OGH 8ObS13/94

OGH8ObS13/9430.6.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag und Dr.Rohrer sowie durch die fachkundigen Laienrichter Kunc und Dr.Zörner als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Peter Z***** ***** vertreten durch Dr.Markus Orgler und Dr.Josef Pfurtscheller, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagte Partei Arbeitsamt Innsbruck, Südtiroler Platz 14-16, 6020 Innsbruck, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen 835,36 S, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 9.März 1994, GZ 6 Rs 3/94-9, womit infolge Berufung des Klägers das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 22. November 1993, GZ 47 Cgs 120/93p-5, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wieder hergestellt wird.

Der Kläger hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war vom 6.April bis 29.Mai 1992 bei der T*****gmbH & Co KG in K***** als Kraftfahrer beschäftigt. Mit Zahlungsbefehlen des Landesgerichtes Innsbruck vom 5.November 1992 und 11.März 1993 wurde die Arbeitgeberin zur Zahlung von 10.110,88 S netto und 2.532,12 S brutto sA sowie von 7.500 S sA und der mit 2.661,12 und 1.995,84 S bestimmten Prozeßkosten verpflichtet.

Mit Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 19.August 1992 wurde der Antrag des Christian L***** auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der T*****gmbH & Co KG mangels Nachweises verwertbaren Vermögens abgewiesen.

Nach Bewilligung der Fahrnisexekution zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung aus dem Zahlungsbefehl vom 5.November 1992 mit Beschluß des Bezirksgerichtes Kufstein vom 15.März 1993, die mangels verwertbarer Gegenstände ergebnislos verlief, beantragte der Kläger am 14.April 1993 beim Landesgericht Innsbruck die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der T*****gmbH & Co KG. Dieser Antrag wurde mit Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 28.Mai 1993 mangels Nachweises verwertbaren Vermögens abgewiesen.

Mit Bescheid vom 14.September 1993 erkannte die beklagte Partei dem Kläger Insolvenzausfallgeld von 27.271 S zu, wies aber mit weiterem Bescheid von diesem Tag den Antrag des Klägers auf Zuerkennung von Insolvenzausfallgeld für die Kosten des Konkursantrages von 835,36 S ab.

Das Erstgericht wies das in dieser Sozialrechtssache erhobene Klagebegehren mit der Begründung ab, als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung im Sinne des § 1 Abs 2 Z 4 IESG "notwendig" seien nur jene Kosten anzusehen, die dem Grunde und der Höhe nach unter Beachtung der objektiven Gegebenheiten und des möglichen Sacherfolges zur Geltendmachung der in § 1 Abs 2 Z 1 bis 3 IESG genannten Ansprüche erforderlich gewesen seien. Der Kläger hätte sich vor Stellung eines Konkursantrages vergewissern müssen, ob nicht auch ohne derartige Antragstellung die Voraussetzungen für die Geltendmachung eines Anspruches auf Insolvenzausfallgeld vorgelegen seien. Es wäre dem Kläger leicht möglich gewesen, durch telefonische Rückfrage zu erheben, ob bereits Konkurseröffnungsanträge gegen seinen Arbeitgeber abgewiesen worden seien. Eine derartige Kommission wäre rationeller und zeitsparender gewesen als die Antragstellung auf Konkurseröffnung und hätte die Geltendmachung des Anspruches auf Insolvenzausfallgeld ermöglicht. Dem Kläger seien daher die Kosten des Konkursantrages nicht zuzuerkennen, aber mangels Geltendmachung auch nicht die Kosten für die Kommission, die sich nur auf 241,84 S belaufen hätten.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers Folge, änderte das erstgerichtliche Urteil im Sinne der Stattgebung des Klagebegehrens ab und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

In seiner Entscheidungsbegründung führte es aus:

Da Dienstnehmern in die ihre Dienstgeber betreffenden Konkursakten auf Verlangen Einsicht gewährt werde, könne sich der Kläger nicht mit Erfolg darauf berufen, daß ihm der Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 19.August 1992 nicht zur Kenntnis gelangt sei. Dennoch seien die Kosten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig gewesen, weil aus der Abweisung eines Konkursantrages nicht zwingend zu erschließen sei, daß auch ein späterer Konkursantrag abgewiesen werde. Dem Konkursantrag des Klägers vom 14.April 1993 könne nicht von vorneherein jegliche Erfolgsaussicht abgesprochen werden, weil seit der Abweisung des Konkursantrages bereits mehr als ein halbes Jahr vergangen gewesen sei und nicht von vornherein ausgeschlossen werden könne, daß der Dienstgeber des Klägers innerhalb dieses Zeitraumes verwertbares Vermögen erlangt habe.

Gegen das berufungsgerichtliche Urteil richtet sich die außerordentliche Revision der beklagten Partei aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, es im Sinne der Wiederherstellung des erstgerichtlichen Urteils abzuändern.

Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil es hier anders als in dem der Entscheidung 9 Ob S 13/89 zugrundeliegenden Fall nicht um die Bestimmung tarifmäßiger Kosten nach § 1 Abs 2 Z 4 lit d IESG in einem Verfahren geht, in dem gemäß § 41 ZPO ohnehin ein Anspruch auf Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten besteht, so daß sich der gesicherte Kostenanspruch mit dem dem Antragsteller nach § 41 ZPO für die Verfolgung der nach § 1 Abs 2 Z 1 bis 3 IESG gesicherten Ansprüche gegen den Arbeitgeber zustehenden Kostenersatzanspruch deckt; bei den hier geltend gemachten Kosten nach § 1 Abs 2 Z 4 lit f IESG handelt es sich um Kosten in einem Verfahren, in dem kein Anspruch auf Kostenersatz besteht, so daß die Frage, ob sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren, allein aufgrund des § 1 Abs 2 Z 4 IESG zu entscheiden ist. Zur Frage, worauf dieser Begriff bei derartigen Kosten zu beziehen ist, besteht, soweit überblickbar, noch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes.

Die Revision ist auch berechtigt.

Wie den Materialien zur IESG-Novelle BGBl 395/1986 (ErläutRV 993 BlgNR 16.GP, 7) zu entnehmen ist, sollten dem Arbeitnehmer in einem Verfahren nach § 1 Abs 1 IESG erwachsene Kosten nur soweit gesichert werden, als sie zur Wahrung seiner Rechte auf Insolvenzausfallgeld für gesicherte Ansprüche nach § 1 Abs 2 Z 1 bis 3 sowie Z 4 lit a bis e IESG erforderlich sind. Es ist daher darauf abzustellen, ob es des Antrages des Klägers auf Konkurseröffnung über das Vermögen seines Arbeitgebers zur Geltendmachung seines Anspruches auf Insolvenzausfallgeld bedurfte, obwohl der Konkursantrag eines anderen Gläubigers bereits mit Beschluß vom 19.August 1992 abgewiesen worden war.

Legt man zugrunde, daß gemäß § 6 Abs 1 IESG der Lauf der viermonatigen Frist für die Antragstellung erst mit Kenntnis von dem Beschluß nach § 1 Abs 1 Z 3 IESG beginnt und daß hier die Entgeltansprüche des Klägers bereits vor Fassung des Beschlusses vom 19. August 1992 entstanden waren und daher gemäß § 3 Abs 1 IESG in den durch diesen Beschluß gegebenen Sicherungszeitraum fielen, dann war der neuerliche Konkursantrag des Klägers nicht "zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung" im Sinne des § 1 Abs 2 Z 4 IESG erforderlich.

Der Revision der beklagten Partei war daher im Sinne der Wiederherstellung des erstgerichtlichen Urteils Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 ASGG, zumal der Kläger keinerlei Gründe für den ausnahmsweisen Kostenzuspruch nach Billigkeit darlegte.

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