OGH 8ObA86/22p

OGH8ObA86/22p25.1.2023

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner und den Hofrat Dr. Thunhart und die fachkundigen Laienrichter Johannes Püller(aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Veronika Bogojevic (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in derArbeitsrechtssache der klagenden Partei Gemeinsamer Betriebsrat Ö* AG, *, vertreten durch Mag. German Storch und Mag. Rainer Storch, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei Ö* AG, *, vertreten durch die CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Feststellung nach § 54 Abs 1 ASGG, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgerichtin Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 29. September 2022, GZ 8 Ra 25/22p‑12, mit welchem das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom 5. November 2022, GZ 12 Cga 47/21z‑8,bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:008OBA00086.22P.0125.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Arbeitsrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit501,55 EUR (darin 83,95 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

[1] Auf die bei der Beklagten beschäftigten Autobuslenker ist der Bundes-Kollektivvertrag für Dienstnehmer in den privaten Autobusbetrieben anzuwenden, der unter der Überschrift „Mindestbezahlung“ folgende Regelungen enthält:

[2] „Wird vom Lenker im Kraftfahrlinienverkehr an einem Kalendertag eine Dienstleistung verlangt, müssen unbeschadet der Dauer dieser Dienstleistung mindestens 6 Stunden 30 Minuten Arbeitszeit verrechnet werden, wobei Abschnitt V [betreffend Überstundenregelung] entsprechend zu berücksichtigen ist. Wird durch die Dienstleistung der Kalendertag überschritten, ist der Zeitraum der Überschreitung des Kalendertages jenem Kalendertag zuzurechnen, an dem die Dienstleistung begonnen hat.

[3] Bei der Beklagten kommt es vor, dass Lenker an einem Kalendertag zu zwei Diensten mit einer dazwischen liegenden neunstündigen Ruhezeit eingeteilt werden. Mitunter werden Lenker von 4:44 Uhr bis 8:01 Uhr und von 17:01 Uhr bis 20:14 Uhr eingeteilt, sodass die Arbeitszeit insgesamt 6 Stunden 30 Minuten beträgt.

[4] Der Kläger begehrt die Feststellung, dass jede Dienstleistung, an welche eine mindestens neunstündige Ruhezeit anschließt, mit mindestens 6 Stunden 30 Minuten entgeltpflichtiger Arbeitszeit zu bewerten sei, und zwar auch dann, wenn mehrere solche Dienstleistungen an einem Kalendertag erbracht werden.

[5] Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Schon der Wortlaut der Bestimmung im Kollektivvertrag lasse keinen Zweifel daran, dass die Mindestbezahlung je Kalendertag, nicht aber je Diensteinsatz zu gewähren sei. Das Berufungsgericht sprach aus, dass die Revision zulässig sei, weil der Auslegung von Kollektivvertragsbestimmungen über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukomme.

Rechtliche Beurteilung

[6] Die Revision des Klägers ist entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts, an den der Oberste Gerichtshof nicht gebunden ist, unzulässig.

[7] 1. Auch der Auslegung einer Kollektivvertragsbestimmung kommt keine erhebliche Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO zu, wenn die Auslegung klar und eindeutig ist (RIS‑Justiz RS0109942 [T1, T6]).

[8] 2. Die Vorinstanzen haben mit Recht darauf hingewiesen, dass die Rechtsansicht des Klägers, wonach die Mindestbezahlung für einen Kalendertag mehrfach beansprucht werden könne, mit dem Wortlaut des Kollektivvertrags nicht vereinbar ist. Durch das Abstellen auf den „Kalendertag“ haben die Kollektivvertragsparteien deutlich zum Ausdruck gebracht, dass es gerade nicht auf die Tagesarbeitszeit iSd § 2 Abs 1 Z 2 AZG ankommen soll. Es ist auch nicht ersichtlich, welchen Einfluss die gesetzlichen Ruhezeiten auf die Auslegung der vorliegenden Klausel haben könnten. Soweit der Kläger meint, dass Lenkern mit geteilten Diensten aufgrund der ungünstigen Lage ihrer Dienstzeit ein finanzieller Ausgleich in der Form einer doppelten Mindestbezahlung zustünde, findet diese Forderung im geltenden Kollektivvertrag keine Stütze. Da es dem Kläger sohin nicht gelungen ist, eine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen, ist die Revision zurückzuweisen.

[9] 3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 und 50 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen, sodass die Revisionsbeantwortung der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung diente.

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