OGH 8ObA93/15g

OGH8ObA93/15g20.12.2016

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden und durch die Hofrätinnen Dr. Tarmann‑Prentner und Dr. Weixelbraun-Mohr (Senat gemäß § 11a Abs 3 Z 1 ASGG) in der Arbeitsrechtssache des Antragstellers Österreichischer Gewerkschaftsbund, Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, 1010 Wien, Teinfaltstraße 7, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Antragsgegner Land Niederösterreich, 3109 St. Pölten, Landhausplatz 1, vertreten durch Mag. Thomas Reisch, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung nach § 54 Abs 2 ASGG, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:008OBA00093.15G.1220.000

 

Spruch:

Das Verfahren 8 ObA 93/15g wird bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union über den vom Obersten Gerichtshof am 19. Dezember 2016 zu 9 ObA 141/15y gestellten Antrag auf Vorabentscheidung unterbrochen.

Nach Einlangen der Vorabentscheidung wird das Verfahren von Amts wegen fortgesetzt.

Begründung

Der Antragsteller begehrt die Feststellung, dass Landesvertragslehrpersonen, auf deren Dienstverhältnis das LVG iVm dem VBG anzuwenden ist, dem Land Niederösterreich als Antragsgegner gegenüber das Recht darauf haben, dass

1. bei der Ermittlung ihres Vorrückungsstichtags (iSd LVG iVm VBG idF vor Inkrafttreten des BGBl I Nr 32/2015) als Grundlage der Entlohnung vom 1. 1. 2004 bis einschließlich Februar 2015 und der besoldungsrechtlichen Einstufung für die Überleitung in das neue Besoldungssystem nach BGBl I Nr 32/2015 (entsprechend dem Überleitungsmonat) im Sinne des Unionsrechts die vor Vollendung des 18. Lebensjahres gelegenen Vordienstzeiten (Zeiten nach dem 30. Juni des Jahres, in dem nach der Aufnahme in die erste Schulstufe neun Schuljahre absolviert worden sind oder worden wären) zur Gänze – in eventu die Lehrzeiten; in eventu die einschlägigen Lehrzeiten – zu berücksichtigen sind,

2. die besoldungsrechtliche Einstufung als Grundlage der Entlohnung vom 1. 1. 2004 bis einschließlich Februar 2015 und der besoldungsrechtlichen Einstufung für die Überleitung in das neue Besoldungssystem nach BGBl I Nr 32/2015 (entsprechend dem Überleitungsmonat) im Sinne des Unionsrechts mit der Maßgabe erfolgt, dass der Zeitraum zwischen der ersten und zweiten Gehaltsstufe zwei (anstatt fünf) Jahre beträgt,

3. bei der Ermittlung ihres Vorrückungsstichtags (iSd LVG iVm VBG idF vor Inkrafttreten des BGBl I Nr 32/2015) als Grundlage der Entlohnung bis einschließlich Februar 2015 und der besoldungsrechtlichen Einstufung für die Überleitung in das neue Besoldungssystem nach BGBl I Nr 32/2015 (entsprechend dem Überleitungsmonat) im Sinne des Unionsrechts auch jene Vordienstzeiten zur Gänze mit Vollanrechnung zu berücksichtigen sind, welche die Vertragsbediensteten nicht bei Gebietskörperschaften oder Gemeindeverbänden mit Migrationstatbestand zurückgelegt haben – in eventu, dass diese Vordienstzeiten nur insoweit mit Vollanrechnung zu berücksichtigen sind, als sie eine einschlägige Berufstätigkeit (inkl Verwaltungspraktikum) betreffen,

4. bei der Ermittlung ihres Vorrückungsstichtags (iSd LVG iVm VBG idF vor Inkrafttreten des BGBl I Nr 32/2015) als Grundlage der Entlohnung bis einschließlich Februar 2015 und der besoldungsrechtlichen Einstufung für die Überleitung in das neue Besoldungssystem nach BGBl I Nr 32/2015 (entsprechend dem Überleitungsmonat) im Sinne des Unionsrechts die Vordienstzeiten zur Gänze mit Vollanrechnung zu berücksichtigen sind, welche die Vertragsbediensteten nicht bei Gebietskörperschaften oder Gemeindeverbänden ohne Migrationstatbestand zurückgelegt haben – in eventu, dass diese Vordienstzeiten nur insoweit mit Vollanrechnung zu berücksichtigen sind, als sie eine einschlägige Berufstätigkeit (inkl Verwaltungspraktikum) betreffen.

In § 26 VBG sei die Berechnung des Besoldungsdienstalters (vormals Vorrückungsstichtags) und die Anrechnung von Vordienstzeiten geregelt. § 2 Abs 4 Landesvertragslehrpersonengesetz 1966 verweise auf die Regelungen des VBG, weshalb die Bestimmung des § 26 VBG auch auf Landesvertragslehrer Anwendung finde. Die vom EuGH festgestellte Altersdiskriminierung durch § 26 VBG sei durch dessen Novellierung nicht beseitigt worden, was der EuGH in mehreren Entscheidungen ausgesprochen habe.

Die in Reaktion auf diese Entwicklung der Rechtsprechung auf Unionsebene ergangene Besoldungsreform BGBl I Nr 32/2015 habe weder die Altersdiskriminierung noch eine mögliche Verletzung der Arbeitnehmerfreizügigkeit bei der Anrechnung von Vordienstzeiten beseitigt. Soweit dem – im Antrag näher dargelegten – Rechtsstandpunkt nicht gefolgt werde, rege der Antragsteller an, zu den aufgeworfenen Rechtsfragen ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH zu richten.

Das Land Niederösterreich als Antragsgegner erachtet das Begehren als unschlüssig und nicht berechtigt und beantragt daher seine Abweisung.

Rechtliche Beurteilung

Im Verfahren zu 9 ObA 141/15y, das ein (gleichlautendes) Feststellungsbegehren des Antragstellers gegen die Republik Österreich (Bund) betrifft, hat der neunte Senat des Obersten Gerichtshofs mit Beschluss vom 19. Dezember 2016, GZ 9 ObA 141/15y‑1, ein Ersuchen um Vorabentscheidung an den EuGH gerichtet. Die in diesem Ersuchen gestellten Rechtsfragen sind auch für das hier gegenständliche Verfahren präjudiziell.

Der Oberste Gerichtshof hat von einer allgemeinen Wirkung der Vorabentscheidung des EuGH auszugehen und diese auch für andere als den unmittelbaren Anlassfall anzuwenden. Ein späteres Verfahren, das – wie hier – dieselben Rechtsfragen betrifft, ist daher aus prozessökonomischen Gründen zu unterbrechen (RIS‑Justiz RS0110583).

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