auch sei ihr Arbeitgeber nicht als Baufirma, sondern mit der Entrümpelung und Kleintransporten beschäftigt gewesen. Schließlich sei die Bindung der Entscheidung im Vorverfahren zu beachten.

Die Beklagte beantragte die Abweisung und wendete ein, dass die Ansprüche gegen die Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse und nicht gegen die Arbeitgeberin bestünden. Daher seien sie auch nicht vom IESG erfasst. Die Bindung des § 7 IESG zählte nicht für die Beurteilung von Anspruchsausschlüssen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es führte dabei rechtlich aus, dass eine Bindung zwar hinsichtlich des Bestehens eines Anspruches, nicht jedoch über den Umfang von dessen Sicherung nach dem IESG bestehe. Da sich der Anspruch hier aber gegen die Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse richte, sei er nicht durch die Sicherung nach dem IESG erfasst. Die Anwendung des Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetzes (BUAG) sei unabhängig vom Vorliegen einer gewerberechtlichen Bewilligung nach der tatsächlichen Tätigkeit im Betrieb des Arbeitgebers zu beurteilen. Die von der Arbeitgeberin verrichteten Abbrucharbeiten seien aber davon erfasst.

Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung der beiden Kläger nicht Folge. Es schloss sich unter Verweis auf die umfangreiche Rechtsprechung der Ansicht des Erstgerichtes, dass die Anspruchsausschlüsse im Verfahren auf Zuerkennung des Insolvenzausfallgeldes unabhängig von einer davor liegenden Gerichtsentscheidung über die arbeitsrechtlichen Ansprüche zu prüfen seien, an. Dies gelte auch für die Ausschlussbestimmung des § 1 Abs 3 Z 5 IESG, die sich auf die Ansprüche der Arbeitnehmer nach dem BUAG beziehe.

Die ordentliche Revision erachtete das Berufungsgericht als zulässig, da eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu der Frage des Ausschlusses von Ansprüchen, die unter die Anwendbarkeit des Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetzes fallen, nicht bestehe.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen dieses Urteil erhobene Revision der Kläger ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, aber nicht berechtigt.

Nach § 1 Abs 2 IESG sind bestimmte aufrechte, nicht verjährte und nicht ausgeschlossene Ansprüche (Abs 3) gesichert. § 1 Abs 3 IESG schließt dann in seiner Z 5 ua solche Ansprüche aus, für die auf Grund gesetzlicher Anordnung ein anderer als der Arbeitgeber (ehemaliger Arbeitgeber) zur Zahlung verpflichtet ist. Diese Bestimmung soll nach einhelliger Auffassung ua die Ansprüche von Arbeitnehmern auf Urlaubsabfindung nach dem BUAG von der Sicherung durch das IESG ausschließen (vgl Liebeg, InsolvenzentgeltsicherungsG2, § 1 Rz 272; Holzer/Reissner/ Schwarz,

Die Rechte des Arbeitnehmers bei Insolvenz4, 195), besteht doch der Anspruch der Arbeitnehmer hier auch nicht gegen den Arbeitgeber, sondern gegen die Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse (vgl Martinek/Widorn, Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungs- gesetz, 130; 9 ObA 26/90 = SZ 63/17 = WBl 1990, 240 = Arb 10.853 = RdW 1990, 384 = ecolex 1990, 500; 9 ObA 138/92, 9 ObA 181/99d). Ein Insolvenzrisiko des Arbeitnehmers besteht also insoweit nicht, weshalb es auch keiner Absicherung durch das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz bedarf.

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