Spruch:
Der außerordentlichen Revision wird Folge gegeben.
Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, daß das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 1.495,68 bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin S 249,28 Umsatzsteuer) und die mit S 1.791,36 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 298,56 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger, der vom 9. 4. 1993 bis zum 27. 11. 1994 bei der F***** GesmbH als Elektriker beschäftigt war, erwirkte gegen diese wegen offener Entgeltforderungen den rechtskräftigen und vollstreckbaren Zahlungsbefehl des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 13. 4. 1995, 17 Cga 250/95y, über S 37.658 sA. Zur Hereinbringung dieser Forderung gab er am 20. 6. 1995 einen Antrag auf Bewilligung der Fahrnisexekution zur Post, der am 21. 6. 1995 beim Arbeits- und Sozialgericht Wien einlangte. Dieser Antrag wurde mit Beschluß vom 22. 6. 1995 bewilligt; die Kosten des Klägers wurden mit S 2.211,07 bestimmt. Bereits am 21. 6. 1995 hatte das Handelsgericht Wien über das Vermögen der F***** GesmbH das Ausgleichsverfahren eröffnet.
Die Beklagte gewährte dem Kläger Insolvenz - Ausfallgeld in Höhe seiner offenen Entgeltansprüche samt Zinsen und den Kosten der Mahnklage, wies aber den Antrag auf Zuspruch der Kosten des Exekutionsantrages mit der Begründung ab, daß nach der am 21. 6. 1995 erfolgten Ausgleichseröffnung kein richterliches Pfand- oder Befriedigungsrecht erworben werden könne und diese Kosten somit nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig gewesen seien.
Das Erstgericht gab dem daraufhin erhobenen Begehren des Klägers, die Beklagte zur Zahlung der Exekutionskosten von S 2.211,07 zu verpflichten, statt. Gemäß § 1 Abs 2 Z 4 IESG seien die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten gesichert, zu denen nach lit c der genannten Bestimmung auch die rechtskräftig zugesprochenen Exekutionskosten zählten. Hier habe aber der Zuspruch der Exekutionskosten an den Kläger nicht rechtskräftig werden können, weil die Bewilligung der Fahrnisexekution am 22. 6. 1995 wegen der bereits am 21. 6. 1995 erfolgten Ausgleichseröffnung unzulässig gewesen sei. Ex ante betrachtet seien die vom Kläger aufgewendeten Kosten dessen ungeachtet zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig gewesen, weil er zum Zeitpunkt der Einbringung des Exekutionsantrages die am nächsten Tag erfolgte Ausgleichseröffnung nicht vorhersehen habe können.
Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil über Berufung der Beklagten im Sinne der Abweisung der Klage ab und sprach aus, daß die (ordentliche) Revision nicht zulässig sei. Es teilte die Meinung des Erstgerichtes, daß der Fall des § 1 Abs 2 Z 4 lit c IESG nicht verwirklicht, dessen ungeachtet aber zu prüfen sei, ob die durch die Exekutionsführung verursachten Kosten als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig iS § 1 Abs 2 Z 4 IESG anzusehen sein. Dies sei aber zu verneinen. Ein Zuspruch der Exekutionskosten zur Abdeckung vorprozessualer Kosten komme nicht in Betracht. Die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der (ordentlichen) Revision seien nicht gegeben, weil das Berufungsgericht der Rechtsprechung des OGH gefolgt sei und keine erhebliche Rechtsfrage vorliege.
Gegen dieses Urteil richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung iS der Abweisung der Berufung der Beklagten abzuändern.
Die Beklagte beantragt, die Revision nicht nicht zuzulassen, in eventu, ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die außerordentliche Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht die Rechtslage verkannt hat. Daß Kostenfragen - wie die Beklagte meint - keine erheblichen Rechtsfragen iS § 46 Abs 1 ASGG darstellen können, trifft in dieser Allgemeinheit nicht zu. Anders als in dem der Entscheidung 9 ObS 13/89 zugrundeliegenden Fall, in dem der OGH das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage verneint hat, geht es hier nicht um die tarifmäßige Bestimmung von Kosten, sondern um die von der zweiten Instanz unrichtig beantwortete Frage, ob überhaupt eine gesicherte Forderung vorliegt.
Die Revision ist auch berechtigt.
Nach § 1 Abs 2 IESG sind nicht nur die in Z 1 bis 3 dieser Bestimmung genannten (Haupt-)Ansprüche gesichert, sonder auch die in Z 4 lit a bis f demonstrativ aufgezählten (WBl 1991,133), zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten. Gemäß § 1 Abs 2 Z 4 lit c IESG zählen dazu jedenfalls die rechtskräftig zugesprochenen Exekutionskosten zur Hereinbringung der Ansprüche des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber.
Im Gegensatz zur Rechtsmeinung der Vorinstanzen ist der zuletzt genannte Fall der lit c leg.cit. hier verwirklicht:
Zwar ist richtig, daß gemäß § 7 Abs 1 AO die Rechtswirkungen der Ausgleichseröffnung bereits mit Beginn des 21. 6. 1995 eintraten, sodaß im Hinblick auf § 10 AO die erst am 22. 6. 1995 erfolgte Exekutionsbewilligung unzulässig war. Dieser Umstand bedeutet aber nicht, daß die Exekutionsbewilligung nicht in Rechtskraft erwachsen kann. Dies muß vielmehr mit Rekurs geltend gemacht werden (vgl SZ 43/8; Heller/Berger/Stix 114), was aber hier nicht erfolgt ist. Daß das Exekutionsgericht den Vollzug der Exekution abgelehnt hat (Akt 10 E 8057/95x des Bezirksgerichtes Mödling), ändert an der Rechtskraft der Exekutionsbewilligung ebensowenig wie die - unter den gegebenen Umständen mögliche (SZ 43/8), aber hier nicht erfolgte - Einstellung der Exekution.
Die vom Kläger geltend gemachten Exekutionskosten sind daher "rechtskräftig bestimmt". Sie dessen ungeachtet gegen den Wortlaut des § 1 Abs 2 Z 4 lit c IESG als nicht gesichert zu betrachten, besteht keine Veranlassung, weil ihre Zweckmäßigkeit, die ex ante zu beurteilen ist (Liebeg, IESG 88), aus den schon vom Erstgericht angeführten Gründen zu bejahen ist.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 ASGG iVm § 41, 50 ZPO.
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